Das Klassik-Prisma |
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Bernd
Stremmel |
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Robert
Schumann
Konzert
für Violoncello und Orchester a-Moll op. 129
Nicht
zu schnell – Langsam, etwas lebhafter – Sehr lebhaft
Im Herbst
des Jahres 1850 übernahm Robert Schumann im rheinischen Düsseldorf die Stelle
des Städtischen Musikdirektors. Die ersten Monate dort sollen recht glücklich
verlaufen sein. Es dauerte nicht lange und er begann mit der Komposition eines
Cellokonzertes. Innerhalb der knappen Zeit von nur zwei Wochen konnte er das
Werk vollenden. Damals trug das Stück noch den Titel Concertstück,
vielleicht auf Grund des bescheidenen Umfangs oder der Tatsache, dass alle drei
Sätze ohne Pause ineinander verschmelzen. Schumann, der in Jugendjahren mit dem
Cello in Berührung gekommen, jedoch keine tiefere Erfahrungen sammeln konnte,
war bei der Komposition des Konzerts auf die Hilfe von Fachleuten angewiesen.
Er bemühte sich zunächst um den professionellen Rat des ersten Cellisten seines
Düsseldorfer Orchesters, Christian Reimers. Komponist und Solist gingen die
Partitur durch, waren jedoch nicht zufrieden. Auch eine weitere Probe mit einem
anderen Solisten Robert
Emil Bockmühl aus Frankfurt brachte
nicht den gewünschten Durchbruch. Diese Proben veranlassten Schumann jedoch,
das Stück zu überarbeiten, besonders was die Balance zwischen Solocello und
Orchester betraf. Diese Änderungen gingen in die 1854 veröffentlichte Partitur
ein. Schumann hat sein Konzert nicht mehr hören können. Nach seinem bekannten
Selbstmordversuch 1953 wurde er in eine Heilanstalt in Bonn-Endenich verbracht,
die er bis zu seinem Tode nicht mehr verlassen konnte.
Das
Cellokonzert wurde vier Jahre nach Schumanns Tod In Oldenburg von der
Großherzoglichen Hofkapelle unter Leitung von ihrem Konzertmeister Karl Franzen
uraufgeführt, Solist war der damals bekannte Cellist Ludwig Ebert, erster
Cellist dieser Kapelle. Es dauerte jedoch noch einige Jahrzehnte, bis es sich
im Konzertsaal durchsetzen konnte.
Formal
tritt es uns Hörern in bekannter klassischer Form mit drei Sätzen entgegen, die
jedoch miteinander verbunden sind, also ohne Pause ineinander übergehen. Am
Anfang stehen drei verhaltene Akkorde, schwermütig klingende, in a-Moll (a – d
– a), ganze Noten in den Bläsern, Pizzicati in den
Streichern, die dem nun einsetzenden Solocello den Weg eröffnen. Leise, in
schwelgerischer Art, wie improvisiert, breitet es seine Einleitungsmusik aus.
Schumann verzichtet auf eine metrische Konstruktion etwa in acht, zwölf oder
sechzehn Takte, wie man es aus Zeiten von Haydn, Mozart und Beethoven kennt.
Kann man da von einem Thema sprechen? Auffallend sind Sprünge aus tiefer in
höher gelegene Lagen. Zweimal (T. 30 und 31) schließen sich auch sogenannte
„Mannheimer Raketen“ an. Einem knapp gehaltenen Orchester-Tutti folgt ein
weiteres Solo für das Cello (zweites Thema?) mit knapper Begleitung des
Orchesters. Nach einer längeren Durchführung darf ab T. 176 das Solocello zur
Reprise führen, die sich thematisch eng an die Exposition anlehnt. Ein weiteres
Tutti (T. 264-279) beschließt den Kopfsatz.
Eine
leise zu spielende Überleitung von sechs Takten leitet zum langsamen Satz über,
der in seiner Knappheit einem Intermezzo ähnelt. Über eine Pizzicato-Begleitung
der Streicher darf die Solistin / der Solist mit einer elegisch gestimmten
Melodie, gleichsam wie ein Lied ohne Worte, die Hörerschaft beglücken.
