Das Klassik-Prisma |
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Bernd Stremmel |
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Messa da Requiem
Requiem-Dies irae (Sequenz)-Offertorium-Sanctus-Agnus dei-Lux aetrena-Libera me
Neben Mozarts Requiem und dem Deutschen Requiem von Brahms steht Verdis Totenmesse als eine der erfolgreichsten Kompostitionen dieses Genres und ist ein fester Bestandteil im Konzertrepertoire. Entsprechend umfangreich ist die Diskographie des Requiems, auch heute noch vergeht kaum ein Jahr, in dem nicht eine Neuaufnahme oder ein Konzertmitschnitt auf den Markt kommt. Die erste kommerzielle Aufnahme stammt aus der Mailänder Scala aus dem Jahre 1929, dirigiert von Carlo Sabajno. Viele Interpreten sehen in dem Werk eine verkappte Oper ohne Bühnenausstattung, Verdis eindringlich gestaltete Musik scheint dieser Auffassung Recht zu geben, wenn man z. B. an das Dies irae denkt, das wie ein großes Opern-Finale gestaltet ist, oder an das opernhafte Duett im Recordare. Bei eingehender Beschäftigung mit der Partitur stößt man jedoch auf Stilelemente, die weniger der Oper als der geistlichen Musik eigen sind. Sowohl im Sanctus als auch im Libera me greift der Komponist auf die altehrwürdige Fugentechnik zurück, im Agnus Dei wähnt man einem Gregorianischen Choral beizuwohnen. Die Blickrichtung zur Oper hin wird auch durch die italienische Aussprache des lateinischen Messetextes gelenkt. Von Italien aus verbreitete sich dieser fragliche Usus über Europa und den Erdball. Im Vergleich der vielen Aufnahmen zeigt sich jedoch, mit wie wenig Stilbewusstsein die Dirigenten, Produzenten und zuletzt auch Solisten und Chorsänger zu Werke gehen. Das beginnt schon bei dem sonst streng der Partitur verpflichteten Toscanini, der in seinen drei überlieferten Aufnahmen gleich im Requiem sowohl „luc(=k)eat“ als auch „lutscheat“ zulässt, einige Takte später dann „te tec(=k)et und „te detschet“. Auch den späteren für eine Aufführung/Aufzeichnung Verantwortlichen scheint dies kaum von Bedeutung zu sein, der Solo-Bass darf im Confutatis „gere“ und einige Takte weiter „schere“ singen. Wenn der jeweilige Chor auf eine bestimmte Art der Aussprache festgelegt wurde, kann es doch passieren, dass ein berühmter und gefeierter Solist, der ein oder zwei Tage vorher anreist, seine abweichende Aussprache dagegenhält, sollte dies etwa jemanden stören? Ein totales sprachliches Durcheinander bietet der Anglo-Italiener John Barbirolli. Aufführungen mit ausschließlich lateinischer Aussprache sind selten, man begegnet ihr fast nur im deutschen Sprachraum (auf CD Schuricht, Müller-Kray).
Die Unterschiede zwischen besseren, nur guten oder weniger guten Interpretationen erschließen sich dem Hörer in der Regel nur beim direkten Vergleich bestimmter Passagen, z. B. zu Beginn des Requiems, im Sanctus bei „Ploeni sunt coeli“ oder „Hosanna“. Viele Musikfreunde achten sehr auf die mitwirkenden Solisten, die Interpretation ist ihnen nicht so wichtig, Hauptsache ist, dass ihr(e) Lieblingssänger(-in) dabei ist. Da hat man schnell den geistlichen Gehalt vergessen und ist beim Arien-Konzert angekommen. Beim Vortrag einer Arie, eines Liedes u. a. hat sich seit etwa fünfzig Jahren ein Wandel angebahnt: immer mehr Sänger, vor allem aber Sängerinnen, ersetzen das diskrete Vibrato ihrer Stimme in ein intensives, das aufdringlich klingt und im Extremfall einem Triller nahekommt. Diese negative Entwicklung lässt sich anhand vieler Plattenaufnahmen leicht nachweisen. Noch eine Steigerung ist das üppige Dauervibrato, bei dem man nicht feststellen kann, ob die Sängerin auf das Gelingen desselben mehr achtet als auf ihre Partie. Das Vibrato der Stimme sollte ein Ausdrucksmittel oder Stilmittel sein, keinesfalls eine Dauerscheinung. Sehr viele Aufnahmen des Requiems leiden mehr oder weniger darunter.
Bevor die einzelnen Aufnahmen vorgestellt werden, möchte ich noch auf bestimmte Stellen im Requiem hinweisen. Im einleitenden Requiem folgen im Chor auf die Eingangsworte die Worte “dona, dona, eis, Domine“, die im Sopran ausdrücklich 4 Solosängerinnen (T. 12-16 und T.62-66) zugewiesen sind. Ausschließlich Igor Markevitch hält sich in seiner Pariser Aufnahme an die Noten, alle anderen lassen mehr oder alle Soprane singen. Einige Takte später beginnt der Chorbass das „Te decet Hymnus“, Verdi schreibt da forte vor, nicht ff, dieses ergibt sich, wenn die anderen drei Stimmen nach und nach taktweise hinzutreten. Ein zu frühes ff im Bass zwingt die anderen Stimmen dazu auch lauter zu singen, wodurch die Proportionen in diesem Anschnitt gestört werden, wie bei Muti-POL und Jordan. Am Ende des infernalischen Dies irae-Abschnitts (ab T. 54) singt der Chor (ohne Sopran) leise „Solvet saeclum in favilla“, dem Sopran hat Verdi mehrmals die mahnenden Worte „Dies irae“ zugeteilt. In sehr vielen Aufnahmen sind die Sopranstimmen nicht zu hören, Ausnahmen: Fricsay-51 und -60, Müller-Kray, van Kempen, Ormandy, Barbirolli, Giulini, Cantelli, Markevitch-60, Barenboim, Jordan. Später, wenn dieser Abschnitt wiederholt wird (z. B. T. 248 ff) lassen noch weitere Dirigenten den Sopran hören. Im weiteren Verlauf singt der Chor „Quantus tremor est futurus…“ (T. 78-90), Karajan, Muti-09 und Barenboim-12 lassen ihren Chor die Worte in einem schauerlichen Tonfall intonieren. Im Liber scriptus ziehen die Mezzos bei bei „proferetur“ sowie „continetur“ ihre Stimme vom a mit einem aufdringlichen Schleifer zum höheren e, Sängerinnen mit Stilgefühl verzichten darauf: Castangna, Ilosvay, Barbieri, Isakova und Palmer (bei Markevitch) sowie Verrett und Lipovsek (bei Abbado). Im Confutatis unterbricht Verdi den ariosen Gesang des Basses („Oro suplex et acclinis…“) immer wieder durch ein dunkles kurzes drei-Ton-Motiv des Kontrabasses und des Fagotts, die Kontrabässe sind nicht zu überhören, die Fagotte jedoch lassen sich gleichzeitig nur bei Toscanini, Celibidache, Ormandy, Giulini-63, Plasson, Patané, Markevitch, Maazel und Gardiner orten. Verdi hat den Klang des Fagotts gemocht, im Requiem finden sich weitere solisische Fagottstellen im Dies irae bei Quid sum miser, im Lacrymosa T. 628-631, im Libera me T. 15-20. Fast am Ende des Lacrymosa schreibt Verdi den Solisten ein kurzes Quartett (T. 667-677), das auf „Dona eis requiem“ endet, ein Prüfstein für die Intonationssicherheit der Sänger besonders am Ende. Wenige Takte später, vor dem abschließenden „Amen“, singen Chor und Solisten zum wiederholten Mal (morendo, ersterbend) „Dona eis requiem“. Den drei letzten Tönen sind zwei Klarinetten hinzugefügt f-es-d bzw. d-c-b, was den Klang wunderbar abrundet. Giulini veredelt den Klang dezent durch Hinzuziehung eines Blechblasinstruments (Trompete oder Posaune), Cantelli verfährt ebenso, vermutlich auch Plasson. Die „Quam olim Abrahae“-Stelle im Domine Jesu wird im Hostias wiederholt, mit dem Unterschied, dass sie beim ersten Mal leise beginnt, ersten beim zweiten Mal schreibt Verdi f in die Noten. Das berühmte „Hostias“ des Tenors wird von einem Tremolo der Streicher begleitet, zu Beginn soll es einen halben Takt f gespielt werden, unverständlich ist, dass dieser kurze Effekt nur von Ormandy, van Kempen, Karajan-72, Markevitch, Patané und Gergiev beachtet wird.
