Das Klassik-Prisma

 

 Bernd Stremmel

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Peter Tschaikowsky

 

Serenade für Streichorchester C-Dur op. 48

 

Pezzo in forma di Sonatina. Andante non troppo, Allegro moderato – Valse. Moderato –     Elegia. Larghetto elegiaco – Andante, Allegro con spirito

 

Tschaikowskys Streicherserenade wurde 1880/1881 komponiert. In einem Brief vom 10. Oktober 1880 an seine Brieffreundin und Mäzenin Nadeshda von Meck kündigte der Komponist sein neues Werk an und bemerkte dazu: Der erste Satz sei eine absichtliche Nachahmung von Mozarts Stil. Die Musik sollte klar und durchsichtig gespielt werden. Vermutlich wollte er sich damit bewusst von den dramatischen Sätzen eines Beethoven oder Schumann absetzen. Bereits vier Jahre zuvor erschienen Tschaikowskys „Rokoko-Variationen“ für Violoncello und Orchester, in dem der Komponist seine Affinität zur Musik des 18. Jahrhunderts bekundete.

 

Der Kopfsatz, ausdrücklich in Sonatinenform geschrieben, mit Exposition und Reprise, bei Verzicht auf eine Durchführung, beginnt und schließt mit einer gewichtigen feierlichen Einleitung (Andante non troppo). Deren 7-taktiges Thema wird zweimal wiederholt: zuerst vom gesamten Streichorchester, danach nur in den tiefen Streichern. Bei den beiden folgenden Auftritten, nun auf nur sechs Takte verkürzt, zweimal von den Streichern ohne Kontrabässe gespielt, beim ersten Mal ff, danach nur noch f sowie um eine Oktave nach unten verlegt. Zu Beginn verlangt der Komponist das Thema sempre marcatissimo zu spielen, was jedoch nur bei sehr wenigen Dirigenten Gehör findet: Mengelberg, Zinman, Dorati, Marriner-Decca und Sebestyn. Auch beim zweiten Auftreten des Themas erwartet Tschaikowsky von den Celli und Kontrabässen ein marcatissimo. Viele Interpreten nehmen hier nicht richtig Stellung und lassen in einer Zwischenstufe zwischen legato und marcato spielen. Ein reines legato bringen Steinberg, Neeme Järvi, Warren-Green, Judd und Amoyal.

Nach Beginn des zweiten Themas (ab T. 99), wenn die zweiten Geigen und Bratschen das Thema übernehmen, ist für die ersten Geigen eine leise und zarte staccato-Begleitung (mit Wiederholung) vorgesehen, die jedoch oft zu leise ausgeführt wird und damit im Klang untergeht. Nicht übersehen haben sie u. a. Svetlanov, Karajan, Steinberg, Stokowski, Münch, Barbirolli, Solti, Marriner, Warren-Green und Vlach.

 

Anstelle eines Menuetts schreibt Tschaikowsky einen Walzer als zweiten Satz. Diese Tanzform hatte zur damaligen Zeit beim Publikum in Russland Konjunktur. Johann Strauß, jr und seine Brüder gastierten in den Jahren 1856 – 1865 sowie 1969 jährlich mit ihrem Strauß-Orchester in drei Sommermonaten in Pawlowsk, in der Nähe von St. Petersburg. Der spezifische Klang der Walzer und Polkas von Johann Strauß und seiner Brüder war unter russischen Adeligen bekannt und geschätzt, die jeweils in drei Sommermonaten mit dem Zug von St. Petersburg anreisten, hier ihre Ferien verbrachten und die Konzerte besuchten. Kein Wunder, dass der junge Tschaikowsky bereits einige Walzer vor seiner Serenade komponierte, z. B. für Klavier und ein Valse Scherzo für Violine und Klavier op.34. Bis heute hat  der Walzer aus seinem Ballett „Schwanensee“ den höchsten Bekanntheitsgrad erreicht.

