Das Klassik-Prisma

 

 Bernd Stremmel

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Wolfgang Amadé Mozart

 

Klavierkonzert Nr. 17 G-Dur KV 453

 

Allegro – Andante – Allegretto

 

Neubearbeitung und Ergänzung 2023

 

Mozarts Klavierkonzert G-Dur KV 453 steht in der Reihe der sechs Konzerte aus dem Jahr 1784, es handelt sich um das Konzert Es-Dur KV 449 - es ist das erste Werk, dass er in sein persönliches Verzeichnis aller seiner Kompositionen notiert – sowie die Konzerte B-Dur KV 450, D-Dur KV 451, G-Dur KV 453, B-Dur KV 456 und F-Dur KV 459. Das G-Dur-Konzert schrieb Mozart für seine Schülerin Barbara Ployer. Es sticht durch eine subtile Gestaltung der Blasinstrumente heraus, die immer wieder abwechselnd den musikalischen Ablauf bereichern. Mozart war immer darauf bedacht, sowohl Kenner als auch Liebhaber mit seiner Musik zufriedenzustellen.

 

Der 1. Satz ist in Sonatenhauptsatzform mit ausgedehnter Orchesterexposition geschrieben, das zwei Themen bearbeitet, das Klavier steuert noch ein drittes Thema bei. Die Durchführung ist relativ knappgehalten. Zwei Kadenzen aus Mozarts Feder stehen zur Auswahl.

 

Ebenso in Sonatenhauptsatzform steht der 2. Satz, damals eine Seltenheit in einem langsamen Satz. Auch von Mozart wird diese Form im Mittelsatz eines Konzerts nicht mehr verwendet. Ebenfalls zum letzten Mal erwartet den Solisten gegen Satzende eine Kadenz, wieder in zwei Versionen, in den folgenden Konzerten wird sie am Ende des 3. Satzes platziert.

 

Der 3. Satz ist nun kein Rondo, sondern ein Variationssatz. Nach dem zweiteiligen Thema, beide Teile werden wiederholt, folgen 5 Variationen, die vierte ist in g-Moll gehalten. Den Abschluss macht eine ausgedehnte Presto-Coda, in der Klavier und Bläser den musikalischen Sportplatz betreten und sich mit Motiven hin und her jagen, dabei werden auch plötzlich entfernte Tonarten einbezogen. Das Ganze erinnert an eine Opernszene, „Figaros Hochzeit“ steht vor der Tür.

 

In fast allen Aufnahmen bedient man sich sowohl im 1. als auch im 2. Satz Mozarts Kadenzen, und zwar jeweils die erste der beiden. Eine Ausnahme ist Svjatoslav Richter, beim ihm können wir Hörer jeweils die zweite Kadenz kennenlernen.

 

5

Murray Perahia, Klav. und Ltg.

 

English Chamber Orchestra

CBS       Sony

1980

29‘52

 

zupackendes, aufmerksames Musizieren, stellenweise quicklebendig, sehr gutes Miteinander, gute Dynamik, farbiges Klangbild, sehr gute Balance und Transparenz

 

5

Robert Casadesus

George Szell

Cleveland Orchestra

CBS      Sony

1968

30‘25

 

sehr genaues, aufmerksames und aufs Detail gerichtetes und dennoch lebendiges Musizieren, ein wenig mehr Charme wäre dann das Sahnehäubchen

 

5

Rudolf Serkin

George Szell

Columbia Symphony Orchestra

CBS     Sony

1955

30‘31

 

5

Leif Ove Andsnes, Klav. und Ltg.

 

Norwegisches Kammerorchester

EMI

2007

27‘51

 

Ecksätze quicklebendig musiziert, bereits vom ersten Takt an mit Charme, Buffo-Charakter, Spieler werfen sich die Bälle zu, Klavier dezent auch als b. c., einige Verzierungen

 

5

Andras Schiff

Sandor Vegh

Camerata academica Salzburg

Decca

1984

31‘37

 

sehr gutes Miteinander, immer nahe bei Mozart, Klavier und Orchester in bester Balance, III mit einem schelmischen Lächeln, T. 169 Verziehrung – zum Streichorchester wurden zusätzlich „Star“-Solisten verpflichtet, u. a. Nicolet, Holliger und Vlatkovic – leises entferntes Brummen

 

 

 

 

4-5

Alfred Brendel, Klav. und Ltg.