Reiner |
L. Price R. Elias J. Björling G. Tozzi |
Wiener Singverein* |
RCA Decca |
1959 |
96‘19 |
5 |
Eine der besten Aufnahmen des Requiems, die Musik und ihr Klang sind geformt, alles klingt präzise und trotz der teilweise relativ langsamen Tempi niemals schleppend. Auch wenn man es nicht hört, so ist doch Reiners führende Hand überall spürbar. Die dynamischen Unterschiede (pp-ppp) gleich zu Beginn, aber auch später immer wieder, werden nicht nivelliert. Einige Mängel sollen indes nicht verschwiegen werden: Die Wechselgesänge der Chorstimmen im Tuba mirum kommen nicht deutlich aus den Lautsprechern, vermutlich geht dies auf Kosten der damaligen Aufnahmetechnik, die den Klang hier zu sehr komprimiert. Das Sängerquartett ist vorzüglich, wenn auch nicht immer perfekt, so setzt Jussi Björling im Eingangsstück T. 49 bei ad te omnes etwas zu spät ein. Bei Salva me (Rex tremendae) T. 370 klingt Giorgio Tozzis Stimme etwas brüchig. |
Wiener Philharmoniker |
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Toscanini |
Z. Milanov B. Castagno J. Björling N. Moscona |
Westminster Choir |
Arturo Toscanini Society Turnabout History Line |
1940 live |
83‘22 |
5 |
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NBC Symphony Orchestra |
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Toscanini |
Z. Milanov K. Thorberg H. Rosvaenge N. Moscona |
BBC Chorus |
Testament |
1938 live |
86‘51 |
5 |
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BBC Symphony Orchestra |
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Fricsay |
M. Stader M. Radev H. Krebs K. Borg |
Chor der St. Hedwigs-Kathedrale RIAS Kammerchor |
DGG |
1953 |
75‘43 |
4-5 |
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RIAS Symphonie-Orchester Berlin |
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Solti |
J. Sutherland M. Horne L. Pavarotti M. Talvela |
Chor der Wiener Staatsoper |
Decca |
1967 |
83‘48 |
4-5 |
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Wiener Philharmoniker |
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Solti |
L. Price J. Baker V. Luchetti J. van Dam |
Chicago Symphony Chorus |
RCA |
1977 |
81‘26 |
4-5 |
|
Chicago Symphony Orchestra |
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Giulini |
E. Schwarzkopf Chr. Ludwig N. Gedda N. Ghiaurov |
Philharmonia Chor und Orchester London |
EMI |
1963 |
87‘18 |
4-5 |
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Markevitch |
G. Wishnewskaja N. Isakowa V. Iwanowsky I. Petrow |
Staatlicher Akademischer Chor |
ica classics |
1960 live |
83‘48 |
4-5 |
|
Moskauer Philharmoniker |
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Markevitch |
E. Schwarzkopf F. Barbieri A. Berdini O. von Rohr |
La Chorale Y. Gouverné |
Tahra |
1953 live |
81‘51 |
4-5 |
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Orchestre National de France |
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Karajan |
L. Rysanek Chr. Ludwig G. Zampieri C. Siepi |
Wiener Singverein |
EMI |
1958 live |
81‘52 |
4-5 |
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Wiener Philharmoniker |
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Jansons |
K. Stoyanova M. Prudenskaja S. Pirgu O. Anastassov |
Chor und Sinfonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks |
BR Klassik |
2013 live |
85‘54 |
4-5 |
Sehr gute Darstellung, sie überwältigt allerdings nicht, Jansons wagt nicht das Äußerste. Betörend schön singender Chor im Requiem, mystisch im Agnus dei. Überzeugende Trompeten zu Beginn des Tuba mirum, im Salva me deutlicher C-Dur Schluss T. 369. Jansons nimmt bei der Tempowahl viel Rücksicht auf seine Sänger, darunter leidet jedoch etwas die Innenspannung. Krassimira Stoyanova setzt viel Vibrato ein, im Libera me T. 148 zieht sie das f bei eis nach oben. Marina Prudenskaja verfügt über eine gute Höhe, setzt aber auch, wenn sie allein singt, zu viel Vibrato ein, z. B. im Lacrymosa. Einigermaßen zufriedenstellend singt Saimir Pirgu, Orlin Abastassov dagegen übertreibt am Ende des Lacrymosa: Das Dona eis requiem singt er mit übertriebener Inbrunst, klingt aber schauderhaft, da stellt sich die Stilfrage. Der Bassist hat Mühe bei den tiefen Stellen, auch einige Vokalverfärbungen sind zu verzeichnen. |
Sabata |
E. Schwarzkopf O. Dominguez G. di Stefano C. Siepi |
Chor und Orchester der Mailänder Scala |
EMI |
1954 |
94‘24 |
4-5 |
Sehr gute Darstellung, Sabata hat eine genaue Vorstellung vom Werk und kann diese mit seinen Mitstreitern verwirklichen, Sabata gestaltet das Requiem, Verdis Akzente werden wahrgenommen und umgesetzt. Klanglich bleiben jedoch viele Wünsche offen: Der Chor ist sehr kompakt aufgenommen, Sänger und Chor agieren vor dem Orchester. Klanglich verwaschen klingen die Chorstellen im Agnus die. Die Solisten singen auf hohem Niveau, sind jedoch nicht zu einem Ganzen geformt wie in den frühen Toscanini-Mitschnitten. Elisabeth Schwarzkopf setzt ihre schlank geführte helle Stimme vorteilhaft ein, im Lacrymosa überstrahlt sie jedoch nicht ihre Kollegen und verschmilzt auch sonst kaum zu einer Einheit mit ihnen. Problematisch sind die tief gelegenen Stellen im Libera me. Die Stimme von Oralia Dominguez klingt oft etwas verschattet. Di Stefano war schon drei Jahre zuvor bei Toscanini eingesetzt, ebenso Cesare Siepi, dem wir ein anrührend gesungenes Hostias verdanken. |
Schuricht |
I. Auez L. Fischer L. van Tulder H. Schey |
Tonkunstchor Amsterdam |
Rundfunkaufnahme archiphon |
1939 live |
84‘30 |
4-5 |
Schurichts Zeugnis von Verdis Requiem, geschlossene Darstellung, lateinische Aussprache, entspannt musiziert (jedoch nicht ohne Spannung), was vor allem den Sängern entgegenkommt, sehr deutlich in der Schlussfuge zu hören. Solisten als eine geschlossene Gruppe, keine Stars. Sporadische Störungen vor allem an Enden der Wachsmatrizen, unterschiedliche Pegel, Klangbild unterschiedlich weit entfernt, unterschiedliche Klangdichte und Transparenz. |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
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Gergiev |
R. Fleming O. Borodina A. Bocelli I. D’Arcangelo |
Chor und Orchester des Kirow Theaters St. Petersburg |
Philips |
2000 |
86‘13 |
4-5 |
Eine erfreuliche Aufnahme, Chor und Orchester in hervorragender Verfassung. René Flemings klare und höhensichere Stimme gefällt, im Rex tremendae überdehnt sie jedoch das hohe ges bei Salve (T. 345 f), das Crescendo im Domine Jesu mit nachfolgendem plötzlichen ppp auf „sed“ macht sie vorbildlich, im Agnus dei bleibt sie jedoch etwas blass, im Libera me kann sie den Eindruck des Außer-sich-seins kaum vermitteln. Olga Borodina setzt als Solo viel Vibrato ein, im Ensemble passt sie sich jedoch ein. Andrea Bocelli singt zu opernhaft, mit vielen unnötigen Portamenti, besonders im Ingemisto und im Hostias. Da gefällt Ildebrando D’Arcangelo besser, nur kann er sich nicht zwischen gere und schere entscheiden. Erwähnt sei noch das ziemlich flott und virtuos gebrachte Sanctus. |
