Das Klassik-Prisma

 

 Bernd Stremmel

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Ouvertüre zur Oper „Oberon“

Neubearbeitung und Ergänzung 2014


Wie bei vielen Einleitungen zu Opern entnimmt auch der todkranke C. M. von Weber die Themen aus dem musikalischen Material seiner letzten Oper. Weber beginnt mit einer langsamen Einleitung, darauf folgt ein sehr schnell zu spielender Hauptteil, Allegro con fuoco. Dieser Hauptteil ist einer Sonatenhauptsatzform nachgebildet, mit zwei Themen, einer Durchführung, in der das zweite Thema dominiert, und einer Reprise mit Coda. Die Reprise behandelt nur noch das erste Thema, dem zweiten wurde zuvor in der Durchführung genügend Aufmerksamkeit geschenkt. Beginnen wir mit der Einleitung: Hüons Zauberhorn entführt die Zuhörer in eine ferne Märchenwelt. Dort begegnet ihnen auch kurz eine kleine Militärkapelle. Man glaubt, dass Franz von Suppé sich hier eine Anregung zu seiner Operette „Dichter und Bauer“ geholt habe. Einige Dirigenten fügen hier eine Paukenstimme hinzu, um die Eins im Takt zu markieren: z. B. Ansermet, Tennstedt, Suitner, Celibidache, Skrowaczewski, Kuhn, Sinopoli und Jansons. Dezent geschlagen, kann das eine Bereicherung des Klangbildes sein. Kurz vor dem Allegro-Teil lassen Bratschen und Celli eine ausdrucksvolle Melodie erklingen, die jedoch ins Gesamtbild des Märchenzaubers passen muss und nicht übertrieben herausgestellt werden darf. Selbstverständlich sollte der Dirigent auf ein einheitliches Tempo achten, die Bewegung kommt aus der Komposition von selbst heraus. Bei mehr als der Hälfte aller Aufnahmen wird das Tempo zum Ende der Einleitung mehr oder weniger stark gedrosselt, den letzten Takt (21), der wie eine Generalpause wirkt, obwohl die Bratschen hier ganz leise den Akkord d-e aushalten, vermögen die Dirigenten nicht auszuzählen, was die Orchestermusiker während ihrer Ausbildung gelernt haben, und beginnen mehr oder weniger zu früh den das Allegro eröffnenden A-Dur-Akkord. Dabei steigt doch die Spannung, je länger dieser auf sich warten lässt! Webers Partitur folgen Celibidache, Norrington, Kuhn, Suitner, Jansons, Shallon und Thielemann. Im Hauptthema kehrt noch einmal der Hornruf zurück, nach einigen Takten gefolgt von einer wunderschönen Klarinettenmelodie, die die ersten Geigen aufgreifen. Auch dieser Abschnitt wird in vielen Interpretationen zu sehr gedehnt. Kurz vor Ende lassen einige Dirgenten in den Takten 209-211 das Motiv der Holzbläser durch Hörner verstärken: Toscanini, Beecham, Dorati, Klemperer, Blomstedt, Karajan, Kuhn, Tennstedt-90 und Thielemann. Fast schon übertrieben deutlich erklingt es bei Bernstein, Mrawinsky und Tennstedt-84. Viele Musikfreunde sind sich einig, dass diese Ouvertüre der beste Teil der Oberon-Musik sei.


Dorati

Concertgebouw Orchester Amsterdam

Philips

P 1960

8‘22

5

viel Innenspannung, rhythmisch bewegt, aus einem Guss


Walter

Los Angeles Philharmonic Orchestra

History

1949

8‘06

4-5

live - mit Überschwang, viel Theaterduft

Scherchen

Orchester der Pariser Oper

Ades

1959

8‘26

4-5

E ab T. 16 langsamer, HT con fuoco, T. 58 Horn mit c zu kurz, manche Tutti etwas plakativ, insgesamt jedoch ganz nahe an der Partitur

Mrawinsky

Leningrader Philharmonie

Melodya-BMG

1978

8‘38

4-5

mit Schwung, aus einem Guss

Toscanini

NBC Symphony Orchestra

RCA

1952

8‘28

4-5

guter Kontrast zwischen E und HT, federndes Musizieren, ziemlich Tempo-konstant, trockener Klang

Beecham

London Philharmonic Orchestra

EMI History

1938

8‘26

4-5

E uneinheitliches Tempo, mit Hingabe musiziert

Kuhn

Staatskapelle Dresden

Capriccio

1985

8‘43

4-5

zupackend, pulsierend, natürlich musiziert, keine Tempomätzchen

Bernstein

New York Philharmonic Orchestra

CBS Sony

1960

9‘26

4-5

E T. 16-18 mit Inbrunst, HT von musikalischer Energie sprühende Interpretation, praller Klang


