Das Klassik-Prisma |
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Bernd
Stremmel |
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Wolfgang Amadeus Mozart
Klaviersonate a-moll KV 310
Allegro maestoso – Andante cantabile con
espressione – Presto
Mozarts
Klaviersonate in a-Moll KV 310 entstand 1778 während einer Konzertreise 1777/78
mit dem Ziel Paris, die er nicht mit seinem Vater, wie seit Kindheit üblich,
sondern mit seiner Mutter unternahm. In Mannheim blieben die Reisenden
viereinhalb Monate, für den jungen Komponisten war es eine höchst anregende
Zeit. Hier entstand auch die Klaviersonate D-Dur KV 311, also vor
unserer a-Moll Sonate KV 310, was Ludwig Ritter von Köchel noch nicht wusste,
als er 1862 sein hilfreiches „Chronologisches und systematisches Verzeichnis
sämtlicher musikalischen Werke von Wolfgang Amadé
Mozart“ herausgab und seitdem als „Köchelverzeichnis“ bekannt ist. Zu allem
Unglück starb Mozarts Mutter in Paris und wurde auch dort beigesetzt. Außerdem
machte zu dieser Zeit die enttäuschte Liebe zu Aloysia Weber (ältere Schwester
seiner zukünftigen Ehefrau Konstanze) dem
Komponisten zu schaffen. Noch ein Weiteres: Der von Mozart erhoffte
Erfolg bei seinen Konzerten stellte sich nicht ein. Die a-Moll-Sonate ist gewiss ein Spiegelbild
von Mozarts Gefühlszuständen in dieser schweren Zeit. Er konnte jedoch Privates
und Geschäftliches voneinander trennen, seine bisher größte Sinfonie, D-Dur KV
297, die auch in dieser Zeit entstand, ist völlig frei von düsteren Gedanken.
1.
Satz: Die erste Mozart-Sonate in einer Moll-Tonart, eindringlich, nicht nur
melancholisch wie bei Haydn. Unmittelbar nebeneinanderstehendes p und ff weisen auf einen subjektiven Bekenntnischarakter der Musik hin.
Die
ersten Takte des Haupt-Themas dieses Satzes sind mit kurzen Vorschlägen
versehen (T.1, 2 und 4). In der modifizierten Wiederholung verfährt Mozart in
T. 9 wie vorher, in T. 10 und 12 jedoch löst er die Vorschläge in Achtelnoten
auf. Daraus müsste folgen, dass die Vorschlagsnoten in den Takten 1, 2, 4 und 9
kurz zu spielen sind. Die Interpreten sind sich in der Behandlung dieser
Ornamente jedoch nicht einig. Einige spielen die kurzen Vorschläge auftaktig, die Betonung liegt also auf dem jeweils zweiten
Ton (z. B. Arrau, Goode, Uchida,
Zitterbart, Schoonderwoerd und Youn),
das würde Mozart am Nächsten kommen. Andere jedoch betonen die Vorschlagsnote (z. B. Gilels,
Ashkenazy, Barenboim, Schiff und Holtmann).
Wieder andere gehen unsystematisch voran und behandeln die Vorschläge
nach Gusto.
2.
Satz: Mit einem ganz anderen Gesicht beginnt Mozart den zweiten Satz, ob Mozart
da an eine Gesangsszene gedacht hat? Die Themen und Motive sind reich verziert
mit Vorschlägen und Trillern Im Mittelteil (Durchführung) kehrt die Unruhe des
Kopfsatzes zurück: Schnelle Repetitionen der rechten Hand erinnern an Streichertremoli, grollende Triller in der linken Hand
steigern die Spannung.
3.
Satz: Eine permanente Dreiachtelfigur begleitet das thematische Geschehen. Die
Musik huscht wie schattenhaft vorbei und vermittelt ein Gefühl von
Rastlosigkeit und Eintönigkeit, aus der es kein Entrinnen gibt.
Ein
paar Anmerkungen noch zu den Wiederholungen: Im ersten Satz regt der Komponist
an, die Exposition zu wiederholen, danach auch die Durchführung samt Reprise.
Im zweiten Satz ist es die Exposition. Alle Wiederholungen bringen Arrau,
Richter, Gilels, Badura-Skoda, Gulda,
Ashkenazy, Brendel-82, Barenboim, Uchida, Zitterbart,
Brautigam, Zacharias, Lubimov,
Say, Grimaud und Youn. Sehr
viele andere verzichten auf die zweite Wiederholung im ersten Satz. Auf alle
verzichten Lipatti-Studio und Marcelle Meyer.
