Das Klassik-Prisma

 

 Bernd Stremmel

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Wolfgang Amadeus Mozart

Klavierkonzert Nr. 20 d-Moll KV 466

Allegro – Romance – Rondo, Allegro assai

 

.

Mozarts Klavierkonzert KV 466 ist das erste von zweien in einer Moll-Tonart. Es wurde im Februar 1785 mit Mozart am Hammerflügel uraufgeführt, angeblich soll die Tinte des Kopisten auf den Notenblättern noch nass gewesen sein. Mozarts Vater wohnte dem Konzert bei und äußerte sich in einem Brief an Tochter Nannerl sehr lobend über das Werk.

Die beiden Ecksätze sind sehr dramatisch, leidenschaftlich und düster angelegt. So wild und aufbegehrend hatte noch nie ein Klavierkonzert von Mozart begonnen. An wichtigen Stellen begegnen uns immer wieder 2 Fagotte, wie später in der Einleitung zur Prager Sinfonie KV 504 oder der Don Giovanni-Ouvertüre, wo sie wie hier den Eindruck des Beklemmenden, Bedrohlichen sowie eine Dringlichkeit vermitteln (z. B. T. 24 ff. T. 182 ff).

Formal gesehen ist der erste Satz ein erstaunliches Stück, in der die Musik aus der von Mozart in seinen bisherigen Konzerten selbst geschaffenen Form ausbricht. Orchester und Klavier stehen sich gegenüber, wobei sich das Klavier unterzuordnen hat. Das 2. Thema erscheint nicht schon wie üblich in der Orchesterexposition, sondern erst in der Soloexposition des Klaviers (T. 127 ff.) und bleibt nur eine Episode. Für diesen Satz trifft Mozarts berühmte Äußerung seinem Vater gegenüber voll zu „.... dass die Nichtkenner zufrieden seyn müssen, ohne zu wissen warum."

Zwischen den Ecksätzen steht ein als Romance bezeichneter Mittelsatz in B-Dur, dessen liebliche Stimmung aber durch einen als Parforce-Ritt dahin stürmenden Mittelteil in g-Moll grimmig gestört wird. Mozart hat dem Satz ein alla breve-Zeichen vorgesetzt, ein Hinweis für die Interpreten, das Tempo nicht zu langsam zu nehmen, was von den meisten Interpreten jedoch ignoriert wird, „die Musik ist doch so schön!" Mozarts Spielanweisungen befolgen in diesem Satz weitgehend Casadesus, Anda-DG, Brendel-Mack., A. Schmidt, Ciani, Schiff, Egorov, Zacharias, O’Conor, Cohen, Kirschnereit. Sehr langsam spielen Judina, Gieseking, Curzon, Ashkenazy-83 und Frantz.

Einige Pianisten reichern ihren Part (besonders im 2. Satz) mit Verzierungen an, wie es Mozart selbst gehalten hat: Kempff, Curzon, Gulda, Buchbinder, Brendel-Mack., Perahia, Uchida, Zacharias, O’Conor, Bilson, Tan, Vogt und Kirschnereit.

Im ersten Satz kann sich das Klavier kaum durchsetzen, das Orchester, hier groß besetzt mit Pauken und Trompeten, fordert Unterordnung. Im letzten Satz kommt es dann zu einer Partnerschaft. Zum Schluss entlässt Mozart seine Zuhörer mit einem versöhnlichen Ende in D-Dur. Bei Takt 167 improvisieren einige Pianisten eine kleine Kadenz bzw. bringen einen Eingang.

Das d-Moll Konzert blieb lange Jahre hindurch das einzige Mozart-Klavierkonzert, das von den Klavierspielern wahrgenommen wurde. Beethoven hat zu seiner Verbreitung beigetragen und Kadenzen je für den 1. und 3. Satz geschrieben, die heute noch fast ausschließlich gespielt werden. Auch Brahms hat es gespielt und für den 1. Satz eine Kadenz hinterlassen, die aber kaum bekannt geworden ist, Idel Biret hat sie bei Naxos eingespielt.

Edwin Fischer, Kempff, Casadesus, Haskil, Heidsieck, Anda, Brendel, Bilson, Paschenko, Brautigam und Tan spielen eigene Kadenzen. Bemerkenswert die von Zacharias im 3. Satz, die er in seinen beiden Aufnahmen erklingen lässt: Nach einem unvermittelten Trugschluss meint man plötzlich den Komtur aus Don Giovanni einzutreten, was alle Beteiligten in große Verwirrung wirft, ein genialer Einfall!

Bruno Walter greift zu Carl Reineckes Kadenz. Nicht klären konnte ich die Herkunft bei Engel, Lefébure, Immerseel, Sofronitzki sowie Schoonderwoerd, hier vermute ich, dass sie auch aus der eigenen Werkstatt stammen.

