Das Klassik-Prisma |
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Bernd
Stremmel |
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Franz
Schubert
Streichquintett
C-Dur D. 956 (op. 163)
Allegro
non troppo – Adagio – Scherzo, Presto, Trio – Allegretto
Das Quintett entstand im letzten Lebensjahr
des Komponisten, in dem sein Schaffensdrang nochmals eine Steigerung erfuhr.
Neben den drei letzten Klaviersonaten schuf er u. a. noch die „Winterreise“, 7
Impromptus (D. 935 und D. 946) sowie die Fantasie für Violine und Klavier C-Dur
D. 934. Eine öffentliche Aufführung ist erst aus dem Jahre 1850 mit dem Hellmesberger-Quartett bekannt.
Schuberts Quintett steht zwischen den
Vorgängern von Mozart und den Nachfolgern von Brahms und Bruckner, die alle
neben die vier Stimmen des Streichquartetts eine zweite Bratsche einfügen und
damit einen runden ausgewogenen Streicherklang ermöglichen. Schubert dagegen
fügt ein zweites Cello hinzu, wie vorher bereits Boccherini, der während seines
Lebens immer wieder Streichquintette mit zwei Celli komponiert hatte. Fraglich
ist jedoch, ob Schubert von diesen eins oder mehrere gekannt hat. Bei der
Verwendung von zwei Celli besteht die Gefahr, dass der Klang basslastig werden kann. Schubert hat dies sicher geahnt und
steuert dem entgegen, indem er das erste Cello meistens in hoher Lage spielen
lässt.
Neben diesem etwas eingedunkelten
Gesamtklang tritt die ins Riesenhafte angewachsene formale Dimension, aber nicht
nur hier, sondern in fast in allen Werken dieser Spätphase. Schubert belässt es
nicht mit zwei Themen in einem Satz, sondern bringt zusätzliche Motive und
Einfälle ins Spiel, manchmal nur von wenigen Takten Umfang. Sie alle werden
immer wieder in neuer Instrumentierung und harmonischer Umformung mit
Modulationen in kühnster Weise dargeboten. Die daraus resultierende Breite
überfordert Schuberts Zeitgenossen, die seine Musik an zeitgenössischen Wiener
Produktionen messen, die viel knapper und eingängiger, Hörer-freundlicher
ausfallen. Aber auch Verleger reißen sich nicht um Schuberts letzte
Kompositionen.
Das C-Dur-Quintett begegnet dem Hörer
als eine im Emotionalen zweischneidige Komposition, in dem Licht und Schatten,
Ruhe und Dramatik sich immer wieder abwechseln. Das ist schon in den ersten
Takten des Kopfsatzes zu hören: Die Tonart C-Dur ist jedoch nicht gefestigt,
wie man es von Kompositionen aus dieser Zeit her kennt. Immer wieder kommt es
zu Ausweichungen in entfernte Tonarten, eine
Spezialität Schuberts. Noch am Ende des letzten Satzes verliert C-Dur durch den
Vorhalttriller der Celli sowie den „des“-Vorhalt vor dem Schlusston seine
Eindeutigkeit.
Hinweise zu den einzelnen Sätzen:
1. Satz: Der Hörer, der das Quintett
zum ersten Mal hört, meint zu Beginn einer langsamen Einleitung zu begegnen, so
wie von vielen Sonaten- oder Sinfoniesätzen bekannt. Bei diesem Satz bilden die
Takte mit langen Notenwerten, die mehr und mehr Spannung aufbauen, sowie die
folgenden bewegten ab T. 33 eine Einheit, sie sind zusammen das erste Thema.
Die in diesem Takt einsetzende Bewegung aus fallenden
gebrochenen Dreiklängen sind das Ziel der Musik des Beginns. Die ersten 32
Takte verlaufen nicht geradlinig auf den Ausbruch in T. 33 zu, Schubert
verteilt die Entwicklung in zwei Schüben: der erste verläuft sehr ruhig, jedoch
ab T. 20 mit Auftakt nimmt die Musik Fahrt auf, das Crescendo verstärkt
sich noch in T. 23 und mit einem Kraftakt (Doppelschlag der 1. Violine) wird
der Akkord (ff) auf h erreicht. Das muss wie ein Ruck klingen,
der durch die Spieler und ihre Instrumente geht. Leider hört man diese Stelle
bei den meisten Formationen viel zu brav, die Bedeutung des Doppelschlags ist
dem jeweiligen Primarius nicht bewusst und er spielt ihn zu schnell, gepflegt,
nur als Ornament und ohne Nachdruck. In dem nun folgenden zweiten Schub steuert
die Musik in wenigen Takten das Ziel an, die Entladung in T. 33. Der zweite Doppelschlag in T. 32 besitzt
jedoch nicht die Sprengkraft des ersten in T. 23. Das ruhige zweite Thema (T.
60 ff.) ist zunächst den beiden Celli zugeteilt, ab T. 81 den beiden Geigen. Ab
Takt 100 sollte das Tempo nicht beschleunigt werden, der Effekt des Schnelleren
hat Schubert bereits durch die Verwendung kürzerer Notenwerte hineinkomponiert.
Eigentlich könnte die Exposition in T. 125 enden. Der Komponist beglückt
Spieler und Hörer jedoch noch mit einigen beschwingten Takten – zu kurz für ein
Thema – in den Takten 125-138. Danach folgt noch die rhythmisch akzentuierte
Schlussgruppe, die mit einem ff-Akkord in T. 154 die ausgedehnte
Exposition beendet. Einige Formationen lassen ihn aus und beginnen nach T. 153
mit der Durchführung. Sie verstehen ihn als prima volta-Takt, der nur
dann zu berücksichtigen ist, wenn man die Wiederholung der Exposition bringt,
z. B. Ungarisches Str.Qu, Smetana-Qu. und Verdi-Qu.
Vor demselben Problem stehen die Musiker am Ende des Scherzos.