Davis, Colin |
Chr. Brewer K. Cargill St. Neill J. Relyea |
London Symphony Chorus and Orchestra |
LSO Eigenlabel |
2009 live |
81’34 |
4-5 |
Eine Aufnahme, die nicht überwältigt, bei der aber sorgfältig musiziert wird. Davis achtet bei Chor und Orchester auf eine sehr gute dynamische Differenzierung. Bei den Solisten gefällt am besten Stuart Neill, Christine Brewer überzeugt auch in tiefer Lage, sie setzt aber, wie auch Karen Cargill oft zu viel Vibrato ein, so liegt die Textverständlichkeit im Recordare ziemlich im Argen. John Relyeas Stimme kommt in der Mittellage am besten heraus, bei sehr hohen Tönen muss er stemmen, die Tiefe ist für seinen Bass etwas dünn. |
Toscanini |
H. Nelli F. Barbieri G. di Stefano C. Siepi |
Robert Shaw Chorale |
RCA |
1951 live |
76‘14 |
4-5 |
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NBC Symphony Orchestra |
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Patané |
Ljiljana Molnar-Talajic Margarita Lilova Luigi Ottolini Bonaldo Giaiotti |
Rundfunkchor und Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig |
Eterna Berlin Classics |
1975 |
87‘57 |
4-5 |
Patané hat eine genaue Vorstellung vom Werk und setzt sie um, im Orchester stehen Bläser gleichberechtigt neben Streichern, sinnfällige rinf (Kyrie), sehr gute dynamische Abstufungen im Chor, geradezu musterhaft, stilsicher. Sehr viele Details, die oft überspielt werden, z. B. Pk. und Gr. Tromm. im Lacrymosa (T.645-653). Wunderbar frisch gesungenes Sanctus, Chor auch sonst immer leicht und locker. L. Molnar-Talajic hat eine herbe Sopran-Stimme, aus der Rolle der sonst passablen Solisten fällt Luigi Ottolini durch sein teils opernhaftes, teils gekünsteltes Singen unvorteilhaft heraus, auch setzt er zu viel Vibrato ein. Das fac eas in Domine Jesu ist viel zu laut, der Sänger ist auf der zweiten CD besser in Form, es könnte auf die zwei Produktionsphasen 1974 und 75 zurückzuführen sein. |
Gardiner |
L. Orgonasova A.S. von Otter L. Canonici A. Miles |
Monteverdi Choir |
Philips |
1992 |
81‘11 |
4-5 |
Aufnahme mit Instrumenten der Zeit sowie in historisch-informierter Aufführungspraxis – Verdis Vorgaben werden hier besser umgesetzt als in anderen Aufnahmen, der Orchestersatz erhält mehr Transparenz, gute dynamische Differenzierung. Leider enttäuschen die Damen des Solistenquartetts, die eine Reduzierung des Vibratos nicht in Erwägung ziehen. Positiv gelingt im Recordare die lange Koloratur bei donum fac, die im Tempo gesungen und nicht, wie so oft, durchgekaut wird (T. 434-436). Gardiner begreift die Vorschläge im Liber scriptus (T. 206-211) als Hinweis zur Verdichtung der Musik. Luca Canonici achtet auf differenzierten Vortrag im Ingemisto, im Lacrymosa T. 645 ff bleibt das Klangbild viel differenzierter als gewöhnlich. Dagegen gerät das Hossana im Sanctus etwas blass. Höhepunkt ist das Libera me. |
Orchestre Revoluionnaire et Romantique |
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Abbado |
K: Ricciarelli S. Verrett P. Domingo N. Giaurov |
Cor und Orchester der Mailänder Scala |
DGG |
1980 |
89‘01 |
4-5 |
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Abbado |
Ch. Studer M. Lipovsek J. Carreras R. Raimondi |
Chor der Wiener Staatsoper |
DGG |
1991 live |
84‘24 |
4-5 |
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Wiener Philharmoniker |
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Abbado |
A. Gheorghiu D. Barcellona R. Allanga J. Konstantinov |
Schwedischer Rundfunkchor Eric Ericson Kammerchor Orféon Donostiarra |
EMI |
2001 live |
82‘44 |
4-5 |
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Berliner Philharmoniker |
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Cantelli |
H. Nelli C. Turner R. Tucker J. Hines |
Westminster Choir |
AS-disc Line Archipel
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1955 |
77’10 live |
4 |
Schlüssige Darstellung, passables Solisten-Quartett, Jerome Hines Stimme ohne runde Tiefe und mit Stimmverfärbungen, durchgehend bewegte Tempi, Verdis dynamische Vorgaben werden etwas großzügig gehandhabt, dichtes Klangbild, etwas entfernt, geringe Transparenz, viele Details kommen nicht durch, z. B. Trompetenstelle zu Beginn des Tuba mirum – Warnung: technische Störung vom Lux aeterna bis zum Ende zumindest auf der AS-CD, für die Ohren eine Zumutung. |
New York Philharmonic Orchestra |
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Muti |
R. Scotto A. Baltsa V. Luchetti E. Nesterenko |
Ambrosian Chorus |
EMI |
1979 |
85‘51 |
4 |
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Philharmonia Orchestra London |
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Giulini |
L. Ligabue G. Bumbry S. Konya R. Arié |
Philharmonia Chor und Orchester London |
BBCL |
1964 live |
83’15 |
4 |
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Müller-Kray |
M. Stader M. Höffgen F. Wunderlich G. Frick |
Stuttgarter Lehrergesangverein Stuttgarter Bachchor Chor und Sinfonie-Orchester des SDR Stuttgart |
Myto |
1960 live |
84’59 |
4 |
Rundfunkmitschnitt – Müller-Kray beweist mit dieser Aufnahme, dass auch in Deutschland mit hiesigen Kräften eine glaubhafte Darstellung des Requiems möglich ist. Sie verfügt nicht über italienisches Flair, besitzt jedoch Stil! Das Solistenquartett passt stimmlich gut zusammen, beim Recordare wird man Zeuge eines bestens abgestimmten Singens zwischen Stader und Höffgen, Wunderlich übertreibt nie, Gottlob Fricks Höhe ist etwas dünn. Das Requiem in T. 169/70 von Libera me gerät M. Stader etwas zu tief. Dem Ende des Domine Jesu fehlt im Orchester das Filigrane, dem Hosanna an Schwung, hier wird mehr auf „Nummer sicher“ gesungen. Auch die Fuge im Libera me T. 179 ff gerät etwas hausbacken, man sollte jedoch bedenken, dass dies Laienchöre nicht alle Tage singen. |
Corboz |
A-M. Blasi U. Kunz R. Macias D. Pittman-Jennings |
Chor und Orchester der Gulbenkian Stiftung Lissabon |
Aria |
1994 live |
74‘17 |
4 |
Auffallend sind die in der Regel schnelleren Tempi als gewohnt, das fällt sofort auf beim quid sum miser, bleiben insgesamt aber tempokonstant. Chor und Orchester mehr als zufriedenstellend. Hier ist kein Star-Solisten-Quartett verpflichtet, trotzdem überzeugen die Leistungen insgesamt mehr als in anderen Aufnahmen. Angela-Maria Blasi bringt im abschließenden Libera me die Stelle de morte aeternam T. 360-365 sehr überzeugend, Ursula Kunz und Reinaldo Macias stellen sich nicht in den Mittelpunkt, David Pittman-Jennings kann sich nicht auf eine einheitliche Aussprache von Konsonanten festlegen, auch über gleichzeitiges e und ä, z. B. bei Requiem muss man schon hinweghören. |
Fricsay |
M. Stader O. Dominguez G. Carelli I. Sardi |
Chor der St. Hedwigs-Kathedrale |
DGG |
1960 live |
92’10
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4 |
