Das Klassik-Prisma |
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Bernd Stremmel |
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Antonin Dvorak
9. Sinfonie e-Moll op. 95
„Aus der neuen Welt"
Adagio,
Allegro molto – Largo – Scherzo, Molto vivace – Allegro con
fuoco
Der Autor dieser Zeilen ist sich bewusst, dass manche der hier bemängelten Aufnahmen, oder nur Abschnitte derselben, von vielen Hörern geliebt und geschätzt werden. Dvoraks Melodien und ihre kompositorischen Verarbeitungen sind einfach zu stark, nehmen für sich und das ganze Werk ein, Unebenheiten oder Verbiegungen können der Komposition letztlich wenig anhaben. Auch darin zeigt sich die Größe dieses Werkes.
Vom Brahms-Freund Eduard Hanslick stammt das Bonmot „In Dvoraks Musik scheint immer die Sonne", da könnte man von Brahms noch nachschieben: „Und keine Qual rühret sie an". Viele Dirigenten und Instrumentalisten führen Dvoraks Musik tatsächlich so auf, als könne man sich endlich einmal entspannt zurücklehnen und seine Melodien einfach nur genießen, Musik für die schönen Stunden des Lebens. Das trifft jedoch nicht voll den Gehalt von Dvoraks letzter Sinfonie, die beim großen Publikum als seine schönste und beste gilt. Die nicht zu überhörenden plakativen Abschnitte verdecken oft die Musik, die parallel zu den eingängigen Melodien verläuft. Die Nebenstimmen, Füllstimmen hielt Dvorak für fast ebenso bedeutsam, an ihnen hat er während der Komposition immer wieder gefeilt. Diese sollten von den Ausführenden nicht vergessen, also auch hörbar gemacht werden.
Die 9. Sinfonie beginnt mit einer langsamen Einleitung von 23 Takten, es sind, wie in den anderen Sätzen, keine Tempowechsel angeben. Trotzdem schafft der Komponist mit rein musikalischen Mitteln sehr ruhige und sehr lebendige und ausdrucksstarke Abschnitte. Die meisten Dirigenten, auch die allerberühmtesten, meinen Dvoraks Musik nachbessern zu müssen, indem sie ab T. 9 in der ff-Stelle das Tempo beschleunigen zu müssen, z. B. Kabasta, Celibidache, Bernstein-86 und Rowicki, Stokowski fast um das Doppelte! Wenn hier bereits sehr schnell gespielt wird, geht der Kontrast zum Tempo des Hauptsatzes verloren. T. 5 nach dem markanten Hornruf (4 Schläge) sind noch 3 Schläge Pause vorgezeichnet. Sehr viele Dirigenten haben jedoch Angst vor diesem Nichts und lassen Flöten und Oboen früher beginnen. Auch die Geigen sollen ihr Tremolo T. 23 vier Schläge aushalten. Lediglich 2 bis 3 Schläge hört man hier bei Harnoncourt, Keilberth, Neumann, E. Kleiber-29, Ormandy-69, Kubelik, Malko, I. Fischer, Levine-DG, Karajan, Tennstedt und Leinsdorf. N. Järvi versucht da auszugleichen und lässt die Streicher 6 Schläge lang ausharren. Angehenden Kapellmeistern wird auf der Musikhochschule eingebleut …
Bemerkt sei noch, dass sich Dvorak den Anfang ganz leise gedacht hat, was jedoch nur von Kempe, Maazel, Mackerras und Giulini-92 beachtet wird.
Zum Hauptsatz: man kann es den Dirigenten nicht übelnehmen, wenn in dem lauten Getümmel die antreibenden Floskeln der beiden Fagotte T. 47-52 untergehen, nur bei Rodzinski, Suitner und Harnoncourt hört man sie deutlich heraus. Eine vergleichbare Stelle befindet sich vor dem 2. Thema in den Takten 77-80, in denen Klarinette und Fagott vor ihrem Nebenthema ab T. 80 quasi leise präludieren, während die 1. Violinen noch Motive aus der vorangegangenen Musik mf spielen, da gehen die Bläser unter. Lediglich bei Horenstein und Rodzinski hört man sie deutlich. In der Fortspinnung des 2. Themas zupfen die Cellisten T. 115-120 Dreiklangsbrechungen der jeweiligen Harmonie, während die Geigen ein Motiv des 2. Themas nachdrücklich zum Höhepunkt T. 121 führen. Wunderbar plastisch hört man die Celli bei Fricsay, Kempe-57 und Mengelberg. Horenstein und Dohnanyi gelingt sogar das Kunststück, die Begleitfigur der Kontrabässe mit denen der Celli zu kombinieren, so ist es von Dvorak wohl gewollt. Wenn einige Takte später für wenige Augenblicke die Kontrabässe die Melodieführung übernehmen, fügt Dvorak noch eine kurze Kontraststimme der Celli hinzu, die von vielen Dirigenten überlesen wird. Bei Fricsay-59, E. Kleiber, Paray, Silvestri, Kempe-57, Kubelik-WP, Bernstein, Karajan-57,-77,-85, Kerstesz und Dohnanyi blühen die Celli glutvoll auf. Vor dem 3. Thema ab T. 149 (Flötensolo) wird der Fluss der Musik von vielen Interpreten gebremst, damit das Flötenthema umso eindringlicher wahrgenommen wird. Diese Abweichungen fließen nicht in mein Urteil ein.
In der Durchführung, am Ende der Überleitung, unmittelbar vor dem 3. Thema (Horn, Flöte, Trompete T. 185-188), begleiten die beiden Karinetten viermal hintereinander die Figur der 1. Geigen mit einem Triolenmotiv, da Dvorak Solo in die Partitur schrieb, wollte er es sicher hervorgehoben wissen. Bei den meisten Einspielungen hört man die Klarinetten nicht, da sie sich in der Mittellage klanglich nicht gut gegen die Geigen durchsetzen können, obwohl diese in den Takten pp spielen sollten. Die wenigen Aufnahmen mit deutlichen Klarinetten liefern Klemperer, Kubelik-CSO, Suitner, Bernstein-86, Horenstein, Sawallisch-58, Kempe-62, Marriner, Giulini-61, Maazel, Davis, Levine-CSO, I. Fischer und Dausgaard. Ein Hinweis noch auf den Takt 256 (Ende des ff Tutti-Abschnitts vor Oboen-Solo), dort schreibt der Komponist nur für zwei Hörner Achtel-Triolen bei gleichzeitigem Crescendo und betont damit marcato das Ende der Durchführung. Bei den meisten Interpretationen hört man viele lasche Hörner, nicht so bei Fricsay, Kondraschin, Solti, Dohnanyi, Maazel, Kertesz-66, Harnoncourt, Levine und P. Järvi.
Der 2. Satz, ein Largo, beginnt mit feierlichen Bläserakkorden, ihnen folgt die melancholische Melodie des Englischhorns, dann folgen nochmals feierliche Bläserakkorde, danach wieder die melancholische Melodie, diesmal von den Streichern intoniert, die übrigens den ganzen Satz hindurch mit Dämpfer spielen sollen, soweit der Satzanfang. Dem aufmerksamen Hörer wird nicht entgehen, dass rund 30 Takte lang bei vielen Aufnahmen verschiedene Tempi eingeschlagen werden und sogar das Metrum, also der fortschreitende Viervierteltakt, verletzt wird. Der genaueste Dirigent ist hier Kondraschin, viele Kollegen haben Tempo und Metrum nicht im Griff, z. B. Giulini, Karajan-57, Sawallisch, Leinsdorf, de Billy und vor allem der Böhme Kubelik, der den dritten Bläsertakt im Crescendo auf zwei Takte ausdehnt, zu pompös. Bei der zweiten Bläserstelle T. 22-26 wird oft der Akkord auf dem Höhepunkt nicht genau nach Partituranweisung ausgehalten und die sordinierten Streicher setzen in T. 26 nicht an der richtigen Stelle und manchmal auch noch zu laut ein. Karajan beginnt mit den Berliner Philharmonikern 1957 und 1964 zu früh, ebenso Fricsay, Rostropovitch und Maazel. Dagegen setzen die Streicher bei Gulini-77 und Harnoncourt zu spät ein. Bei Fricsay, Ackermann, Karajan-85 und Dohnanyi gelingt die Fortsetzung des Themas in den 1. Geigen (T. 30-35) ganz wunderbar, wenn sie Taktstriche und Phrasierungen vergessen und alles unter einen großen Bogen spannen. Harnoncourt misst in den T. 30 f den 2. Violinen zu viel Bedeutung bei. Den Abschluss des ersten Teils dieses Satzes machen T. 42-45 Horn I und II, leise und gedämpft zu spielen. Fast alle Hornisten bemühen sich, dort recht schön und ausdrucksvoll zu spielen. Gedämpfte Hörner sollten jedoch nach etwas Blech klingen, damit der Effekt des „anders Spielens" deutlich wird. Das kann man bei Klemperer, Walter, Keilberth, Karajan-85, Kleiber-29, Stokowski, Kubelik-WP, -BP, -CSO, Muti, Masur und Harnoncourt hören. Nun aber zurück zur Melodie des Englischhorns. Ganz wenige gefallen mir klanglich nicht, wahrscheinlich wurden da noch ältere Instrumente (siehe Schwester Oboe) eingesetzt. Einige Spieler manchen für meinen Geschmack zu viel Gebrauch vom Vibrato, das kann dann weinerlich klingen. Bei der Wiederholung der Melodie spielt das Englischhorn eine Quarte höher, anstatt in Des-dur nun in Ges-dur. Dazu schrieb Dvorak den Klarinetten eine zweite Stimme in tieferer Lage, ihm war es sicher wichtig, dass diese Melodie hier gleichberechtigt klingt und nicht im klanglichen Hintergrund agiert, deshalb beide Klarinetten als eine Stimme. Am deutlichsten hört man dies bei Tennstedt, aber auch bei Ormandy, Horenstein, Solti, Dohnanyi, Karajan, Kertesz-61, Giulini-61, Mengelberg, Muti, Inbal, Dausgaard, Kempe, Davis, Kondraschin, de Billy und Abbado.