2. Satz (E-Dur). Hier öffnet uns
Schubert einen Blick weit in die Zukunft: die Musik scheint stillzustehen,
Seufzer-Motive der 1. Geige und des 2. Cellos (pizz.) wechseln sich ab
und bringen äußerste Spannung in die Musik, sofern die Ausführenden Schuberts
Sprache umsetzen. Die Musik verharrt meist im p-/pp-/ppp-Bereich,
da muss genauestens differenziert werden! Ab T. 15 wechselt die 1. Geige
zwischen legato und pizzicato, man meint eine 6. Stimme trete
hinzu. Mit einem unisono-Triller auf e wird der Mittelteil (f-Moll)
eingeläutet, das vermeintlich Schöne muss der rauen Wirklichkeit weichen. Mit
kantigen Synkopen, schneidenden Sforzati und den
aufrührerischen Sechzehntel-Triolen des 2. Cellos entlädt sich der Schrei der
Verzweiflung. Nach ihrer Ermattung bringt jedoch die Wiederholung des
E-Dur-Teils Trost, wie ein Abgesang auf das Irdische endet dieser Satz.
Im 3. Satz kehren sich die Ereignisse
um: Dem stürmischen Scherzo in C-Dur mit imitierten Hornklängen folgt ein sehr
ruhiges, aber tieftrauriges Trio in Des-Dur, die Musik scheint immer wieder
still zu stehen. Beim Übergang vom Scherzo samt Wiederholung zum Trio wechseln
einige Quintette nach T. 186 zurück zu T. 57 und bringen dann die 2.
Wiederholung: Juilliard, Vogler, Artemis, Auryn,
Melos II, Kremer, Petersen, Hagen, Ebène, Verdi u. a.
Das entspricht – vergleichbar zum 1. Satz – ein prima volta
in T. 186 und danach ein sekunda volta bis zum
Ende des Scherzos. Die meisten Interpreten jedoch bringen immer diese Takte bis
T. 212. Schuberts Original-Handschrift ist leider verschollen, sie könnte
Auskunft geben, ob die 1.va.- und 2.va.-Zeichen bei der
Drucklegung vergessen wurden, entsprechend Satz 1, die Druckfahnen konnten von
Schubert nicht mehr durchgesehen werden, er war da bereits 25 Jahre tot.
Im letzten Satz, einem Sonatensatz,
manche meinen ein Rondo zu erkennen, versucht Schubert die Konflikte der
vergangenen Sätze hinter sich zu lassen, vergessen zu wollen. Stellenweise
meint man einen wienerischen Einschlag zu vernehmen. Der Satz steht zwar auch
in C-Dur, erreicht diese Tonart aber erst über Umwege (G-Dur, c-Moll, es-Moll, e-Moll) in T. 45. Im nächsten Takt beginnt bereits
das zweite Thema; mit seiner weit geschwungenen Melodik erinnert es an das
zweite Thema des Kopfsatzes. Ihm schließt sich ein weiteres lyrisches Thema an,
eingeführt von den beiden Celli, das wie ein Abgesang klingt. Die Durchführung
basiert auf dem bewegten ersten Thema. Zu Beginn der Reprise erscheint
folgerichtig das zweite Thema, was jedoch nicht dem Schema eines Sonatensatzes
entspricht. Das erste bleibt der Coda mit ihrer Schlussstretta vorbehalten.
Zu den Wiederholungen:
1. Satz, auf die Wiederholung der
Exposition verzichten überwiegend die älteren Quartette, von den „jüngeren“
sind es Kremer, Aeolian, Weller, Miro, Alban Berg und
Verdi.
3. Satz, die 1. Wiederholung des
Scherzos wird immer ausgeführt, auf die 2. verzichten wieder die älteren
Quartette sowie das Alban-Berg und das Belcea-Quartett.
Beim Trio wird die Wiederholung fast immer gespielt, außer bei Pro Arte,
Hollywood, Stern/Casals, Pascal sowie den Musikern um Grumiaux.
Die Booklets verraten nicht immer, wer
von den Cellisten das 1. und wer das 2. Cello spielt. Der zweite Cellospieler
ist zwar vom Quartett eingeladen worden, sollte jedoch nicht wie ein Solist
auftreten.
5 |
Pavel Haas-Quartett, |
Supraphon |
2013 |
53‘41 |
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I aufrührerische
schnelle Abschnitte mit viel Druck, sehr gutes Miteinander, breite Dynamik,
II extreme Ausdrucksweisen, Angstzustände in B, Trost in A‘, III stürmisches
Scherzo, IV überzeugend – sehr gute Balance und Transparenz |
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5 |
Christian Tetzlaff,
Isabelle Faust, Violine, Tatjana Masurenko, Viola,
Boris Pergamenschikoff und Gustav Rivinius, Cello |
EMI |
2000 |
50‘01 |
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live, schlanke
Tongebung, wenig Vibrato, heller Klang, klare Stimmführungen, I sofort im
Tempo - mit Herzblut, vielleicht nicht immer so gepflegt wie bei anderen
Spitzenensembles, aber hier geht es um das Ganze! |
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5 |
Artemis-Quartett, |
Virgin |
2007 |
51‘33 |
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schlankes und homogenes
Musizieren, sehr gute Dynamik, Bassbereich durch 2. Cello aufgewertet, I 2.