 

„Elegie“ ist der langsame Satz überschrieben. Dem Kopfsatz ähnlich ist eine langsame Einleitung in ernstem Tonfall vorangestellt, deren kurzes viertaktiges Thema viermal erscheint. Nach einer aufsteigenden Tonleiter in den ersten beiden Takten, folgen die restlichen beiden jeweils in einem variierten Abgesang. Diese 16 Takte sollen pp gespielt werden, was nicht in allen Aufnahmen gelingt. Vier weitere Takte leiten zum eigentlichen Thema über, das abwechselnd von den ersten Geigen und den Celli vorgetragen wird. Die Musik bewegt sich überwiegend in einem melancholischen Tonfall. Ziemlich am Ende des Satzes lässt Tschaikowsky die ernste Einleitung in am Ende abgewandelter Form wiederholen, ähnlich wie in der Einleitung.

 

Die Musik im Finalsatz folgt der Sonatenhauptsatzform. Der russische Geiger und Dirigent Vladimir Spivakov äußert sich in eine Radio-Sendung sowohl des BR als auch des SWR über diesen Satz: „Zum Finale, dem "Tema Russo", gehören zwei russische Volkslieder. Das erste, das in der langsamen Einleitung anklingt, ist ein Kutscherlied von der Wolga. Zum Gegenstand des Satzes wird das zweite Lied – mit dem Titel "Unterm grünen Apfelbaum". Die beschwingte Tanzweise stammt aus Tschaikowskys eigener Sammlung russischer Volkslieder [für Klavier zu 4 Händen]. In seiner Struktur aus auf- und absteigenden Tonleiterausschnitten ist das Lied mit dem Andante-Rahmenthema des ersten Satzes verwandt – eine Verwandtschaft, die Tschaikowsky in der brillanten Coda offenbart, wenn er beide Themen aufeinander folgen lässt. In einer gelungenen Verschmelzung schließt sich damit der Kreis von der eleganten Musiksprache des 18. Jahrhunderts zur kraftvollen russischen Volksmusik.“ Der Wiener Kritiker Eduard Hanslick äußerte sich nach der Wiener Erstaufführung 1892 sinngemäß: „ein derber russischer Bauerntanz der sich monoton im atemversetzenden Wirbel herumdreht.“

Die Wiederholung des Themas der langsamen Einleitung des ersten Satzes am Ende des Finales wirkt wie eine Klammer, die die vier Sätze zusammenhält. Nicht zuletzt diesem Satz verdankt die Streicherserenade ihre bis heute ungebrochene Popularität.

 

  Großes Orchester

 

5

Ferenc Fricsay

RIAS Symphonie-Orchester Berlin

DGG

1952

27‘43

 

I E fließend, lockeres und biegsames Musizieren, II elegant, leicht, locker, III intensiv gestaltet, Espressivo – hell klingende Aufnahme mit guter Transparenz und Balance

5

Vladimir Ashkenazy

St. Petersburger Philharmonie

Decca

1996

28‘30

 

I E ziemlich bewegt, elegant, weiche Pizzicati, II schlanke Tongebung, leicht und locker, teilweise filigran, III feinsinnig, spannungsvoll, IV überzeugende Musizierlaune (in allen Sätzen) – sehr gute Balance und Transparenz

 

 

4-5

Jewgeniij Mrawinsky

Leningrader Philharmonie

Melodya    BMG

1949

29‘10

 

I E fließend musiziert, feierlich, HT gewichtiger Vortrag, auf genaueste Artikulation achtend, weniger spritzig, II Stimmen genau ausgewogen, auch hier weniger spritzig, III spannungsvoll, T. 91/92 Artikulation nicht nach Partitur, IV zackig, sehr bewegt – erstaunlich guter Klang

4-5

Georg Solti

Israel Philharmonic Orchestra

Decca    FabFour

1958

27‘20

 

Op. 48 als Klangereignis, deftig, kraftvoll, weniger schlank, I flottes Tempo, II sehr beweglich, III molto espressivo, Allegro molto, Musik läuft wie am Schnürchen – gute Balance und Transparenz

4-5

Paul van Kempen

Orchestre Lamoureux Paris

Philips

1955

29‘47

 

I schwerblütige E, strenges herbes Musizieren, schneller HT, pulsierend, II elastisch, III langgezogene Bögen, detailgenaues Musizieren, IV weniger spritzig – gute Transparenz