5 |
Dinu Lipatti |
EMI |
1950 |
13‘28 |
|
sensible
Umsetzung des Notentextes, ebenmäßiges Spiel, individuelle Dynamik, I f erst am Satzende, Verzicht auf die Arpeggien T. 22, 49 und 103, II cantabile, intensive Ausgestaltung
des Notentextes, Melancholie statt herausgestellte Dramatik, in der
Durchführung Mozarts Dynamik sensibel gefolgt, III deutliche Kontraste |
|||
5 |
Dinu Lipatti |
EMI |
1950 |
14‘22 |
|
live,
letztes Konzert drei Monate später – Lipatti präludiert
zu Beginn (früher sehr oft gebräuchlich, heute nicht mehr zu hören), im
Finale mehr Melancholie, ohne Atemholen durch den Satz, weniger
kontrastreich, sonst kaum Unterschiede zur Studioaufnahme – belegter Klang,
Wiederholung der Exposition im ersten Satz |
|||
5 |
Claudio Arrau |
Orfeo |
1956 |
21‘23 |
|
live,
I fast atemlos, schwungvoll, Druck, II Adagio, fantasievoller Umgang mit dem
Notentext, Espressivo, III Arrau als Virtuose,
spontan, aufgewühlt – gute dynamische Differenzierung, guter Mono-Klang |
|||
5 |
Emil Gilels |
DGG |
1970 |
22‘53 |
|
live,
▼ |
|||
5 |
Emil Gilels |
Melodya BMG |
1970 |
22‘56 |
|
live,
▼ |
|||
5 |
Alicia de Larrocha |
RCA |
1989 |
17‘32 |
|
▼ |
|||
5 |
Vladimir Ashkenazy |
Decca |
1967/68 |
21‘12 |
|
I
schroffe dynamische Gegensätze, II Musik sensibel nachgezeichnet, Ritardando
T. 52/53, III unruhig, gute dynamische Differenzierung |
|||
5 |
Richard Goode |
Nonesuch |
2004 |
18‘08 |
|
I
Goode vermittelt eine eher positive Sicht auf die Musik,
mit Empathie, II Hinweis auf Mozarts reiche Ornamentik, kleinste harmonische
und melodische Wendungen sensibel nachgezogen, nicht alle Bassnoten T. 15-18
kurz und markiert gespielt, Ritardando T. 52/53, III leicht und locker |
|||
|
||||
4-5 |
Martha Argerich |
Radioproduktion
BR |
1960 |
16‘52 |
|
I
elegant, schnelles Tempo, von musikalischer Energie sprühend, jedoch auch
etwas geglättet, II bewundernswerte Triller, III ebenmäßiger Fluss |
|||
4-5 |
Friedrich Gulda |
DGG |
1982 |
21‘02 |
|
I
emotionsgeladene Kraft, schicksalhaft, Dramatik, II die Stimmung des ersten
Satzes färbt noch hier ab, keine Idylle, III Unruhe der Musik herausgestellt |
|||
4-5 |
Christian
Zacharias |
EMI |
1984/85 |
20‘11 |
|
I
kraftvoll, dramatisiert, im Stil des jungen LvB, II
bewegt, jedoch immer Ruhe bewahrend, nuancenreich, III locker, immer Mozarts
Intentionen auf der Spur – gute dynamische Differenzierung |
|||
4-5 |
Andras Schiff |
Decca |
1980 |
16‘19 |
|
I
leicht, Dramatik nicht herausgestellt, kaum bekenntnishaft, II mit
Feingefühl, gute dynamische Gestaltung, III den Nerv der Musik getroffen |
|||
4-5 |
Fazil Say |
Warner |
2014/15 |
18‘51 |
|
I
geschmeidiges Musizieren, sehr schnelles Tempo, Unruhe und Dramatik, II
bewegt, aufgewühlte Durchführung, III wache Aufmerksamkeit |
|||
4-5 |
Alfred Brendel |
Philips |
2002 |
19‘10 |
|
▼ |
|||
4-5 |
Alfred Brendel |
Philips |
1982 |
22‘15 |
|
▼ |
|||
4-5 |
Wilhelm Kempff |
DGG |
1962 |
15‘45 |
|
I
pointierte Dramatik, Terrassendynamik,