Thema ganz zart, ab T. 100 ein klein wenig schneller, T. 151 nach dem Akkord
klingt ein Vc. nach, fz vor der Reprise
nicht übersehen, II hier erfreuen immer wieder die dynamischen Abstufungen,
III selbstverständliche Perfektion, Scherzo im rasenden Tempo, Trio dagegen
ganz langsam, gespenstisch, IV verschiedenen Kompositionsschichten
freigelegt, Schlusston: erneut klingt ein Vc. leise nach |
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5 |
Hagen-Quartett, |
DGG |
1991 |
52‘29 |
|
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I schlankes Musizieren,
immer deutliche Stimmführungen, breite Dynamik, II breite Ausdrucksskala,
höchste Spannung, III Scherzo und Trio heben sich gut voneinander ab, Trio
fast Adagio, IV con spirito,
gelöstes Musizieren – sehr gute Balance und Transparenz |
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5 |
Isaac Stern und
Alexander Schneider, Violine, |
CBS Sony |
1952 |
46‘22 |
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live, I ausgeglichenes
Musizieren, fließend, weniger drängend, in der Reprise Steigerung ab T. 362,
II spannungsvoll, III Scherzo und Trio gut voneinander abgesetzt, IV mit
Übersicht gestaltet – breite Dynamik |
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Belcea Quartet, |
EMI |
2009 |
52‘58 |
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I schlanke Tongebung, sehr gutes Miteinander, deutliche
Stimmführungen, II A: 2. Cello mit warmem Klang, sehr ruhig, B: nicht
auftrumpfend, aber intensiv, auch A‘, III Scherzo fast schon sportlich
musiziert, IV den rechten Weg suchend, stellenweise auch betroffen – gute
Dynamik, sehr nahe an der Partitur |
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5 |
Quator Ebène, |
Erato |
2015 |
54‘46 |
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I organisches Musizieren, inspiriert, ausdrucksstark und ausgewogen,
in der Durchführung übernimmt 2. Cello zeitweise die Führung, II sehr gute
dynamische Gestaltung, A: langsam, aber hellwach, B: drängend, mit viel
Spannung, 2. Cello geht in der Lautstärke gerade bis zur Grenze, III Scherzo:
mit Hingabe, aber auch den Klang im Focus, Trio: atmosphärisch dicht, IV
könnte etwas lockerer sein, Schwanken zwischen Melancholie und tänzerischem
Gestus |
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5 |
Tanejew-Quartett, |
Melodya
Eurodisc Eterna |
1970 |
49‘56 |
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I Musizieren von großer Einheitlichkeit und Ausdrucksdichte, II
Musik wie von einem anderen Planeten, ganz langsam, aber nicht schleppend,
Einsamkeit, IV T. 214 ff. staccato gebunden, leggierio,
stellenweise etwas zu viel Druck – Klangbild etwas belegt, nicht auf der Höhe
der Zeit, Balance und Transparenz nicht immer auf höchstem Niveau |
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5 |
Auryn-Quartett, |
Tacet |
2001 |
52‘45 |
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I sehr schlankes Musizieren, Spannung, Schuberts Dynamik weitgehend
übernommen, II spannungsvoll, A und B-Abschnitte gut gegenübergestellt, III
im Trio ganz fahl, wie aus einer anderen Welt, T. 210 Vc. klingt nach, IV
entspannt; auch hier Abschnitte mit Blick in andere Sphären |
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5 |
Hollywood String Quartet, |
Capitol EMI Testament |
1950 |
44‘15 |
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I wenig Vibrato, warmer Klang, fließendes Musizieren, II
B-Teil ausdrucksvoll, aber nicht forciert, IV 2. Thema stellenweise mit
wienerischem Einschlag, im Großen und Ganzen entspannt, mit einer gewissen
Eleganz – gute Balance und Transparenz |
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5 |
Arthur Grumiaux und Arpad Gerecz,
Violine, Max Lesueur, Viola, Paul Szabo und Philipp
Mermoud, Cello |
Philips |
P 1980 |
46‘27 |
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|
aufmerksame Umsetzung
der Partitur, angemessene Dynamik, Grumiaux mit
schlankem Ton, I zu Beginn Vibrato bei langen Noten, 2. Th. stellenweise ganz
zart, an lauten Stellen nicht auftrumpfend, II nuanciertes Spiel, kein
überzogenes Espressivo in B, III fahles Trio, IV unspektakulär, aber mit
Herzblut bei der Sache – Instrumente klanglich sehr gut austariert,
Kammermusik |
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5 |
Juilliard Quartet |
CBS Sony |
1986 |
55‘26 |
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I immer schlanke
Tongebung, stellenweise zerbrechlicher Klang, Vl. 1
T. 189-202 zu leise, 2. Th. mit leichtem Rubato, II A: delikat, sehr gute
dynamische Differenzierung, erhabene Ruhe, B: von musikalischer Energie
sprühend; III Trio: betroffen, IV T. 127 ff. wie ein Abschied – guter Klang |
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5 |
Arcanto-Quartett, |
HMF |
2010 |
52‘27 |
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I ziemlich
Vibrato-freies Musizieren, konzentriert, stimmlich ausgewogen, teilweise
etwas filigran, weniger Druck als bei anderen Ensembles, Vc. klingt T. 154
nach, passt nicht zum klanglichen Erscheinungsbild, II A: Klang wie
zerbrechlich, sehr gute dynamische Dosierung, guter Spannungs-Auf- und
-Abbau, auch im aufgewühlten B-Abschnitt, III Im Scherzo immer schlanker
Klang trotz hoher Lautstärke, IV dem Diesseits zugewandt |
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5 |
Miró Quartet, |
Pentatone |
2003 |
50‘06 |
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insgesamt weiches
Musizieren, immer gepflegt und verbindlich, vornehm, sehr gutes
Zusammenspiel, überwiegend Verzicht auf Vibrato, sehr gute Dynamik, I ab T.