Charles Mackerras

Scottish Chamber Orchestra

Philips

2004

29‘50

 

4-5

Alfred Brendel, Klav. und Ltg.

Neville Marriner

Academy of St.Martin-in-the-Fields

Philips

1970

29‘29

 

4-5

Alfred Brendel

Paul Angerer

Orchester der Wiener Volksoper

Vox   Brilliant

1959

30‘09

 

4-5

Vladimir Ashkenazy, Klav. und Ltg.

 

Philharmonia Orchestra London

Decca

1979

31‘50

 

Musik sensibel nachgezeichnet, großbesetztes Orchester, Bläser hier und da weniger solistisch vernehmbar, farbiges Klangbild, II Bläser hier deutlicher, III gelungen, Tutti T. 128 hätte noch lockerer ausfallen können

 

4-5

Daniel Barenboim, Klav. und Ltg.

 

English Chamber Orchestra

EMI

1965

30‘25

 

4-5

Artur Rubinstein

Alfred Wallenstein

RCA Victor Symphony Orchestra

RCA

1961

31‘56

 

auf sehr hohem Niveau musiziert, Holzbläser jedoch nicht immer mit der gewünschten Präsenz, im Klavierdiskant leichte Klirrneigung

 

4-5

Zoltan Kocsis, Klav. und Ltg.

 

Budapest Festival Orchestra

Philips

1996

28‘08

 

Virtuosen-Konzert, I zu schnell, Musik kann nicht atmen, II etwas unruhiges Tempo, III sehr lebendig, kontrastreich, zusätzliche Kadenz T. 169

4-5

Christian Zacharias

Neville Marriner

Radio-Sinfonie-Orchester Stuttgart

EMI

1988

29‘25

 

aus Zacharias‘ Gesamtaufnahme mit verschiedenen Dirigenten und Orchestern, Klavier mitten ins Orchester gesetzt, auf sehr hohem Niveau musiziert, II bewegt mit etwas Unruhe, III könnte etwas lockerer sein

 

4-5

Christian Zacharias, Klav. und Ltg.

 

Kammerorchester Lausanne

MDG

2007

29‘13

 

auch hier Musizieren auf sehr hohem Niveau, mit etwas mehr Druck als bei Marriner, etwas lebendiger, insgesamt jedoch keine Verbesserung zu Marriner, dessen führende Hand vermisst man etwas, II Streicher klingen herber, weniger geschmeidig als 1988

 

4-5

Maurizio Pollini, Klav. und Ltg.

 

Wiener Philharmoniker

DGG

2005

29‘00

 

ausgefeilt, Pollini klingt in den Läufen sehr exakt, aber im Ton etwas gleichförmig

 

4-5

Rudolf Serkin

Alexander Schneider

Columbia Symphony Orchestra

CBS     Sony

1962

30‘44

 

4-5

Geza Anda, Klav. und Ltg.

 

Camerata academica Salzburg

DGG

1961

30‘50

 

4-5

Walter Klien

Stanislaw Skrowaczewski

Minnesota Orchestra

Vox

1978

31‘10

 

schade, dass da keine bessere Aufnahmetechnik zur Verfügung stand

 

 

 

 

4

Maria João Pires

Claudio Abbado

Chamber Orchestra of Europe

DGG

1993

29‘09

 

live, gute Darstellung, Flügel und Orchester könnten jedoch klanglich etwas besser aufeinander abgestimmt sein, II ein wenig hurtig, weniger differenziert

 

4

Piotr Anderszewski, Klav. und Ltg.