Einige Interpreten teilen nicht oder nur bedingt die Auffassung, das Werk sei in erster Linie von Mozart dramatisch, düster, fatalistisch gedacht. Eine kleine Gruppe spielt es eher elegisch: Kempff, Curzon, Firkusny und Ashkenazy-83.

Clara Haskil bietet beide Versionen: mit Fricsay und Swoboda elegisch, mit den anderen Dirigenten dramatisch. Ebenfalls S. Richter: die live-Aufnahme aus Prag sehr dramatisch, die Studio-Einspielung aus Warschau elegisch, auch tragisch.

Mit dem d-Moll Klavierkonzert wurde die Tradition des romantischen Klavierkonzerts des 19. Jahrhunderts begründet. Seine Popularität ist bis heute ungebrochen, dies spiegelt sich auch in der äußerst umfangreichen Diskographie wider.

 

5

Rudolf Serkin

Eugene Ormandy

Philadelphia Orchestra

CBS           Sony

1951

28‘38

 

5

Rudolf Serkin

George Szell

Columbia Symphony Orchestra

CBS             Sony

1961

31‘36

 

5

Rudolf Serkin

Alexander Schneider

English Chamber Orchestra

BBCL

1966

31‘09

 

live,

5

Monique de la Bruchollerie

Rudolf Paumgartner

Camerata academica

BMG

1961

31‘34

 

2. Aufnahme des Werkes, nun in Stereo, in der Anlage ähnlich wie

5

Monique de la Bruchollerie

Heinrich Hollreiser

„Pro Musica“ Orchester Wien

Pantheon   forgotten records

1955

30‘23

 

I Pianistin und Dirigent lassen sich auf das Potential des Werkes ein, gutes Miteinander, dramatische Lesart, entschiedener Zugriff, Lust an instrumentaler Zuspitzung, das Tor zur Romantik steht weit offen, II sprechende Artikulation (Pianistin), MT schneller und aufgewühlt, 2. Wiederh. fehlt, III auch hier entschiedener Zugriff, Dramatik bis zum letzten Akkord – dumpfe Pedalgeräusche

5

Robert Casadesus

George Szell

Cleveland Orchestra

Sony

1956

27‘16

 

Casadesus und Szell sind ein gutes Gespann, nicht nur bei Mozart, frisch und lebendig wird hier musiziert.

5

Andras Schiff

Sandor Vegh

Camerata academica Salzburg

Decca

1989

31‘09

 

die ersten Takte sehr genau gelesen, beste Abstimmung zwischen Solist/Dirigent

5

Annie Fischer

Adrian Boult

Philharmonia Orchestra London

EMI

1959

31‘08

 

 Holzbläser klanglich etwas benachteiligt, im zweiten Satz ist Frau Fischer zurückhaltender, zarter als z. B. Serkin und Richter, eine richtige Romanze, im MT dann jedoch kräftiger, mit viel Expression

5

Clara Haskil

Ferenc Fricsay

RIAS Symphonie-Orchester Berlin

audite

1954

28‘43

 

live 10.01.54 – unmittelbarer, weniger geglättet als einen Tag später im Studio,

5

Clara Haskil

Ferenc Fricsay

RIAS Symphonie-Orchester Berlin

DGG/audite

1954

28‘39

 

11.01.54 Studio, Fricsay weist darauf hin, dass Mozart T. 16 nur f nicht ff vorgeschrieben hat,

5

Clara Haskil

Igor Markevitch

Lamoureux Orchester Paris

Philips

1960

30‘11

 

letzte Studio-Produktion Haskils von KV 466, 3 Wochen vor ihrem Tode – Haskil und Markevitch sollen sich musikalisch sehr nahe gestanden haben, was man hier spürt. Da sich beide nicht einigen konnten, welche Kadenz aufgenommen werden sollte – Haskil oder Beethoven – wurden beide aufgezeichnet. Nach Abhören der Bänder entschied man sich für die der Pianistin.

5

Maria-João Pires

Claudio Abbado

Orchestra Mozart

DGG

2011

31‘10

 

I ausdrucksvolles Klavierspiel, mit mehr Gefühl als bei Monique Haas, bestes Miteinander, Genauigkeit und gepflegtes Spiel steht vor Dramatik, II Sensibilität für Mozarts Aufriss, Musik darf atmen, III Inspiration, auch im abgesicherten Status, Eingang T. 167

5

Julius Katchen

Karl Münchinger

Stuttgarter Kammerorchester

Decca

1966

30‘22

 

viel Dramatik in den Ecksätzen, eine der wenigen Aufnahmen von Mozart-Konzerten mit Katchen

5

Artur Rubinstein

Alfred Wallenstein

RCA Victor Symphony Orchestra

RCA

1961

30‘54

 

Rubinstein hat einmal betont, dass Mozart seine große Liebe gehöre. Leider hat er m. W. nur vier Mozart-Konzerte aufgenommen: KV 488 dreimal, KV 466, 467 und 491 nur einmal. In der Aufnahme von KV 466 spürt man sein Gespür für diese Musik, der Dirigent kann da nicht ganz mithalten.