100 etwas schneller, III spannungsvoller Vortrag, III Trio nicht über Poesie
hinausgehend, IV Ambivalenz der Themen gut
herausgestellt |
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Brandis-Quartett, |
Telefunken |
P 1980 |
54‘40 |
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I ausgeglichenes Musizieren, beste Balance, gute Dynamik, die
unterschiedlichen Aggregatzustände der Musik gut getroffen, II homogener
Klang, A: unheimlich zart, mit langem Atem, B: ausdrucksstark, aber nicht
auftrumpfend, betroffen machend, III atemloses Scherzo, Im Trio fahler Klang,
IV sich Zeit lassend, nuancenreich |
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5 |
Verdi-Quartett, |
hänssler |
1996 |
51‘30 |
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I mit viel Bogendruck
musiziert, in lauten Abschnitten Verbreiterung des Klanges, II A: 2. Vc.
lauter als 1. Vl., trotzdem viel Spannung, B: nicht
forciert, III Trio Adagio, IV gewichtig – Aufnahme für Musikfreunde, die den
vollen Streicherklang lieben, alternativ zu Juilliard oder Hagen |
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4-5 |
Alban-Berg-Quartett, |
EMI |
1982 |
47‘30 |
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I ziemlich perfekt, sehr
gutes Zusammenspiel, 1. Vl. mit zu viel Stahlsaitenklang,
II A: sehr zart, B: Espressivo nicht überstrapaziert, gute Dynamik, III
zupackend im Scherzo, stürmisch, ausdrucksvolles Trio, IV hier wäre weniger
Bogendruck angebracht |
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4-5 |
Petersen-Quartett, |
SWR Capriccio |
P 1997 |
48‘26 |
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|
live, I 1. Th.
(drängend) und 2. Th. heben sich gut voneinander ab (auch in III), in
Musizierlaune, hier spürt man das Allegro, gute Dynamik, II A: 2. Cello sehr
präsent, B: aufgewühlt, Spannung bis zum letzten Ton, IV temperamentvoll –
aufmerksames Publikum |
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4-5 |
Isaac Stern und
Cho-Liang Lin, Violine, Jaime Laredo, Viola, Yo-Yo Ma und Sharon Robinson,
Cello |
Sony |
1993 |
54‘42 |
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I überwiegend schlanke
Tongebung, gute Balance, 2. Th. etwas langsamer (schön!), ab T. 100 wieder
schneller und expressiv, II A: viel Melancholie verbreitend, B: betroffen,
III in Schubert-Nähe, IV überwiegend entspannt |
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4-5 |
Quatuor Sine Nomine, |
claves |
1999 |
57‘14 |
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I darstellerische
Konzentration, differenziert, dichtes Klangbild mit orchestralen Momenten,
Bogendruck, Melancholie, II mit viel Spannung, nicht mit höchster Expression,
III gewichtiges Musizieren im Scherzo, Trio tief empfunden, IV nuancenreich,
viel Melancholie – gute Balance und Transparenz |
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4-5 |
Quatuor Rosamonde, |
Fuga libra |
2007 |
52‘44 |
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I klares Musizieren, 2.
Cello passt sich bestens ein, Dynamik im p-Bereich nicht ganz top,
hier wird nichts in die Musik hinein geheimnist, II
A: sehr zart, fast wie zerbrechlich, B: aufgewühlt, jedoch nicht brutal
exzessiv, gute Kontraste, gute Dynamik, IV überwiegend heiter –gute Balance
und Transparenz |
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4-5 |
Budapester-Streichquartett, |
CBS Sony |
1962 |
49‘01 |
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▼ |
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4-5 |
Budapester-Streichquartett, |
Columbia United Archives |
1951 |
44‘42 |
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▼ |
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4-5 |
Ungarisches-Streichquartett, |
EMI |
1970 |
48‘38 |
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|||
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I engagiertes Musizieren,
klare Artikulation, gute Dynamik, T. 154 wird ausgelassen, II darstellerische
Konzentration, spannungsvoll, beim Akkord T. 210 klingt ein Vc. nach, IV
gelassen, immer klare Stimmführungen |
|
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4-5 |
Oleg Kagan und Gerard
Korsten, Violine, Dietmut Poppen, Viola, Natalia
Gutman und Richard Lester, Cello |
Live Classics |
1989 |
51‘05 |
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|||
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live, I die ersten Takte
in Tempo und Dynamik etwas unruhig, kraftvoll vorwärts, hier auch mit etwas
Unruhe; 2. Th. nur eine Episode, in den T. 154 und 444 klingt ein Cello nach,
II A: unterschwellige Unruhe, aber auch viel Spannung, B: mit viel Nachdruck,
fast schon orchestral, auch im Scherzo, hier auch kräftiger Bass, IV gewollt
fröhlich |
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4-5 |
Melos-Quartett, |
DGG |
1977 |
57‘50 |
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|||
|
▼ |
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4-5 |
Ani und Ida Kavafian, Violine, Paul Neubauer, Viola, Leslie Parnas und Fred Sherry, Cello |
Vanguard |
1989 |
53‘22 |
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|
I bestens gestalteter
Beginn, in der Durchführung nicht immer auf dieser Höhe, II A: sehr
ausgewogen, trotz der Ruhe noch belebt, keine Starre, B: überzeugend, jedoch
ohne den letzten Schliff, A‘: berührend, IV unbeschwert, aber kein Ziel im
Auge |
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||||||
4-5 |
La Salle Quartet, |
DGG |
P 1979 |
50‘33 |
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I sehr schlanke
Tongebung, wenig Vibrato, 1. Th. klingt schwerfällig, 2. Th. etwas
distanziert, II A: viel Spannung, B: mit Druck, jedoch nicht auftrumpfend, sehr
gute Dynamik, III Trio: betroffene Stimmung, IV auf Details achtend,
stellenweise (zu) orchestral – klare Stimmführungen, transparenter Klang |
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4-5 |
Vogler-Quartett, |
hänssler |
2004 |
53‘31 |
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|
live, I zu Beginn reiche
Dynamik, in lauten Abschnitten etwas robust und breit (in allen Sätzen),
insgesamt homogenes Zusammenspiel, II gute Dynamik, ziemlich überzeugend, III
spannungsvolles Trio, IV stellenweise etwas fest |
|
||||||
4-5 |
The Raphael Ensemble |
hyperion |
1994 |
52‘39 |
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I bewegt-dramatische
Momente gut von lyrischen abgesetzt, gutes Miteinander, ausgeglichenes Musizieren,
Vc. klingt T. 154 nach, II A: sehr viel Spannung, B hier weniger, A‘ wie
resignierend, IV 1. und 2. Thema nicht optimal voneinander abgesetzt, etwas
zu schwergewichtig – gute Balance und Transparenz |
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4-5 |
Smetana-Quartett, |
Supraphon Electrola Testament |
1973 |
41‘52 |
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I die Musiker stellen
sich hinter Schuberts Partitur, 2. Th. deutlich langsamer, ab T. 100 Tempo I,
darstellerische Konzentration, II Andante, etwas schnell (angeblich auf
Drängen des Produzenten), weniger Spannung, aufgewühlter B-Teil, III
kräftiger Zugriff, Trio, langsamer, aber nicht schleppend, IV 2. Th. mit
wienerischem Einschlag – gute Balance und Transparenz, klanglich jedoch etwas
herb |
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Leipziger-Streichquartett, |
MDG |
P 1996 |
57‘35 |
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I aufmerksames Miteinander, breite Ausdrucksskala, II immer klare
Stimmführungen, zurückhaltende Expressivität, gepflegtes Musizieren, IV 2.