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Radio Sinfonie-Orchester Berlin |
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Bernstein |
M. Arroyo J. Veasey P. Domingo R. Raimondi |
London Symphony Chorus and Orchestra |
CBS Sony |
1970 |
90’32 |
4 |
Der erste Höreindruck bringt der Aufnahme aufgrund des frischen Musizierens Sympathie entgegen. Beschäftigt man sich jedoch eingehender mit ihr, wird einem Problematisches oder weniger Geglücktes nicht entgehen: Das Klangbild ist recht uneinheitlich geraten (Royal Albert Hall London), trotz Einsatzes der Stereotechnik ändert sich die Präsenz der jeweils Agierenden immer wieder, mal singt der übrigens ausgezeichnete Chor weit hinten, dann ist ihm zu viel Hall beigemischt, im Rex tremendae vermeint man ihn wie aus einem Lautsprecher kommend zu hören. Bei Pauken und der Großen Trommel ist der klangliche Unterschied eingeebnet. Im Ingemisto singt Domingo des Effektes willen das spem dedisto (T. 468 f) schneller als vorgesehen, später (T. 478 ff) alles viel lauter, obwohl die Streicher sehr leise begleiten. Auch im Pie Jesu wird von den Solisten zu laut gesungen, ohne Inbrunst. Im Domine Jesu vermisst man an der Stelle eas in lucem sanctus die Spannung. Auf weitere Stellen soll verzichtet werden. Man gewinnt den Eindruck, dass es Bernstein hier mehr um das Herausstreichen effektvoller Stellen geht, das Erleben einer tief empfundenen Frömmigkeit gelingt weit weniger, ergriffen wird man von dieser Interpretation kaum. |
Karajan |
M. Freni Chr. Ludwig C. Cossutta N. Ghiaurov |
Wiener Singverein |
DGG |
1972 |
88‘56 |
4 |
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Berliner Philharmoniker |
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Karajan |
A. Tomowa-Sintow A. Baltsa J. Carreras J. van Dam |
Chor der Wiener Staatsoper Chor der Nationaloper Sofia |
DGG |
1984 |
86‘30 |
4 |
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Wiener Philharmoniker |
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Plasson |
J. Varady F. Palmer K. Olsen R. Scandiuzzi |
Orféon Donostiarra |
EMI |
1996 |
80’30 |
4 |
Eine solide Einspielung mit Licht- und Schattenseiten. Der Klang des hervorragenden Chores wird leider durch Kirchenhall getrübt (vgl. Sanctus), im Agnus Dei ist die Balance zwischen Chor und Orchester gestört. Nach Verdis Vorgabe lässt Plasson im einleitenden Requiem immer sehr leise agieren. Aus dem Solisten-Quartett ragen Julia Varady (Strahlkraft, farbenreiche Stimme) und Roberto Scandiuzzi (runder ausgeglichener Bass) eindeutig heraus. Felicity Palmers Mezzo ist zu unruhig geführt und klingt in der Höhe unangenehm schrill. Keith Olsens Tenor wünschte man sich eine sichere Höhe und mehr Stilgefühl bei der Ausgestaltung seiner Soloparts (Ingemisto und Hostias) |
Ormandy |
L. Amara M. Forrester R. Tucker G. London |
Westminster Choir |
CBS Sony |
1964 |
82‘56 |
4 |
Eher entspanntes Musizieren, unspektakulär, im Vergleich eines der besten Solisten-Ensembles, der Chor singt weniger differenziert. In den lauten Tutti-Abschnitten wird das Orchester klanglich zurückgefahren. Der Sopran von L. Amara ist wenig abwechslungsreich, im Quid sum miser T. 310 fügt sie zwischen h‘‘ und g‘‘ nach ein verbindendes a‘‘ ein. Maureen Forrester hält sich in Ensembles mit dem Vibrato zurück, als Solistin jedoch nicht. Tucker ist einer der besten Tenöre auf CD, zur Seite steht ihm hier George London mit seinem teilweise balsamischen Bass. |
Philadelpha Orchestra |
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Maazel |
A. Harteros D. Barcellona W. Kim G. Zeppenfeld |
Philharmonischer Chor München |
Sony |
2014 live |
92‘04 |
4 |
Maazels Schallplattenvermächtnis, breite bis schleppende Tempi, wenig packend, die jeweiligen vier Tutti-Schläge im Dies irae nicht schneidend, eher in die Breite gehend, eher monumental als Schrecken verbreitend. Gelungen der ganz leise Beginn des Requiems, Orchester und Chor kommen quasi aus dem Nichts und führen abschließend wieder dahin zurück, hier ist das langsame Tempo angebracht. Im Libera me erfreut die deutliche Orchesterbegleitung bei tremens factus T. 20 ff. Der Philharmonische Chor München singt geschmeidig, klangvoll und reagiert zuverlässig, reicht jedoch nicht an die wenigen Spitzenchöre heran. Erwähnt sei aber das endlich einmal prägnant gesungene Huic ergo im Lacrymosa (T. 657-660). Anja Harteros‘ Sopran ist in der Stimmfarbe wenig abwechslungsreich und mit viel Vibrato belastet. Daniela Barcellona war schon beim Berliner Abbado-Mitschnitt wenig überzeugend, das erlebt man auch hier: Im Recordare setzt sie viel zuviel Vibrato ein – dabei lässt Maazel unverständlicherweise das Tempo durchhängen – im Agnus dei wird es zusammen mit A. Harteros fast unerträglich! Auch in den Ensembles passen sich die Damen nicht den viel schlanker singenden Herren an, was ein uneinheitliches Bild hinterlässt. Georg Zeppenfeld liefert eine ziemlich überzeugende Leistung ab, seiner Stimme hätte ich mir etwas mehr Kern gewünscht. Der überragende Primus im Quartett ist Wookyung Kim mit seiner schönen und gut geführten Tenorstimme. |
Münchner Philharmoniker
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Celibidache |
E. Filipova R. Runkel P. Dvorsky K. Rydl |
Philharmonischer Chor München |
EMI |
1993 live |
101‘33 |
4 |
Verdis Requiem im Entschleunigungsgang, allerdings werden hier viele Stellen, z. B. Instrumentationsdetails, deutlicher herausgestellt. Den Solisten macht das langsame Tempo unterschiedlich zu schaffen. Elena Filipovas affektiertes Singen im Recordare ist kein Glanzpunkt, ihr Libera me wackelt an einigen Stellen. Reinhild Runkel setzt zu viel Vibrato ein, den besten Eindruck hinterlässt der stimmmächtige Kurt Rydl, dem jedoch einige Stimmverfärbungen im Bereich der Vokale u/o unterlaufen. Leider eine Fehlbesetzung ist der Tenor Peter Dvorsky, der einen opernhaften und teilweise sentimentalen Vortragsstil an den Tag legt, sein aufdringliches Vibrato klingt fast wie ein Triller, im Tuba mirum wäre er beim Salve me T. 352 fast ausgestiegen, ingsgesamt gesehen, scheint er hier überfordert zu sein. |
Münchner Philharmoniker
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Barenboim |
A. Marc W. Meier P. Domingo F. Furlaetto |
Chicago Symphony Chorus |
Erato |
1993 |
83‘44 |
4 |
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Chicago Symphony Orchestra |
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Serafin |
M. Caniglia E. Stignani B. Gigli E. Pinza |
Chor und Orchester der Oper Rom |
EMI ? Opera |
1939 |
72‘52 |
3-4 |
2. Schallplattenaufnahme des Requiems. Insgesamt recht zügige Tempi, die andächtigem Erleben im Wege stehen, entferntes Klangbild, Solisten und Chor nach vorn gezogen, herabgesetzte Textverständlichkeit, wenig ausgeprägtes Legato. Als Star der Solisten erhebt sich Benjamino Gigli, der durch sein ausgesprochen opernhaftes Singen (Ingemisto), seine geringe dynamische Differenzierung sowie die vielen Portamenti (z.B. im Solistenterzett im Lux eterna) von geringem Stilbewusstsein kündet. Im Libera me überspringt Serafin die Takte 83-93. Ein ständiger Rauschpegel stört sehr. |