5

Christian Zacharias, Klavier und Ltg.

 

Kammerorchester Lausanne

MDG

2007

29‘34

 

I sehr gute Zusammenarbeit, breite Ausdrucksskala, aufgewühlt, Klang klarer sowie schlanker als in der Vorgänger-Aufnahme bei BR/EMI, II im B-Dur-MT zeigt Solist weniger Gefühl, III in der Kadenz plötzlicher Auftritt des Komturs aus Don Giovanni, der alle Mitwirkenden total verirrt, ein prächtiger Einfall!

5

Christian Zacharias

David Zinman

Sinfonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks

EMI

1989

28‘59

 

gute und überzeugende Interpretation, Orchester nicht so geschärft wie bei MDG, bereits hier kurzer Auftritt des Komturs in der Kadenz des 3. Satzes

5

Friedrich Gulda

Claudio Abbado

Wiener Philharmoniker

DGG

1974

33‘00

 

prägnante Artikulation, gestochen scharfe Triller, egale Läufe, weitgehender Verzicht auf Rubato, gutes Miteinander, das sind einige Parameter dieser Aufnahme, leider wurden nur 4 Konzerte mit dem Duo Gulda/Abbado aufgezeichnet

5

Friedrich Gulda, Klavier und Ltg.

 

NDR Sinfonie-Orchester Hamburg

EMI

1993

32‘35

 

live, Gulda ist nun für alles zuständig, da läuft nicht alles so rund wie früher, erlaubt aber mehr Spontanität, Gulda summt (zufrieden?) leise mit

5

Arturo Benedetti Michelangeli

Antoine de Bavier

SDR Sinfonie-Orchester Stuttgart

Ica-classics

1956

29‘55

 

live, in Benedetti Michelangelis schmalem Repertoire bei Mozarts Klavierkonzerten hebt sich KV 450 hervor, am meisten jedoch unser d-Moll-Konzert. Allein vier Interpretationen stehen in meiner Sammlung, alles live-Aufnahmen aus Italien und Deutschland. Diese wurde bei den Schwetzinger Festspielen vom damaligen SDR mitgeschnitten. Für mich ist es eine Überraschung, ABM spielt hier natürlicher als in den anderen Aufnahmen, er blickt immer nach vorn und zeigt mehr Spontanität, die Eleganz seines Klavierspiels bleibt nicht auf der Strecke. Sein späterer Eklektizismus samt gebremstem Ausdruck sucht man hier vergebens. Gutes Miteinander zwischen Dirigent und Solist.

 

 

 

4-5

Svjatoslav Richter

Stanislaw Wislocki

National Philharmonie Warschau

DGG

1959

33‘10

 

 

 

4-5

Alfred Brendel

Charles Mackerras

Scottish Chamber Orchestra

Philips

1998

30‘18

 

 

, geschärfter Orchesterklang

 

4-5

Alfred Brendel

Neville Marriner

Academy of St.Martin-in-the-Fields

Philips

1973

29‘56

 

 

 

4-5

Vladimir Ashkenazy

Hans Schmidt-Isserstedt

London Symphony Orchestra

Decca

1968

32‘23

 

 

sinfonische Darstellung mit kräftigen Akzenten, großbesetztes Orchester, klare Linien, musikantisch, noch nicht von der HIP-Bewegung berührt

 

4-5

Clara Haskil

Herbert von Karajan

Philharmonia Orchestra London

Stiftung Mozarteum

1956

30‘12

 

 

live, weitere Haskil-Aufnahme, Berliner Oboen fügen sich besser in den Orchesterklang, Streicher-betontes Orchester, II Romance: noch etwas mehr Ausdruck als bei Fricsay,

 

4-5

Clara Haskil

Henry Swoboda

Winterthur Sinfonie-Orchester

Westminster

1950

30‘57

 

 

Haskils älteste Aufnahme,

 

4-5

Clara Haskil

Otto Klemperer

Philharmonia Orchestra

audite     Nota Blu

1959

30‘26

 

 

live Luzern, etwas entferntes Klangbild,

 

4-5

Arturo Benedetti Michelangeli

Karl Münchinger

Stuttgarter Philharmoniker

M&A

1967

32‘18

 

 

live, I vom Pianisten eher als „Beethoven“-Konzert gespielt, T. 200-226 verträumt, III ABM setzt bei Solo-Stellen immer eine Idee langsamer ein, immer wieder kräftige Akzente – insgesamt: etwas mehr ABM als Mozart

 

4-5

Artur Schnabel

George Szell

Philharmonic Symphony Orchestra

M&A

1944

30‘45

 

 

live, Aufnahme leidet leider unter Bandjaulen, etwas belegter Klang, wenig transparent, schade

 

4-5

Leif Ove Andsnes, Klavier und Ltg.