Th. wenig keck – klangschöne Aufnahme |
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4-5 |
Fitzwilliam
String Quartet, |
Decca |
1981 |
55‘37 |
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I insgesamt
ausgeglichenes Musizieren, ohne sich auf die die Ecken und Kanten zu
fixieren, II A: viel Spannung, B: aufgewühlt, aber dabei immer verbindlich
bleibend, weniger die Gegensätze betonend, III kämpferisches Scherzo, Trio:
kein Abstieg in die Gruft, IV unbeschwert diesseitig, „keine Qual rühret sie
an“ – abgerundeter Klang, gute Balance und Transparenz |
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4-5 |
Cleveland Quartet, |
CBS Sony |
P 1984 |
54‘20 |
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eher entspanntes
Musizieren, feinsinnig, gepflegt, überwiegend schlanke Tongebung, mehr
klassisch als hochromantisch, II im Trio mehr an der Oberfläche |
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Quatuor Diotima, |
naïve |
2013 |
56‘34 |
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I insgesamt bewegte Darstellung in Schubert-Nähe, gute dynamische
Gestaltung, an etlichen f-Stellen etwas orchestral, in T. 155 klingt
ein Cello lange nach, II A: sehr ruhig und zart, fast wie erstarrt, viel
Spannung, B: weniger Schliff und weniger Spannung, III Sch:
kraftvoll, starker Bass, B: kein Abstieg in die Gruft, IV insgesamt etwas
beschwert |
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4 |
Quartuor Pascal, |
Vox forgotten records |
1950 |
47‘29 |
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|
I spontan wirkendes Musizieren, konzentriert, mit Druck, harsch im
Ausdruck, leider eingeebnete Dynamik, II anfangs zu laut, jedoch mit sehr
viel Spannung, höchste Intensität, nahezu obsessiv, Stimmführungen nicht
immer deutlich, Vibrato soll Spannung verstärken, III zupackend, kaum p,
im Trio besser, T. 127 ff. Celli tragen zu dick auf – Mikros dicht an den
Instrumenten, deswegen klingen viele Stellen dicht und etwas grob |
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||||||
4 |
Pro Arte-Quartett, |
HMV Strings |
1935 |
44‘44 |
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|
I homogenes Musizieren, aufmerksame Umsetzung der Partitur, einige
zeitbedingte Portamenti, II fließend, geringe dynamische Unterschiede im p-Bereich,
1. Vl. oft etwas weit vorn, Akkorde werden ab T. 15
arpeggiert, III etwas schwergewichtig, hier bessere Dynamik, IV Artikulation der Achtel-Triolen in den Vl. nicht immer bestens, insgesamt unbeschwertes
Musizieren – Klang höhenbeschnitten als Folge der Digitalisierung (Strings) |
|
||||||
4 |
Guaneri Quartet, |
RCA |
1975 |
47‘14 |
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spürbare Empathie für das Werk, I musikantischer Vortragsstil,
stellenweise orchestral und dabei etwas rau, II in den Mittelstimmen bei cresc.
Vibrato, im aufgewühlten B-Teil stellenweise Spannungseinbrüche, III
Akkordspiel im f etwas fest, IV T. 30 f. etwas geleiert, 2. Th.
