Das Klassik-Prisma |
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Bernd Stremmel |
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Sinfonie Nr. 104 D-Dur
Adagio, Allegro – Andante – Menuetto, Allegro mit Trio – Spirituoso
Haydns letzte Sinfonie, uraufgeführt in London 1795, fasst des Komponisten Einfallsreichtum und sein kompositorisches Handwerk zu einem letzten Höhepunkt. Ihr Beiname „Londoner" ist irreführend, da Haydn insgesamt zwölf Sinfonien in zwei Gruppen für London komponierte. Der erste Satz beginnt, wie andere auch aus Haydns Spätzeit, mit einer langsamen Einleitung in d-Moll. Wie eine Fanfare beginnt die Musik mit einem steigenden Quintsprung, danach fallenden Quartsprung des vollen Orchesters im ff, einige Dirigenten lassen bei letzterem die Musik leiser (?) werden, auch bei der Wiederholung (ohne Blech). Dreimal beschwört die Fanfare das musikalische Geschehen. Dazwischen tasten sich Streicher und Fagott, zuletzt noch Flöte und Oboe, wie gebannt von Takt zu Takt weiter bis zu einem A-Dur-Septimenakkord. Nach dieser Spannung kann der D-Dur-Hauptsatz beginnen. Haydn setzt dazu nur ein Thema ein, auf ein zweites verzichtet er, bei ihm kein Einzelfall. An der Stelle, an der das Seitenthema erscheinen müsste (T. 49 ff), bringt er nochmals das Hauptthema, diesmal in der Quinttonart A-Dur. Haydns Erfindungsgabe lässt uns dies jedoch niemals als Mangel erscheinen. Das musikalische Material der Durchführung beschränkt sich allein auf den dritten und vierten Takt des Themas. Kompositorische Ökonomie beherrscht nicht nur diesen Satz, sondern auch die anderen bis zum Finale. Schaut man sich die ersten Noten des Andantes genauer an, muss man feststellen, dass sie aus dem Thema des vorigen Satzes abgeleitet sind, nur der Rhythmus ist „gezackter" und man befindet sich nun in langsamerem Tempo in G-Dur. Das Thema wird mehrmals variiert, dazwischen stehen leidenschaftliche Teile in Moll. Das Tor zur Romantik öffnet Haydn weit bei T. 98: die Dirigenten sollten hier den Zuhörern genau die drei Ebenen Violine 1, Violine 2 und Bratsche/Bass deutlich vor Augen (Ohren) führen. Im Menuett führt der Komponist seine aufmerksamen Zuhörer auf's Glatteis, wenn er gleich zu Beginn eine Überbetonung auf falschem Taktteil einbringt. Im lyrisch gestimmten Trio gelingt es manchen Dirigenten nicht, eine übereinstimmende Artikulation einzelner Instrumente herbeizuführen. Das Finale wirkt wie ein Kehraus, das Thema soll kroatischen Ursprungs sein, kaum verwunderlich, lebten doch in der Nähe von Haydns Geburtsort Rohrau im Burgenland kroatische Minderheiten, mit denen er gewiss in Kontakt kam. Englische Musikologen deuten das Thema als Rufe „englischer Alteisenhändler!“ Ja, Haydn war eben ein Kosmopolit!