Im weiteren Verlauf des Satzes wird die Musik lebendiger und Dvorak erinnert lautstark an das Hauptmotiv des 1. Satzes. In T. 90 spielt die Oboe eine kecke Staccato-Melodie, die im folgenden Takt von den Klarinetten übernommen wird, allerdings nicht staccato, sondern gebunden, leggiero. Daran halten sich die meisten Spieler, außer bei Jansons, Böhm, Celibidache, Rodzinski, Ozawa, Karajan-85, Mackerras, Marriner und Ozawa. Ashkenazy und Giulini-92 nehmen dieser Stelle den Schwung, indem sie den Spielern portato verordnen.
Im tänzerischen Scherzo sollten die beiden Klarinetten in den Takten 21-30 nicht vergessen werden. Aufmerksame Dirigenten hier: Levine, Karajan, Ackermann, de Billy, Galliera, Kondraschin, Davis, Kempe, Marriner, Giulini-61 und – 92, Solti, Leinsdorf, Kabasta und Barbirolli. In der Einleitung und während des 1. Trios, das etwas langsamer gespielt werden soll, bringen 2. Geigen, Bratschen und Celli eine pulsierende Begleitung aus vier Tönen (Achtel-Sechzehntel, Achtel-Sechzehntel). Bei nachlässiger Artikulation verschmelzen die vier Töne zu zweien, damit geht auch der pulsierende Charakter dieser Stelle verloren. Gut getroffen ist es bei Ormandy, Klemperer, Keilberth, Walter, Kubelik-WP, Kleiber, Fricsay, Blomstedt, Jansons, Malko, Böhm, Stokowski -47, Rodzinski, Suitner, Muti, Levine-DGG, Karajan-40, Ackermann, Sawallisch, Horenstein, Järvi, Barbirolli, Kondraschin, Marriner, Giulini-77, Maazel, Silvestri und Kertesz. Im 2. Trio lassen Masur und Giulini-77 und 92 in den Takten 5-9 (Partiturtakte 179-183) die Bläser deutlich legato spielen, da Dvorak hier keine Staccatopunkte wie zuvor eingetragen hat. Zum Kolorit dieses Scherzos gehört auch der Triangel, der jedoch in vielen Aufnahmen ganz weit hinten agiert.
Ein kleiner Hinweis noch zum 4. Satz: Zwei Takte vor dem wunderbaren Klarinettensolo vermerkt Dvorak einen Beckenschlag, mf, also nicht zu laut soll er erklingen. Bei fast allen Aufnahmen kommt dieser jedoch viel zu leise, außer bei Mengelberg, Kempe-57 und Horenstein.
W: Wiederholung der Exposition im 1. Satz
5 |
Ferenc
Fricsay |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1959 |
44‘24 |
|
▼ |
||||
5 |
Paul Paray |
Detroit
Symphony Orchestra |
Mercury |
1960 |
34‘38 |
|
I toller
Sound, elektrisierendes Musizieren, immer im Tempo, A. molto, II sehr deutlich,
III Tanzcharakter gewahrt, IV superb |
||||
5 |
Otto
Klemperer |
Philharmonia Orchestra
London |
EMI |
1963 |
45‘27 |
|
W - I facettenreiches
Musizieren, K. vergisst keine Nebenstimme, sehr gute Balance zwischen den
Instrumentengruppen, II stimmige Lautstärkeproportionen, keine verschleppten
langsamen Abschnitte, Englischhorn mit zu viel Vibrato, III auch bei etwas
langsamerem Tempo Tanzcharakter gewahrt, IV könnte etwas mehr Drive vertragen
– Klemperers Aufnahme sollte Pflichtlektüre für jeden angehenden
Kapellmeister sein, der zum ersten Mal Dvorak 9. dirigiert |
||||
5 |
Constantin
Silvestri |
Orchestre National
de l’ORTF |
EMI forgotten
records |
1957 |
38‘48 |
|
I
nuancenreiches Musizieren, rhythmische Energie, Drive, ziemlich
tempokonstant, II espressivo, hellwach bei der Sache, III lebendig,
nuancenreich, IV con fuoco, drängend |
||||
5 |
Christoph
von Dohnanyi |
Cleveland Orchestra |
Decca |
1984 |
40‘37 |
|
I
facettenreiches Musizieren, sich vor Exaltiertheit hütend, II pastoses
Englischhorn, Atmosphäre, III auch immer den Blick auf Details, Trio II
gelöst, wie ein Gesang, IV Temperament und Präzision
auf gemeinsamen niveauvollem Nenner |
||||
5 |
Herbert von
Karajan |
Wiener
Philharmoniker |
DGG |
1985 |
42‘19 |
|
▼ |
||||
5 |
Bruno
Walter |
Columbia
Symphony Orchestra |
CBS Sony |
1959 |
42‘05 |
|
I
entspannt, II etwas verhalten, jedoch intensiv, viel Atmosphäre, III der
Musik nachgelauscht, leiser Triangel, IV überlegen, könnte etwas mehr Drive
vertragen |
||||
5 |
George
Szell |
Cleveland
Orchestra |
CBS Sony |
1958 |
39‘33 |
|
▼ |
||||
5 |
Georg Solti |
Chicago Symphony
Orchestra |
Decca |
1983 |
45‘30 |
|
W –
plastischer und saftiger Klang, I klangliche Schärfung, feurig, II sehr
langsam, innig, in die Musik versunken, IV mit viel Schwung – ein
fantastisches Orchester trifft auf eine fantastische Klangtechnik |
||||
5 |
Rafael
Kubelik |
Symphonie-Orchester
des Bayerischen Rundfunks |
Orfeo |
1980 |
42‘02 |
|
live, ▼ |
||||
5 |
Istvan Kertesz |
Wiener
Philharmoniker |
Decca |
1961 |
40‘25 |
|
I konzentriert,
rhythmisch geschärft, etwas plakativer Blechklang in Tuttipassagen, II
facettenreich, expressiv, III 1. Trio T. 96 f. 2. Oboe hervor, IV souverän
bewältigt, jedoch Retusche, HT beim ersten Auftritt T. 10-17 nur Hörner, beim
zweiten T. 18-25 nur Trompeten, Stokowski lässt grüßen – klanglich geschärfte
Aufnahme |
||||
5 |
Thomas Dausgaard |
Schwedisches
Kammerorchester |
BIS |
2006 |
41‘27 |
|
W - sehr aufmerksames,
lebendiges Musizieren, transparenter Klang, II flexible Tempi, III Triangel
zu leise |
||||
5 |
František Stupka |
Tschechische
Philharmonie Prag |
Praga |
1964 |
39‘41 |
|
live – I und IV emotional geprägter Zugriff, mit
viel Drive und Herzblut, Stupka achtet eher auf die große Linie, auf
Zusammenhänge, weniger auf Nebenstimmen, einige Tempomodifikationen, II
ruhig, erfüllt musiziert, hier mehr Details, III vital – Dynamik im p-Bereich
nicht ausgeschöpft, Tschechische Philharmonie in Bestform; für diejenigen,
die im Saal dem Konzert beiwohnten, ein Konzert, das man nie vergisst; trotz
der Einwände eine Meisterleistung – SACD eines Rundfunkmitschnitts |
||||
|
|||||
4-5 |
Paavo Järvi |
Cincinatti Symphony
Orchestra |
Telarc |
P 2005 |
45‘04 |
|
W – P. Järvi stellt sich hinter die Partitur, alles aus der
Partitur herausgeholt, immer deutliches Musizieren, vorbildlich, klares
farbiges Klangbild, als SACD erfüllt es jedoch nicht höchste Ansprüche |