langsamer |
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4 |
Guaneri Quartet, |
Philips |
1990 |
54‘02 |
|
|||
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im Ansatz ähnlich wie
bei RCA, I etwas zu viel Dynamik in den T. 6-9 und 16-18, etwas gezogen, II
B: zurückhaltender, starke Reprise A‘, IV 2. Th. nun weniger langsam –
starker Bass, Klang etwas gerundeter als früher |
|
||||||
4 |
Quartetto Foné, |
aura |
1992 |
60‘45 |
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zum Zeitpunkt der
Aufnahme junges Ensemble mit Trainer und Mentor bei Schubert, I moderates
Tempo, 2. Satz langsamer, T. 100 ff. 1. Vl. gerät ab
und zu ins Hintertreffen, stellenweise raue Tongebung, gute Transparenz, II
sich Zeit lassend, A: immer wieder viel Bogendruck, B: gelungen, gute
Dynamik, A‘: berührend, III zähes Scherzo, ohne Schwung, Trio mit großem
Ernst, tragfähige Spannungsbögen, IV 2. Th. langsamer, insgesamt weniger
Spannung, es fehlt das tänzerische Moment |
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||||||
4 |
Melos-Quartett, |
HMF |
1993 |
57‘02 |
|
|||
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▼ |
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||||||
4 |
Takásc-Quartett, |
Decca |
1991 |
55‘15 |
|
|||
|
▼ |
|
||||||
4 |
Takásc-Quartett, |
hyperion |
2012 |
54‘16 |
|
|||
|
▼ |
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4 |
Amadeus-Quartett, |
DGG |
1986 |
55‘27 |
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4 |
Amadeus-Quartett, |
DGG |
1965 |
52‘03 |
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4 |
Amadeus-Quartett, |
HMV Testament |
1952 |
48‘37 |
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4 |
Weller-Quartett, |
Decca |
1970 |
49‘27 |
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I bewegtes Musizieren,
Musik in Verlaufsform, kaum Betonung der Gegensätze, die große Linie, Dynamik
etwas pauschal, II A: durchgehend zu laut, kaum Abstufungen im p-Bereich,
B: weniger differenziert, III Scherzo mit teilweise geringerer Intensität,
Trio schön, aber kaum betroffen, IV unbeschwerter Kehraus |
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4 |
Philharmonia-Quartett
Berlin, Eberhard Finke, Cello |
Denon |
1984 |
55‘53 |
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I zu viel Dynamik T. 7-9
und T. 17-20, insgesamt etwas grobkörnig, mehr äußerlich als gefühlt, Dynamik
wird nicht auf ihre Möglichkeiten abgeklopft, ohne Delikatesse, Musiker
können ihre Mitgliedschaft im Orchester nicht vergessen machen, II höheres
Niveau, 2. Cello oft etwas zu präsent, III Sch:
mächtige ff-Akkorde, etwas fest, IV warum nicht lockerer? – insgesamt
fehlt es etwas an Delikatesse |
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3-4 |
Jascha Heifetz und
Israel Baker, Violine, William Primrose, Viola, Gregor Piatigorsky
und Gabor Rejto, Cello |
RCA |
1961 |
38‘47 |
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I bewegt, schneller als
üblich, Musiker lassen aber der Musik kaum Zeit zum Atmen, manche
Achtel-Repetitionen klingen mechanisch, II in der Art wie Satz 1, dabei will
keine rechte Spannung aufkommen, das passt in B besser, III ruppiges Scherzo,
im Trio endlich einmal Spannung, IV sehr bewegt, 1. Th. unwirsch, 2. Th.
wünschte man sich besser abgesetzt, Achtel-Triolen wirken wie getrieben,
zirzensisch – dynamische Differenzierung im p-Bereich nicht optimal,
die Aufnahme klingt eher nach Rossini als nach Schubert |
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3-4 |
Wiener Konzerthausquartett,
Günther Weiss, Cello |
Westminster MCA |
1950 |
51‘15 |
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I etwas behäbiges
Grundtempo, 1. Th. mit viel Drive, 2. Th. deutlich langsamer, ab T. 100 wieder schneller, gutes Zusammenspiel, II molto Adagio, mit
viel Spannung, im B-Teil breiter Klang, fast so wie bei einem
Kammerorchester, in der Spannung wenig abwechslungsreich, III robustes
Scherzo, kein Presto, etwas altväterlich, Trio gezogen, Vibrato, stellenweise
wie weinerlich, IV schwergewichtig – eingeebnete Dynamik, dichtes Klangbild |
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3-4 |
Gidon Kremer und Kaja Danczowaska, Violine, Gérard Chassé,
Viola, Mischa Maisky und Ko Iwasaki, Cello |
Philips |
P 1983 |
46‘06 |
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live, I überwiegend
schlanke Tongebung, anfangs wenig homogen, Klang bei lauten Stellen
stellenweise rau, das bessert sich jedoch im Verlauf des Satzes, 1. Vl. an vielen Stellen zu weit vorn und dabei mit scharfem
Ton, II A: etwas unruhig, B: teilweise aggressiv, III 1. Vl.
dominiert im Scherzo zu sehr, könnte lockerer gespielt sein, auch in IV –
Aufnahme klingt spontan |
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3-4 |
Emerson String Quartet, |
DGG |
1990 |
56‘16 |
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live, Emerson-Tugenden
auch hier hörbar: schlanke Tongebung, Transparenz, Tempogefühl,
kammermusikalische Feinarbeit; trotzdem kann dieser Mitschnitt nicht
gefallen: Quartett und 2. Cellist bilden keine Einheit, dieser spielt sich an
vielen Stellen (Pizzicati) zu weit nach vorn und stört
die Balance. Der Beginn des Kopfsatzes ist ein großer Auftritt, danach folgen
Überhitzung oder Rührseligkeit, der A-Abschnitt des 2. Satzes sowie das Trio
kommen etwas nüchtern aus den Lautsprechern. Gut gelingt jedoch das Scherzo.
Im Finale ersetzen die Musiker entspannte Heiterkeit durch übersteuerte
Vitalität – Publikum ist mucksmäuschenstill |
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Kuss-Quartett, |
Onyx |
2012 |
55‘30 |
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I wenig geschliffen, 2. Vc. durchgehend zu laut, auch im 2. Satz,
lascher Umgang mit Schuberts Dynamik, klingt irgendwie lustlos, Vc. klingt
beim ff-Akkord T. 154 nach (auch im 3. and 4. Satz), II B: ohne Zug,
kaum Spannung, III Scherzo basslastig, IV wenig
locker, geringere Differenzierung – Quartett hier nicht auf dem Niveau anderer
Spitzenensembles, etwas belegtes Klangbild |
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3-4 |
Aeolian
String Quartet, |
Regis MCPS |
1966 |
53‘36 |
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I etwas robust, durchgehend
raue Tongebung, Balance nicht immer top, Vc. klingt T. 154 nach, II A: nicht
mit höchster Spannung, B: Klang von hoher Dichte, jedoch nicht immer
aufgefächert, III Scherzo: drauflos musiziert, Trio: Vibrato bei den
Mittelstimmen T. 240, IV zögerlich, auf der Stelle tretend |
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3-4 |
Orpheus Quartet, |
Canal grande |
1994 |
51‘47 |
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I klingt etwas harmlos,
es scheint nicht um letzte Dinge zu gehen, II A: 2. Cello oft zu präsent, B:
Mittelstimmen zu zurück, irgendwie unentschlossen, Spannungseinbrüche (auch
in IV), III Scherzo etwas kurzatmig |
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3-4 |
The Lindsays, |
ASV |
P 1985 |
57‘33 |
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I zu Beginn Vibrato,
geringere Spannung, stellenweise raue Tongebung, Klang wünschte man sich
geformter und gepflegter, Celli klingen bei ff-Akkorden nach, 2. Th. wie
entrückt, II sehr langsam, Musik steht fast still, T. 15-28 im Gegensatz zur
Partitur fast immer pp oder ppp, B:
1. Vl. mit etwas weinerlichem Tonfall – Lindsays
Vortragsstil muss man mögen |
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3-4 |
Quartetto di
Cremona, |
audite |
2018 |
53‘41 |
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I bewegtes Musizieren,
man hat den Eindruck, als spielten die Musiker mehr neben- als miteinander;
Kontrastreichtum, jedoch raue Tongebung, lascher Umgang mit Schuberts
Dynamik, Vc. klingt beim ff-Akkord T. 154 nach (auch im 3. and 4.