Schuricht |
Orchestre National de France |
Erato |
1955 |
24‘44 |
5 |
live |
Schuricht |
SDR Sinfonie-Orchester Stuttgart |
SWR |
1952 |
24'16 |
5 |
unveröffentlicht |
Rosbaud |
Berliner Philharmoniker |
DGG |
1956 |
27‘56 |
5 |
überzeugende, jedoch auch etwas strenge Umsetzung – sauberes Monoklangbild, jedoch etwas kompakt |
Davis, Colin |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
Philips |
1977 |
27‘57 |
5 |
I rhythmisch ganz deutlich, immer auch Blick auf Details, II lockerer als Rosbaud, schöne Bläserbegleitstimmen, II immer sehr lebendig |
Beecham |
London Philharmonic Orchestra |
EMI u.a. |
1939 |
23‘43 |
5 |
inspiriertes Musizieren, B. nimmt sich Zeit für Haydns Partitur und ihre vielen Details – stark knisternde Schellacks (Pearl-CD), eingeengtes Klangbild, jedoch noch einigermaßen durchsichtig |
Fischer, Adam |
Österreich-Ungarisches Haydn-Orchester |
Nimbus Brilliant |
1989 |
29‘03 |
5 |
I gespannte E, HT frisch musiziert, zugespitzt, II atmosphärisch dichtes Spiel, IV entschieden voran – sehr guter Klang mit hoher Transparenz |
Markevitch |
Orchestre Lamoureux Paris |
Philips forgotten records |
1959 |
23‘36 |
5 |
I gespannte E, festliches Allegro, II gewichtig, Atmosphäre, IV aufgekratzt |
Klemperer |
New Philharmonia Orchestra London |
EMI |
1964 |
31‘09 |
5 |
I guter Tempokonstrast zwischen E und HT, entschieden voran, klar durchsichtig, etwas langsam, jedoch differenziert, z. B. Fagott T. 17-25 oder Flöte/Oboe T. 42 ff, immer gewichtig, III wie selbstverständlich, IV konzentriert und inspiriert |
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Münch |
Boston Symphony Orchestra |
RCA forgotten records |
1950 |
25‘02 |
4-5 |
I E Andante, trotzdem spannungsvoll, hellwaches, sehr bewegtes Musizieren, II Adagio, konzentriert, nicht langatmig, IV aufgekratzt – großbesetztes Orchester, kompaktes Klangbild |
Beecham |
Royal Philharmonic Orchestra London |
EMI |
1958 |
26‘38 |
4-5 |
in allen Sätzen etwas langsamer als 1939, jedoch dieselbe Musizierhaltung mit teilweise etwas weniger Spannung – viel besserer Klang |
Karajan |
Wiener Philharmoniker |
Decca |
1959 |
26‘02 |
4-5 |
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Kempe |
Philharmonia Orchestra London |
EMI Testament |
1956 |
26‘05 |
4-5 |
I gespannte E, arbeitet die Doppelpunktierung genau heraus, HT konzentriert, natürlich, II stellenweise etwas zu philharmonisch-groß, III zupackend, IV bewegt, pulsierend |
Jochum |
London Philharmonic Orchestra |
DGG |
1971 |
29‘10 |
4-5 |
I gespannte E, HT frisch, lebensfroh, pulsierend, II im Ganzen getroffen, jedoch ohne artikulatorische Feinarbeit, Streicher zu breit, III philharmonisch, im Trio Artikulation T. 34 f nicht eindeutig, IV zupackend |
Mrawinsky |
Leningrader Philharmonie |
Melodya-BMG |
1965 |
27‘46 |
4-5 |
I natürlich, ungekünstelt, liebevoll, konzentriert, II mäßiges Tempo, III nicht immer so deutlich wie wünschenswert, IV schneller Kehraus – transparenter Klang, diszipliniertes Publikum |
Boulez |
Wiener Philharmoniker |
Eigenlabel |
1996 |
29‘17 |
4-5 |
live - I farbenreiches Musizieren, II intensives Ausloten des Notentextes, III eine runde Sache, IV sehr schnell, etwas lärmend |
Szell |
Cleveland Orchestra |
CBS UA |
1954 |
23‘01 |
4-5 |
zügige Tempi, im Trio unterschiedliche Phrasierungen T. 11-13 und T. 34-36, überzeugend executiert, ein wenig Charme hätte gut getan, Sinfonia militare |
Karajan |
Wiener Philharmoniker |
Andante |
1979 |
26‘15 |
4-5 |
live |
Slatkin |
Philharmonia Orchestra London |
RCA |
1993 |
28‘27 |
4-5 |
