Das Klassik-Prisma

 

 Bernd Stremmel

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Wolfgang Amadeus Mozart

 

Streichquartett G-Dur KV 387

„Frühlingsquartett“

 

Allegro vivace assai – Menuetto: Allegro – Andante cantabile – Molto Allegro

 

Neubearbeitung und Ergänzung am 25. 05. 23

 

 

Vorliegendes Quartett ist das erste der sechs seinem Komponisten-Kollegen Joseph Haydn gewidmeten Streichquartette. Diese entstanden zwischen 1782 und 1785 nach gründlichem Studium von Haydns Quartetten, insbesonders der 6 Quartette op. 33, sowie der intensiven Beschäftigung mit Musik J. Seb. Bachs und Händels. Vielleicht hat sich Mozart 1788 an den letzten Satz dieses Quartetts erinnert, als er den vierten Satz der „Jupiter“-Sinfonie schrieb: der erste Teil des Themas in der Sinfonie ist eine Nachbildung oder Überformung des Themas des Quartetts. Auch die „gelehrten“ Fugato-Abschnitte im Finale sind beiden Werken gemein, in der Sinfonie jedoch ausführlicher gestaltet.

 

Alle Quartett-Formationen haben die „Haydn-Quartette“ in ihrem Repertoire. An Einspielungen herrscht kein Mangel; wurden zu Zeiten der schwarzen Scheiben in der Regel nur einzelne Quartette, oft gekoppelt mit einem Quartett von Haydn, aufgenommen, so ist dies heute zu Zeiten der CD eher eine Ausnahme, möglichst alle sechs müssen es sein.

Meine Übersicht kann längst nicht alle Produktionen einbeziehen. Sie zeigt jedoch, dass keine ausgesprochen schwachen darunter sind.

 

Zu den Wiederholungen: Im ersten Satz schreibt Mozart je zwei vor, deren zweite nur vom Leipziger Streichquartett, dem Auryn Quartett sowie dem Smithson String Quartet befolgt wird. Die zweite Wiederholung im 4. Satz bringen das Esterhazy String Quartet, das Smithson String Quartet, das Leipziger Streichquartett, das Auryn Quartett, das Cleveland Quartett und das Klenke Quartett.

Die zweiten Wiederholungen im Menuett samt Trio werden immer beachtet, außer vom Budapester Streichquartett, dem Vegh Quartett und dem Amadeus Quartett. Alle drei Formationen verzichten auch auf die ersten Wiederholungen. Das Janacek Quartett bringt sowohl im Menuett als auch im Trio nur die erste der beiden Wiederholungen.

 

 

5

Artis Quartett

Sony

1990

26‘18

 

I frisch voran, Zusammenhänge offengelegt, II Allegro, schnell, III in fließendem Tempo, wie ein intensives Gespräch zwischen den vier Musikern, IV pointiert artikuliert

5

Hagen Quartett

DGG

1999

27‘55

 

5

Hagen Quartett

Myrios

2014

30‘15

 

5

Cuarteto Casals

HMF

P 2014

27‘27

 

natürlich klingendes Musizieren, mit wacher Aufmerksamkeit und einnehmender Sensibilität, überwiegend schlankes Klangbild, teilweise filigran

5

Griller Quartett

Decca      Dutton

1946

28‘32

 

elegant, locker, einige zeitbedingte Portamenti, III anfangs etwas gefühlig

5

Emerson String Quartet

DGG

1989

29‘34

 

I frisches und hellwaches Musizieren, zupackend, II Mozarts Akzente sitzen, III der Partitur immer ganz dicht auf der Spur, IV molto Allegro ernst genommen, so kann ein akademischer Touch erst gar nicht aufkommen

5

Juilliard Quartet

CBS     Sony

1962

29‘51

 

immer schlanke Tongebung, wache Aufmerksamkeit, sehr gutes Zusammenspiel, immer sehr nahe bei Mozart, überzeugende Tempowahl, IV vorwärtsdrängend, spritzig