Satz), II mehr diesseitig, wenig feinfühlend, A‘ besser, III Trio im
Vergleich zum Scherzo zu laut |
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3 |
Tatrai-Quartett, |
Hungaroton Capriccio |
P 1987 |
52‘03 |
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instrumentale Schwächen
der 1. Vl., Stahlsaiten treten in hohen Lagen
heraus und stören die Balance, schlanke Tongebung, I ab T. 100 etwas
schneller, II Andante, eindimensional, zu lineares Musizieren, III Scherzo
hier entspannt, IV immer wieder Spannungseinbrüche – kein geschlossener Klang,
man vermisst Homogenität beim Zusammenspiel |
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Interpretationen mit
Originalinstrumenten |
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4-5 |
L’Archibudelli: Vera Beths und Lisa
Rautenberg, Violine, Steven Dann, Viola, AnnerBylsma
und Kenneth Slovik, Cello |
Sony |
P 1991 |
51‘43 |
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I bewegtes Musizieren,
teilweise mit Drive, jedoch nicht aufrührerisch in der Durchführung, sehr
gutes Zusammenspiel, offenes Klangbild, gute dynamische Differenzierung, II
A: zart, B: weniger kämpferisch, eher trauernd, Übergang nach A‘ kein
Geheimnis, IV etwas zurückhaltend |
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Hinweise zu
Interpreten und Interpretationen
Budapester-Streichquartett
Zwei Aufnahmen mit den Budapestern und Benar Heifetz am 2. Cello stehen mir zur Verfügung: Eine
Mono-Aufnahme aus 1951, im Booklet der von mir abgehörten UA-CD ist jedoch 1941
als Aufnahmedatum vermerkt, es ist jedoch kein Schellack-Klang, also ist 1941
vermutlich falsch. Die spätere wurde 1962 in Stereo produziert. Beide Aufnahmen
zeigen große Schubert-Nähe. Der Kopfsatz erfährt jeweils eine lebendige
Darstellung, das 2. Thema wird im Tempo ein wenig zurückgenommen, ab T. 100
kehren sie – unmerklich – zu Tempo I zurück. Sehr exaltiert gerät ihnen die
Durchführung, 1962 jedoch weniger. Im Adagio stellt sich bei ruhigem Tempo viel
Spannung ein, molto espressivo, wie auch vorher wird der B-Teil in der
Stereo-Aufnahme im Ausdruck etwas disziplinierter dargeboten, die Rückführung
zum A-Teil gerät in beiden Aufnahmen zu einem Ereignis. Im 3. Satz werden 1962
alle Wiederholungen ausgeführt. Im Finale schwingt 1962 ein bisschen
Erleichterung nach all den Anspannungen der vorangegangenen Sätze mit, ein
etwas lockeres Spiel würde noch das i-Tüpfelchen draufsetzen. Klanglich fällt
die Mono-Platte natürlich etwas zurück, der Digital-Transfer lässt Wünsche in
Bezug auf den Klang offen. Die Musiker selbst differenzieren im p-Bereich
nicht das, was Schubert vorschwebte. Eine bessere Dynamik und einen
aufgefächerten Klang bietet jedoch die Stereo-Aufnahme, die ich noch als fast
störungsfreie LP besitze.
Amadeus-Quartett
Drei Studio-Produktionen hat das
Amadeus-Quartett Im Laufe seiner langen Karriere eingespielt. Die erste
entstand 1952 für HMV. Schon damals saß William Pleeth
am 2. Cello. Auch 13 Jahre später (1965), als das Quartett schon lange eine der
Hauptstützen in punkto Kammermusik bei der DGG war, spielten die fünf Musiker
zusammen. Bei ihrer letzten Aufnahme 1986, diesmal im digitalen Verfahren, nahm
Robert Cohen den Platz des 2. Cellisten ein.
Die Interpretationen unterscheiden sich
nicht grundlegend voneinander. Ein schöner Ton, ein homogener Quartettklang war
nicht das, was man von ihnen rühmte. Jedoch ein voller Einsatz, bei lauten
Passagen konnte es auch mal richtig ruppig zugehen, das ist auch hier zu hören,
beim 1. Thema des Kopfsatzes, im Mittelteil des langsamen Satzes, im Scherzo und
auch in Teilen des Finales. Darunter litt auch die Intonation, am meisten beim
Primarius Norbert Brainin. Das zeigt sich schon in
der ersten Aufnahme von 1952: bei den lauten Stellen klingen die Instrumente
oft sehr rau, da fehlt noch der Schliff. Bei allem Einsatz spielen die Musiker
eher sachlich, überzeugend klingt es erst dann, wenn die Musik ausschwingen
kann. Im langsamen Satz fehlt es im A-Teil und auch zu Beginn des Mittelteils
an Spannung, da klingt es mir zu hemdsärmelig. Zufrieden ist man als Hörer erst
bei der Wiederholung des A-Teils ab T. 65, dort stellt sich auch Spannung ein.