 

Norwegisches Kammerorchester

EMI

2007

29‘38

 

 

I dramatische Darstellung, rhythmische Unterschiede zwischen Bläsern und Geigen T. 112/113 genau herausgestellt, II Verzierungen in der Klavierstimme, weicher Klang, III kräftige Tutti-Akkorde klingen leicht metallisch, einige Orchesterpartien mit mechanischem Touch

 

4-5

Piotr Anderszewski, Klavier und Ltg.

 

Scottish Chamber Orchestra

Virgin

2005

30‘46

 

 

I Anfangstakte in den Streichern wenig strukturiert, Holzbläser T. 344-347 zugedeckt, kurzes Innehalten vor der Reprise, nicht geradlinig zum Ziel, elegische Darstellung, II Verzierungen in der Klavierstimme, weicher Klang, jedoch etwas kompakt, Balance nicht immer optimal, Flügel vorn, III Eingang nach T. 167

 

4-5

Jan Lisiecki

Christian Zacharias

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

DGG

2011

31‘11

 

 

Jan Liseicki mit 16 Jahren - Musik läuft wie geschmiert, es scheinen keine Widerstände im Weg zu stehen, bestens ausgewogen, II Auszierungen, MT Holzbläser eher im Hintergrund – Klang leicht belegt

 

4-5

Dino Ciani

Gianandrea Gavazzeni

I Pomeriggi Musicali

Dynamic

1971

31‘47

 

 

live – beherztes ungestümes Klavierspiel, auf seine Art überzeugend, I kräftige Akzente der linken Hand, z. B. T. 104-107, nirgends so deutlich, II Romanze: Zwiesprache mit Mozart, III Ciani setzt alles auf eine Karte, unwirsch dreinfahrende Akkorde; flächiges, helles Klangbild, viele Publikumsgeräusche, U-Bahn, Orchesterleistung nicht auf dem Niveau des Solisten

 

4-5

Daniel Barenboim, Klavier und Ltg.

 

English Chamber Orchestra

EMI

1967

32‘11

 

 

Barenboim zu Beginn seines Mozart-Zyklus für EMI, in den Ecksätzen zupackendes Musizieren, eine besondere Liebe zu KV 466 tritt nicht hervor.

 

4-5

Geza Anda, Klavier und Ltg.

 

Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester

audite

1969

28‘32

 

 

live, I kräftiges, männliches Klavierspiel, Orchester steuert eine engagierte Begleitung bei, LvB ist nicht mehr weit, II zwei zusätzliche Auftakt-Viertel in T. 43 und 47, aufmerksame Bratschen in T. 60 ff.

 

4-5

Geza Anda, Klavier und Ltg.

 

Camerata academica Salzburg

DGG

1965

27‘40

 

 

Anda zu Beginn seiner Salzburger Studio-Einspielungen, hält sich an Mozarts Tempovorschriften

 

4-5

Walter Gieseking

Hans Rosbaud

Philharmonia Orchestra London

EMI

1953

31‘20

 

 

Fortsetzung von Giesekings Zusammenarbeit mit dem Dirigenten Rosbaud, spitze Londoner Oboe dominiert den Holzbläserklang, II langsam, sehr schön

 

4-5

Clifford Curzon

Benjamin Britten

English Chamber Orchestra

Decca

1970

32‘55

 

 

Curzon war bei seinen Mozart-Aufnahmen selten zufrieden, hier mit Britten in gutem Einvernehmen, I elegisch, II langsames Tempo, Orchester zu scheu in der Begleitung, Verzierungen!

 

4-5

Bruno Walter, Klavier und Ltg.

 

Wiener Philharmoniker

EMI u. a.

1937

27‘40

 

 

etwas uneinheitlich, besonders im Tempo, III gehetzt, Flügel vorn, mäßige Transparenz

 

4-5

Murray Perahia, Klavier und Ltg.