I energetisch, II immer genau an der Partitur entlang, III aufmerksam, IV etwas zackig, ansonsten sorgfältig – gute Transparenz, Holz gut abgebildet |
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Herbig, Günther |
Dresdner Philharmonie |
Berlin Classics |
1974 |
27‘16 |
4 |
I E Atmosphäre, HT zupackend, Spannungsbögen, II wird den Anforderungen der Partitur gerecht, III Trio etwas langsamer, hellwach, IV spielfreudig – transparenter Klang |
Kempe |
BBC Symphony Orchestra |
BBCL |
1975 |
29‘08 |
4 |
live – zupackende und farbenreiche Interpretation im philharmonischen Stil, weniger Transparenz in den Tutti-Abschnitten |
Vegh |
Camerata academica Salzburg |
Orfeo |
1994 |
29‘07 |
4 |
live – I Musik wird in den f-Takten (Fanfare) der E jeweils leiser, Präzision des Zusammenspiels nicht immer top, II einige Intonationsmängel, III bewegt, IV aufgrund der vielen sf etwas zackig geraten |
Solti |
London Philharmonic Orchestra |
Decca |
1985 |
28‘20 |
4 |
I E ohne Fg?, HT mit Verve, jedoch wenig Feinzeichnung – die Aufnahme leidet etwas unter dem großen philharmonischen Streicherapparat, der das Gleichgewicht unter den Orchestergruppen stört |
Previn |
Wiener Philharmoniker |
Philips |
1993 |
27‘42 |
4 |
„große Sinfonie!", ernsthaft, philharmonisch, großformatig, schöner Orchesterklang, gute Transparenz, Holz immer gut abgebildet, in allen Sätzen dynamische Differenzierung im unteren Bereich nicht top |
Karajan |
Berliner Philharmoniker |
DGG |
1982 |
29‘07 |
4 |
|
Karajan |
Berliner Philharmoniker |
EMI |
1975 |
25‘33 |
4 |
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Glover |
Royal Philharmonic Orchestra |
MCPS |
1994 |
28‘43 |
4 |
I grundsolide, der Partitur immer auf der Spur, III im Trio unterschiedliche Phrasierungen T. 11-13 und T. 34-36, IV etwas routiniert |
Tate |
English Chamber Orchestra |
EMI |
P 1986 |
31‘13 |
4 |
I gespannte E, HT nur routiniert, im Tutti nicht immer hinreichend transparent, II etwas gezogen, III die Artikulation in den Takten 11-13 im Trio wird in den Takten 34-36 nicht übernommen, IV solide |
Scherchen |
Wiener Symphoniker |
Westminster DGG |
1952 |
28‘17 |
4 |
I gespannte E, HT trocken, mäßiges Tempo, II Adagio, etwas betulich, III sehr aufmerksam, stimmungsvoll, IV Tempo rubato, Fagotte nicht vergessen – aus romantischem Geist heraus musiziert, kompaktes Klangbild, geringe Transparenz |
Lopez-Cobos |
Kammerorchester Lausanne |
Denon |
1991 |
25‘57 |
4 |
I aufgedrehter HT, nicht immer einheitliche Phrasierungen, II etwas mechanisch und zackig, III molto Allegro, Trio etwas langsamer, IV zackig, Sinfonia militare – der Aufnahme fehlt etwas Charme |
Previn |
Pittsburgh Symphony Orchestra |
EMI |
1975 |
28‘20 |
4 |
I E tastend, HT nicht schlecht, jedoch auch philharmonische Routine, II näher an der Partitur, vielschichtig, III aufmerksam, IV wie Satz 1 |
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Dorati |
Philharmonia Hungarica |
Decca |
1972 |
28‘38 |
3-4 |
I E die Fanfare zu Beginn und später wird nicht im ff durchgehalten, HT routiniert, II etwas langatmig, Spannungsbögen nicht immer gehalten, III wenig ansprechend, IV wie durchgespielt |
Bernstein |
New York Philharmonic Orchestra |
CBS Sony |
1958 |
23‘59 |
3-4 |
I E Doppelpunktierung bei der Fanfare nachlässig, HT kein p sondern mf, II durchgespielt, IV drauflos – dynamische Differenzierung kaum top, an der Oberfläche musiziert, etwas schnoddrig, Ästetik einer vergangenen Zeit |
Celibidache |
Berliner Philharmoniker |
audite |
1950 |
28‘43 |
3-4 |
I hochromantisch, Ästhetik einer vergangenen Zeit, Adagio, führt zu Langatmigkeit und wirkt schwerfällig, III etwas zäh, IV Orchesterspiel nicht immer auf höchstem Niveau |