II Eintauchen in die Welt der Poesie, schöne Triller, Ritardando T. 52/53,
III zurückgenommenes Tempo, im Dur-Teil bezwingende Terzen |
|||
4-5 |
Artur Schnabel |
EMI Arabesque |
1939 |
18‘47 |
|
I
deklamatorische Brillanz, kräftige Akzente, II Adagio, gestalterischer Ernst,
expressiv; wie der junge Beethoven, zu viel des Guten?, III drängend |
|||
4-5 |
Walter Klien |
Vox |
1964 |
16‘28 |
|
I
männliches Klavierspiel, II guter Kontrast zu Satz 1, langsam, entspannt,
Mozarts Musik sensibel nachgezogen, III kein Presto, immer deutlich –
präsenter Flügel, Klangbild jedoch nicht top |
|||
4-5 |
Svjatoslav
Richter |
Praga |
1956 |
19‘02 |
|
live,
I geringe dynamische Bandbreite, kein richtiges f, erst in
der Durchführung ab T. 56 greift Richter zum ff, scharfe Klanglichkeit am Satzende
ab T. 126, II bewegt, ausgewogen, Dramatik im Mittelteil, III dramatischer
Satzschluss – insgesamt eigene Handschrift |
|||
4-5 |
Svjatoslav
Richter |
Philips |
1989 |
20‘09 |
|
live,
im Vergleich zu früher jetzt reichere Dynamik, II bewegt, III kein Presto,
insgesamt milder – in den Sätzen 1 und 3 langsamer, farbigeres Klangbild |
|||
4-5 |
Gerrit Zitterbart |
tacet |
1988 |
20‘25 |
|
I entschiedener Zugriff, elastisches
Spiel, gute dynamische Differenzierung, unverzärtelt
und doch expressiv, Ritardando
T. 52/53, III unruhig |
|||
4-5 |
Alicia de Larrocha |
Decca |
P 1980 |
18‘28 |
|
▼ |
|||
4-5 |
Marcelle Meyer |
EMI |
|
12‘55 |
|
I
geschmeidiges Spiel, eher männlicher als weiblicher Art, II espressivo bei sprechender Artikulation, III
Dur-Abschnitt ohne Glanz |
|||
4-5 |
Maria-Joāo Pires |
Denon Brilliant |
1974 |
14‘38 |
|
I
geschmeidig, T. 49 ohne Arpeggio, auch T. 103, individuelle Dynamik,
Unterschiede zwischen p und f weniger deutlich, II rhythmisch
weniger ausgeglichen als 1989, III Thema mit mehr Dramatik als 1989 |
|||
4-5 |
Maria-Joāo Pires |
DGG |
1989 |
21‘19 |
|
insgesamt
besserer Klang als 1974, auch mehr Musik aufgrund der Beachtung der
Wiederholungen, I interpretatorisch ähnlich wie früher, II sehr klar,
Dramatik herausgestellt, aber nicht demonstrativ |
|||
4-5 |
Michael Endres |
Arte
Nova |
1998 |
17‘36 |
|
I
gestalterischer Ernst, streng, dynamische Gestaltung nach Textvorlage, II
ausgeglichenes Spiel, guter Kontrast
zwischen den Abschnitten, III melancholisch, kein richtiges Presto |
|||
4-5 |
William Youn |
Oehms |
P 2013 |
21‘22 |
|
I
zielstrebig nach vorn, lebendiges Musizieren, auch motorisch, gute Dynamik,
II ausgeglichen, nuancenreich, III Dur-Teil etwas verschwommen, zu viel Pedal |
|||
4-5 |
Lili Kraus |
CBS Sony |
1967/68 |
16‘59 |
|
▼ |
|||
4-5 |
Lili Kraus |
Music
& Arts |
1954 |
18‘27 |
|
▼ |
|||
4-5 |
Heidrun Holtmann |
ambitus |
1990 |
20‘06 |
|
I
und III Notentext ziemlich gelungen umgesetzt, etwas fest, II Adagio,
empfindsam, Ritardando T. 52/53 |
|||
4-5 |
Paul Badura-Skoda |
Eurodisc |
1978 |
19‘57 |
|
Musik exakt formuliert, gute Dynamik,
treffende Tempi, wenig Dramatik |
|||
4-5 |
Vlado Perlemuter |
Vox Musical Concepts |
1956 |
15‘24 |
|
I