Höhepunkt sind die Takte ab 303, wenn das Cello eine sehnsuchtsvolle Melodie in
Doppelgriffen, meist Sexten, anstimmt, wobei ihn das erste Cello gefühlvoll
unterstützt. In T. 320 erfolgt ein Szenenwechsel: Schumann lässt das
Anfangsthema des Kopfsatzes erneut erklingen. Eine spannungsvolle Steigerung
mit tremolierenden Streichern ab T. 335, hier könnte Schumanns Kollege Carl
Maria von Weber Pate gestanden haben, mündet in ein aufgeregtes Rezitativ des
Solocellos, dem sich nach einigen Augenblicken der Finalsatz mit seinen aus
marschartigen Akkorden gebildeten Thema anschließt. Die Musik dieses letzten
Satzes ist weniger zerklüftet, mehr geformt als die des Kopfsatzes. Sprühende
Heiterkeit spricht aus ihr und schlägt eine ganz andere Seite dieser
Komposition an. Am Ende spendiert Schumann nach bekanntem Brauch dem Solisten
eine zweiteilige Kadenz. Für etliche Solistinnen und Solisten scheint sie zu
knapp, zu wenig virtuos geraten zu sein und kreïeren
eine äußerlich virtuosere, die nach T. 688 eingeschoben werden soll, z. B.
Casals, Fournier, Tortelier und Starker. Der Urheber
von anderen Kadenzen wie bei Hoelscher, Janigro, Parisot, Shafran, du Pré
und Harrell konnte bisher nicht in Erfahrung gebracht
werden.
Hier
die untersuchten Aufnahmen:
5 |
Pierre
Fournier |
Ferenc Fricsay |
Orchestre de la Suisse Romande |
Cascavelle |
1957 |
24‘26 |
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live, ▼ |
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5 |
Jean-Guihen Queyras |
Pablo
Heras-Casado |
Freiburger
Barockorchester |
DHM |
2014 |
22‘31 |
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I Solist und Orchester in ständigem
Zwiegespräch, facettenreich, II die beiden Abschnitte sowohl im Tempo als
auch in der Dynamik voneinander abgesetzt, III immer der Partitur auf der
Spur, sehr lebendig, stellweise auch perkussiv – sehr gute Balance und
Transparenz |
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5 |
Yo-Yo Ma |
Colin Davis |
Symphonie-Orchester
des Bayerischen Rundfunks |
Sony |
1985 |
24‘33 |
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I zielstrebig nach
vorn, pointierte Dramatik, gutes Miteinander, II ausdrucksvoll, empfindsam,
III elastisches Musizieren, stellenweise überschäumende Musizierlaune, T. 690
ff. freies Tempo |
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5 |
Anne Gastinel |
Louis Langrée |
Orchestre
Philharmonique de Liège |
naïve |
2001 |
22‘47 |
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I Solistin zeigt
Sensibilität für das Konzert, entschiedener Zugriff, nuanciertes Spiel, Orchester
stellenweise mit pointierter Dramatik, II überzeugende Doppelgriffe des
Cellos (T. 303-311), gutes Miteinander, III spürbare Vitalität –
Vielschichtigkeit der Partitur freigelegt |
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5 |
Antonio Janigro |
Carlo Maria Giulini |
Kölner
Rundfunk-Sinfonie-Orchester |
WDR-Aufnahme,
unveröffentlicht |
1958 |
25‘11 |
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live, Spannung
vom ersten Ton an, Vc. mit hohem Bogendruck, sehr gutes Miteinander,
plastisches Musizieren, immer lebendig |
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5 |
Heinrich
Schiff |
Bernard Haitink |
Berliner
Philharmoniker |
Philips |
1988 |
22‘05 |
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I geschmeidiges
Musizieren, sprechende Artikulation, sehr gutes Miteinander, II mit
Feingefühl, T. 335-338 mit weberschem Einschlag,
III temperamentvoll, spürbare Vitalität – sehr gute Transparenz |
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5 |
Natalia Gutman |
Claudio Abbado |
Mahler Chamber
Orchestra |
DGG |
2006 |
24‘55 |
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live, Solistin immer
mit beherrschtem Zugriff, I Orchester mit deutlich mehr Aktivität als üblich,
herb, sehr gutes Miteinander, II Vc. ausdrucksvoll, aber auch nachdenklich,
III Abbado mit etwas mehr Nachdruck als Masur |
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5 |
Natalia Gutman |
Kurt Masur |
London
Philharmonic Orchestra |
EMI |
1991 |
24‘53 |
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Auch hier Solistin
immer mit beherrschtem Zugriff, I geglätteter Orchesterklang, weniger herb
als ▲,
II hoher Bogendruck, T. 335-339 mit weberschem
Einschlag, III sehr lebhaft, hervorragende Interaktionen, hellwaches
Musizieren |
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5 |
Truls Mǿrk |
Paavo Järvi |
Radio Philharmonique de Radio France |
Virgin |
2003 |
24‘57 |
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I Solist in der Regel
vorn, klares Musizieren, geschmeidig und schlank, sehr gutes Miteinander,
sehr gute Transparenz, II T. 303-311 spannungsvolle Sexten des Solisten, III
spürbare Vitalität, stellenweise tänzerisch, immer bewegt |
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5 |
Truls Mǿrk |
Hans Vonk |
Kölner Rundfunk
Sinfonie-Orchester |
EMI |
1994 |
24‘35 |
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I Cello anfangs
mit viel Vibrato, mehr Körper als ▲,
Klangbild des Orchesters weniger differenziert als ▲,
II Sexten T. 303-311 wie später, viel Spannung im zweiten Abschnitt ab T.