Fricsay |
E. Grümmer J. Blatter H. Krebs J. Greindl |
Chor der St. Hedwigs-Kathedrale RIAS Kammerchor |
Andromeda |
1951 live |
87‘42 |
3-4 |
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Orchester der Städtischen Oper Berlin |
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Giulini |
J. Sutherland F. Cossotto L. Ottolini I. Vinco |
Philharmonia Chor und Orchester London |
Myto Testament |
1960 live |
79’00 |
3-4 |
|
Giulini |
Sh. Sweet F. Quivar V. Cole S. Estes |
Ernst-Senff-Chor |
DGG |
1989 |
96’54 |
3-4 |
|
Berliner Philharmoniker |
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Muti |
B. Frittoli O. Borodina M. Zeffiri I. Abdrazakov |
Chicago Symphony Chorus |
CSO Eigenlabel |
2009 Live |
89‘10 |
3-4 |
|
Chicago Symphony Orchestra |
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Barenboim |
A. Hanteros E. Garanca J. Kaufmann R. Pape |
Chor und Orchester der Mailänder Scala |
DGG |
2012 live |
85‘34 |
3-4 |
|
Mehta |
M. Caballé B. Berini P. Domingo P. Plischka |
Musica Sacra Chorus |
CBS |
1980 live |
83’34 |
3-4 |
Oper auf der Kirchentreppe, diesseitig, solide, aber ohne Konturen. Hostias ziemlich spannungslos, Solisten keine homogene Gruppe. Monseratt Cabellé: teilnahmsloses Singen, wenig ausgeprägte Tiefe (Libera me), Berini: ziemlich gaumige Tongebung, dazu ausladendes Vibrato, Internation nicht immer sauber, Domingo: tritt anfangs aus dem Ensemble heraus, lächerlicher Triller im Hostias T. 128, Plischka bringt auch viel Vibrato zum Einsatz. |
New York Philharmonic Orchestra |
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Jordan, Philippe |
K. Lewis V. Urmana P. Beczala I. Abdrazakov |
Chor und Orchester der Oper Paris |
Erato |
2013 Live |
76‘45 |
3-4 |
Requiem/Kyrie sehr handfest, keine Andacht, Das Pie Jesu domine im Lacrymosa einfach abgesungen, ohne Textausdeutung, insgesamt opernhaftes Singen, viel Vibrato-Einsatz, das Hostias klingt so, als wäre es ein Sängerfest. An Steigerungsstellen wird der Klang kompakt, bis hin zu Verzerrungen, die dynamische Gestaltung folgt nicht der Partiturvorlage. Die Aufnahme hinterlässt den Eindruck einer Aneinanderreihung von Nummern. Präzise reagierender Chor. |
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Barbirolli |
M. Caballé F. Cossotto J. Vickers R. Raimondi |
New Philharmonia Chorus and Orchestra London |
EMI |
1970 |
91'36 |
3 |
Vor einer Aufführung, noch mehr vor einer Schallplattenaufzeichnung, sollte der Dirigent eine einheitliche Aussprache festlegen, sonst entsteht, wie hier, ein übles Nebeneinander wie Requiem/Räquiem, Christä/Christe, Kyrie/Kirie, excelsis/exschelsis, deus/däus u. a. Der Beginn des Requiems wird wirklich ppp gesungen, dabei klingt der Chor allerdings wenig transparent. Beim Tuba mirum wird der ausgezeichnete New Philharmonia Chor einmal nicht vom Orchester zugedeckt, so dass eine Textverständlichkeit gegeben ist. Das Solistenquartett kann kaum homogen genannt werden: Die Caballé gefält weitaus am besten, Fiorenza Cassotto fühlt sich in der Höhe viel wohler als im tiefer legenden Bereich, wo ihre Tongebung leicht gaumig wird (vgl. Lacrymosa). Jon Vickers singt wenig geschmeidig und gepflegt, Ruggiero Raimondis Stimme klingt an etlichen Stellen so, als komme es aus einer Röhre. Der Klang der Aufnahme ist an den lauten Tutti-Stellen sehr kompakt und klingt leicht verzerrt, mäßige Tempi herrschen vor, an einigen Stellen gerät die Musik ins Schleppen. |
van Kempen |
G. Brouwenstijn M. von Ilosvay P. Munteaunu O. Czerwenka |
Chor und Orchester der Accademia Nazionale die Santa Cecilia Rom |
Philips Preiser |
1955 |
93‘28 |
3 |
Studioeinspielung aus dem Todesjahr des holländischen Dirigenten Paul van Kempen. Mäßige bis lahme Tempi, am Ende von Salva me hätte man sich mehr Spannung gewünscht, Sanctus endlich bewegt, Libera me gefällt am besten. Aus dem uneinheitlichen Solistenquartett ragt Gré Brouwenstijn deutlich heraus, auch Maria von Ilosvays Stimme kann gefallen, zeigt jedoch im Recordare zu viel Vibrato. Der rumänische Tenor Petre Munteaunu ist dagegen eine Fehlbesetzung, er singt zu vorsichtig, als hätte er seine Partie erst kürzlich eingeübt, besitzt über eine geringe Höhe und singt wenig geschmeidig. Letzteres ist auch bei Oskar Czerwenka zu beobachten, der meint, an vielen Stellen durch Röhren einen italienischen Bass nachahmen zu müssen. Der kompakte Chorklang wird von den Männerstimmen dominiert, die sich hier jedoch nicht von ihrer besten Seite zeigen. |
*Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde Wien
Hinweise zu Interpreten und ihren Aufnahmen:
Arturo Toscanini
In allen seinen bekannten Aufnahmen spürt man die überlegene Ruhe, die nichts mit dem jeweiligen Tempo an sich zu tun hat. Alle Mitwirkenden, bei den Solisten muss man jedoch Abstriche hinnehmen, ordnen sich bis ins letzte Detail dem Willen des Dirigenten unter, der aus Verdis Partitur entspringt: Rhythmik, Dynamik, Agogik sowie die Spannung werden präzise und lebendig umgesetzt. All das wünschte man sich in einem zufriedenstellenden klanglichen Gewand, leider wird man hier arg enttäuscht. Bei allen drei Aufnahmen handelt es sich um Rundfunkmitschnitte aus London und New York, die technisch unbefriedigend sind, sowohl von der Aufnahme als auch von der Konservierung. Am besten schneidet da noch die letzte Aufnahme aus der Carnegie-Hall vom 27. Januar 1951 ab, Verdis 50. Todestag. Trotz sehr guter Vorbereitung war Toscanini gerade hier mit seiner eigenen Leistung nicht zufrieden; als die RCA diesen Mitschnitt auf Schallplatte herausbringen wollte, lehnte der Dirigent ab. Erst als man im Studio eine Mischversion aus Aufführung und mitgeschnittenem Probenmaterial hergestellt hatte, gab er sein Plazet zur Veröffentlichung. Die Unterschiede zwischen Konzert und Probe bleiben dem geübten Ohr nicht verborgen (bei der Allegro risoluto-Fuge T. 179 ff erscheint plötzlich ein anderer Klang). In dieser Form ist sie bis heute die bekannteste Version mit Toscanini am Pult, RCA hat sie immer wieder in jeweils neuem Outfit auf den Markt gebracht. Die Tempi in dieser Aufnahme sind durchweg bewegter, was z. B. die Stelle Salvet saeculum in favila dringlicher und unruhiger erscheinen lässt, vielleicht war sich Toscanini seines eigenen Todes bewusst, er war damals immerhin 84 Jahre. An der Hossana-Stelle im Sanctus überrascht und überzeugt die eindringliche Kommentierung des Textes durch die Streicher. Das zweite Dies ira im Libera me klingt etwas trocken, abgesetzt und entfernt. Ein raues Klangbild, vor allem in den Tuttipassagen, kann nicht verschwiegen werden. Aus dem Solistenquartett ragt Cesare Siepi deutlich heraus.