Norrington

London Classical Players

EMI Virgin

1988

8‘49

4

alles sehr kontrolliert, im HT nirgends ein Überschwang

Schuricht

Sinfonie-Orchester des SWF

Concert Hall Scribendum

1962

8‘27

4

Orchester nicht mit Feinschliff, Interpretation von ansteckender Lebendigkeit

Szell

Cleveland Orchestra

CBS Sony

1963

9‘08

4

mehr Duft als in der früheren Aufnahme

Szell

New York Philharmonic Orchestra

CBS UA

1952

8‘47

4

frisch musiziert, jedoch auch ein wenig starr, flaches Klangbild ohne Relief

Kubelik

Sinfonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks

DGG

1964

8‘50

4

stimmiges Musizieren

Kempe

Wiener Philharmoniker

EMI Testament

1958

9‘41

4

mit viel Theaterduft, solide

Blomstedt

Sächsische Staatskapelle Dresden

Calig

1990

8‘37

4

live – bewegt pulsierend, sich jedoch vor Exaltiertheit hütend

Ansermet

Orchestre de la Suisse Romande

Decca

1958

8’19

4

A. ignoriert die Fermaten in der E, spritziger HT, Klarinettenthema etwas langsamer

Coates

London Symphony Orchestra

EMI

1926

8‘01

4

Im HT endlich con fuoco, jedoch nicht durchgehalten

Levine

Münchner Philharmoniker

Oehms

2000

9‘01

4

live – HT con fuoco, beim Klarinettenthema wieder langsamer, erst T. 101 kocht es wieder mehr

Karajan

Berliner Philharmoniker

DGG

1972

8‘28

4

E ohne innere Ruhe, HT lebendig pulsierend, orchestraler Feinschliff, aber etwas äußerlich

Norrington

SWR Sinfonie-Orchester Stuttgart

SWR

2001

9‘25

4

live Proms London, unveröffentlicht – E genau im Tempo, kontrolliert und zu viel Distanz HIP-Interpretation

Furtwängler

Wiener Philharmoniker

EMI

1950

10‘03

4

E im Tempo, eher episch und breit als zugespitzt

Ackermann

Gürzenich Orchester Köln

EMI

1957

8‘11

4

frisch und lebendig, jedoch nicht immer mit Feinschliff

Borchard

Berliner Philharmoniker

Tahra

1945

9‘38

4

T. 16-21 viel langsamer, HT auch T. 65-80, dann allmählich schneller; Aufnahme zwei Monate nach Kriegsende mit dem neuen Chefdirigenten und dem „Rest“ der Philharmoniker

Shallon

Sinfonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks

BR


9‘40

4

unveröffentlicht – Tondukument eines viel zu früh Verstorbenen

Jochum

Berliner Philharmoniker

DGG

P 1953

8‘45

4

Tempo Rubato, Streicher decken an einigen Stellen Holzbläser zu, hochromantische Interpretation, fast schon in Wagnernähe

Nikisch

London Symphony Orchestra

EMI Andante

1914

8‘46

4

außer starkes Plattenrauschen und einige Portamenti erinnern kaum etwas an das Alter dieser lebendigen und keineswegs antiquiert klingenden Darstellung, hier und da jedoch etwas kurzatmig

Sawallisch

Philharmonia Orchester London

EMI

1958

9‘20

4

E im Tempo, HT gute Tempi, Interpretation etwas akademisch, Klangbild nicht sehr farbig

Böhm

Wiener Philharmoniker

Decca DGG

1951

9‘35

4

sehr heller, spitzer und flacher Decca-Klang der frühen 50er, fast alles korrekt, jedoch auch etwas nüchtern

Skrowaczewski

Hallé Orchestra Manchester

IMP

P 1994

9‘17

4

E T. 6/7 Einwürfe der Flöten und Klarinetten ohne Duft, insgesamt etwas routiniert

Jansons

Sinfonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks

BR

2000

8‘49

4

live, Bad Kissingen, unveröffentlicht – insgesamt solide


Tennstedt

London Philharmonic Orchestra

BBCL

1984

9‘03

3-4

durchweg wechselnde Tempi, Hauptthema etwas zackig und gehetzt, insgesamt plakativ

Tennstedt

London Philharmonic Orchestra

BBCL

1990

9‘36

3-4

ähnlich wie 1984, Tempo im HT etwas gezügelt – sehr viele Störungen zu Beginn

Thielemann

Wiener Philharmoniker

DGG

2002

10‘02

3-4

E Tempo Rubato, HT ab T. 61 deutlich langsamer, Klarinetten- u. Geigenthema übertrieben rührselig, ab T. 101 wieder schneller, aber keineswegs mitreißend

Klemperer

Philharmonia Orchestra London

EMI

1960

9‘29

3-4

etwas starr, T. 57 und 60 nicht im Tempo, sie klingen wie nachträglich hineingeschnitten

Sinopoli

Sächsische Staatskapelle Dresden

DGG

1995

9‘19

3-4

starke Bässe, etwas wenig Spannung

Järvi, Neeme

Philharmonia Orchestra London

Chandos

1990

9‘12

3-4

E wechselnde Tempi, HT Klarinetten-Solo T. 65 ff viel langsamer, auch das folgende Solo der Viol.1, sonst stürmisch, guter Klang

Suitner

Staatskapelle Berlin

Berlin Classics

1974

9‘29

3-4

E könnte geheimnisvoller klingen, HT schnell-langsam-schnell – Klangkultur der Geigen bei schnellen Passagen und im f nicht top – insgesamt solide

Mengelberg

Concertgebouw Orchester Amsterdam

EMI Naxos

1928

9‘58

3-4

willkürliche, extreme Tempi; äußerlich, präsenter Klang


Celibidache

Münchner Philharmoniker

BR


10‘51

3

live, unveröffentlicht – E sehr langsames Tempo, HT ohne con fuoco, fast schon betulich, Klarinettenthema viel langsamer


eingestellt 2003

letzte Ergänzung 28.04.14







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