 

English Chamber Orchestra

Sony

P 1977

31‘03

 

 

schön, aber etwas glatt, sehr durchsichtiges Klangbild, Holzbläser etwas nach vorn geholt

 

4-5

Eric Heidsieck

André Vandernoot

Orchestre Conservatoire Paris

EMI

P 1960

29‘04

 

 

Wiener Mozart in französischen Händen, I sehr kräftig, direkt

 

4-5

Wilhelm Kempff

Herbert Karajan

Berliner Philharmoniker

audite

1956

30‘35

 

 

live – Kempff und HvK auf einer Ebene, Klangbild hier und da etwas kompakt bzw. mulmig, I dramatische Orchester-Exposition, Kempff verzögert plötzlich T. 215, II Kempff nicht ganz in die Musik versunken wie Haskil

 

4-5

Martha Argerich

Claudio Abbado

Orchestra Mozart

DGG

2013

30‘42

 

 

live, I sorgfältige Darstellung, im Vergleich zu Pires/Abbado etwas zurückhaltende Darstellung, auch klanglich, II kantabel, im MT weniger Nachdruck, III hier rasantes Tempo, zielstrebig nach vorn, betroffen machend, Eingang T. 167

 

4-5

Martha Argerich

Alexandre Rabinovitch

Orchestra de Padova & Veneto

Teldec

1998

29‘18

 

 

In den Randsätzen sehr schnelle Darstellung Orchester kann mit Abbados Klangkörper nicht ganz mithalten, Argerich stellenweise etwas flatterig und unstet

 

4-5

Lili Kraus

Stephen Simon

Vienna Festival Orchestra

Sony

1965

30‘17

 

 

mit spürbarer Hingabe, jedoch kein emotionsgeladener Vortrag, gutes Miteinander, Musik stellenweise markant akzentuiert, III Eingang nach T. 167, prickelndes Allegro assai

 

4-5

Richard Goode, Klavier und Ltg.

 

Orpheus Chamber Orchestra

Nonesuch

1996

29‘26

 

 

I Orchester aufgedonnert, schmissig, sehr dramatisch, II Orchester in Begleitfunktion etwas mechanisch, III Allegro assai – leider fehlt hier ein Dirigent, lesenswertes Booklet

 

4-5

Svjatoslav Richter

Kyrill Kondraschin

Tschechische Philharmonie Prag

Andante

1950

32‘36

 

 

live,

 

4-5

Ivan Moravec

Neville Marriner

Academy of St.Martin-in-the-Fields

hänssler

1997

31‘46

 

 

I Holzbläser werden in Tutti-Abschnitten zugedeckt, II MT etwas brav, wenig minore-Charakter

 

4-5

Monique Haas

Charles Münch

Boston Symphony Orchestra

Tahra

1960

32‘08

 

 

I anfangs im Tempo zurückhaltend, gewichtiges Orchester-Spiel, KV 466 hier nahe bei Beethovens op. 37, Pathos nicht vergessen, klares Klavierspiel, II breite Ausdrucksskala, Sinn für Proportionen, III Künstler knüpfen an Satz 1 an, teilweise monumental – Flügel führt

 

4-5

Rudolf Firkusny

Günter Wand

Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester

Profil Hänssler

1969

31‘12

 

 

live, schnörkelloses Klavierspiel, gutes Miteinander, II Anschlag mit etwas mehr Nachdruck als bei Bour, con espressione, III Solist und Dirigent sorgen für innere Spannung, spannungsvolle Kadenzen

 

 

4

Maria Judina

Sergej Gortschakov

Radio Sinfonie-Orchester der UdSSR

Melodya    BMG

1948

33‘19

 

I T. 85 ff. Klavier langsamer, auch beim 2. Thema (Soloepisoden), II Adagio, im MT Bläser stark zurückgesetzt, III T. 27 ff. Streicher schludern

4

Rudolf Firkusny

Ernest Bour

SWF Sinfonie-Orchester Baden-Baden

Intercord

P 1990

30‘50

 

gutes Miteinander zwischen Pianist und Orchester

4

Edwin Fischer, Klavier und Ltg.

 

London Philharmonic Orchestra

EMI

1933

29‘56

 

in den Ecksätzen schnell, immer nach vorn schauend, Romanze gefällt am besten, Solist führt

4

Artur Schnabel

Walter Süsskind

Philharmonia Orchestra London

EMI

1948

30‘07

 

eingeengtes flächiges Klangbild, schade, dass es viel zu wenige Mozart-Konzerte mit Schnabel gibt

4

Rudolf Serkin

Claudio Abbado

London Symphony Orchestra

DGG

1981

32‘36

 

4

Elisabeth Westenholz

Michael Schǿnwandt

Collegium Musicum Kopenhagen

BIS

1984

31‘57

 

I Tutti im f (zu) kräftig, persönlichkeitsstarkes Klavierspiel, explosive Ausbrüche, II männlicher Ausdruck, fast atemlos durch den MT, III pulsierende Darstellung, routiniert, jedoch etwas äußerlich

4

Yuri Egorov

Wolfgang Sawallisch

Philharmonia Orchestra London

EMI

1985

30‘46

 

großbesetztes philharmonisches Orchester, stellenweise (zu) mächtig

4

Mikchail Pletnjew, Klavier und Ltg.