 

Scottish Chamber Orchestra

Virgin

2004

32‘00

 

I Tutti-Abschnitte wie mechanisch, man vermisst eine Gliederung im Ablauf, Orchester in lauten Abschnitten etwas kompakt, einige Spielfiguren in den Vl. verschwimmen, II gelassenes Tempo, III Esprit auf Sparflamme, T. 33-39 Klavier zu laut, T. 170 Eingang

 

4

Youri Egorov

Wolfgang Sawallisch

Philharmonia Orchestra London

EMI

1985

30‘01

 

Pianist und Orchester stellen sich den Anforderungen des Notentextes; sorgfältiges, jedoch auch sachliches Musizieren; kaum Überraschungen, weniger locker, mehr statisch, gute Balance und Transparenz

 

4

Richard Goode, Klav. und Ltg.

 

Orpheus Chamber Orchestra

Nonesuch

1981

30‘33

 

Orchester aufmerksamer als in manch anderer DGG-Aufnahme, mehr als solider Pianist

 

4

Peter Serkin

Alexander Schneider

English Chamber Orchestra

RCA

1973

31‘58

 

Peter Serkin wird vom ständigen Partner seines Vaters unterstützt, I fließendes Musizieren, relaxed, Holzbläser zurückgesetzt, II viel vorsichtiger als Szell, Streicher etwas großformatig aufgenommen, Serkin mit Verzierungen, III Orchester könnte geschliffener spielen

 

4

Mitsuko Uchida

Jeffrey Tate

English Chamber Orchestra

Philips

1986

31‘00

 

Klavier ordnet sich, vor allem bei schnellen Sechzehntel-Läufen, zu sehr den Bläsern oder Streichern unter; Uchida kein Widerpart zum Orchester, elegant, jedoch weniger prägnant; manchmal in Spieldosen-Art, II gelassenes Tempo, Pianistin in die Musik versunken, Verzierungen, III Thema könnte lockerer und spritziger klingen

 

4

Eric Le Sage

François Leleux

Gävle Symfoniorkester

alpha

2021

29‘47

 

I und III philharmonische Darstellung, zuverlässig, brav, ohne Esprit und fern von Buffo-Charakter, Le Sages feines Klavierspiel kann da kaum gegensteuern, II gefällt etwas besser – immer wieder dumpfe Geräusche unterhalb des Flügels

 

4

Lili Kraus

Stephen Simon

Vienna Festival Orchestra

CBS     Sony

1966

28‘44

 

I gutes Miteinander, weniger poliert als herzhaft musiziert, Fg.-Stimme immer leise präsent, gute Balance und Transparenz, II weniger empfindsam als z. B. Uchida, Klavier mit Verzierungen, III Th könnte delikater vorgetragen werden, Ob. in V 2 gezogen und weniger geschliffen, das beobachtet man auch in V 5 (Tutti)

 

4

Rudolf Serkin

Claudio Abbado

London Symphony Orchestra

DGG

1981

31‘09

 

▼, I gebremstes Tempo, Orchester scheint etwas zu groß besetzt zu sein

 

4

Matthias Kirschnereit

Frank Beermann

Bamberger Symphoniker

Arte Nova

2004

29‘26

 

sympathische Darstellung, der es etwas an Vitalität fehlt – aufnahmetechnisch nicht immer zufriedenstellend bewältigt

 

4

Geza Anda

Hans Rosbaud

SWF Sinfonie-Orchester Baden-Baden

SWR Music     hänssler

1952

29‘58

 

4

John O’Conor

Charles Mackerras

Scottish Chamber Orchestra

Telarc

1991

29‘13

 

solide Einspielung, I beim Holz dominiert die Flöte, II Pianist etwas blass, scheu

 

4

Carmen Piazzini

Michail Gantvarg

Leningrader Solisten

Col legno

1990

30‘07

 

mit viel Spielfreude, hier und da jedoch etwas flüchtig, guter heller Klang

 

4

Daniel Barenboim, Klav. und Ltg.