4-5

John Barbirolli

London Symphony Orchestra

EMI

1964

30‘55

 

sich Zeit lassend=besserer Blick in die musikalischen Abläufe, Tschaikowskys Einfälle nicht überspielt, organisches Musizieren, sehr gute Differenzierung auch im Bereich der Dynamik,  Musik ernstgenommen, sehr gute Transparenz

4-5

Herbert von Karajan

Berliner Philharmoniker

DGG

1980

29‘31

 

4-5

Semyon Bychkov

Tschechische Philharmonie

Decca

2017

30‘26

 

Bychkov stellt sich hinter die Partitur, Serenaden-Ton getroffen, aufmerksames Dirigat, I mäßiges Tempo

4-5

Otmar Suitner

Staatskapelle Berlin

Eterna     Berlin Classics

1962

30‘49

 

I entschiedener Zugriff, meist lockeres Musizieren, Suitner orientiert sich an Tschaikowskys Artikulation, II solide, sorgfältig, nicht raffiniert, III ernsthaft , Espressivo, IV wie 1 -  sehr gute Transparenz und Balance, Klangbild jedoch weniger farbig, Tschaikowskys Dynamik weitgehend übernommen

 

 

4

Antal Dorati

Philharmonia Hungarica

Mercury

1958

31‘23

 

I sich Zeit lassend, gute Gegenüberstellung der beiden Themen, II etwas trocken, III gespanntes Musizieren, IV überwiegend ausgelassen – homogener Klang

4

Jewgenij Svetlanov

Staatliches Sinfonie-Orchester der UdSSR

Melodya   BMG

1970

32‘53

 

I gewichtiges Musizieren mit großem Streicher-Apparat, Dirigent stellt die Serenade an die Seite einer Sinfonie, Spannung nicht im hohen Bereich, II etwas beschwert musizierter Walzer, Tänzer mit festem Schuhwerk, III molto Espressivo Richtung grandioso,IV zügige E, T. 72-81 laute Pizzicati decken Bassmelodie zu – großformatig, breiter Klangraum, nicht der einer Serenade

4

Neeme Järvi

Gothenbourgh Symphony Orchestra

BIS

2005

30‘30

 

I E immer legato, HT an der Partitur entlang, ausgeglichen, II rhythmisch betont, tänzerisch, III mit Empathie, Musik atmet, IV schnelles Allegro, stellenweise etwas zackig

4

Herbert von Karajan

Berliner Philharmoniker

DGG

1967

28‘43

 

4

Leopold Stokowski

London Symphony Orchestra

Philips  Pentatone

1974

28‘18

 

I geradlinig, nervös, II an der Partitur entlang musiziert, keine Walzeratmosphäre, III hier mit mehr Empathie, IV bewegte E, T. 68-71 entgegen der Partitur Geigen und Bratschen Pizzicato!, auch an einigen späteren Stellen – in den Ecksätzen angerauter Streicherklang

4

Colin Davis

Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks

Philips

1987

32‘38

 

durchaus ernste Stimmung, intensive Darstellung mit großer Sorgfalt, jedoch etwas einseitig, über allem schwebt Melancholie, kaum Serenaden-Ton

4

William Steinberg

Pittsburgh Symphony Orchestra

Capitol   EMI

1954

29‘15

 

I stringent, großer Streicher-Apparat, II etwas kühl durchgezogen, III Espressivo auf mittlerem Niveau, IV etwas nüchtern

4

Yuri Ahronowitch

London Symphony Orchestra

Castle

1987

31‘43

 

I beide Themen etwas schwergewichtig, Pizzicati der tiefen Streicher wünschte man sich eleganter, II Walzer-Thema mit breitem Pinsel, III eher sachlicher Ton, IV etwas fest musiziert

 

 

3-4

Andrew Litton

Bournemouth Symphony Orchestra

Virgin

1988

31‘10

 

I überwiegend temperamentvoll,  Violoncelli beim ersten Thema zurückgesetzt, großer Streicher-Apparat, II Walzerstimmung, III überwiegend Oberstimmen, Pizzicato-Begleitung zurückgestellt, IV drängend, stellenweise jedoch etüdenhaft – Balance zugunsten der hohen Streicher verschoben

3-4

Leonard Bernstein

New York Philharmonic Orchestra

CBS   Sony

1970

34‘04

 