 

Deutsche Kammerphilharmonie

Virgin

1995

32‘37

 

insgesamt konventionell, (zu) langsam

4

Mitsuko Uchida

Jeffrey Tate

English Chamber Orchestra

Philips

1985

33‘21

 

Uchida verwechselt Mozart mit Beethoven

4

Geza Anda, Klavier und Ltg.

 

Wiener Symphoniker

BMG

1973

29‘55

 

Anda auf erprobten Bahnen, hier nach dem Wechsel von DG zu Bertelsmann – keine neuen Mozart-Erkenntnisse

4

Jewgenij Kissin, Klavier und Ltg.

 

Kremerata baltica

EMI   Warner

P 2010

33‘26

 

T kräftig zupackend, beim Beginn von Solostellen spielt Kissin etwas langsamer, zieht das Tempo danach jedoch wieder an, insgesamt wenig locker, viel Pedal, Kremerata klingt wie ein großbesetztes Orchester, aufgeblasener Klang mit etwas Hall, II starke Bässe, etwas schwerfällig, III schöne Bläserstimmen, sonst wie Satz 1

4

Ingrid Haebler

Carl Melles

Wiener Symphoniker

VOX

1958

31‘59

 

Haebler beherrscht ihren Part, aufnahmetechnisch ist jedoch nicht alles gemeistert

4

John O’Conor

Charles Mackerras

Scottish Chamber Orchestra

Telarc

1991

30‘41

 

II Verzierungen, jedoch etwas glatt, III erinnert hier an Clementi

4

Maria-João Pires

Armin Jordan

Kammerorchester Lausanne

Erato

1977

32‘28

 

 Pianistin eine Klasse besser als das Orchester

4

Daniel Barenboim, Klavier und Ltg.

 

Berliner Philharmoniker

Teldec

1988

30‘30

 

Aus der zweiten Serie der Mozartkonzerte, nun für Teldec mit den Berliner Philharmonikern. Im 1. Satz nicht so scharf umrissen wie mit dem kleiner besetzten ECO, etwas zahm, II Bläser im MT zurückgesetzt, etwas wenig profiliert.

4

Wilhelm Kempff

Paul van Kempen

Berliner Philharmoniker

DGG

1941

29‘47

 

I eher elegische Darstellung, II minore-Abschnitt schneller, Plattenrauschen

4

Matthias Kirschnereit

Frank Beermann

Bamberger Symphoniker

Arte Nova

2000

30‘16

 

I Holzbläser werden oft verdeckt, II Verzierungen, MT etwas rau, III Klavier: kleiner Vorrat an Klangfarben

4

Alfred Brendel

Wilfried Boettcher

Orchester der Wiener Volksoper

Vox     Brilliant

1959-67

30‘35

 

4

Svjatoslav Richter

Karl Eliasberg

Staatliches Sinfonie-Orchester Moskau

Brilliant

1958

33‘04

 

4

Arturo Benedetti Michelangeli

Cord Garben

Sinfonie-Orchester des NDR Hamburg

DGG

1989

33‘31

 

ABM mit erhobenem Zeigefinger, Klang etwas zu dick, letzter Satz durchgefingert

4

Vladimir Ashkenazy, Klavier und Ltg.

 

Philharmonia Orchestra London

Decca

1983

34‘15

 

etwas langsamer als 1968, Orchester ohne Dirigenten nicht ganz so präzise (Streicher), I eher elegisch als dramatisch, II Adagio, zu langsam, III nicht mehr A. assai

4

Justus Frantz

Claus Peter Flor

Bamberger Symphoniker

BMG

1989

32‘55

 

alles etwas lustlos, wenig spannend

4

Yvonne Lefébure

Wilhelm Furtwängler

Berliner Philharmoniker

EMI

1954

28‘40

 

live, entferntes Klangbild, II einige Temporückungen

4

Bruno Walter, Klavier und Ltg.

 

NBC Symphony Orchestra

History

1939

26‘12

 

live, als CD eigentlich überflüssig

 

 

3-4

Keith Jarrett

Dennis Russell-Davies

Stuttgarter Kammerorchester

ECM

1996

32‘09

 

alles schön, aber etwas glatt, 3. Satz von Bach?

3-4

Arturo Benedetti Michelangeli

Carlo Maria Giulini

RAI Orchester Rom

Frequenz

1951

31‘06

 

live, unbefriedigendes Klangbild, Musik kommt wie aus einem Trichter, Klavier vorn

3-4

Annerose Schmidt

Kurt Masur

Dresdner Philharmonie

Eterna     Berlin Classics

1972

30‘10

 

I etwas gefällig, d-Moll-Dämonie hält sich in Grenzen, II etwas geglättet – insgesamt routiniert

3-4

Rudolf Buchbinder, Klavier und Ltg.