5

Alban Berg Quartett

EMI

1987

29‘29

 

5

Verdi Quartett

QuadArt

1993

31‘33

 

I verhaltenes Tempo, auch in II und III, natürlich klingendes Musizieren, prägnante Rhythmik, III Musik darf sich aussingen

 

 

 

4-5

Petersen Quartett

Capriccio

1991

26‘44

 

musikantischer Ansatz, etwas breiterer Strich als bei obigen Quartetten, wird besonders in IV deutlich

4-5

Auryn Quartett

 Tacet

2017

35‘49

 

mit Druck, aber klar, hier und da schon etwas orchestral, lebendig, teilweise federnd, Akzente nicht übersehen, sehr gutes Miteinander

4-5

Janacek Quartett

DGG

1956

29‘00

 

insgesamt lebendige Darstellung, herbe Lesart, kein „Wolferl“, I pf-Gegensätze nicht immer ausgespielt, III ernsthaft

4-5

Franz Schubert Quartett

Nimbus     Brilliant

1994

30‘00

 

I aufmerksames Musizieren, gute Balance und Transparenz, II Allegro, Sechzehntel-Wechselnote der 1. Vl. T. 14, 16 und 66 undeutlich, fließend, IV unaufgeregt – Mikros nahe an den Instrumenten

4-5

Leipziger Streichquartett

MDG

2000

33‘53

 

immer locker bleibend, Musik auf der Sonnenseite, I T. 40 1. Vl. auf Zz 3 etwas verhuscht, Spielfiguren der 2. Vl.in T. 80/81 nicht ganz deutlich

4-5

Alban Berg Quartett

Telefunken

P 1977

29‘10

 

4-5

Talich Quartett

Calliope

1984

28‘19

 

insgesamt weicher, saftiger Klang; II Menuett, kein Scherzo, Vc. T. 39 ff. mit leichtem Vibrato, III fließend, IV Stimmenverlauf sehr gut nachgezeichnet

4-5

Melos Quartett

DGG

P 1977

28‘34

 

leicht und locker, weicher Klang, aufmerksames Miteinander, I abrupter Wechsel zwischen p und f nicht immer ausgespielt, IV lebendig, überwiegend entspannt

4-5

Klenke Quartett

hänssler

2004

30‘31

 

I Artikulation 2. Vl. T. 80/81 nicht ganz deutlich, in der Balance einige wenige Trübungen, II p-f-Wechsel in der 1. Vl. T. 3-6 wird T. 7/8 vom Vc. mit weniger Konsequenz fortgeführt, III Liegetöne der Mittelstimmen etwas blass, IV das p in T. 88 keine Überraschung – durchsichtiges Klangbild

4-5

Cleveland Quartet

Telarc

1991

29‘54

 

I vehementer Zugriff, nuanciertes Spiel, prägnant, III fast schon ein Adagio, IV aufgeräumt – Quartett verfügt über mehr Körper als andere Quartette

4-5

Quartetto Italiano

Philips

1966

29‘19

 

das Quartett macht sich die Partitur zu eigen, mit kräftiger Tongebung, so klingen einige Stellen schon etwas orchestral

4-5

Quatuor Ysaÿe

Decca

1992

30‘18

 

intensiv gestaltet, an lauten Stellen Instrumente dicht beieinander, leider kein richtiges p, IV sehr lebendig

4-5

Heutling Quartett

 EMI

1967/68

26‘49

 

schnelle Tempi (abgesehen von III), klare Artikulation, schlanke und präzise Tongebung, spontan wirkende Musizierfreude, Musiker stellen sich hinter die Partitur, kaum Unterschied zwischen den Sätzen I und II – insgesamt objektiv, etwas kühl; leise Motorengeräusche im Hintergrund

 

 

 

4

Guarneri Quartet

Philips

1989

30‘21

 

4

Guarneri Quartet

RCA

P 1975

30‘01

 

4

Budapester Streichquartett

Sony

1953

25‘59

 