und III Musik stringent durchgezogen, etwas eingeebnete Dynamik, II lyrische
und feinfühlige Gestaltung |
|||
4-5 |
Murray Perahia |
CBS Sony |
1991 |
18‘31 |
|
I
ebenmäßiges Spiel, dynamische Gestaltung nach Notentext, II fp T. 11
unbeachtet, Bass-Achtel T. 17/18 nicht immer kurz, weniger kontrastreich, Ritardando
T. 52/53, III unwirsch |
|||
|
||||
4 |
Alfred Brendel |
Vanguard Brilliant |
1968 |
16‘17 |
|
▼ |
|||
4 |
Daniel Barenboim |
EMI |
1984 |
22‘50 |
|
I
pianistisch auf sehr hohem Niveau, weniger Anteilnahme an der Musik, II Adagio,
sehr langsam, feinfühliger Umgang mit Mozarts Notentext (LvB?),
III gefällt am besten |
|||
4 |
Walter Gieseking |
EMI |
1953 |
13‘55 |
|
I
klar, eher im sachlichen Stil, II mit spürbarer Hingabe, III schlankes Musizieren,
geschmeidiger Dur-Abschnitt |
|||
4 |
Jewgenij Koroliov |
hänssler |
2003 |
19‘08 |
|
I
etwas fest musiziert, dynamische Gegensätze, II Adagio, man wünscht sich die
Musik etwas unbeschwerter, A-Abschnitt kaum leicht oder locker, Ritardando T.
52/53, III zu gewichtig – die Musik klingt hier wie früher Beethoven |
|||
4 |
Gitti Pirner |
Farao |
P 2001 |
16‘18 |
|
I
gestalterischer Ernst, kämpferisch aber doch ausgewogen, II Adagio, Spannung nicht
immer durchgehalten, markant akzentuiert, Bass-Achtel T. 15-18 und T. 68-71
nicht immer kurz, III etwas grobkörnig – Klavierbass von e abwärts etwas stumpf |
|||
4 |
Carl Seemann |
DGG |
1952 |
16‘57 |
|
I
geradlinig, prägnant formuliert, II Seemann lässt die Musik für sich
sprechen, ohne persönliche Stellungnahme, etwas trocken, Ritardando T. 52/53,
III A-Dur-Takte ohne Glanz – präsenter Klang, jedoch etwas stumpf |
|||
4 |
Mitsuko
Uchida |
Philips |
1985 |
21‘35 |
|
I
unentschlossene Dynamik, meistens mf
in der Exposition, in der Durchführung auch ff, II Adagio, etwas gekünstelt, fp bleiben unbeachtet,
persönliche Dynamik, Bass-Achtel T. 17/18 nicht immer kurz, molto Ritardando T.
52/53, III hier dem Notentext am nächsten |
|||
|
||||
3-4 |
Ingrid Haebler |
Denon |
1986 |
19‘00 |
|
I
entspannt, elegisch, II T. 17/18 nicht alle Bassnoten staccato, harmlose Durchführung, III kein Presto – man vermisst eine
Stellungnahme zum Werk |
|||
3-4 |
Jean-Bernard Pommier |
Virgin |
1982 |
15‘45 |
|
I
starres, motorisches Klavierspiel, fast schon verbissen, II Adagio, hier mit
etwas Seele, T. 36-42 dynamisch nicht nach der Notenvorlage, T. 52/53 deutliches
Ritardando, III ähnlich Satz 1 |
|||
|
||||
3 |
Hélène Grimaud |
DGG |
2010 |
21‘03 |
|
I
tempo rubato T. 1-14,
uneinheitliche Behandlung der Vorschläge, heftige dynamische Gegensätze, Virtuosenstück?,
II Adagio, die beiden fp
in T. 11 um eine Zweiunddreißigstel verschoben, molto Ritardando T. 52/53,
heftiger Mittelteil, klingt wie aufgesetzt, III dramatisiert, nach Virtuosenart (Liszts Sonate befindet sich auch auf der
CD) |
|||
|
||||
2-3 |
Lang Lang |
Sony |
2013 |
19‘11 |
|
live,
I eklektischer Umgang mit dem Notentext, vor allem der Dynamik, II Adagio
molto, verzärtelt, Artikulation der Basstöne T.