331, III zielstrebig nach vorn |
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5 |
Jan Vogler |
Christoph Poppen |
Münchner Kammerorchester |
Berlin Classics |
2000 |
21‘18 |
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I pulsierendes
Musizieren, mit spürbarer Hingabe, drängend, Solist und Orchester in gutem Miteinander,
II überzeugend, spannungsvolle Sexten des Cellos T. 303-311, man atmet mit
der Musik, T. 335-338 mit weberschem Einschlag, III
mit Hingabe, spürbare Lust an instrumentaler Zuspitzung – gute Balance und
Transparenz |
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4-5 |
Mischa Maisky |
Leonard Bernstein |
Wiener
Philharmoniker |
DGG |
1985 |
24‘16 |
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live, I aufmerksamer
Solist, elastischer Vortrag, vehementer Zugriff, Bernstein achtet auf
hellwaches Spiel der Wiener Philharmoniker, sehr gutes Miteinander, II innig,
Spannungsbögen gehalten, III zupackend inspirierter Vortrag, Tutti T. 449 ff.
(zu) breit |
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Alban Gerhardt |
Hannu Lintu |
Rundfunk-Sinfonie-Orchester
Berlin |
hyperion |
2006 |
21‘57 |
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I schlankes Cellospiel, Streicher T. 93/94
zurückgesetzt, gutes Miteinander, II Musik gesungen, spannungsvolle Sexten
des Cellos T. 303-311, III pulsierendes Musizieren in gutem Tempo, kraftvoll
nach vorn |
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4-5 |
Enrico Mainardi |
Fritz Lehmann |
RIAS
Symphonie-Orchester Berlin |
DGG |
1954 |
25‘26 |
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I zurückhaltendes Tempo, gutes Zusammenspiel,
in der Regel deutliche Artikulation, II wie eine Gesangsszene, T. 334-338 mit
weberschem Einschlag, III Musik weniger schnell,
jedoch intensiv geformt |
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4-5 |
Maurice
Gendron |
Ernest Ansermet |
Orchestre de la Suisse Romande |
Decca |
1953 |
21‘51 |
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I Gendron
anfangs mit viel Vibrato, immer deutlicher Vortrag, kämpferisch, 1. Vl. in der Höhe mit metallischem Tonfall, II Solist singt
auf seinem Cello, III lebhaft, lebendig, Orchester immer auf Gendrons Fersen |
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4-5 |
Pierre
Fournier |
Malcolm Sargent |
Philharmonia
Orchestra London |
EMI |
1956 |
26‘05 |
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▼ |
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4-5 |
Pierre
Fournier |
Hans Rosbaud |
SWF
Sinfonie-Orchester Baden- Baden |
Tahra SWR Classic |
1957 |
25‘42 |
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live, ▼ |
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4-5 |
Janos Starker |
Stanislaw Skrowaczewski |
London Symphony
Orchestra |
Mercury |
1962 |
23‘25 |
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I klares Musizieren,
geschmeidig, abweichend von der Partitur T. 30/31 und 201/202 sf des
Solocellos nicht als Verstärkung, sondern Rücknahme des jeweiligen Tones, II
zurückhaltende Sexten T. 303-311, T. 335-338 ein Raunen im Orchester, III
schneidende Achtel-Akkorde im Tutti, eigene Kadenz des Solisten – insgesamt
gutes Miteinander, gute Balance und Transparenz |
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Lynn Harrell |
Neville Marriner |
Cleveland
Orchestra |
Philips |
1982 |
25‘24 |
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I sorgfältig, überwiegend schlankes
Musizieren, Cello immer vorn, II Sexten T. 303-311 nicht durchgehend
ausdrucksstark, III Marriner achtet auf ein schwungvolles Musizieren,
unbekannte Kadenz (= weniger schwerblütig wie so oft) |
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4-5 |
Jaqueline du
Pré |
Daniel Barenboim |
New Philharmonia Orchestra London |
EMI |
1968 |
25‘22 |
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I selbstverständliche
Perfektion, jedoch etwas glatt, weniger Spannung, II aufmerksames
Zusammenspiel zwischen du Pré und Solocellist, spannungsvoller zweiter
Abschnitt, III temperamentvoll, gutes Miteinander, ab T. 549 breiter, keine