Die früheste Aufnahme von 1938 aus London ist klanglich besser erhalten als die zwei Jahre später entstandene aus New York, die Sänger sind hier nicht so sehr nach vorn gezogen und so differenziert abgebildet, die Mikros holen hier manchmal auch einzelne Instrumente nach vorn. Zinka Milanov und Nicola Moscona begegnet man in beiden Aufnahmen mit ihrem eindringlichen Singen. Helge Rosvaenge (1938) reicht an den Verdi-Stilisten Jussi Björling (1940) nicht ganz heran, gut zu hören im Hostias; Bruna Castagna (1940) und Kerstin Thorberg (1938) wissen ihr Stimmmaterial überzeugend einzubringen. Dem homogensten Solistenquartett begegnet man 1940, man höre einmal Quem patronum im Dies irae. Toscanini hält in dieser Aufnahme alle Mitwirkenden unter ständiger Spannung, gut zu beobachten z. B. in den ersten acht Takten des Rex tremendae, ein Kabinettstück! Souverän gelingen Z. Milanov im Libera me die Abschnitte morendi sunt et terra oder tremens factus sum ego. Man könnte die Lobeshymnen noch erweitern. Trotz der vielen technischen Unzulänglichkeiten überzeugt mich dieser Mitschnitt am meisten. Irritationen hinterlässt die Aussprache des lateinischen Messetextes (in allen Aufnahmen) beim sonst so peniblen Maestros: sowohl luceat als auch lutscheat sind erlaubt. Ein kleiner Hinweis sei noch im Dies irae zu T. 180/82 gegeben: Ganz genau nach Verdis Anweisungen spielen die Trompeten hier ungebunden, nicht legato wie zwei Takte zuvor.
Herbert von Karajan
Karajan war mit Verdis Totenmesse sehr vertraut, immer wieder hat er sie aufgeführt sowie zweimal für die Schallplatte eingespielt. Ihm kam es dabei vor allem um eine opulente Darstellung unter Einbezug zur ihrer Zeit berühmter Solisten an. Die beste Verdi-Oper im Kirchengewand (Bülow) trifft vor allem auf Karajans Interpretationen mal mehr, mal weniger zu, zum Kern der Totenmesse drang er nicht immer vor. Die beiden Studioeinspielungen aus Berlin und Wien sind vor allem Klangereignisse, noch lauter, noch leiser! Hörer, die es gern krachen hören, werden hier gut bedient. In der Berliner Aufnahme, die noch in der Jesus-Christus-Kirche erstellt wurde, wirkt der Chor im einleitenden Requiem sehr kompakt im Hintergrund und undeutlich. Beim folgenden Te decet hat man viel Kirchenhall mit aufgenommen. Leider verdichtet sich der Klang an Kulminationspunkten und wird undeutlich (T. 94-96). In der Regel sind die Solisten nach vorn gezogen, bereits im Kyrie eleison kann man ihre opulenten Stimmen bewundern. Im Dies irae sind die Sopranstimmen bei solvet saeclum T. 55 ff nicht zu hören. Gut getroffen ist die Szene der 8 Trompeten zu Beginn des Tuba mirum. Das Solistenquartett glänzt leider nur durch ihre Namen, weniger durch ihre jeweilige sängerische Leistung. Am besten gefällt mir noch Mirella Freni, viel weniger Christa Ludwig, hier schon bei ihrer dritten Aufzeichnung. Leider wird ihre Stimme von mal zu mal breiter und ist mehr und mehr mit Vibrato belastet. Im Trio Quem patronem/Quid sum miser sprengt sie mit ihrem wabernden Singen den Klang, auch im Lacrymosa setzt sie viel zu viel Vibrato ein. Carlo Cossutta singt zu opernhaft, ebenso Nicolai Ghiaurov (Klangfetischisten fühlen sich hier vor den Kopf gestoßen), letzterer setzt beim Mors stupebit viel zu früh das Crescendo an.
In der zwölf Jahre späteren Aufnahme wird zwar etwas schneller musiziert, das Klangbild erscheint differenzierter, das Gesamtbild der Interpretation hat sich jedoch wenig gewandelt. Aus welchem Grund der Chor der Wiener Staatsoper nicht ausreichte und der der Nationaloper Sofia zur Verstärkung verpflichtet wurde, bleibt Karajans Geheimnis. Bei den sehr lauten Dies irae-Stellen gerät die Klang-Balance an ihre Grenzen, ebenso im Tuba mirum bei T. 177 ff, wo der Klang vollends undurchsichtig wird. Im Agnus dei singen die Chöre wenig textverständlich. Es musste halt eine großformatige Inszenierung sein, die man nicht nur hören sondern auch auf dem Fernseher (Video) miterleben kann. Die Solisten präsentieren sich auf unterschiedliche Weise: Der schönen Stimme von Anna Tomowa-Sintow fehlt es an Tiefe, so dass ihre Leistungen im Libera me nicht ganz überzeugen. Agnes Baltsa fügt sich wohltuend ins Gesamtbild. José Carreras kann mit seiner leicht brüchigen Stimme kaum überzeugen, die höchsten Töne muss er sich erkämpfen. José van Dam dagegen macht m. E. hier eine bessere Figur als in der zweiten Solti-Produktion, die Stimme ist runder und ausgeglichener und verfügt über mehr Stil als Ghiaurov in der früheren Karajan-Aufnahme.
Ein ganz anderer Karajan erlebt man von einem Mitschnitt des Österreichischen Rundfunks von den Salzburger Festspielen des Jahres 1958. HvK ist hier mehr geerdet als in späteren Jahren, was zu viel befriedigenderen Leistungen führt. Trotz Mono-Klang ist die Balance besser. Der Wiener Singverein und die Wiener Philharmoniker überzeugen durch Qualität, das Solistenquartett kann sich hören lassen, auch Christa Ludwig fügt sich durch geradlinige Stimmführung gut ein, ihre beste Leistung auf Schallplatte in dieser Partie! Erfreulich ist auch die Verwendung des Kirchenlateins, das sich wohltuend von den italienisierten Mischfassungen späterer Jahre unterscheidet.
Igor Markevitch
Igor Markevitch hat bemerkenswerte Mitschnitte von Verdis Requiem hinterlassen, der Hörer spürt des Dirigenten Verbundenheit mit dem Werk, ihm gelingt es wie wenigen anderen, die Größe der Musik glaubhaft darzustellen, dazu gehören auch seine stellenweise zugespitzten Tempi, z. B. in den Dies irae-Abschnitten. Die spätere Aufnahme aus Moskau mit ihrer urbanen Kraft zeigt das noch deutlicher, alle Beteiligten scheinen von Markevitchs Dirigat in den Bann gezogen zu sein. Das Solistenquartett ausschließlich aus heimischen Kräften kann sich hören lassen, Galina Wischnewsjaja Stimme hat mehr Fleisch als die von Elisabeth Schwarzkopf, etwas weniger Vibrato hätte ihr noch gut getan, das gilt auch für den Mezzo der Nina Isakowa. Auch die Männerstimmen gefallen. Zu Beginn des Requiems lässt Markevitch die Streicher wirklich ausdrucksvoll (con espressione) singen, T. 12-16 und T. 62-66. Das Rex tremendae ist großartig gelungen, im Lacrymosa wird das Amen am Schluss einmal genau nach Verdis Vorstellung gebracht: Das Crescendo erfolgt auf den Silben A- und -men, erst danach kommt das Diminuendo, bei den meisten Dirigenten jedoch schon auf -men, nur eine Kleinigkeit, sie gibt jedoch Auskunft über Markevitchs heiligem Ernst. Das Klangbild ist ziemlich präsent und transparent, leider stören etliche dumpfe unterschwellige Geräusche. Markevitch hat mit denselben Kräften das Requiem in Moskau für Philips aufgenommen, im Beiheft der CDs wird das Datum 1961 genannt. Da bin ich mir nicht sicher, da laut Bielefelder Katalog die LP-Kassette noch Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts (in Mono!) auf dem Markt war. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass der hier aufgeführte Mitschnitt unmittelbar vor der Studioaufzeichnung 1960 in Moskau erfolgte. Leider ist diese augenblicklich nur in Japan greifbar.