||||
4-5 |
Kyrill Kondraschin |
Wiener
Philharmoniker |
Decca |
1979 |
42‘48 |
|
W, E genau
im Metrum, konzentriert, inspiriert, nachdrücklich, II genau disponiert, innig,
Viol. 1 T. 54 ff. zu leise, III Scherzo fast dämonisch, Trio II etwas
langsamer, IV konzentriert, kraftvoll, aber auch zart |
||||
4-5 |
Carlo Maria
Giulini |
Philharmonia Orchestra
London |
EMI |
1961 |
40‘53 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Andris
Nelsons |
Symphonieorchester
des Bayerischen Rundfunks |
BR
Klassik |
2010 |
43‘55 |
|
live, W – I
beherzter Zugriff, von musikalischer Energie sprühend, II T. 4 1. Vl. nicht genau
im Tempo, Holz T. 92-94 sehr leise, sehr ruhig und intensiv, Atmosphäre –
live-Inspiration, farbiges Klangbild |
||||
Robin Ticciati |
Bamberger Symphoniker |
Tudor |
2014 |
44‘00 |
|
|
W – I vorwärtsdrängend, viel Drive, Stimmführungen gut
freigelegt, helles Klangbild, II stimmungsvolles Musizieren, III rhythmisch
gespannt – gute dynamische Differenzierung, sehr gute Balance und Transparenz |
||||
4-5 |
Rudolf
Kempe |
Royal
Philharmonic Orchestra London |
Chesky Reader´s
Digest Scribendum |
1962 |
39‘29 |
|
II
wunderbar federnde Pizzicati der Kb, expressive Celli T. 78 ff., Vibrato des Englischhorns
an der geschmacklichen Grenze, beseelt, III T. 49-56 Thema im Horn ganz
deutlich, Trio II ein wenig langsamer, IV immer wieder differenziertes
Musizieren ** |
||||
4-5 |
Rudolf
Kempe |
Berliner
Philharmoniker |
EMI Testament |
1957 |
40‘43 |
|
in der
Anlage ähnlich, das Largo nicht ganz so expressiv,
IV deutlicher Beckenschlag T. 64 – klanglich nicht so frisch und rund wie
1962 |
||||
4-5 |
Vladimir
Ashkenazy |
Tschechische
Philharmonie |
Ondine |
1999 |
40‘58 |
|
ganz nahe
am Spitzenfeld, I fast immer nur Helligkeit, viel Atmosphäre, schöne
Hornstelle T. 42 ff., IV Fagott T. 263 ff. ?? |
||||
4-5 |
Jascha Horenstein |
Royal
Philharmonic Orchestra London |
Chesky |
1962 |
40‘47 |
|
I
facettenreiches Musizieren, die Struktur des Werkes immer bedenkend, II trotz
langsamen Tempos etwas unruhig, Englischhorn mit zu viel Vibrato, IV, mit
ansteckendem Schwung, Tempo Rubato – Klang manchmal etwas rau, saftige
Blechbläser ** |
||||
4-5 |
Arthur Rodzinski |
Royal
Philharmonic Orchestra London |
Westminster |
1954 |
40‘11 |
|
wunderbar
transparent, als wär’s eine Stereo-Aufnahme; sorgfältig erarbeitete,
spannungsvolle Darbietung, I mit Schwung, Blick auf Details, IV profilierte
Pauke |
||||
4-5 |
Charles Mackerras |
Prager
Sinfonie-Orchester |
Supraphon |
2005 |
41‘54 |
|
W, live – I
sehr lebendig, locker, II vorbildliche dynamische Differenzierung, Violine I T.
54 ff. zu leise, III und IV M. hütet sich vor Exaltiertheit, immer mit
Geschmack |
||||
4-5 |
Fritz
Reiner |
Chicago
Symphony Orchestra |
RCA |
1957 |
39‘18 |
|
I das Große
und Ganze im Blick, einige Details unbeachtet, 3. Th. etwas leise, II
Klangbild nicht zufriedenstellend aufgefächert, IV rhythmische Energie
genutzt, sehr inspiriert T. 227-241 – Reiner steigert sich von Satz zu Satz |
||||
4-5 |
Jakob Hrusa |
Bamberger
Symphoniker |
Tudor |
2017 |
44‘46 |
|
W –
engagiertes Musizieren, einige leichte Tempo-Modifikationen, Balance beim
Holz nicht immer optimal, IV Fg. bei T. 263 ff.
etwas weit hinten |
||||
4-5 |
Arturo
Toscanini |
NBC
Symphony Orchestra |
RCA |
1953 |
36‘31 |
|
I E kein
Largo, HT Tempo-konstant, kleines Ritardando vor 3.
Th, dort Flöte mehr Luft als Ton, Stringenz, II kaum ein Verweilen, III con spirito,
Triangel eine Bereicherung, IV sehr schnelles Tempo, rhythmisch federnd,
einige Tutti-Abschnitte jedoch durchgepeitscht – flächiges Klangbild |
||||
4-5 |
Rafael
Kubelik |
Wiener
Philharmoniker |
Decca |
1956 |
40‘28 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Ferenc
Fricsay |
RIAS
Symphonie- Orchester Berlin |
DGG |
1953 |
37‘10 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Ferenc
Fricsay |
Kölner
Rundfunk Sinfonie-Orchester |
WDR |
1953 |
41‘18 |
|
live, unveröffentlicht,
▼ |
||||
4-5 |
Erich
Kleiber |
Staatskapelle
Berlin |
Grammophon Naxos |
1929 |
41‘23 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Erich
Kleiber |
Kölner
Rundfunk Sinfonie-Orchester |
Archipel |
1954 |
41‘57 |
|
live, ▼ |
||||
4-5 |
Herbert von
Karajan |
Berliner
Philharmoniker |
EMI |
1957 |
41‘45 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Herbert von
Karajan |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1940 |
40‘17 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Herbert von
Karajan |
Berliner
Philharmoniker |
EMI |
1977 |
41‘05 |
|
▼ |
||||
4-5 |
James
Levine |
Sächsische Staatskapelle
Dresden |
DGG |
1995 |
39‘23 |
|
I mit viel
Drive und Temperament, E fast genau im Tempo, II molto espressivo, III
Triangel zu leise |
||||
4-5 |
James
Levine |
Chicago
Symphony Orchestra |
RCA |
1981 |
41‘32 |
|
W – I
temperamentvolle Darstellung, ohne zu überzeichnen, II sehr zart, III
lebendig – saftiger Klang |
||||
4-5 |
John Barbirolli |
Hallé Orchestra
Manchester |
Nixa |
P 1969 |
39‘45 |
|
auf sehr
hohem Niveau, II Hornstelle T. 42-45!!, viel Atmosphäre |
||||
4-5 |
Otto
Ackermann |
Tonhalle
Orchester Zürich |
Musical
Masterpiece Society forgotten records |
1951 |
38’48 |
|
I
inspirierte und farbenreiche Darstellung, II trotz bewegten Tempos kaum
Verlust an Innerlichkeit, III Trio II langsamer, inspiriert, A. hütet sich
vor Exaltiertheit – helles Klangbild, geringere Transparenz |
||||
4-5 |
Wolfgang
Sawallisch |
Philadelphia
Orchestra |
EMI |
1988 |
43‘08 |
|
W, ▼ |
||||
4-5 |
Carlo Maria
Giulini |
Chicago Symphony
Orchestra |
DGG |
1977 |
45‘52 |
|
W, ▼ |
||||
Eugene Ormandy |
London Symphony Orchestra |
CBS Sony |
1968 |
41‘50 |
|
|
Ormandy
genießt Dvoraks 9., saftiger Klang, II Englischhorn zu viel Vibrato, T. 26 f.