 

Wiener Symphoniker

Calig

1998

32‘48

 

live, aus der Gesamtaufnahme, Holzbläser kennen ihren Part, hier laufen sie nur mit, II minore: alles völlig ungefährdet, einige Verzierungen, III etwas hölzern, über die Besonderheiten wird nichts mitgeteilt

3-4

Ingrid Haebler

Alceo Galliera

London Symphony Orchestra

Philips

1965

34‘25

 

I ein Pflichtstück? etwas lustlos, wenig profiliert, eher gemütlich, II etwas zu langsam, III ähnlicher Eindruck wie Satz 1, routiniert, kaum Spannung

3-4

Carmen Piazzini

Michail Gantvarg

Leningrader Solisten

Col legno

P 2006

29‘21

 

I gutes Klavierhandwerk, vehementer Zugriff, kräftiger Anschlag, dramatisch, klangliche Wucht, II etwas äußerlich, MT robust, insgesamt jedoch gestalterische Blässe, III schließt sich dem Kopfsatz an – breit aufgestelltes Kammerorchester, Flügel meistens vorn

 

 

3

Karl Engel

Leopold Hager

Mozarteum Orchester

Teldec

1976

32‘03

 

I Engel zu geradlinig, inhomogener Streicherklang in Tutti-Abschnitten, helles Klangbild, II gelungene Holzbläserpartien, Pianist im MT zu mechanisch, III Violinen T. 28-30 unsauber, klingt (zu) grau – Bässe oft zu leise/unbeteiligt

3

Derek Han

Paul Freeman

Philharmonia Orchestra London

Brilliant

1993

32‘09

 

I Mozart eingeebnet, alles klingt irgendwie gleich, kein dramatischer Vorgang, eher ein Spaziergang in Moll, II etwas besser, kein leises Innehalten vor den kleinen Besonderheiten der Partitur, minore: Klavieretüden?

 

 

2-3

Martin Stadtfeld

Bruno Weil

Sinfonie-Orchester des NDR Hamburg

Sony

2004

28‘20

 

wenig sensibel, ohne Höhepunkte durchs Werk, Orchester-Tutti knallig, gab es da einen verantwortungsvollen Produzenten?

 

Interpretationen nach historischer Aufführungspraxis, teilweise mit Originalinstrumenten

 

5

Seon-Jin Cho

Yannick Nezet-Seguin

Chamber Orchestra of Europe

DGG

2017

30‘47

 

I dramatische Lesart, entschieden voran, herber Ausdruck, II Auszierungen in der Klavierstimme, Pianist etwas trocken, III ähnlich Satz 1, Eingang nach T. 167, nach der Kadenz etwas schneller

5

Arthur Schoonderwoerd, Clavier und Ltg.

 

Christoferi (16 Spieler)

Accent

2011

30‘09

 

Orchester in solistischer Aufstellung, professionelle Darbietung, sie muss man als Hörer mögen – informatives Booklet aus der Feder von Schoonderwoerd. Pf : Kopie nach Anton Walter

5

Malcolm Bilson

John Eliot Gardiner

The English Baroque Soloists

DGA

1986

29‘28

 

HIP-Aufnahme mit Blick nach vorn, nicht zurück, Instrument aus der Mozart-Zeit, Verzierungen, II im MT Tempo etwas angezogen

5

Patrick Cohen

Christopher Coin

Ensemble Baroque de Limoges

Astrée

1995

33‘40

 

keine Hast bei KV 466, Cohens Instrument noch in Cembalo-Nähe

5

Olga Paschenko, Clavier und Ltg.

 

Il Gardellino

Alpha

2024

31‘57

 

Pf: Anton Walter, Nachbau von Paul McNulty – I pointierte Dramatik, Bläser wünschte man sich an einigen Stellen etwas präsenter, hier und da wird das Tempo gedrosselt, Nachdenken? immer wieder Verzierungen der Solistin, auch in den anderen Sätzen, das Erreichen des Orchester-Einsatzes nach der (eigenen) Kadenz wird dreimal hinausgezögert, II MT etwas schneller, III T. 167 Eingang – Solistin stellenweise auch in Tutti-Stellen im Einsatz – insgesamt eine grandiose Aufnahme!

 

 

4-5

Malvyn Tan

Roger Norrington

London Classical Players

EMI

1991

29‘09

 

viel Blecheinsatz bei Tutti-Stellen macht den Klang etwas einseitig

4-5

Lars Vogt

Ivor Bolton

Mozarteum Orchester Salzburg

Oehms

2008

29‘28

 

HIP-Produktion, in gewohnten Bahnen, keine neue Sicht auf KV 466

 

 

4

John Gibbons

Frans Brüggen

Orchester des 18. Jahrhunderts

Philips

1986

32‘13

 

live, Romanze: Gibbons müsste mehr singen

4

Ronald Brautigam

Michael Alexander Willens

Die Kölner Akademie (24 Spieler)

BIS

2012

26‘05

 

Pf: Anton Walter u. Sohn, Nachbau von Paul McNulty – I durchwegs straffes Tempo, artistische Leichtigkeit, hier eher die große Linie als ausdrucksvoll/dringlich, II Andante molto mosso, klar, viele Verzierungen, III etwas geglättet, nach der Kadenz (ohne Hingabe) schnelles Satzende

4

Jos van Immerseeel, Clavier und Ltg.