 

Berliner Philharmoniker

Teldec

1991

29‘27

 

4

Leonard Hokanson

Kurt Redel

Camerata Labacensis

Pilz

P 1988

28‘46

 

II ein wenig zu schnell, III Esprit der Musik nicht getroffen

 

4

Hans Richter-Haaser

Istvan Kertesz

Philharmonia Orchestra London

EMI

1961

27‘46

 

I sorgfältige Darstellung, gutes Miteinander, jedoch etwas neutral, Flügel nach vorn gezogen, Orchester zurück, II bewegt, etwas kühl, III man vermisst den zündenden Funken – klanglich insgesamt ohne Glanz

 

 

 

 

3-4

Maria João Pires

Theodor Guschlbauer

Orchester der Gulbenkian Stiftung

Erato

1972

30‘32

 

Klavier in der Dynamik nicht immer wünschenswert klar, Orchester etwas pauschal, II entfernte Airportgeräusche, III sehr lebendig, anfangs kein p

 

3-4

Svjatoslav Richter

Rudolf Barschai

Moskauer Kammerorchester

Brilliant

1968

32‘42

 

live, I Orchester zu Beginn ruppig, in der Reprise jedoch viel zahmer, Solist setzt langsamer ein als das Orchester, dominiert im Zusammenspiel zu sehr, mangelhafte Balance (Aufnahmetechnik?), II langsam, fast gezogen, geringe Trennschärfe bei den Bläsern, in der Durchf. Musik wie gefroren, nicht mit höchster Spannung, III etwas schwerfällig, kaum spritzig, auch hier klangliches Missverhältnis zwischen Solist und Orchester

 

3-4

Lang Lang

Nikolaus Harnoncourt

Wiener Philharmoniker

Sony

2014

33‘17

 

I Lang wird von Harnoncourt an die Zügel genommen, kann mit Mozarts Musik wenig anfangen, weniger spannendes Musizieren, Orchester darf kräftig aufspielen, robust, II nebeneinander, nicht miteinander, III V 2 Artikulation der Ob nicht top, insgesamt etwas kühl, auch Klav. T. 136-144, vor Presto kleine Kadenz

 

3-4

Annerose Schmidt

Kurt Masur

Dresdner Philharmonie

Berlin Classics

P 1976

30‘00

 

II nur schön, keine Herzensangelegenheit, III Finale zu gezähmt

 

3-4

Rudolf Buchbinder, Klav. und Ltg.

 

Wiener Symphoniker

Calig

1998

30‘24

 

live – Musik gespielt, jedoch nicht richtig entdeckt, ein Dirigent hätte mehr aus dem Orchester herausgeholt

 

3-4

Edwin Fischer, Klav. und Ltg.

 

Kammerorchester Edwin Fischer

EMI

1937

24‘51

 

I Orchester-Exposition vorwärtsgetrieben, Läufe beim Klavier nicht immer egal, Orchester nicht auf höchstem Niveau, II Tempowechsel sind gewohnheitsbedürftig, III ohne Wiederholungen, im Orchesterspiel bleibt vieles undeutlich

 

3-4

Karl Engel

Leopold Hager

Mozarteum Orchester

Teldec

1974

29‘53

 

Mozarts Musik wie executiert, Klavier stellenweise etwas hölzern, Interpreten zeigen wenig Gefühl für Mozarts Charme

 

 

 

 

3

Derek Han

Paul Freeman

Philharmonia Orchestra London

Brilliant

1992

30‘18

 

I etwas pauschal, kein Glanz im Klavier und im Orchester, II gefällt etwas besser, III Holz T. 33-40 pauschal, wenig durchhörbar, Streicher T. 180-192 ähnlich, Klavier etwas grob

 

 

Interpretationen auf Originalinstrumenten und Hammerflügel:

 

 

5

Andreas Staier, Klav. und Ltg.