transparenter Streicherchor mit viel Atmosphäre, IV intensiv, facettenreich,
vielschichtig |
||||
4-5 |
Eugene
Ormandy |
Philadelphia
Orchestra |
RCA |
1976 |
43‘49 |
|
wie oben,
Klang noch intensiver, I ganz großer Auftritt T. 13 f., T. 91 ff. Holz mf
statt p, II langsamer als 68, Satz durchleuchtet, IV ziemlich breit
auslandend |
||||
4-5 |
Herbert
Blomstedt |
Sinfonie-Orchester
des NDR Hamburg |
NDR |
1997 |
45’03 |
|
W - live unveröffentlicht, Blomstedt stellt sich hinter die
Musik, transparentes Klangbild, I eine runde Sache, ziemlich tempokonstant,
II Musik könnte noch etwas mehr blühen, IV alles sehr deutlich, schwungvoll,
jedoch nicht überhitzt |
||||
4-5 |
Antal
Dorati |
Residenz
Orchester Den Haag |
Philips forgotten records |
1952 |
36‘55 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Colin Davis |
Concertgebouw
Orchester Amsterdam |
Philips |
1977 |
42‘30 |
|
W – I nie
forciert, immer locker, ausgeglichenes Klangbild, duftige Pizzicati,
II nuancenreich, inspiriert, III solide, IV geschmackvoll |
||||
4-5 |
Colin Davis |
London
Symphony Orchestra |
LSO
Eigenlabel |
1999 |
43‘47 |
|
W, live –
ähnlich wie 1977, II live-Musizieren sorgt für zusätzliche Spannung, duftige Pizzicati der Kb., III in den T. 134-141 hört man einen
tiefen Ton auf e, Fg.?, in der Partitur steht
nichts davon, Resonanz? |
||||
4-5 |
Otmar Suitner |
Staatskapelle
Berlin |
Berlin Classics |
1978 |
41‘50 |
|
auf
hervorragendem Niveau, temperamentvolle Ecksätze |
||||
4-5 |
Joseph Keilberth |
Bamberger
Symphoniker |
Telefunken |
P 1961 |
40‘03 |
|
insgesamt
gelungene Darstellung, der es noch etwas an Feinschliff mangelt (Streicher) –
I T. 265-272 Holz erst staccato, dann legato, sehr deutlich, II Streicherchor
nicht so transparent, schön T. 42 ff. con
sordino, III T. 64 ff. deutlich: immer 2
Achtel, zweite Wiederholung in Trio II fehlt |
||||
4-5 |
George
Szell |
Cleveland
Orchestra |
CBS United Archives |
1952 |
38‘14 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Vaclav Talich |
Tschechische
Philharmonie Prag |
Supraphon EMI |
1954 |
41‘12 |
|
▼ |
||||
Hans
Schmidt-Isserstedt |
Sinfonie-Orchester
des NDR Hamburg |
Telefunken Tahra |
1953 |
43‘17 |
|
|
▼ |
||||
4-5 |
Hans Schmidt-Isserstedt |
Sinfonie-Orchester des NDR Hamburg |
EMI |
1969 |
41‘43 |
|
live, ▼ |
||||
4-5 |
Wilhelm Schüchter |
Nordwestdeutsche Philharmonie |
Electrola forgotten records |
1956 |
38‘12 |
|
Schüchter zeigt eine
große Affinität zu Dvoraks Partitur, tragfähige Spannungsbögen, spürbare
Vitalität in den schnellen Sätzen, stimmige Tempi, Orchester in bester Form,
IV feuriges Finale, das junge Dirigenten alt aussehen lässt – Monoklang der
1950er Jahre, etwas stumpf, trotzdem ziemlich transparent |
||||
4-5 |
Antonio Pappano |
Santa Cecilia Orchester Rom |
Warner |
2011 |
43‘34 |
|
W – I Musik ziemlich gleichmäßig durchgezogen, kaum
Temposchwankungen, II sehr ruhig, Vc. T. 111/112 unnötiges Vibrato, IV am
Satzende etwas zu gleichförmig – solide im besten Sinn |
||||
|
|||||
4 |
Alceo Galliera |
Philharmonia Orchestra
London |
EMI forgotten records |
1953 |
38‘14 |
|
lebendige,
lockere und temperamentvolle Darstellung, alles sehr geschmackvoll |
||||
4 |
Herbert von
Karajan |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1964 |
41‘24 |
|
▼ |
||||
4 |
Rafael
Kubelik |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1972 |
42‘06 |
|
▼ |
||||
4 |
Rafael
Kubelik |
Chicago
Symphony Orchestra |
Mercury |
1951 |
38‘02 |
|
▼ |
||||
4 |
Neville
Marriner |
Academy of St. Martin-in-the-Fields |
Capriccio |
1990 |
41’16 |
|
W - I 3.
Th.: Flöte mehr Luft als Ton, I, III und IV (zu) glattgebügelt, ohne Ecken
und Kanten, II beste Kammermusik |
||||
4 |
Oswald Kabasta |
Münchner
Philharmoniker |
Music&Arts |
1944 |
37‘13 |
|
I viel
Drive, Blick immer nach vorn gerichtet, Vc. T. 99 ff zu leise, II ruhig,
Versenkung in die Musik, IV gradlinig – überzeugt im Konzertsaal sicher mehr
als vor dem Lautsprecher; wenig transparent, vor allem in den Tuttis, dort
auch klangliche Verzerrungen *** |
||||
4 |
Willem Mengelberg |
Concertgebouw
Orchester |
Telefunken |
1941 |
39‘14 |
|
I frisch,
mit mitreißendem Schwung, II T. 1-4 viel zu laut, unsensibel, T. 22-25
besser, im Übrigen jedoch inspiriert, III und IV viel Stringenz, 2. Whlg im Trio II fehlt |
||||
4 |
Karel Ancerl |
Tschechische
Philharmonie Prag |
Supraphon |
1961 |
39‘36 |
|
I etwas
gezügeltes Tempo, II anfangs nicht im Tempo, dynamische Differenzierung nicht
top, III farbenreiche Darstellung, IV etwas zu sehr als Kehraus |
||||
4 |
Nikolaus
Harnoncourt |
Concertgebouw
Orchester Amsterdam |
Teldec |
1999 |
42‘40 |
|
W, live –
H. Interesse zielt eher auf kaum beachtete Details der Partitur, die
ausgedehnten Tuttiabschnitte laufen dagegen mehr routiniert, ohne den
üblichen Schliff ab, kein Wunder, dass das Largo die tiefsten Eindrücke
hinterlässt |
||||
4 |
Klaus
Tennstedt |
Berliner
Philharmoniker |
EMI |
1984 |
42‘51 |
|
solide
Einspielung, Ecksätze überzeugen am meisten |
||||
4 |
Nikolai Malko |
Philharmonia Orchestra
London |
EMI |
1956 |
38‘23 |
|
II sordinierte Streicher haben immer Körper, III Anfang etwas
lau, Trio I nicht ganz ausgekostet, insgesamt mit etwas Understatement, IV
gefällt am besten |
||||
4 |
Wolfgang
Sawallisch |
Philharmonia Orchestra
London |
EMI forgotten records |
1958 |
39’40 |
|
▼ |
||||
4 |
Lorin
Maazel |
Wiener
Philharmoniker |
DGG |
1982 |
41’40 |
|
W –
konzentriertes Musizieren, rhythmisch betont, vorwärtsdrängend, jedoch auch
stromlinienförmig, im Largo Musik mehr referiert als gefühlt, geringere
Intensität |
||||
4 |
Antal
Dorati |
Concertgebouw
Orchester Amsterdam |
Philips |
P 1959 |
39’05 |
|
▼ |
||||
4 |
Mariss
Jansons |
Symphonie-Orchester
des Bayerischen Rundfunks |
BR |
2004 |
41‘26 |
|
live, unveröffentlicht, I Crescendi
beginnen anfangs immer leise und gehen oft mit einer Beschleunigung einher,
II konzentriert, IV Thema zu sehr gestampft,
musikantisch |
||||
4 |
Mariss
Jansons |
Oslo
Philharmonic Orchestra |
EMI
Brilliant |
1988 |
40‘25 |
|
I und II Tempo Rubato, III Triangel zu leise, IV T. 220 ff. zu
laut, T. 268-270 Holz zu sehr zurück – alle Sätze ein wenig schneller als
später |
||||
4 |
Kurt Masur |
New York Philharmonic
Orchestra |
Teldec |
1991 |
44‘24 |
|
W, live – sachlich, genau, gezügelter Schwung, geringere
emotionale Beteiligung, gute Orchesterleistung |
||||
4 |
Riccardo
Muti |
Philharmonia Orchestra
London |
EMI |
1976 |
41‘29 |
|
II etwas scheu. Pizzicati der Kb T. 54 ff. viel zu leise, ebenso Zweiunddreißigstel der
Celli T. 78 ff, IV con anima |
||||
4 |
Witold Rowicki |
London
Symphony Orchestra |
Philips |
1969 |
41‘50 |
|
W, I bei Th. 3 Flöte mehr Luft als Klang, sachlich, III Trio I
sehr gelassen – insgesamt ansprechende Interpretation |
||||
4 |
Sergiu
Celibidache |
RAI
Orchester Turin |
Frequenz |
1962 |
42’36 |
|
live – I
aufmerksames Musizieren, etwas kompakter Klang, der bei lauten Stellen
undifferenziert wird, Rubati, II Celi gliedert die Musik zusätzlich durch kleine Pausen,