Celibidache |
Münchner Philarmoniker |
EMI |
1992 |
30‘47 |
3-4 |
live - viel besserer Klang, I gelassen, auch im Tempo, II Adagio, langatmig, III zäh, Phrasierung T. 11-13 nicht identisch mit T. 34-36, IV Haydn scheint Celibidache nicht richtig herauszufordern |
Interpretationen in informierter Aufführungspraxis mit modernen Instrumenten:
Mackerras |
Orchestra of St. Luke’s |
Telarc |
1992 |
28‘25 |
4-5 |
I gespannte E, emphatischer HT, II kantabel und offensiv im Wechsel, III fast atemloses Menuett, Trio zu betriebsam, IV bewegt pulsierendes Spiel, in lauten Tutti-Abschnitten lärmend |
Norrington |
SWR Sinfonie-Orchester Stuttgart |
hänssler |
1999 |
27'19 |
4-5 |
live - I farbenreiches und aufmerksames Musizieren, II sehr schnelles Andante, jedoch nicht mechanisch, III Trio ein wenig langsamer, inspiriert, IV Natürlichkeit bewahrend |
Harnoncourt |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
Teldec |
1987 |
27‘01 |
4-5 |
I und IV in den lauten Tutti-Abschnitten festlich auftrumpfend, H. hat die Musik fest im Griff, II sehr bewegt, nuancenreich, III Allegro assai, Hörvergnügen – von Haydn so beabsichtigt?, Trio langsamer – sehr gute Transparenz, Instrumente bestens abgebildet |
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Fey |
Heidelberger Symphoniker |
hänssler |
P 1999 |
28‘35 |
4 |
I Blech zu dominant, zu demonstrativ vorgetragen, II Haydns vielen raffinierten Einfällen auf der Spur, T. 23-25 wenig Spannung, III Allegro assai, Trio als Kontrast deutlich langsamer, IV im Tutti lärmend, dabei geht die ansonsten gute Transparenz verloren, sehr lebendig bei schnellem Tempo, das jedoch nicht konsequent durchgehalten wird |
Interpretationen in informierter Aufführungspraxis mit Originalinstrumenten:
Kuijken |
Le Petit Bande |
DHM |
1995 |
27‘27 |
5 |
I mit Verve, Klang ausgeglichener als bei Harnoncourt und Fey, kleine Besetzung, II con spirito, III Allegro assai, Trio etwas langsamer, IV mit Verve – sehr helles Klangbild mit vorzüglicher Transparenz |
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Norrington |
London Classical Players |
EMI Virgin |
1993 |
26'40 |
4-5 |
I E Fanfaren immer diminuendo, HT entspannt, II fantasiereiches Musizieren bei bewegtem Tempo, III und IV kurzweilig – ausgeglichener Tuttiklang |
Brüggen |
Orchester des 18. Jahrhunderts |
Philips |
1990 |
28‘53 |
4-5 |
live - I ausgeglichener Tutti-Klang, II nuancenreich, III im Tempo konventionell, IV energetisch, Blech tritt nun mehr hervor |
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Hickox |
Collegium musicum 90 |
Chandos |
1999 |
27‘26 |
4 |
I E Diminuendo auf T. 2, Haydns Partitur scheint Hickox nicht richtig herauszufordern, II wie ausgewechselt, III im Trio unterschiedliche Phrasierungen T. 11-13 und T. 34-36, IV wie Satz 1 |
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Minkowski |
Les Musiciens du Louvre Grenoble |
naive |
2009 |
26’43 |
3-4 |
live – I betriebsam, irgendwie eindimensional, II mehr an der Oberfläche musiziert, III schnelles Menuett, unruhiges Trio, IV unstet, an der Oberfläche – im Klang wenig top |
Wie gewohnt noch ein Blick auf die vielen Wiederholungen in der Partitur. Im 1. Satz soll die Exposition wiederholt werden, im 2. die ersten acht Takte des Variationsthemas sowie die Fortspinnung T. 9-37. Im Menuett wird nur der zweite Teil wiederholt, den ersten hat Haydn als Variante des Beginns selbst bearbeitet. Im Trio sind zwei Wiederholungen vorgesehen und im Finale wie im 1. Satz lediglich die Exposition.