Kadenz |
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4-5 |
Jaqueline du
Pré |
Gerd Albrecht |
Radio
Sinfonie-Orchester Berlin |
audite |
1963 |
25‘39 |
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live, großer Einsatz
für op. 129, volltönender Celloklang, I temperamentvoll, Zusammenspiel nicht
immer so perfekt wie erwartet, II zweiter Abschnitt etwas unruhig, III
ausdrucksstark, jedoch etwas rauer Klang, Kadenz unbekannter Herkunft |
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Tibor de Machula |
Wilhelm
Furtwängler |
Berliner
Philharmoniker |
BPhil
Media DGG |
1942 |
22‘38 |
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live, ausdrucksvolles Musizieren, gutes
Miteinander, Furtwängler immer mit Blick nach vorn, I ausdrucksvolles
Musizieren, starke accel. ab T. 34, später ab T. 205, II
ausdrucksstarke Sexten des Vc. T. 303-311, III lebendiges Musizieren, man
wirft sich die Bälle zu – Solist damals Solo-Cellist des Orchesters |
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4-5 |
Tibor de Machula |
Rudolf Moralt |
Wiener
Symphoniker |
Philips forgotten records |
1954 |
21‘58 |
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I Cello immer deutlich
vorn, führt, Vc. mit klarer Tongebung, besser als ▲,
jedoch geringere Spannung, II Pizz.
zu Beginn etwas domestiziert, Sexten des Vc. T. 303-311 weniger
ausdrucksstark, III akzentuiertes Musizieren, lebendiger Vortrag, überzeugt
am meisten - Solist damals Solo-Cellist des Concertgebouw Orchesters Amsterdam |
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4-5 |
Mstislaw
Rostropovich |
Samuel Samosud |
Sinfonie-Orchester
der Staatl. Moskauer Philharmonie |
Melodya Westminster DGG |
1954 |
23‘28 |
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▼ |
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4-5 |
Paul Tortelier |
Yan-Pascal Tortelier |
Royal
Philharmonic Orchestra London |
EMI |
1978 |
24‘55 |
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I klares Musizieren,
in der Regel deutliche Tongebung, gute Transparenz und Balance,
Zweiunddreißigstel T. 14, T. 18 und später nicht immer ganz klar, II Tortelier singt im ersten Abschnitt, dichtes Musizieren,
III geschmeidig, immer lebendig, eigene Kadenz |
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4-5 |
André Navarra |
André Cluytens |
Orchestre
des Concerts Colonne |
Columbia forgotten records |
1951 |
23‘20 |
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I 1. Th. anfangs
zu zergliedert, hohe Töne kommen etwas gepresst, entschiedener Zugriff,
kraftvoll nach vorn, II wie eine Gesangsszene, III von musikalischer Energie
sprühend, Tutti T. 549 ff. etwas schwerfällig, Kadenz mit viel Bogendruck – Cluytens besitzt einen spürbaren Draht zu Schumann |
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4-5 |
Ludwig Hoelscher |
Eugen Jochum |
Symphonie-Orchester
des Bayerischen Rundfunk |
Rundfunkmitschnitt |
1960 |
25‘49 |
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live, I deutliche
Tongebung, etwas belegtes Klangbild, II meistens hoher Bogendruck, T. 335-338
mit weberschem Ausdruck, III lebendig, wie
durchgezogen, ausgedehnte Kadenz |
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4 |
Pablo Casals |
Eugene Ormandy |
Prades
Festival Orchestra |
CBS Sony |
1953 |
24‘59 |
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live, Solist führt,
hoher Bogendruck, einige Portamenti, klanglich nach vorn gerückt, von
musikalischer Energie sprühend, in den Ecksätzen sehr unruhig, störende „Grunzgeräusche“ des Solisten, III HTh
Musik gravitätisch voranschreitend |
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4 |
Mstislaw
Rostropovich |
Gennadi Roshdestvensky |
Leningrader
Philharmonie |
DGG |
1960 |
25‘30 |
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▼ |
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4 |
David Geringas |
Lawrence Foster |
London Symphony
Orchestra |
BMG |
P 1976 |
25‘21 |
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I Cello kein
festes Tempo, z. B. T. 160-174, Orchester ähnlich, Zweiunddreißigstel T. 14 u.