T. 22-26 Holz zu viel Vibrato, wirkt weinerlich, im Ganzen innige
Darstellung, IV Allegro marziale, straff geführt,
auch rau |
||||
4 |
Ivan
Fischer |
Budapest
Festival Orchestra |
Philips |
2000 |
40’55 |
|
W – ziemlich
glatt, ohne Ecken und Kanten, gute Orchesterleistung |
||||
4 |
Istvan Kertesz |
London
Symphony Orchestra |
Decca |
1966 |
43’37 |
|
W -
unnötige Neuaufnahme bereits nach fünf Jahren, einzige Neuerung: III T. 41-55
Synkopen der Hörner und der Holzbläser wichtiger als üblich, Retusche in IV
wie 1961, weniger profiliert als 1961 |
||||
4 |
Vaclav
Neumann |
Tschechische
Philharmonie Prag |
Supraphon |
1981 |
41’19 |
|
transparenter
Klang, etwas Hall, I immer wieder Rubati, II Neumann
interpretiert eher gefühlsmäßig, nicht immer ganz durchgeformt, III T. 5
Einsatz der Kb. viel zu weich, nicht einheitlich mit den anderen Streichern,
sonst jedoch gut, IV Klarinette T. 66 wenig ausdrucksvoll |
||||
4 |
Carlo Maria
Giulini |
Concertgebouw
Orchester Amsterdam |
Sony |
1992 |
46’46 |
|
▼ |
||||
4 |
Leonard
Bernstein |
New York
Stadium Symphony Orchestra |
Decca-US DGG |
1953 |
40’59 |
|
▼ |
||||
4 |
Neeme Järvi |
Scottish National
Orchestra |
Chandos |
1986 |
44‘42 |
|
W, gut, solide,
sauber musiziert, Inspiration auf Sparflamme, III Triangel vergessen? |
||||
4 |
Claudio
Abbado |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1997 |
44‘27 |
|
W - solide
Ecksätze, II im Ausdruck sehr zurückhaltend, sehr langsam, III etwas lustlos |
||||
4 |
Rafael
Kubelik |
Tschechische
Philharmonie Prag |
Denon |
1991 |
41‘41 |
|
live, ▼ |
||||
|
|||||
3-4 |
Erich
Leinsdorf |
Los Angeles
Philharmonic Orchestra |
EMI |
1958 |
36‘18 |
|
I und IV sehr
schnell immer den Blick nach vorn, etwas forsch, II mehr Andante als Largo,
Spannungsbögen, T. 26 ff. könnte etwas zarter sein, III schnellstes Scherzo,
etwas darüber hinweg – Toscanini-Tempi ohne dessen Intensität |
||||
3-4 |
Seiji Ozawa |
Wiener
Philharmoniker |
Philips Newton |
1991 |
44’20 |
|
W, live – I
sorgfältig, solide, Vc. T. 99 ff. zu leise, II hält sich an die dynamischen
Vorgaben, blutleer, III hier fehlt ein Funke, IV korrekt, jedoch wenig
Spannung |
||||
3-4 |
Krzysztof Urbanski |
NDR
Elbphilharmonie Orchester |
alpha |
2016 |
41‘15 |
|
W – I HT
mit viel Drive, könnte differenzierter sein, 2. Th. in den 2. Vl. T. 99-106 zu leise, Pizz.
der Vc. T. 115 ff. kaum zu hören, II etliche Details übergangen, Rit.
am Satzende bereits 3 Takte früher als vorgesehen, III Stimmführung an lauten
Tutti-Stellen nicht immer klar, IV mit breitem Pinsel – in der Balance
großzügig, insgesamt Mainstream, bei Tutti-Stellen etwas kompakt |
||||
3-4 |
Leopold
Stokowski |
Philadelphia
Orchestra |
RCA Andante |
1934 |
41’12 |
|
▼ |
||||
3-4 |
Leopold
Stokowski |
Symphony
Orchestra Leopold Stokowski |
RCA Dutton |
1947 |
41’55 |
|
▼ |
||||
3-4 |
Leopold
Stokowski |
New Philharmonia Orchestra London |
RCA |
1973 |
43’25 |
|
▼ |
||||
3-4 |
Karl Böhm |
Kölner
Rundfunk Sinfonie-Orchester |
WDR |
|
42’53 |
|
live,
unveröffentlicht, glasklares Musizieren, I Allegro moderato, viele Details,
T. 25 Tutti nur mf statt ff, nüchtern, III Böhm lässt sich
Zeit, bedächtig, IV etwas holzschnittartig |
||||
3-4 |
Vaclav Talich |
Tschechische
Philharmonie Prag |
Supraphon |
1949/50 |
41’31 |
|
▼ |
||||
3-4 |
Eliahu Inbal |
Philharmonia Orchestra
London |
Teldec |
P 1990 |
43’47 |
|
I sachlich,
genau, ohne Temperament, II zu langsam, ohne Spannung, III Triangel zu leise,
IV nicht richtig durchgestartet |
||||
Bertrand de Billy |
Radio Sinfonie-Orchester Wien |
Oehms |
2008 |
42’38 |
|
|
W – I T. 87-90 Balance? bei W besser, Nebenstimmen
vernachlässigt, Dirigent beschränkt sich auf das Wichtigste, II die ersten
drei Takte nicht im Metrum, T. 3 setzt verzögert ein, T. 41 1. Vl. nicht im Metrum, Nebenstimmen auch hier
vernachlässigt, III etwas glatt, Trio II könnte etwas spritziger sein, IV Musik klingt wie abgewickelt, T. 227 ff. zu laut und zu
wenig sensibel |
||||
|
|||||
3 |
Leonard
Bernstein |
Israel
Philharmonic Ochestra |
DGG |
1986 |
50’16 |
|
W, live, ▼ |
||||
3 |
Mstislav Rostropovitch |
London
Philharmonic Orchestra |
EMI |
1979 |
49‘06 |
|
W - I E
Drama, Tempowechselbäder, mächtig und prächtig, Flötensolo T. 149 ff. mehr Luft
als Ton, II Englischhorn mit Vibrato, T. 54 Orchester nicht auf 1 zusammen,
T. 60 ff. 1. Geigen vergessen?
Cello-Gegenstimme T. 78-86 zu viel Fett, III etwas unbekümmert, IV
robust, inbrünstig |
||||
Aufnahmen
mit Originalinstrumenten |
|||||
4-5 |
Jos van Immerseel |
Anima Eterna |
Alpha |
2015 |
44‘15 |
|
W – aufgrund der Verwendung von älteren Instrumenten klingen die
Holzbläser schlanker und kommen besser heraus als üblich, die Geigen dagegen
treten weniger nach vorn, wirken weniger bestimmend – III gestopfte Hörner T.
42-45 deutlich als gewohnt |
Hinweise zu Dirigenten und ihren Interpretationen:
Ein Werk wie Dvoraks e-Moll-Sinfonie war für den englischen Dirigenten Leopold Stokowski wie ein „gefundenes Fressen", er hat es dreimal für die Schallplatte eingespielt. Dem vergleichenden Hörer entgeht nicht, dass der Dirigent immer nach demselben Konzept vorgeht, ohne davor zurückzuschrecken, Dvoraks Partitur in seinem Sinne zu „verbessern": in der Einleitung, Stokowski verfügt nicht über die Ruhe eines Szell, eines Reiner oder Giulini, lässt er den Pausentakt 5 einfach weg und schließt nach dem Hornruf sofort Flöten und Oboen an. Den letzten Takt der Einleitung, wo einige Dirigenten kam erwarten können, mit dem Hautthema zu beginnen, verlängert er auf das Doppelte. Im ganzen 1. Satz, aber auch in allen anderen, ist immer wieder Tempo rubato angesagt, obwohl der Komponist selbst agogische Änderungen vorzeichnet. Im Largo lässt Stokowski die Takte 24-26 völlig frei, außerhalb eines Metrums spielen. In der 34er-Aufnahme setzt das Englischhorn mit ihrem bekannten Solo zu früh ein, 1947 spielt es mit zu viel Vibrato, dazu passen die zu breit gepinselten Partien der Violinen. Im Scherzo lässt er das gesamte Orchester T. 49 ff statt ff jetzt p spielen, um das Thema, hier von Celli und Bässen vorzutragen, nicht von den anderen Motiven zu übertünchen. Das klingt interessant, warum kam der Komponist nicht auf diese Idee? Auch im Finale wartet Stokowski mit einer Verbesserung auf: in den Takten 10-17 lässt er das Hauptthema nur von den Hörnern spielen, bei der Wiederholung nur von den Trompeten, d. h. erst prächtig, dann grandioso. Kurz vor dem Ende fügt der Dirigent in den T. 305 und 331 jeweils einen Beckenschlag zu, dazwischen in T. 323 sorgt das keineswegs vorgesehene Tamtam für eine kalte Dusche. Bei all diesen Abweichungen fragt man sich, ob Stokowski seinen Interpretationen eine uns unbekannte, noch von Dvorak vor seinem Tode revidierte Partitur, zugrunde legte. Zu seiner Entschuldigung sollte gesagt werden, dass es Stokowski gelingt, mit kräftigen grellen Farben zu malen, es sind sozusagen Kolossalgemälde im Cinemascope-Stil, Ausdruck steht immer an oberster Stelle. Auch die älteren Aufnahmen klingen erstaunlich gut.