15-18 nicht ebenmäßig, , T. 28 überdehnt, III durchgezogen, mehr Lang als
Mozart – durchgehend leise Geräusche in tiefster Lage |
|||
|
||||
2 |
Glenn Gould |
CBS Sony |
P 1972 |
11‘56 |
|
I
und III mechanisches Klavierspiel, durchgepeitscht, nervend, Mozarts Dynamik
missachtend, II hier angemessenes Tempo, sachlich, kaum dynamische
Unterschiede, meistes mf – keine Wiederholungen |
|||
Interpretationen
mit Hammerflügel |
||||
5 |
Gerrit Zitterbart |
gutingi |
2005 |
20‘02 |
|
Instrument
nach Anton Walter 1800 von Robert Brown – live; Interpretation wie 1988, offener
Klang, Bässe etwas stärker, Dualismus zwischen Rechter und linker Hand kommt
besser heraus, dynamische Unterschiede noch extremer |
|||
5 |
Kristian Bezuidenhout |
HM-US |
2014 |
17‘50 |
|
I
Allegro molto, Dramatik, individuelle Gestaltung, II fast schon Adagio,
fantasievoll, verspielt, zusätzliche Verzierungen, III mit Fantasie |
|||
|
||||
4-5 |
Ronald Brautigam |
BIS |
1996 |
19‘34 |
|
Instrument
nach Anton G. Walter 1795 von Paul McNulty – I mit
spürbarer Hingabe, straffes Tempo, durchgezogen, II Basstöne
T. 15-18 nicht alle kurz, bei der Wiederholung richtig, III fast atemlos,
Dur-Abschnitt kaum hervorgehoben – etwas kompakter und gedeckter Klang,
klingt auch etwas geglättet |
|||
4-5 |
Arthur Schoonderwoerd |
Accent |
2005 |
19‘29 |
|
Instrument
nach J. A. Stein ~ 1780 – I Dynamik nicht einheitlich: ff nur f, fp jedoch
markiert, II kurze Vorschläge konsequent durchgehalten, insgesamt jedoch weniger
farbig (Instrument?), Ritardando T. 52/53, III Handhabung der Vorschläge
nicht wie üblich, man erkennt so den Dur-Teil kaum wieder – lesenswertes
Booklet |
|||
|
||||
4 |
Alexei Lubimov |
Erato |
1990 |
21‘13 |
|
Instrument
nach J. A. Stein von Marc Ducornet 1984 – I
kraftvoll nach vorn, dynamische Differenzierung noch nicht ausgeschöpft, II
ernsthaft, espressiv, III kein Presto, zu
zögerlich, Melodie wie zerhackt – offener und heller Klang |
|||
4 |
Conrad Hansen |
DGG |
1958 |
17‘06 |
|
Instrument
(?) ~ 1820 – I geradlinig durch den Satz, ohne Punkt und Komma,
Differenzierung noch nicht ausgeschöpft, II mit mehr Farbe und Expression,
III durchgezogen – insgesamt trockenes Spiel |
Hinweise zu
Interpreten und Interpretationen
Lili Kraus
Vielen
Musikfreunden ist die in Budapest geborene und später auf vielen Kontinenten
tätige Pianistin Lili Kraus eine Unbekannte. Ihre nicht sehr zahlreichen
Platten waren jahrelang kaum greifbar. In Paris spielte sie 1954 für die
Haydn-Society alle Klaviersonaten von Mozart ein (heute von M&A
wiederveröffentlicht), später noch einmal (1967/68) für CBS. In ihrem
Vortragsstil ähnelt sie nicht den allseits bekannten Pianisten Wilhelm
Backhaus, Wilhelm Kempff, Claudio Arrau oder Wladimir
Horowitz sondern eher Clara Haskil oder Robert Casadesus. Ihr Spiel der a-Moll-Sonate ist in den Ecksätzen
fließend, unpathetisch, bei guter dynamischer Differenzierung. In der
CBS-Aufnahme neigt sie zu einer mehr individuell geprägten Dynamik. In der
jüngeren Aufnahme spielt sie etwas geschmeidigerer als früher. Der unruhige und
dramatische Moll-Abschnitt in der Durchführung des zweiten Satzes färbt auch
bei ihrem Vortrag auf den kompletten Satz ab. Klanglich ist die spätere
Aufnahme der früheren mit ihrem etwas belegten Klang überlegen.