18 und auch später etwas undeutlich, II Vc. mit viel Vibrato, Sexten T.
303-310 ohne Nachdruck, eher locker, III laute Tutti-Abschnitte etwas grob,
ab T. 699 accel. |
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4 |
Sol Gabetta |
Giovanni Antonini |
Kammerorchester
Basel |
Sony |
2016 |
23‘06 |
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I Solistin
führt, Orchester oft zurückgesetzt, T. 93 f. Streicher zu leise, II T. 303
ff. gelungener Dialog zwischen Galbetta und Solo-Cellist,
insgesamt jedoch eher Abschnitte als Bögen, III hier mehr Zusammenarbeit, Pizz. der Streicher T. 691 ff. zu leise |
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4 |
Angelica May |
Vaclav Neumann |
Tschechische
Philharmonie Prag |
Supraphon |
1986 |
23‘55 |
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Solist und
Orchester nicht immer im Gleichklang, Orchester kommt über eine Begleiterrolle kaum hinaus, II ausdrucksvoll, T. 335-338
mit weberschem Einschlag, III lebhaft, eher
moderato, nach T. 700 accel. |
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4 |
Miklós Perényi |
Markus Stenz |
Gürzenichorchester
Köln |
GO live |
2006 |
23‘15 |
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live, I eher neben-
als miteinander agierend, Str. T. 261 f. kaum präsent, II etwas
zurückhaltend, beim Zusammenspiel zwischen Perényi
und Solo-Cellist T. 303-319 bleiben einige Wünsche offen, III mit spürbarer
Vitalität, zupackend |
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4 |
Oren Shevlin |
Heinz Holliger |
WDR
Sinfonieorchester Köln |
audite |
2013 |
23‘41 |
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I Solist reiht Abschnitte
aneinander, keine durchgehende Linie, teilweise gebremstes Tempo, Solist und
Orchester nebeneinander, kaum miteinander, insgesamt etwas spröde, II
unausgeglichene Sexten T. 303-311, Holliger hebt gestopfte Hörner T. 336/338
dezent hervor, in den meisten anderen Aufnahmen überspielt, III Solist hat
sich freigespielt, besser als in Satz 1 – Oren Shevlin
Solo-Cellist beim WDR SO |
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3-4 |
Mstislaw
Rostropovich |
Leonard Bernstein |
Orchestre
National de France |
Warner |
1976 |
25‘18 |
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▼ |
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3-4 |
Daniel Shafran |
Kyrill Kondraschin |
Staatl.
Sinfonie-Orchester der UdSSR |
Melodya |
1953 |
23‘34 |
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I von
musikalischer Energie sprühend, jedoch etwas robuster Ansatz, Vc. immer vorn,
Solist hat die Partitur im Griff, kompakter Orchesterklang, etwas zurückgesetzt,
geringe Transparenz, II T. 320 viel lebhafter (Partitur: etwas), III
unbekannte Kadenz |
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3-4 |
Maria Kliegel |
Andrew
Constantine |
National
Symphony Orchestra of Ireland |
Naxos |
1994 |
24‘47 |
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Musik im
Wesentlichen auf das Handwerkliche reduziert, Aufnahme hinterlässt keinen bleibenden
Eindruck, III hier scheint sich das Orchester eingespielt zu haben |
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3-4 |
Aldo Parisot |
Pierre-Michel le
Conte |
Orchester der
Wiener Staatsoper |
MMS Concert
Hall forgotten
records |
~ 1958 |
23‘05 |
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I Orchester im
Tutti mit gepresstem Klang, geringe Transparenz, kein festes Tempo, Solist
bei aufsteigenden Zweiunddreißigstel immer wieder mit verwaschen klingender Tongebung
(z. B. T 14, 18, 30, 31), III spielerischer Umgang mit dem Notentext, Klang
wie Satz 1 – in den Ecksätzen sehr viel Unruhe |
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Hinweise zu Interpreten und
Interpretationen
Pierre Fournier
Vom französischen Meistercellisten Pierre
Fournier, den ich noch live erleben konnte, stehen mir drei Einspielungen zur
Verfügung. Sie entstanden innerhalb von einem Jahr: 1956 als Studio-Einspielung
mit dem Philharmonia Orchestra unter dem Dirigat von
Malcolm Sargent, dann folgen ein Jahr später Konzertmitschnitte unter Leitung
von Hans Rosbaud aus Baden-Baden sowie Ferenc Fricsay
aus Genf. Alle drei Interpretationen überzeugen. Der Solist spielt mit viel
Feuer und Engagement und die Tontechniker platzierten Fourniers Cello immer vor
dem Orchester. Trotzdem erlebt man ein gutes Miteinander zwischen Solisten und
jeweiligem Orchester, das ist im kurzem Mittelsatz besonders gut nachzuhören.