Dirigenten, die nach historischer Aufführungspraxis arbeiten, lassen alle Wiederholungen spielen, unsere Altmeister jedoch verzichten fast alle auf die Wiederholungen im 1. und 4. Satz, ausgenommen Klemperer, Jochum, Vegh, aber auch Davis, Boulez, Hickox, Tate, Adam Fischer, Slatkin und Lopez-Cobos. Einige verzichten nur auf die zweite Wiederholung im Andante: Mrawinsky, Solti, Kempe-BBC, Herbig, Previn. Inkonsequent verfährt Karajan, wenn er von Aufnahme zu Aufnahme jeweils auf eine andere Wiederholung verzichtet, nur 1982 lässt er alle spielen.
Hinweise zu Interpretationen:
Carl Schuricht
Als „Testsieger" gehen bei meinem vergleichenden Hören zwei Aufnahmen unter Leitung von Carl Schuricht hervor, die heute kaum mehr jemand kennt, da sie nie oder nur kurz auf dem Schallplattenmarkt greifbar waren. Die Stuttgarter Rundfunkproduktion überzeugt nach einer spannend vorgetragenen Einleitung durch ein völlig entspanntes, souveränes Musizieren. Das Andante wird liebevoll nachgezeichnet. Zu begrüßen wäre es, wenn das Label Hännsler diese Aufmahme als Ergänzung zu seiner gelungenen Schuricht-Edition nachschieben würde. Schurichts zweite Aufnahme wurde 1955 beim Festival in Montreux mitgeschnitten. Hier lässt sich erleben, wie ein Meisterdirigent sich ganz zurücknimmt und nur die Musik sprechen lässt. Besonders bemerkenswert sind die geringfügigen Tempomodifikationen, die zur bewussten Gestaltung der Partitur eingesetzt werden, ohne jemals als übertrieben aufzufallen. Auch hier bezaubert der langsame Satz. Die klangliche Seite der Aufnahme ist leider bescheiden, da muss man der älteren Aufnahme ganz klar den Vorzug geben.
Herbert von Karajan
Haydns Sinfonien fanden ist Karajans Konzertprogramme kaum Einlass, lediglich eine Aufnahme der Sinfonie Nr. 104 von den Salzburger Festspielen 1979 ist bekannt. Für die Schallplatte nahm er in späteren Jahren die Pariser-Sinfonien für die Deutsche Grammophon auf, die Londoner Sinfonien sogar zweimal, erst für die EMI, dann noch einmal digital für die DGG. Die allererste Aufnahme unserer D-Dur Sinfonie fand bereits 1959 mit den Wiener Philharmonikern für die englische Decca statt. Im zeitlichen Umfeld finden sich weitere Sinfonien von Mozart, Beethoven, Brahms und Dvorak. Aufnahmetechnisch betreut wurden sie von John Culshaw, der durch die Ring-Produktion mit Georg Solti bekannt und berühmt wurde. Karajans Haydn, das ist nicht anders zu erwarten, wird großformatig, im philharmonischen Gewand gespielt, d. h. die Streicher, vor allem die 1. Geigen, führen den Klang an, die Bläser, besonders das Holz, treten nur an Solostellen hervor. Am besten gefällt die Wiener Decca-Aufnahme, in der im Großen und Ganzen noch natürlich musiziert wird. Auch der spätere Mitschnitt aus dem großen Festspielhaus Salzburg ist nicht zu verachten. Hier scheint sich der Maestro zurückzulehnen und das Orchester allein spielen zu lassen. Auch das Verhältnis von Streichern und Bläsern ist unter den Umständen zu loben. Während man bei den Aufnahmen mit den WPh den Eindruck gewinnt, die Musiker spielen wie selbstverständlich, meint man bei den BPh herauszuhören, dass Karajan ihnen seine Haydn-Vorstellung erst beibringen müsse. Sie klingen nicht mehr so natürlich, eher gekünstelt. Der Orchesterklang ist ausladender, in lauten Tutti-Stellen pompöser geworden. Beide manchen auf mich den Eindruck, als seien sie wie Pflichtstücke etwas lieblos abgespult worden, von einer Beziehung des Dirigenten zu Joseph Haydn spürt man hier nicht viel, am ehesten noch im Andante.
eingestellt 21. 11. 13