I E gewichtig, mehr als einer E zusteht, HT mehr im langsamen Tempo, Musik wird dann schnell langatmig, II bis T. 20 langsamer, eher eine Fantasie über einen Walzer als ein Walzer  selbst, mit breitem Pinsel, III T: 10-15 ohne portato, gebunden, Dauer-Espressivo=russische Seele?, kein Serenadenton, IV etwas äußerlich virtuos

 

 

3

Eugene Ormandy

Philadelphia Orchestra

EMI

1960

21‘54

 

I Tempo nach Partitur, sehr abwechslungsreich und lebendig, II elegant, herausgeputzte Streicher, III im Serenadenton, teilweise etwas übertriebenes Espressivo, T. 109 ff. statt portato gebunden, IV saftige Bässe - !! verstümmelte Aufnahme, in den Ecksätzen erhebliche Striche, deswegen Herabstufung

3

Charles Münch

Boston Symphony Orchestra

RCA

1957

26‘32

 

Achtung: Sprung im ersten Satz von T. 207-239 – I HT etwas beschwert, weniger locker, danach besser, al fresco, großer Streicher-Apparat, II elegant, aber nicht mit höchster Differenzierung, III nicht immer ohne Kitsch-Anteil, IV etwas grob, al fresco, geleiert – dynamische Differenzierung im p-Breich?

 

 

2-3

Willem Mengelberg

Concertgebouw Orchester Amsterdam

Telefunken   Naxos   Membran

1938

25‘49

 

Achtung: erhebliche Striche in den Sätzen 3 und 4 – I genaue Beachtung der Artikulation zu Beginn der E, II willkürliche Temposchwankungen, III anfangs kein pp, Dynamik nicht nach Vorlage, einige Rubati, teilweise sentimental, IV Geigen an einigen Stellen im Hollywood-Sound – präsenter Klang

 

Kammerorchester

 

  5

Neville Marriner

Academy of St. Martin-in-the-Fields

Philips

1982

28‘36

 

5

Neville Marriner

Academy of St. Martin-in-the-Fields

Decca

1969

31‘47

 

5

Josef Vlach

Tschechisches Kammerorchester

Supraphon

1964

28‘47

 

I mit Hingabe, II zu Beginn des Walzerthemas jeweils die beiden ersten Viertel verzögert, immer präsente Nebenstimmen (in allen Sätzen), III E genaue Phrasierung, einfühlsames Musizieren, IV fließend, markant akzentuiert – im Serenadenton, sehr gute Balance und Transparenz

5

Vladimir Spivakov

Moskauer Solisten

RCA

P 1994

29‘29

 

I E ohne marcatissimo, sehr bewegtes Musizieren, con spirito, II anmutig, III con anima, IV gestalterischer Ernst verbindet sich mit großer Spielfreude, ohne virtuose Attitüde – Serenadenton gut getroffen

 

 

4-5

Ernö Sebestyén

Philharmonische Virtuosen Berlin

Teldec

1985

29‘28

 

I zupackend, prägnant, Musik gestaltet, gute Dynamik, II gelöstes Musizieren, III in der E die jeweils vier Takte abwechslungsreich gestaltet, mit Hingabe, IV vital – gute Differenzierung, gute Transparenz

4-5

Iona Brown

Norwegisches Kammerorchester

Virgin

P 1995

29‘20

 

I mit ansteckender Spielfreude, II Walzerton getroffen, jedoch etwas nüchtern, III mit viel Klangsinn, spannungsvoll, IV fließende E, Melodie und Begleitung genau gewichtet, leicht und locker

 

 

4

David Zinman

Niederländisches Kammerorchester

Philips

1974

31‘37

 

I beim ersten Thema spielen die Celli nicht nur Begleitung, warum nicht etwas lockerer? II anfangs kein p, etwas plump, III ausdrucksstark, IV sachliches Musizieren – insgesamt gute Differenzierung

4

 

Orpheus Chamber Orchestra

DGG

1986

29‘00

 

I zielstrebig voran, dramatischer Duktus, II bewegt, Musik gestaltet, gelöstes Musizieren, III Pizzicato-Begleitung zu leise, emotionsgeladener Vortrag, IV schnelles Allegro, motorisch –gute Balance und Transparenz