Besonders bei Fricsay ist ein lebendiger Dialog zu erleben. Bei Rosbaud beeindruckt der Rückgriff auf den Kopfsatz in den
Takten nach 320. Die Sexten im Cello T. 303-311 klingen bei Sargent etwas
zurückhaltend. Diese Aufnahme bietet jedoch den besten Klang. Am Ende des
Finales präsentiert Fournier eine ausgedehnte eigene Kadenz, in allen Aufnahmen.
Mstislav Rostropovich
Wie bei Fournier kann man auch bei
Rostropovich auf drei unterschiedliche Einspielungen des Schumann-Konzerts
zurückgreifen. Die erste Aufnahme entstand vermutlich in Moskau, nachdem
Rostropovich seine Studien dort erfolgreich absolviert hatte und sich als
außergewöhnlich erfolgreicher Solist einen Namen gemacht hatte. Die folgende
Interpretation wurde in London während einer Europatour der Leningrader
Philharmoniker mitgeschnitten. Am Pult stand der damals noch wenig bekannte
29-jährige russische Dirigent Gennadi Roshdestvensky,
der neben dem Chefdirigenten Eugen Mrawinsky für
diese Tournee verpflichtet wurde, er sollte nun die Leitung des
Rundfunk-Sinfonie-Orchester der UdSSR übernehmen. Die letzte Aufnahme entstand
in Paris 1976 in Partnerschaft mit Leonard Bernstein.
In der ersten Aufnahme erlebt man einen
impulsiv agierenden Cellisten, mit hohem Bogendruck, stellenweise mit
deutlichem Vibrato, ausdrucksstark sowie mit überschäumender Musizierlaune
agierend. Die Klangtechnik hat sein Cello nach vorn gerückt, das aufgewühlt
markant akzentuierte Orchester darf sich nur in den lauten Tutti-Passagen nach
vorn wagen. In deutlichem Gegensatz gibt sich der kurze langsame Satz,
Rostropovich spielt mit viel Espressivo, stellenweise wie entrückt. T. 320
bringt einen scharfen Stimmungsumschwung, der zum Finale überleitet. Es ist
durch ein straffes Musizieren gekennzeichnet. Der Monoklang der Aufnahme aus
Sowjetzeiten zeigt eine erstaunliche Balance und Transparenz.
In der Londoner Aufnahme spielt das
Orchester mehr kontrolliert als emotional aufgeladen, der Dirigent lässt es
mehr in die Breite spielen, das bedeutet aber auch etwas weniger Spannung. In
lauten Tutti-Abschnitten spielt es Streicher-beherrscht, nicht immer auf
höchstem Niveau. Rostropovichs Cellospiel erlebt man wie auf früherer Höhe.
Ähnlich der zweite Satz, etwas langsamer, der Umschwung bei T. 320 ist hier
weniger scharf. Klanglich kann die Aufnahme mit mehr Präsenz punkten.
Bei der Pariser Aufnahme erleben wir
einen Cellisten mit schlankem Ton, sollte es französisch klingen? Bernstein
stellt ihm ein blockhaft agierendes Orchester zur Seite, leider wird die
Spannung nicht immer gehalten. Der Ausdruck im zweiten Satz bleibt beim
Solisten und Orchester etwas zurückhaltend, bei T. 310-319 ist ein Stillstand
nicht mehr weit weg. Das Finale erlebt man als Hörer weniger inspiriert, dem
Orchester scheint nur eine Nebenrolle zugewiesen zu sein. Das Tutti T. 549 ff.
kommt ziemlich breit daher.
eingestellt am 28.06.25