Emil Gilels
Die
beiden hier vorgestellten Aufnahmen entstanden innerhalb von drei Wochen im
Januar 1970 und wurden live mitgeschnitten. Gilels
hält sich in beiden Aufnahmen an Mozarts Notentext, den er aufmerksam umsetzt,
andererseits ist sein Spiel persönlich geprägt, expressiv, nicht mehr dem
Rokoko verhaftet. Kleinste harmonische und melodische Wendungen entgehen nicht
seiner Aufmerksamkeit. Der langsame Satz ist hier kein gefälliges Andante, wie
auch schon bei Richter, sondern wird mit viel Ausdruck dargeboten, besonders im
Mittelteil. Beim Finalsatz verzichtet er auf ein feuriges Presto. Das erste
Konzert wurde am 5. Januar in Moskau mitgeschnitten, das zweite am 28. Januar
während der Salzburger Mozart-Woche 1970. Das Klangbild der russischen Aufnahme
ist viel härter als das Salzburger. Ständige Publikumsgeräusche in Moskau
stehen einer aufmerksamen Zuhörerschaft in Salzburg gegenüber.
Alicia de Larrocha
Nach
der Decca-Aufnahme hat sich die Neuaufnahme etwa 10 Jahre später bei RCA
künstlerisch gelohnt. Zuerst verlieh Larrocha dem
Kopfsatz eine Sprödigkeit, in der Neuaufnahme wechselt sie zu einem
dramatischen Vortrag. Das Andante wird anfangs eher streng, weniger lyrisch
verzärtelt formuliert, später etwas schneller und auch nuancenreicher gespielt,
bei einer dramatischen Durchführung. Bei
Decca stört mich etwas die kurzatmige Phrasierung, dazu bringt der A-Dur-Mittelteil
wenig Aufhellung. Die RCA-Aufnahme wird wiederum das Tempo etwas angezogen und
dabei der Musik mehr Konturen verliehen. Auch klanglich ziehe ich die
Neuaufnahme, mit ein klein wenig Hall versehen, vor.
Alfred
Brendel
Drei
Aufnahmen der a-Moll-Sonate sind mit Brendel greifbar. Die älteste wurde vom
amerikanischen Label Vanguard aufgezeichnet und ist
jetzt in der Brilliant-Box greifbar. Ich habe den
Eindruck, dass Brendel sich hier noch einspielt, die Dynamik ist noch zu
pauschal, jedoch auch eigenen Vorstellungen unterworfen. Das Andante tendiert
zum Adagio. Auch in den beiden folgenden Philips-Aufnahmen bevorzugt Brendel
eine individuelle Dynamik, die jedoch nachvollziehbar wirkt. Der
maestoso-Charakter des Kopfsatzes kommt am besten in der 1982er-CD heraus, hier
klingt die Musik sehr gewichtig. Im Andante bringt der Pianist in T. 18 der
linken Hand die Töne g und f nicht kurz wie die Töne der Umgebung,
und zwar bei beiden Philips-Aufnahmen, bei der Wiederholung (2002) noch
deutlicher zu hören. Das ist jedoch nur als Nachlässigkeit zu bewerten. Was
mich viel mehr stört sind Brendels leise Gesangsbegleitungen, wie man sie seit
Pablos Casals Zeiten her kennt. Vor der Reprise nimmt der Pianist den Hörer mit
in die Romantik. Das Finale zieht, kein Presto, in einem sachlichen Tonfall vorrüber.
Maria-Joāo Pires
Die
beiden Aufnahmen mit Maria-Joāo Pires stammen
aus Gesamteinspielungen, die die portugiesische Pianistin für Denon, heute greifbar bei Brilliant,
sowie der DGG vorgelegt hat. Ein geschmeidiges Klavierspiel ist in beiden Aufnahmen
zu verfolgen, bei der Dynamik geht sie, wie einige ihrer Kolleginnen und
Kollegen, individuelle Wege, die Unterschiede zwischen p und f sind wenig
bemerkenswert. Im langsamen Satz wird in der jüngeren Aufnahme die Dramatik in
der Durchführung herausgestellt, jedoch nicht demonstrativ; auch ist die
rhythmische Ausgestaltung hier
gepflegter. Beim Finale punktet jedoch die ältere Aufnahme mit mehr
Dramatik, beim Klang ist es umgekehrt.
eingestellt am 18. 03. 05
überarbeitet und ergänzt am 21.06.20