 

Concerto Köln

DHM

1995

29‘32

 

I Aufnahme steckt voller Energie, mit spürbarer Hingabe, ansteckende Spielfreude, Witz, aber auch Feingefühl, II Auszierungen, Tempomodifikationen, hohe Trennschärfe, aufgefächertes und farbiges Klangbild, III Verzierungen und Eingänge, Mozart hätte seine Freude daran

 

5

Robert Levin

Christopher Hogwood

Academy of Ancient Music

Decca

1996

29‘16

 

spontanes Musizieren, III kleine Opernszene, Verzierungen und Eingänge

 

 

 

 

4-5

Ronald Brautigam

Michael Alexander Willens

Kölner Akademie

BIS

2011

26‘37

 

I sehr bewegt, fast atemlos, gutes Miteinander, sehr gute Balance und Transparenz, II Andante, jedoch etwas nüchtern, III betriebsam – Musik bräuchte etwas mehr Zeit zum atmen

 

4-5

Malcolm Bilson

Eliot Gardiner

The English Baroque Soloists

DGA

1985

30‘13

 

I vorwärtsdrängend, weniger aufregend als bei Levin, Hammerflügel in den Orchesterklang eingebunden, klingt in tieferen Lagen etwas stumpf, Orchester in Tutti-Abschnitten etwas kompakt, weniger offen, II Verzierungen, III weniger spontan, schöne Bläserdetails

 

4-5

Christine Schornsheim

Burkhard Glaetzner

Neues Bachisches Collegium Musicum

Berlin Classics

1989

31‘25

 

I Artikulation der Vl. zu Beginn verwaschen, weniger Transparenz als z. B. bei Staier, Bläser agieren etwas mechanisch, II Interpretation teilweise etwas schroff, besitzt aber Profil, III Th. zu vorsichtig, Klavierpart klingt hier und da etwas gefingert

 

4-5

Viviana Sofronitzky

Tadeusz Karolak

Musica Antiqua Collegium Varsoviense

Et‘cetera

2005/06

28‘51

 

Musik markant akzentuiert, Hflg. nicht nach vorn positioniert, gute Partnerschaft, ansteckende Spielfreude, helles Klangbild, Orchester an lauten Tutti-Stellen etwas kompakt, Fg. gegenüber Fl. und Ob. klanglich zurückgesetzt, Hflg. stellenweise mit Auszierungen

 

 

 

 

4

Jos van Immerseel, Klav. und Ltg.

 

Anima Eterna Orchester

Channel classics

1990

29‘56

 

Hammerflügel klingt in tieferen Lagen etwas stumpf, Holzbläser könnten mehr Klangfarben entwickeln, I klingt mir zu mechanisch, III ab T. 160 etwas verwaschen

 

 

Hinweise zu Interpreten und Interpretationen

 

Rudolf Serkin

 

Rudolf Serkin hat sich immer wieder für Mozarts Klavierkonzerte eingesetzt, im Konzertsaal und auf der Schallplatte. Die geplante Gesamtaufnahme mit Claudio Abbado für die DGG konnte auf Grund seines Todes nicht mehr beendet werden. Letztlich kam sie für den Pianisten auch zu spät. Seine Finger konnten nicht mehr das so verwirklichen, was ihm sein wacher Geist vorschweben ließ.

Halten wir uns an seine Aufnahmen aus früheren Jahren. Da begegnet uns eine Produktion aus dem Jahre 1955 mit dem ihm verbundenen George Szell, der das Columbia Symphony Orchestra leitet. Hier wird man in den schnellen Sätzen Zeuge eines erfrischenden Musizierens, bereits vom ersten Takt an, das man selten so geboten bekommt. Serkin und Szell bilden ein gutes Team. Im Rondo kommt die 5. Var. wie ein Blitz vom Himmel. Im Andante gelingt ihnen ein sorgfältig aufgegliederter Klang, aber auch spannendes Musizieren. Leider, wie bei vielen Aufnahmen aus den USA der 1950er Jahre, haben die Mikrophone ein leises Brummen im Hintergrund mit eingefangen, das entfernten Verkehrslärm zugeordnet werden muss. Sieben Jahre später erfolgt eine Neuaufnahme in Stereo mit demselben Orchester, jetzt steht der Serkin vertraute Geiger und Dirigent Alexander Schneider am Pult. Nicht alles gelingt so messerscharf und differenziert. Schneider geht die Musik zu Beginn entspannter an, erst später wächst die Spannung. In den Takten 84-86 sind die Bläser zu leiser. Der Klang der Aufnahme ist nun farbiger ausgefallen, es fehlt jedoch die frühere Trennschärfe, besonders in lauten Tutti-Abschnitten. Serkin musiziert auch hier von der vorderen Stuhlkante aus.