Eine der frühesten Aufnahmen von Dvoraks 9. erstellte der noch nicht 40jährige Erich Kleiber mit der Preußischen Staatskapelle Berlin, also dem Orchester der Staatsoper Unter den Linden, dessen Generalmusikdirektor der Dirigent damals war. Sein deutliches, hellwaches und auch temperamentvolles Musizieren lässt den unvermeidlichen Rauschpegel der nun mehr als 80jährigen Aufnahme fast vergessen. Hochpathetisch erscheint die Einleitung, danach fast wie überraschend das Allegro molto. Innig wird das Largo gespielt, deutlich die kräftigen Pizzicati ab T.54. Im Scherzo und dem Finale stützt sich der Dirigent auf die Freisetzung der werkimmanenten rhythmischen Energie, hier kommt auch deutlich Kleibers musikantisches Wesen zum Tragen. Die zweite hier aufgeführte Aufnahme stammt aus dem Jahre 1954, also 25 Jahre später, nach Kleibers Emigrationszeit in Mittel- und Südamerika und dem Versuch, erneut in Europa Fuß zu fassen. Bis zu seinem frühen Tode kam er immer wieder ans Pult des Kölner Rundfunk Sinfonie-Orchesters, mit dem er auch das letzte Konzert seines Lebens gab. Im November 1954 stand dort auch Dvoraks 9.Sinfonie auf dem Programm. In der Anlage hat Kleiber wenig verändert, das Klangbild ist seltsamerweise weniger durchsichtig als früher, was vor allem im Largo von Nachteil ist. Die Tuttiabschnitte dagegen klingen geschärft. Im ersten Satz lässt Kleiber übrigens den dritten Ton des Hauptmotivs immer staccato spielen, Dvorak schreibt hier nur manchmal Staccato vor. Außerdem verkürzt er diese Achtelnote etwas, was dem Thema ein ungarischer (amerikanischer?) Anstrich verleiht. Sehr schwungvoll das Scherzo, dessen zweites Trio wieder etwas langsamer kommt. Das Finale klingt hier nicht ganz so intensiv wie früher. Soweit der musikalische Eindruck. Beim Hören kommen mir Zweifel, ob es sich tatsächlich um die Kölner Aufnahme vom 16. 11. 1954 handelt, der Klang will mir nicht recht dazu passen. Ich lebe seit Geburt im Sendegebiet des WDR und kenne vom Radiohören und von Platten den Klang des Großen Sendesaals am Wallraffplatz. Der Klang der Archipel-CD weicht erheblich davon ab. Sie scheint von einer LP übernommen worden sein, dabei könnte beim Remastering die Dynamik verändert worden, einige leise Stellen scheinen nachträglich hervorgehoben zu sein. Die Authentizität wird sich erst bei einer genauen Gegenüberstellung mit dem WDR-Band erweisen.
Vom Nestor der tschechischen Dirigenten, Vaclav Talich, stehen zwei seiner drei Aufnahmen der 9. Sinfonie zur Diskussion. Die erste wurde während der deutschen Besetzung des Landes aufgenommen, sie fehlt hier. Die folgende entstand aufgrund der politischen Umwälzungen in der Tschechoslowakei unter einer bedrückten Stimmung, die sich über das ganze Land gelegt hatte und auch Musiker und den Dirigenten ergriff. Hier wird insgesamt korrekt, jedoch auch etwas lustlos, nicht mit dem Herzen musiziert. Die Sätze 1, 2 und 4 wurden 1949, das Scherzo ein Jahr später aufgenommen. Die letzte Aufnahme der „Neuen Welt" konnte Talich 1954 am Ende seiner Konzertkarriere aufzeichnen, sie ist viel überzeugender als ihre Vorgängeraufnahme, leidet jedoch unter den damals in Prag noch wenig ausgereiften Aufnahmebedingungen. So sind z. B. die Holzbläser außer an Solo-Stellen ziemlich benachteiligt, das Klangbild ist noch wenig transparent. Am besten ist das Largo gelungen, das zurückhaltend, aber trotzdem sehr intensiv gestaltet wird und viel Atmosphäre ausstrahlt, nichts ist überzeichnet. Im Scherzo vergisst Talich nicht den Tanzcharakter des Stückes. Im Finale soll noch auf das Solo des Fagotts T. 259 ff. hingewiesen werden, bei dem der Spieler genau nach Vorschrift artikuliert.
Der aus Böhmen gebürtige George Szell versteht Dvoraks Musik in der Linie Beethoven – Schumann – Brahms stehen, also primär als Klassiker denn als böhmischer Musikant. Hier wird streng musiziert, die Musik klingt immer geformt, Szells Handschrift ist stets gegenwärtig, sein Gestaltungswille lässt nichts im Ungefähren, was jedoch nicht heißt, dass er das besondere Kolorit der jeweiligen Werke übergeht, im Gegenteil. In den Ecksätzen sowie im Scherzo wird mit viel Temperament und Schwung musiziert. Im Largo vertieft sich der Dirigent in die Musik und schafft ein Atmosphäre-reiches Spiel unter Berücksichtigung rhythmischer Disziplin. Die frühe Aufnahme stammt aus Szells Anfangsjahren in Cleveland. Sie klingt transparent, orchestertechnisch jedoch noch nicht so geschliffen wie Szells spätere Aufnahmen, kann sich aber durchaus schon mit anderen europäischen Orchestern aus Paris, Prag, Genf, London, Leipzig, Den Haag und Berlin in dieser Zeit messen. Die spätere Aufnahme von 1958 klingt da wesentlich besser, man darf jedoch nicht vergessen, dass sie auch nicht mehr die jüngste ist.
Die Aufnahme mit Hans
Schmidt-Isserstedt 1953 von Telefunken war nicht
lange auf dem Markt und wurde bald vergessen. Zu Unrecht, bietet doch der
Dirigent und sein NDR Orchester eine aufmerksame
Umsetzung der Partitur, es wird in großen Bögen musiziert, die Ecksätze und
auch das Scherzo sprühen vor Vitalität, das zeigt auf des Dirigenten Liebe zu
Dvoraks Musik. Der Klang der betagten LP und ihrer Wiederauferstehung auf der Tahra-CD ist präsent und besitzt eine gute Transparenz. Das
2. Trio im Scherzo wird etwas langsamer genommen. Leider ist die Trompete im
Finale in den Takten 100-105 fast nicht zu hören. Noch vor Erscheinen der Tahra-CD brachte EMI eine Serie von CDs mit dem NDR Sinfonie-Orchester und verschiedenen Dirigenten heraus,
auf einer war auch Dvoraks 9. in einem Konzertmitschnitt vom Februar 1969. Des
Dirigenten Auffassung hat sich kaum verändert, der Klang ist nun direkter und
farbiger. In der Aufnahme wird die Konzertsaal-Atmosphäre gut herübergebracht.
Auch hier wird das 2. Trio langsamer musiziert und die Trompete im letzten Satz
an der genannten Stelle leider unterdrückt. Auch diese Aufnahme ist heute nicht
mehr lieferbar.
Die beiden Aufnahmen mit Antal Dorati, beide in Holland entstanden, sind sich interpretatorisch ähnlich. Auffallend ist ein festes Tempo ohne große Rubati, abgesehen von den in der Partitur vorgesehenen Verlangsamungen. Dorati führt den Hörer mit Schwung durch die schnellen Sätze, sein Blick ist immer noch vorn gerichtet, auch im Scherzo wird das Tempo kaum zurückgenommen. Das Largo nimmt er in der älteren Aufnahme etwas zu schnell, in der neuen lässt er sich mehr Zeit, trotzdem wird noch bewegt musiziert. In beiden Aufnahmen findet je ein dünn klingendes Englischhorn Verwendung, das zudem noch mit Vibrato, beim COA mit zuviel Vibrato geblasen wird, fast unerträglich! Das mindert leider den Rang der jeweiligen Aufnahme. Auch die spitz klingende Oboe klingt, vor allem im 4. Satz nicht gerade vorteilhaft.