I entspannt, fast schon wie gemütlich, II Musik läuft wie von selbst, III unprätentiös,

4

Brandis Quartett

Orfeo

1982

29‘43

 

I unspektakulär, aber genau und intensiv, in der Interpretationshaltung ähnlich wie das Amadeus-Quartett, 1. Vl. jedoch disziplinierter

4

Vegh Quartett

EMI

1952

27‘01

I kein Vivace assai, wie Hausmusik auf gutem Niveau, Intonation T. 152, IV eingeebnete Dynamik, kein richtiges p – dichtes Klangbild, leicht verfärbt

4

Kocian Quartett

Supraphon    Denon

1983

30‘37

 

I gelassen, in tieferer Lage verfügt das Quartett über viel Körper, Ton der 1. Vl. klingt ab a‘‘ dünn, III sich Zeit lassend, schlicht, mehr gespielt als interpretiert, IV lebendig, überwiegend entspannt

4

Philharmonia Quartett Berlin

Thorofon

1994

27‘29

 

mit wacher Aufmerksamkeit, abgesehen vom Finalsatz zurückhaltende Tempi; mit breiterem Strich musiziert (Orchesterhintergrund), hier und da orchestral; die Musik wird nur gespielt, ihr keine Bedeutung beigemessen; der Interpretation hätte auch etwas mehr Pfiff gut getan

4

Amadeus Quartett

DGG

1963

26‘22

 

I Dynamik etwas eingeebnet, II im Trio Triller nicht deutlich, 1. Vl. bricht hier und da aus, III 1. Vl. manchmal etwas spitz, IV im dichten Satzgefüge ist der Stimmenverlauf nicht immer gut zu orten

 

Aufnahmen in historisch-informierter Aufführungspraxis, teilweise mit Originalinstrumenten

 

5

Esterhazy Quartett

Decca

1980

30‘38

 

punktgenaues Musizieren, schlank im Ton, trotzdem noch viel Körper, helles Klangbild mit bester Transparenz, IV sehr lebendig, man meint an einigen Stellen ein Vogelgezwitscher zu hören

 

 

 

4-5

Smithson String Quartet

Virgin

1989

35‘09

 

I/IV zupackendes Musizieren, dynamische Unterschiede zwischen p und f weniger ausgeprägt als üblich, Rhythmus der 2. Vl. in T. 80/81 nicht deutlich, II bewegt, III dialogreiches Agieren

 

 

Hinweise zu Interpretationen:

 

Das Alban Berg Quartett hat zwei Einspielungen hinterlassen: die erste klingt natürlicher, zehn Jahre später spielen die vier Streicher bewusster, sie schenken Details mehr Aufmerksamkeit, bei forciertem Spiel leidet hier und da die Tonschönheit.

Auch vom Guarneri Quartet gibt es zwei Einspielungen, der Interpretationsansatz ist derselbe, die spätere Philips-Aufnahme profitiert von der fortgeschrittenen Klangtechnik.

Inzwischen hat auch das Hagen Quartett eine Neueinspielung vorgelegt. Auch in dieser werden die Instrumente immer schlank geführt, auch noch im „Getümmel“ des letzten Satzes. Mozarts Quartett ist insgesamt wunderbar durchgearbeitet. In der Neuproduktion hat der Klang des Quartetts etwas mehr an Fülle hinzugewonnen, auch sind die Tempi, abgesehen vom Finale, ein wenig zurückgenommen. Das minimale Innehalten im Menuett vor T. 52 und T. 74 wird jetzt noch etwas deutlicher als früher. Diese Stelle wird nur so vom Hagen Quartett wahrgenommen.

Dass man vor 60 Jahren schon schlankes Quartettspiel kannte, beweist uns die ausgezeichnete Aufnahme des englischen Griller Quartets, das hierzulande leider wenig bekannt ist.

 

eingestellt am 18.04.06

neu bearbeitet und ergänzt am 25.05.23

 

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