Die Aufnahme aus dem Théatre des Champs-Elysées de Paris entstand im April 1953, reicht aber klanglich nicht an die spätere Aufnahme heran, dafür ist er zu kompakt und neigt an lauten Stellen zu Schärfen. Von der musikalischen Seite jedoch ist sie ziemlich ebenbürtig. Das Dies irae verkörpert glaubhaft das Jüngste Gericht. Elisabeth Schwarzkopf kann die Unruhe bei Tremens factus sum ergo (Libera me) sehr glaubhaft vermitteln, insgesamt jedoch klingt ihre Stimme ein wenig gekünstelt. Fedora Barbiera ist eine schon von Toscanini geadelte Sängerin. Die beiden Männerstimmen, erst kurz zuvor für Franco Tagliavini und Boris Christoff eingesprungen, brauchen sich nicht vor berühmteren Kollegen verstecken. Der Klang des Chores jedoch ist, zumindest anfangs, gewöhnungsbedürftig, die Soprane klingen wie Mädchenstimmen. Erwähnt sei noch eine nicht vorgesehene Auftaktnote der Trompete im Liber scriptus vor T. 214.
Georg Solti
Die größte Überraschung beim Anhören der beiden Aufnahmen ist, dass sich der Temperamentsmusiker Solti ganz im Griff hat, hier steht Verdis Totenmesse im Mittelpunkt, nicht Soltis lustbetontes und effektvolles Ausdeuten der Partitur. Solti hat das rechte Maß für diese Musik gefunden, keine Extreme sind zu beobachten, keine herausgestellten Effekte, der ungarische Dirigenten tritt in beiden Aufnahmen als Anwalt und Gestalter der Musik auf. Die erste Studioproduktion entstand in Wien mit dem Chor der Staatsoper und den Wiener Philharmonikern, Chor und Orchester sind in bester Verfassung und ragen als Pluspunkte heraus. Weniger einheitlich ist die Solistenriege. Joan Sutherland verfügt über die geforderte Höhe, leider ist sie dort zu schmal und weniger ausdrucksvoll, Marilyn Horne bringt sie hier und da in Bedrängnis. Ganz im Sinne der Partitur bringt sie jedoch im Domine Jesu das langsame Anschwellen des hohen e bei sed (T. 64 ff) und dann das plötzliche Wechseln nach es und gleichzeitige Zurückgehen ins ppp. Das hört man so genau ganz selten . Im Libera me wird ihre Stimme bei den vielen tiefen Tönen zu flattrig. M. Horne produziert oft gaumige Töne, ihre Aussprache ist uneinheitlich: aus dem e-Laut wird oft ein a, hohe Töne werden an Phrasenenden oft noch unten (zum folgenden tieferen Ton) gezogen. Im Lacrymosa vermittelt sie wenig vom gesungenen Schmerz. Luciano Pavarottis Höhe wird oft eng, gleich zu Beginn im Ingemisto bei Supplicanti singt er zu volkstümlich, ohne Stilbewusstsein. Martti Talvela jedoch überragt alle mit seinem edlen Organ und expressivem Singen und es gelingt ihm menschlich anrührende Situationen zu fassen. Talvela gehört zu den besten Bassisten, die hier in dieser Übersicht versammelt sind. Erwähnt sei auch noch, wie Solti die deutliche Hinwendung zu C-Dur am Ende des Rex tremendae T. 369, vor Salva me, angestimmt von Talvela, betont. Wie bei Toscanini, ist auch hier im Dies irae die Große Trommel gegenüber den Pauken zu laut.
Zehn Jahre nach dieser Einspielung ging Solti noch einmal mit Verdis Requiem ins Aufnahmestudio im Medinah Temple in Chigago, jetzt für die RCA, was verwundert, da der ungarische Maestro seit eh und je bei Decca unter Vertrag stand. Mitstreiter waren das Chicago Symphony Orchestra, als dessen Musikdirektor Solti damals fungierte, der dem Orchester angeschlossene hervorragende Chicago Symphony Chorus, sowie die Solisten Leontyne Price, Janet Baker, Veriano Lucchetti und Jose van Dam. Die Tempi sind inzwischen etwas schneller geworden, was man gleich im Requiem hören kann. Im Tuba mirum wird der Chor wie in Wien auch hier vom Orchester bedrängt, im Rex tremendae setzen die Chorbässe anfangs eine Idee zu früh ein, fast am Ende dieses Satzes wieder die deutliche Wendung nach C-Dur. Im Libera me ist die Andante-Stelle Requiem aeternam (T. 132 ff) zu laut, es sollte doch wie ein stilles Gebet klingen. Die illustren Solisten sind leider keine homogene Gruppe, Leontyne Price, schon früher bei Reiner eingesetzt, verfügt über die gewünschte Aida-Stimme, greift aber hier zu mehr Vibrato als früher, wenig geschmackvoll ist ihr Gebrauch des italienisierten Kirchenlateins. Janet Baker sticht dagegen positiv ab, insgesamt eine erfreuliche Leistung. Auch beim Tenor Veriano Lucchetti sind Mängel in seiner Aussprache nicht zu überhören: Oft greift er zum o wo ein u geschrieben steht, z. B. bei sum. Die Stelle Supplicanti im Ingemisto singt er wie mit Tränen in den Augen, Stil? Sehr gepflegt singt Josè van Dam, aufgrund seines geringeren Stimmvolumens wird im Solistenquartett etwas bedrängt. Auch verfügt er nicht über eine ausgeprägte tiefe Lage, die Schwärze, wodurch ihm das Confutatis nicht so überzeugend gelingen kann. Das Klangbild der Aufnahme ist nicht immer optimal.
Ferenc Fricsay
Der große ungarische Dirigent hatte zu Verdi, besonders zum Requiem eine sehr enge Beziehung. Während seines relativ kurzen Dirigentenlebens hat er es oft aufgeführt. In dieser Übersicht ist sein erstes Requiem-Dirigat aus Berlin vertreten, datiert vom 27. Jan. 1951, Verdis 50. Todestag (am selben Tag dirigierte Toscanini in der Carnegie-Hall sein letztes) sowie seine letzte Aufführung, wiederum in Berlin vom 23.Okt. 1960, schon vom Tode gezeichnet. Dazwischen liegt die zu Recht berühmt gewordene Studio-Einspielung der DGG. Dass Fricsay bei seinen Darbietungen, soweit sich das auf Tonträgern nachweisen lässt, beim Solistenquartett möglichst auf italienische Opernsänger verzichtet, ist sicher kein Zufall, sondern darin spiegelt sich m. E. seine Haltung gegenüber dem Requiem, das nicht als Oper im geistlichen Gewande zu verstehen sei, eher als ein spätromantisches geistliches Kunstwerk, losgelöst von der katholischen Liturgie. Ein weiteres Indiz für diese These ist der Verzicht auf die Verwendung des italienischen Kirchenlateins, das in den meisten Aufführungen/Aufnahmen zu hören ist. Nicht ganz konsequent wird die Aussprache des c (luceat, coeli) gehandhabt, hier wird es als k, dort als z gesungen.