Wenn Musikhörer die Bedeutung von Herbert von Karajans Plattenaufnahmen ausloten, fällt oft das Statement, dass die ersten Aufnahmen die besten seien. Aus meinen langjährigen Hörerfahrungen kann ich dieser Aussage – bedingt – zustimmen. Dies trifft auch bei Dvoraks 9. Sinfonie zu. Das war 1940 ein ganz starker Auftritt. Das Largo hat er später nicht wieder so beredt, mit so viel Atmosphäre, hingekriegt. Auch das Finale könnte damals bei rekordverdächtigem Tempo, nur Paul Paray war viele Jahre später genauso schnell, viel Furore gemacht haben. Hier wird sehr schnell musiziert, die Partitur scharf umrissen, aber nicht gehetzt oder darüber hinweg musiziert. Die anderen Sätze sind auch gut, erreichen jedoch nicht ganz dieses Niveau. Das Klangbild ist trotz des Alters einigermaßen transparent, die Streicher klingen jedoch etwas rau. An diese Leistung knüpft Karajans letzte Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern an und übertrifft sie an Klangschönheit und Prägnanz. Das Scherzo gefällt mir hier besser, auch weil der Dirigent mehr auf Details achtet. Das Finale ist einfach superb, obwohl es fast 2 Minuten länger dauert. In beiden Aufnahmen hält Karajan im letzten Takt (23) der Einleitung das Tremolo der Geigen genau vier Schläge aus, wie es die Partitur vorsieht, in allen anderen begnügt er sich bereits mit zwei oder drei Schlägen. Platz 3 meiner Übersicht fällt der EMI-Produktion von 1957 zu, eine der ersten Aufnahmen mit den Berlinern nach Übernahme des Chefdirigenten-Postens. Diese Produktion ist in den schnellen Sätzen recht lebendig und locker, die Tontechnik sorgte für ein ausgewogenes Klangbild. Im Scherzo liefert die Pauke fast ein Kabinettstück ab, auch der Triangel, der sich gewöhnlich nur in einer Grauzone bewegt, darf sich hier profilieren. Das Largo strahlt wieder viel Atmosphäre aus. Das lässt sich von der DGG-Aufnahme aus dem Jahr 1964 leider nicht sagen, das mir zu indifferent und auch T. 46 ff distanziert klingt, das ändert sich erst ab T. 64. Der Dirigent vermag in dieser Aufnahme kaum den Eindruck von Innigkeit zu vermitteln. Insgesamt wird in dieser Aufnahme mit (zu viel) Druck musiziert, davon zeugen auch die undeutlich artikulierten Streicherpassagen in den Takten 111-120. Das Scherzo wird gelassen angegangen, am meisten überzeugt mich der Finalsatz. Von allen hier versammelten Aufnahmen könnte ich auf diese verzichten. Die letzte in dieser Reihe wurde 1977 aufgenommen. Das Orchester kann sich mit farbigem Klang präsentieren, fast wie poliert, böhmisches Kolorit muss man da schon mit der Lupe suchen. Das Klangbild ist auch hier sehr transparent. In der Einleitung zum 1. Satz spielen die Streicher die scharf geschnittenen Motive T. 9-13 viel zu breit, die Dynamik ist ausgeweitet. Vor dem 2. Thema wird das Tempo gedrosselt, übrigens in allen Aufnahmen Karajans, wie auch die Celli T. 93 ff viel zu leise, fast unhörbar, erklingen. Im Largo führen die 1. Geigen zu sehr. Die Pauke und der Triangel spielen hier nicht die Rolle wie 20 Jahre zuvor. Das Finale wird auch in dieser Aufnahme sehr farbig gespielt, mir klingt es etwas zu perfekt. Übrigens lässt Karajan in T. 227 mf spielen, nicht pp, wie es Dvorak vorsah. Klangliche Pracht, auch wenn sie sich im unteren Bereich der Dynamik bewegt, steht beim Maestro immer ganz vorn.
Drei Interpretationen des ungarischen Dirigenten Ferenc Fricsay stehen hier zur Diskussion, zwei davon entstanden im selben Jahr 1953. In beiden Aufnahmen erweist sich Fricsay als überlegener Gestalter. Im Studio der DGG musiziert man ganz nahe bei Dvoraks Partitur, das schließt keineswegs aus, dass mit der Tempowahl flexibel umgegangen wird. Der Anfang des Kopfsatzes hat noch nicht die Ruhe und Überlegenheit der späteren Studioeinspielung, auch im langsamen Satz erreicht Fricsay noch nicht ganz deren Expressivität. Am besten gelingen da das feurig und inspiriert vorgetragene Scherzo (Triangel zu leise) sowie das Finale. Die zweite Aufnahme des Jahres 1953 entstand in Köln mit dem dortigen Rundfunk-Sinfonie-Orchester, einem Klangkörper, mit dem Fricsay in diesen Jahren immer wieder zusammenarbeitete. Beim ersten Blick fällt auf, dass die Musiker hier vier Minuten länger für Dvoraks 9. benötigen. Im ersten Satz verlangsamt Fricsay das Tempo während des zweiten und dritten Themas, auch in der Reprise, sein Blick ist nicht nur nach vorn gerichtet, auf das Große und Ganze, sondern er dringt mehr in die Komposition ein, legt Nebenstimmen frei, lässt die Musik mehr pulsieren. Das Largo hat viel Atmosphäre, im Scherzo werden beide Trios langsamer genommen. Bei allem Engagement der Musiker lässt sich jedoch nicht überhören, dass das KRSO (noch) nicht in derselben Liga spielt, wie das unter Fricsays Händen geformte RIAS SO, die Streicher z. B. spielen noch zu rau. Die Studio-Aufnahme klingt gradliniger und etwas brillanter. Einige Jahre später, schon mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung kämpfend, geht Fricsay nochmals ins Studio der DGG, der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem, diesmal sind die Berliner Philharmoniker seine Partner, außerdem zeichnet man in Stereo auf. Diese Aufnahme knüpft an die Kölner an, die Tempi sind noch etwas langsamer, ohne zu schleppen. Mich überzeugen die darstellerische Konzentration, die intensiven Spannungsbögen sowie der Blick auf die Details der Komposition, die bei schnelleren Tempi nicht wahrgenommen werden können. Im Finale überraschen vor Höhepunkten, z. B. in T. 91, minimale Rubati, dadurch treten jene jedoch umso eindringlicher hervor. Diese Einspielung besitzt Wärme, Atmosphäre und Größe. Erwähnt sei noch, dass Fricsay seinen Englischhorn-Spielern keinen Vibrato-freien Vortrag abverlangt.
Der italienische Meisterdirigent Carlo Maria Giulini hat zeitlebens immer wieder die letzten Sinfonien von Dvorak aufgeführt und dreimal für die Schallplatte eingespielt. Bei der Beurteilung der CDs sehe ich Ähnlichkeiten mit der Karajans, die frühesten Aufnahmen sind die besten. Obwohl die aufnahmetechnischen Fortschritte in späteren Jahren nicht zu überhören sind, entwickelt sich der interpretatorische Sektor nicht weiter. Die EMI-Aufnahme mit dem Philharmonia Orchestra von 1961 ist fast eine Spitzenaufnahme, vor allem im Largo und Finale, Kopfsatz und Scherzo reichen nicht ganz daran. Nach Giulinis Wechsel zur DGG wurde die „Neue-Welt-Sinfonie" mit dem Chicago Symphony Orchestra aufgezeichnet, auch eine fast gelungene Interpretation, klanglich geraten die lauten Tutti-Passagen jedoch nicht mehr so schlank und transparent. Auch das 2. Trio des Scherzos ist klanglich nicht klar strukturiert. Im zweiten Satz gelingt es Giulini nicht mehr ganz so intensiv zu gestalten. Die letzte Aufnahme mit dem Amsterdamer Concertgebouw Orkest ist in allen Sätzen langsamer, besonders im Largo und Finale. In der Einleitung des Kopfsatzes sind in den Takten 9-13 die Streicher nicht mehr so scharf artikuliert wie früher, insgesamt wird weniger prägnant und auch schwerfälliger musiziert. Das Largo ist ein Klangereignis, die Spannung erreicht jedoch kaum hohes Niveau. Im Scherzo hört man schöne Bläser-Partien, das Final-Tempo ist jedoch zäh, dabei ist kaum noch ein lockeres Musizieren möglich.