 

 

3-4

Daniel Barenboim

English Chamber Orchestra

EMI

P 1974

29‘41

 

I 1. Thema kämpferisch, sinfonisch, herb, weniger serenadenhaft, II wie durchgespielt, mehr derb als feinfühlig, ohne Charme, III Pizzicato-Begleitung mit wenig Duft, wie nebenher, insgesamt ernsthaft, IV drauflos musiziert, dynamische Differenzierung im p-Bereich nicht immer top

3-4

James Judd

English Chamber Orchestra

Novalis

1986

30‘06

 

I gestalterischer Ernst, wenig locker, II wie nur durchgespielt, III Phrasierungen nicht immer nach Vorlage, Pizzicato-Begleitung zu leise, IV sachlich, nüchtern, wie heruntergespielt – ohne richtige Hingabe, wie ein Pflichtstück

3-4

Pierre Amoyal

Camerata de Lucerne

Warner

2012

29‘53

 

I Musik läuft wie am Schnürchen, wenig gegliedert, II keine Walzer-Seligkeit, III Begleit-Pizzicati zu zurückhaltend, elegisch, IV bewegte E, Cello beim 2. Thema (con anima) zurückhaltend, nüchtern, ohne Pep – Celli klingen nach dem Schlussakkord nach

3-4

Christopher Warren-Green

London Chamber Orchestra

Virgin

1988

28‘07

 

I hurtig darüber hinweg, II an der Partitur entlang, wenig Charme, III Begleit-Pizzicati zu zurückhaltend, eher sachliche Haltung, IV Allegro con spirito in A. molto umgedeutet, zu motorisch – Balance nicht immer zufriedenstellend

 

Hinweise zu Interpreten und Interpretationen

 

Herbert von Karajan

 

Der Dirigent hat uns zwei Interpretationen mit den Berliner Philharmonikern hinterlassen. Die erste enthält viel von Karajans Sicht des schönen Musizierenes, weniger jedoch von Tschaikowskys Partitur. In der Einleitung des ersten Satzes wird die Musik geknetet; großformatig und schwerblütig wird das erste Thema dargeboten. Den Walzer spielen die Musiker überwiegend elegant, die Musik klingt jedoch, wie auch in den anderen Sätzen, etwas unwirklich, wie hinter einer Scheibe gespielt. Den langsamen Satz lässt der Maestro süßlich und schwelgerisch, sfumato ausführen. Karajan verwendet einen großen Streicher-Apparat, der eine serenadenhafte Leichtigkeit verhindert.

Zu Beginn des digitalen Aufnahmeverfahrens spielte die DGG mit Karajan eine neue Version der Streicherserenade ein, jetzt in der Philharmonie. Diese Interpretation gefällt viel besser, da nun ein natürliches Musizieren zu beobachten ist, das weniger aufdringlich klingt.

 

Neville Marriner

 

Nach der intensiven Beschäftigung Marriners und seiner Academy überwiegend mit Barockmusik, widmen sich die Engländer einem anderen Genre. Zweimal haben sie Tschaikowskys Streicherserenade eingespielt, zuerst 1969 für Decca. Wie nicht anders zu erwarten, wird sorgfältig musiziert, die Artikulation richtet sich nach der Partitur und der Nerv der Musik wird getroffen: im Kopfsatz erleben wir ein quicklebendiges Musizieren, das überträgt sich auch auf den schwungvoll ausgeführten Walzer. Als Kontrast dazu die Elegie mit einer breiten Ausdrucksskala, die Stimmführungen werden mit Feinsinn freigelegt. Der letzte Satz gerät allerdings etwas fest.

Nach Beginn der Digital-Ära erfolgte eine Neueinspielung für Philips. Hier ist der Hörer Zeuge eines unverkrampften Umgangs mit der Partitur, man steht mehr über dem Notentext als mittendrin. Erfreulich ist, dass die Ecksätze mit noch etwas mehr Schwung für sich einnehmen.

 

Ohne Hilfe von Freunden des Klassik-Prismas wäre diese Übersicht nicht so umfangreich ausgefallen, herzlichen Dank für die Unterstützung.

 

eingestellt am 09. 01. 21

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