Am besten gelingt den Musikern in allen drei Aufnahmen das Scherzo samt Trio.
Im letzten Satz wählen sie ein vergleichsweise zurückhaltendes Tempo. Dabei
vermisst man eine gewisse wienerische Beschwingtheit oder Grazie. Das ist zu
ernst, 1952 fast verbissen gespielt.
Die DGG-Aufnahme von 1965 war meine
erste Begegnung mit dem Quintett. Die Platte war Teil einer 8 LP-Kassette mit
einer Auswahl der wichtigsten (?) Klavier und Kammermusikwerken Schuberts. Hier
wird in Satz 1 das 1. Thema wenig locker gespielt, beim 2. Thema könnte der
Primarius mehr führen, auch T. 188-202 und T. 220-238. Im 2. Satz ist die
Balance nicht optimal eingestellt, das Hauptthema kommt zu leise, auch die
Spannung im Mittelteil könnte besser sein, das klingt zu neutral. Im 3. Satz
spielen die Musiker das Trio sehr langsam, fast zäh. Erfreulich ist jedoch,
dass die Differenzierung im p-Bereich gelingt. Der letzte Satz wird nun
ein wenig schneller gespielt.
21 Jahre später meint man eine gewisse
Resignation aus dem Spiel zu hören, so als wenn die Musiker die Frage stellten:
Hat es noch Sinn zu kämpfen, wo alles schon zigmal gesagt wurde? Die
Interpretation klingt nach Abschiednehmen, es ist tatsächlich die letzte
Aufnahme des Quartetts, denn ein Jahr später stirbt plötzlich der Bratschist
Peter Schidloff und das Quartett hat nach ungefähr 40
Jahren in derselben Besetzung sein Ende erreicht. Beim Hören der Aufnahme fällt
ein erhöhter Bogendruck auf, auch ein gegenüber früher zurückgenommenes Tempo.
Durch die beiden Celli klingt der Bassbereich hier jetzt stärker. Im langsamen
Satz können die Musiker überzeugen: bei sehr ruhigem Tempo gelingt die Balance
besser als früher und die Musik besitzt mehr Spannung. Der Abgesang klingt
überzeugend und kultivierter als 1965.
Zwei
Studio-Aufnahmen konnte ich einem Vergleich unterziehen: die erste entstand für
die DGG mit dem Cellisten Mstislav Rostropovich im
Jahr 1977, die zweite 1993 für HMF mit Wolfgang Boettcher, langjähriger
Solo-Cellist der Berliner Philharmoniker, am 2. Cello. Wenden wir uns zunächst
der älteren Aufnahme zu, sie bietet – vor allem im Kopfsatz – einen eher
musikantischen Ansatz, ohne überall Tiefgründigkeit ausmachen zu wollen, das
hat auch seine Berechtigung. Leider klingt bei lauten Akkorden zumindest ein
Cello nach. Auch stören – nur in diesem Satz – immer wieder sehr leise kurze
Geräusche im Bassbereich. Auf LP wahrscheinlich nicht zu hören. In den
langsamen Teilen des Adagios schaffen die Musiker eine erhabene Ruhe gepaart
mit höchster Spannung. das gilt auch für den B-Teil mit seiner freigesetzten
emotionsgeladenen Kraft. Die wird auch im Scherzo evident. Das Finale stelle
ich mir etwas lockerer gespielt vor. Rostropovich hier kein Star, sondern
Kammermusiker.
Die HMF-CD
bietet einen ähnlichen Ansatz bei vergleichbaren Tempi. Das Quartett spielt jedoch
nicht mehr so homogen wie früher, besitzt auch weniger Farbe. Die 1. Vl. spielt in den Takten 191-202 zu leise. Im Adagio will
sich die Spannung nicht so einstellen wie auf der DGG-Platte. Den langsamen
Liegetöne in T. 20 ff. in Va. und 1. Vc. mischen die Spieler etwas Vibrato bei.
Das Scherzo wird mit weniger Kraft gespielt. Die Dynamik ist insgesamt etwas
großzügiger angelegt.
Takásc-Quartett
Die ungarischen
Musiker haben zwei Studioeinspielungen von Schuberts Quintett vorgelegt. Die
erste entstand 1991, als sie einige Jahre bei Decca unter Vertag standen. Mit
ernster Grundhaltung nähern sie sich dem Kopfsatz, das 2. Th. wird etwas
langsamer genommen. Sie finden m. E. jedoch nicht den richtigen Zugang zu
dieser Musik, sie wird zu referierend dargeboten. Nach dem ff-Akkord T.
154 klingt ein Cello etwas nach. Im sehr ruhig gespielten Adagio ist die
Balance zwischen 1. Vl. und 2. Vc. nicht im Lot, da das
2. Cello sich immer wieder nach vorn spielt. Der schnelle Mittelteil wird zu
gewichtig vorgetragen, aber auch nicht mit der nötigen Hinwendung. Auch das
Finale bleibt gewichtig und etwas akademisch neutral. Insgesamt fehlt es mir an
Inspiration.
Bei der
Folgeaufnahme für das Label hyperion sitzt jetzt
Ralph Kirshbaum am 2. Cello und Geraldine Walther
spielt die Bratsche. Der Kopfsatz klingt nun etwas lebendiger, jedoch noch
immer gewichtig, auch bin ich mit der etwas rauen Tongebung nicht so glücklich.
Im Adagio fällt die geringere Spannung im A-Abschnitt auf, der Mittelteil
klingt wieder etwas ruppig. Auch in dieser Aufnahme drängt der 2. Cellist zu
weit nach vorn. Das Trio des 3. Satzes birgt keine Geheimnisse und im Finale
wird das 2. Thema zu breit genommen.
eingestellt
am 01.03.23