 

Geza Anda

 

Im Jahre 1961 begann der ungarisch/schweizerische Pianist mit der Gesamtaufnahme aller Mozart-Konzerte. Unser G-Dur-Konzert zusammen mit dem C-Dur-Konzert KV 467 bildeten den Startschuss der Serie. Die Techniker der DGG gaben sich alle Mühe, ihren neuen Starpianisten ins rechte Licht zu rücken. Die Holzbläser sind bestens aufeinander abgestimmt, auch das Fagott, das Mozart in diesem Werk immer wieder hervortreten lässt, kommt gut heraus. Der Klang der Streicher ist gut aufgefächert. Klavier und Orchester musizieren in guter Partnerschaft. In einigen der späteren Aufnahmen gelingt das alles nicht immer so fabelhaft.

Lange vor dem Beginn der Gesamtaufnahme wurde Anda von deutschen Rundfunkanstalten zu Produktionen mit den hauseigenen Sinfonie-Orchestern verpflichtet. So 1952 auch vom Südwestfunk Baden-Baden unter Leitung des Chefdirigenten Hans Rosbaud. Anda und Rosbaud blicken beim Musizieren nach vorn, riskieren kaum einen Blick zur Seite, die Musik wirkt so etwas eindimensional. Der Klang ist weniger farbig, besitzt weniger Atmosphäre (Andante), ist jedoch für die Zeit der Aufnahme mit einer hinreichenden Balance und Transparenz ausgestattet. Im Finalsatz gelingt es den Ausführenden die Musik mit mehr Schwung aufzuladen als in der späteren Aufnahme.

 

Alfred Brendel

 

Brendels diskographischer Einsatz für Mozarts Klavierkonzerte begann 1959 in Wien an der Seite des Dirigenten Paul Angerer für das amerikanische Label Vox, heute von Brilliant wieder angeboten. Der erste Satz wird lebendig in bestem Einvernehmen sowie mit stimmigen Tempi musiziert. Brendel erlaubt sich auch Blicke auf Details, so folgt er Mozarts Forderung, das Clavier als Continuo-Instrument einzusetzen, immer dann, wenn die Kontrabässe in Aktion treten. Später verzichtet er darauf, wie sein Studienkollege Friedrich Gulda und nahezu alle anderen Pianistinnen und Pianisten. Im Finale erlebt man immer wieder verspielte Abschnitte! Ein Vergnügen, da auch die klangliche Seite erstaunt. Das Orchester der Wiener Volksoper schlägt sich gut, kommt jedoch nicht an die Qualitäten der englischen bzw. schottischen Kammerorchester heran, die seine späteren Partner sind, wobei der Academy-Klang etwas runder ausfällt als der des schottischen Kammerorchesters. Brendels Ausgestaltung des Notentextes und seine warme Tongebung sind immer wieder bewundernswert, auch wenn er nicht an die Leuchtkraft Rubinsteins heranreicht.

 

 

Daniel Barenboim

 

Zwei Einspielungen laden zum Vergleich ein. Die ältere Einspielung aus dem Jahre 1965 ist Teil seiner Gesamteinspielung mit dem English Chamber Orchestra, das der Pianist vom Flügel aus leitet. Mit Schwung und spritzigem Gestus durcheilen die Musiker die Ecksätze. Höhepunkt ist der tiefempfundenen Mittelsatz. Der Klang ist präsenter als in seiner späteren Berliner Aufnahme von 1991, bei der er jetzt Mitglieder der Berliner Philharmoniker vom Flügel aus leitet. Das Orchester klingt jedoch weniger präsent und weniger spritzig, ohne den unmittelbaren Zugriff der früheren Aufnahme aus London, obwohl das Tempo insgesamt eine Minute schneller ausfällt. An Serkins, Andsnes‘ oder Staiers Vertiefung in das Werk reicht Barenboim jedoch nicht heran.

 

eingestellt am 05.08.06

neu bearbeitet und ergänzt am 21.11.23

 

 

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