Rafael Kubelik hat sich immer wieder auch Musik seiner böhmischen Heimat angenommen, darunter auch der Antonin Dvoraks. Von seiner 9. Sinfonie liegen mir fünf Aufnahmen vor, drei wurden im Studio erstellt, zwei sind Konzertmitschnitte. Seine erste Aufnahme entstand 1951 für das neue Label Mercury in Chicago, dessen Chefdirigent der noch junge Kubelik damals war. Mercury-Platten wurden wegen ihres guten Klangs gerühmt, diese hier gehört m. E. jedoch nicht dazu, das Klangbild ist flächig und nicht immer transparent, vielleicht befand sich das Aufnahmeteam noch im Experimentierstadium. Das musikalische Resultat jedoch kann sich hören lassen, die Ecksätze werden mit Drive hingelegt, das Finale auch etwas zackig, im 2. Satz bricht die Spannung in den T. 54-89 etwas ein, im Scherzo wird nicht immer die volle Kraft eingesetzt. Kubeliks letzte Studio-Aufnahme erfolgte in der Berliner Jesus-Christus-Kirche, hier gelang es den Tontechnikern, einen saftigen Klang festzuhalten, mit betörenden Holzbläsern. Im 1. Satz stören mich in Tutti-Abschnitten jedoch die zu lauten Blechbläser, die Pizzicati T. 99 ff sind dagegen zu leise, auch in dieser Aufnahme wird im 2. Satz die Spannung bei extrem langsamem Tempo nicht immer gehalten. Der Anfang des Scherzos könnte etwas schärfer gezeichnet werden, den Triangel hört man kaum, wie auch bei den Aufnahmen mit dem Chicago Symphony Orchestra und der Tschechischen Philharmonie. Das Finale hätte bei etwas schnellerem Tempo gewonnen. Die Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern ist da um einiges überzeugender geraten, die Tempi sind etwas schneller und die Musik wird doch schärfer gezeichnet als in Berlin und Chicago. Scherzo und Finale klingen etwas derb urwüchsig. Negativ ins Gewicht fällt jedoch der mickrige Klang des Wiener Englischhorns, der dem Satz einen Teil seines Duftes nimmt. Die meiner Meinung nach beste Aufnahme wurde mit dem Sinfonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks eingespielt, die viel live-Atmosphäre mitbringt, sie wurde von Orfeo auf den Markt gebracht. Das Konzert mit der Tschechischen Philharmonie, das Denon veröffentlicht hat, war für den ehemaligen Chefdirigenten sicher eine rührende Wiederbegegnung, auch wenn wahrscheinlich keiner seiner ehemaligen Musiker noch an den Pulten saßen, für den CD-Hörer jedoch kaum, da insgesamt zu indifferent gespielt wurde, auch der Klang kann mit der Rundfunkaufnahme aus München oder den Berlinern nicht mithalten. Am besten gefällt mir hier der 2. Satz, der mit großer Ruhe dargeboten wird.
Leonard Bernstein stellt Dvoraks 9. hier in zwei Aufnahmen vor. Die erste stammt aus seiner Anfangszeit als Dirigent, sie wurde 1953 für die amerikanische Decca in New York aufgenommen, die New Yorker Philharmoniker firmierten hier unter „New York Stadium Symphony Orchestra". Das Klangbild ist flach und stellenweise auch etwas stumpf, die Streicher hört man in Tuttistellen meist nur als Block, eine Transparenz, mit dem z. B. Fricsay-Aufnahmen aus derselben Zeit aufwarten, hätte man sich auch hier gewünscht. Am besten gefällt mir der Kopfsatz, der mit viel Drive durchgezogen wird. Bernstein scheint Dvoraks Komposition noch nicht ganz zu vertrauen, nach dem Hornruf in T. 5 steht eine lange Pause, Bernstein verkürzt sie und lässt Flöte und Oboen schon früher einsetzen. Im zweiten Satz, der recht langsam genommen wird, werden die Takte 22-26 nicht im Tempo gespielt. Die Zweiunddreißigstel der Celli ab T. 78, die die 1. Geigen begleiten, sind zu leise. Im Scherzo nutzt Bernstein die rhythmische Energie der Notenvorlage zu einem akzentuierten und schwungvollen Vortrag. Erstaunt macht mich das Finale in dieser Interpretation, da der Dirigent den Zusatz con fuoco einfach ignoriert, was für Bernstein doch untypisch ist! Herausgekommen ist ein eher schneller Marsch, der von langsamen Teilen unterbrochen wird. Die zweite Aufnahme mit dem Israel Philharmonic Orchestra, bei einem Konzert in Paris mitgeschnitten, klingt viel besser, ist interpretatorisch jedoch problematischer. Gleich zu Beginn besitzt der rhythmische Ablauf keine feste Kontur, auch im Verlauf des Satzes greift Bernstein immer wieder zu Rubati, der vorher gelobte Drive vermisst man in dieser Interpretation. Das Largo ist zum Gähnen verschleppt, die Musik fast gefroren, ab T. 90 dann plötzlich schneller, da das Motto der Sinfonie bevorsteht! Im 3. Satz kehrt Bernstein zur Normalität zurück, con fuoco! Im 2. Trio T. 200-206 ist die Artikulation der Bläser etwas zu lasch, auch vermisse ich den Triangel! Das Finale wird noch langsamer als 1953 gespielt, im selben Tempo wie Klemperer, nur, der holt mehr aus dem Notentext heraus.
Wie fast schon zu erwarten, wird in den Aufnahmen unter Leitung von Wolfgang Sawallisch sehr sauber, schwungvoll, jedoch auch mehr sachlich (werkgerecht) musiziert. Sawallisch pflegt nie eine besondere persönliche Note, stattdessen durchleuchtet er die Partitur und weist dezent auf Details hin, die von anderen meist unbeachtet bleiben. Manchen Hörern mag seine Musizierhaltung zu geglättet erscheinen. Das trifft in diesen Aufnahmen von Dvoraks 9. allenfalls bedingt zu. Auffallend ist eine Vertiefung des Ausdrucks in den Mittelsätzen bei der jüngeren Interpretation aus Philadelphia, die auch noch prachtvoll klingt. Erwähnt sei noch, dass kein anderer Dirigent im 4. Satz die Trompete während der Tuttistelle T. 92 ff. so markant hervortreten lässt.
** Die Aufnahmedaten bei der Chesky- CD Nr. 31 mit Jascha Horenstein sowie bei der Scribendum-CD Nr. 040 mit Rudolf Kempe sind auf den CDs gleichlautend angegeben: Walthamstow Town Hall, London, 26.-30.Januar 1962, eine der Angaben muss falsch sein. Man könnte auch annehmen, dass die Aufnahmen identisch seien, dagegen sprechen allerdings die unterschiedlichen Laufzeiten in allen vier Sätzen sowie der unterschiedliche Stil der beiden Dirigenten. Auch die klangliche Seite der Aufnahmen weicht voneinander ab, es sind zudem verschiedene Aufnahmeleiter und Toningenieure vermerkt.
*** Im Jahre 1981 erschien beim kleinen Schweizer Label Relief eine LP mit der 9. Sinfonie von Antonin Dvorak, die Aufnahme wurde angeblich in einem Konzert in der Alten Berliner Philharmonie Berlin mitgeschnitten, Wilhelm Furtwängler dirigierte die Berliner Philharmoniker dort am 30. 11. 1941. Da es keine andere Aufnahme einer Komposition Dvoraks, außer einem Slawischen Tanz aus dem Jahre 1930 mit Furtwängler gab, war die Neugierde immens, wie der Dirigent die e-Moll-Sinfonie wohl dirigiere. Das Band, das der LP zugrunde lag, sollte im Wege der Rückführung alter Mitschnitte aus russischen Archiven in den Westen gelangt sein. Der Einführungstext weist ausdrücklich darauf hin, dass namhafte Kenner der Materie sowie der damalige Solo-Hornist des Orchesters, die Aufnahme als authentisch bezeichnen. Der Autor dieser Zeilen kaufte sich die LP und war – auch noch heute - begeistert. Unmittelbar nach der Veröffentlichung kamen dann doch Zweifel bezüglich der Echtheit auf, genährt wurden sie aufgrund der doch ganz anderen Akustik der alten Philharmonie, wie man sie von vielen Mitschnitten her kannte und der für ein Konzert völlig fehlenden Publikumsgeräusche. Ein weiteres Indiz war, dass die Konzerte 1941 noch auf Schellackplatten festgehalten wurden, erst 1942 auf Magnetband, die Laufgeräusche der Schellacks fehlten jedoch. 1990 entdeckte man im Archiv des Bayerischen Rundfunks alte Bänder der Reichsrundfunkgesellschaft RRG, unter anderem solche der Münchner Philharmoniker unter Leitung ihres Chefdirigenten Oswald Kabasta, darunter auch eine Studio-Aufnahme der 9. Dvorak vom 14. 07. 1944. Beim eingehenden Vergleich der beiden Tondokumente stellte sich heraus, dass die letztlich nicht gesicherte Furtwängler-Aufnahme mit der authentischen von Kabasta identisch war. Relief zog darauf die LPs und CDs vom Markt zurück.
eingestellt am 30. 06. 12
ergänzt am 24. 01. 23