 

Anima Eterna

Cascavelle

1990

29‘01

 

I T. 336 ff. Orchester nicht immer genau zusammen, etwas pauschal, II MT etwas schneller, III dumpfe Tutti-Schläge – insgesamt etwas bulliger Klang

 

 

3-4

Viviana Sofronitzki

Taseusz Karolak

Musica Antiqua Collegium Varsoviense

Et‘cetera

2005/06

31‘15

 

I Balance nicht immer top, stumpfer Klang, aufnahmetechnische Unzulänglichkeiten, II gezogen, wenig Spannung, g-Moll-MT keine Überraschung, III Klavierspiel zu mechanisch, Orchester wenig geschliffen. – Pf. Kopie nach Anton Walter von McNulty

 

Hinweise zu Interpreten und Interpretationen

Rudolf Serkin

Serkins nervöses Klavierspiel passt hervorragend zu KV 466, sehr expressiv nimmt er die Ecksätze, Tempo! Die Dirigenten sprechen dieselbe Sprache wie der Solist. Seine letzte Aufnahme (Abbado 1981) zu Beginn der digitalen Aufnahmetechnik, fällt etwas zurück. Der alte Serkin ist nicht mehr im Vollbesitz seiner früheren pianistischen Kräfte, es klingt nicht mehr alles so rund wie früher.

Clara Haskil

In Haskils schmalem Repertoire mit Mozarts Klavierkonzerten seht das d-Moll-Konzert zahlenmäßig an der Spitze, hier sind es 6 Interpretationen. Auch wenn sich Haskil beim Spielen nicht nach vorn drängt, entstehen doch wieder Interpretationen, die von ihrer Persönlichkeit geprägt sind und im Großen und Ganzen überzeugen.

Svjatoslav Richter

Drei Interpretationen stehen hier im Vergleich. Richter neigt dazu, Mozarts Musik in den schnellen Ecksätzen nicht dramatisch, wie die meisten Kollegen, darzustellen, sondern verleiht der Musik eher einen tragischen, elegischen Ton. In der ersten Aufnahme stehen sich Kondraschin und Richter mit unterschiedlichen Ansätzen gegenüber. Der Dirigent teilt nicht die Auffassung Richters, insofern empfinde ich diese Darstellung als uneinheitlich. Klanglich steckt diese live-Aufnahme noch in den Kinderschuhen: Der erste Satz ist wenig transparent, im dritten klirrt der Klavierdiskant. In der zweiten live-Aufnahme mit dem hier nahezu unbekannten Karl Eliasberg agiert das Orchester meistens im Hintergrund. Etwas Hall ist auch im Spiel. Der langsame Satz wird sehr langsam genommen. Im Mittelteil findet kein Richtungswechsel statt. Alles verläuft in gesicherten Bahnen, jedoch etwas harmlos. Den besten Eindruck hinterlässt noch die Studio-Produktion aus Warschau. Hier hat die Musik etwas mehr Konturen, klanglich nicht ideal (1959), jedoch mit besserer Balance und Transparenz.

Alfred Brendel

Spätestens seit seiner intensiven Zusammenarbeit mit Neville Marriner und seiner Academy hat sich Brendel zu einem Meister Mozartscher Klaviermusik, insbesondere der Konzerte entwickelt. Aber schon einige Jahre zuvor, als er wie viele andere österreichische Jungstars bei Vox unter Vertrag stand, lieferte er etliche gelungene Aufnahmen mit Orchestern und Dirigenten aus dem Umkreis von Wien ab, wie KV 466. Hier hört man bereits ein elastisches Klavierspiel, selbstverständliche Perfektion gepaart mir facettenreicher Darbietung. Brendel verwendet eigene Kadenzen, im Finale sogar zwei. In klanglicher Hinsicht sind allerdings Einschränkungen zu vermelden. Besonders störend sind dumpfe Hintergrundgeräusche, besonders an Solo-Stellen, die m. E. vom Flügel ausgehen. Hatte man bei der Aufnahme einen alten Bösendorfer reaktiviert? So nimmt diese Aufnahme nach Brendel/Mackerras wie Brendel/Marriner nur den dritten Platz ein.

 

eingestellt am 12.10.06

letzte Ergänzung am 27.10.24

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