Fricsays Berliner Aufführung ist erst seit wenigen Jahren greifbar. Von der akustischen Seite her ist sie den anderen weit unterlegen: sie klingt entfernt, den vielen Tutti-Abschnitten fehlt es an Transparenz, vor allem dann, wenn der Chor mitwirkt, dort ist auch die Textverständlichkeit selten gegeben. Insgesamt gesehen liegt hier aber eine teilweise fesselnde Deutung des Werkes vor, Fricsay versteht es die dramatischen Abschnitte mit Inbrunst voranzutreiben, lässt jedoch den lyrischen den gebührenden Raum. Den Beginn bringt er ganz langsam, die 4 entfernten Trompeten zu Beginn des Tuba mirum klingen hier tatsächlich von hinten und werden erst allmählich lauter. In allen drei Aufnahmen unterstreicht der Dirigent die Wendung nach C-Dur am Ende von Rex tremendae T. 369, das unmittelbar folgende Salva me gerät hier geradezu mystisch. Warum Fricsay im Recordare einen Sprung von T. 409-422 unternimmt, ist nicht ersichtlich und für den Dirigenten ungewöhnlich. Das Solistenquartett ist eine Hausbesetzung der Berliner Oper: Elisabeth Grümmer klingt mit ihrer innig klingenden Stimme an manchen Abschnitten sehr anrührend, verfügt aber auch über so viel Stimmkraft, um in dramatischen die Mitwirkenden zu überstrahlen. Im Agnus die setzt sie viel Vibrato ein, das abschließende Requiem (Libera me) gelingt ihr wieder sehr überzeugend. Johanna Blatter, auf Platte auch als Fricka in Kempes Rheingold-Mitschnitt bekannt, singt mir zu opernhaft, mit zu viel Vibrato, in der Höhe wird sie hell und flattrig. Helmut Krebs ist ein Pluspunkt der Interpretation, auch in der späteren Studio-Produktion, seine schlank geführte Stimme klingt sehr glaubhaft, man höre einmal das Hostias! Josef Greindl war nicht nur ein berühmter Wagner-Bass, sondern reüssierte auch erfolgreich als Konzertsänger und Lied-Interpret. Sein Mors stupebit (Dies irae) kann sich heute noch hören lassen.
Von dieser Solistenbesetzung findet man in der Studio-Produktion nur Helmut Krebs wieder, statt der Grümmer übernimmt die Fricsay vertraute Maria Stader (mit etwas kleinerer Stimme) den Sopran-Part, Marianna Radev die Mezzosopran- und Kim Borg die Bass-Partie. Letzterer verfügt leider nicht über eine ausgeprägte Höhe, so dass er einigen Stellen nicht ganz gerecht wird, auch ein langer Atem (wie bei Greindl) ist nicht seine Stärke. Radev überzeugt durch ihren ausdrucksvollen Gesang. Fricsay schlägt, bei oft schnelleren Tempi, einen Spannungsbogen vom Anfang bis zum Ende des Werkes. Hervorheben muss man die schlank und beweglich singenden Chöre, z. B. im Sanctus, Agnus dei oder die Fuge im Libera me, die einen drängenden Eindruck vermittelt. Die Dynamik hätte insgesamt mehr differenziert sein können, oft kommt aus dem Lautsprecher nur ein pp, wo sich Verdi ein ppp gedacht hatte. Trotz dieser Einschränkungen liegt hier eine überzeugende Einspielung vor, an der auch das RIAS Symphonie-Orchester einen großen Anteil hat.
Fricsays letzte Aufführung zeigt während lebensbedrohender Krankheit nicht mehr diesen unmittelbaren Zugriff früherer Jahre, sie ist etwas milder gestimmt und im Tempo zurückgenommen, das einleitende Requiem wird bei ihm nie so langsam vorgetragen, auch das Lacrymosa. Die Tuttischläge klingen wie notwendig, besitzen jedoch nicht mehr die frühere Wucht, auch sind die Instrumente nicht immer messerscharf beieinander. Das Sängerquartett ist nun internationaler geworden, nicht zum Vorteil. Der Tenor Gabor Carelli kann mit seinem opernhaft theatralischen Vortrag nicht so recht überzeugen (Quid sum miser, Offertorium T. 48-52, besonders beim Hostias). Mit einem überzeugenden Libera me klingt Fricsays letzte Messa aus.
Carlo Maria Giulini
Giulini war ein gefragter Dirigent von Verdis Messa, immer wieder hat er sie zeitlebens aufgeführt. Zwei Studio-Produktionen und zwei Mitschnitte stehen hier zur Diskussion, drei davon wurden mit dem (New) Philharmonia Chor und Orchester erstellt, in allen diesen Aufnahmen wurde der Chor von seinem langjährigen Chordirektor Wilhelm Pitz vorbereitet, der für Ausgeglichenheit, Durchsichtigkeit und geschmeidiges Singen sorgte. Die erste Studio-Aufnahme wurde nach ihrem Erscheinen überschwänglich gelobt, man konnte jedoch nicht verheimlichen, dass der Hörgenuss durch ein technisches Missgeschick (Übersteuerung), das zu einer Verzerrung führte, leiden musste: im Requiem sowie in allen Dies irae-Abschnitten beim Einsatz des Chores. Auch die Übertragung auf CD brachte letztlich keine Verbesserung. Sieht man von diesen wenigen Stellen ab, bleibt jedoch ein hervorragender Gesamteindruck seitens der Leistung Giulinis, des Orchesters sowie des Chores. Dem italienischen Maestro gelingt hier eine Geschlossenheit, wie in wenigen anderen Aufnahmen. Bei den Solisten gilt es jedoch Abstriche zu machen. Man muss Schwarzkopfs artifizielles Singen mögen, um Genuss an den Sopran-Partien zu finden. Ähnlich liegt es bei Christa Ludwig, deren ausladendes bis waberndes Singen (Lacrymosa) bestimmt kein Idealfall ist. Nicolai Ghiaurov legt opernhaftes Singen an den Tag, hier und da dröhnt seine Stimme zu sehr. Allein Nicolai Gedda ist der Glanzpunkt des Sängerquartetts. Wie hier zeigen auch die anderen Aufnahmen ganz unterschiedliche Sängerleistungen, die in keiner Aufnahme zu einem restlich befriedigenden Ergebnis führen. Wenige Monate nach der Londoner Studio-Produktion führte Giulini Verdis Requiem in der Londoner Royal Festival Hall auf, der BBC hat die Aufnahme mitgeschnitten und vor einigen Jahren auf CD veröffentlicht. Interessant festzustellen ist, dass man nun vier Minuten weniger braucht, dies äußert sich in etwas bewegteren Zeitmaßen (z. B. im Sanctus). Trotz Monoklang ist der Chorklang hier präsenter eingefangen und gleichzeitig besser zu verstehen als im Studio. Das opernhafte Singen der Solisten gefällt weniger, herausragend singt die noch ganz junge Grace Bumbry. Eine weitere Aufnahme mit Giulini am Pult entstand drei Jahre vor der Studio-Einspielung beim Edinburgh Festival, sie ist die mit Abstand bewegteste von allen und überzeugt gewiss manchen Hörer. Klanglich müssen jedoch Abstriche in Kauf genommen werden, z. B. ein entferntes Klangbild, geringe Transparenz vor allem im Chor und leichtes Rauschen. Auch lässt die Konzentration, wie in vielen live-Mitschnitten zu beobachten, ab dem Offertorium etwas nach. Unverständlich ist auch der Sprung im Domine Jesu von T. 58 zu T. 67. Auch hier ist bei den Solisten opernhaftes Singen zu beobachten, die Sutherland verfügt über eine geringe Tiefe, so das ihre Leistung im Libera me nicht immer befriedigt. Kommen wir nun zu Giulinis letzter Produktion aus der Berliner Jesus-Christus-Kirche mit dem Ernst-Senff-Chor und den Berliner Philharmonikern aus dem Jahre 1989. Insgesamt ist die klanglich prächtige Aufnahme jedoch zu statisch, auch an den bewegt gesungenen und gespielten Abschnitten; man blickt auf das Jetzt, nicht nach vorn. Von den Solisten macht Sharon Sweet den besten Eindruck, ihre Stimme ist etwas klein, weich, kommt aber mit der Höhe zurecht. Auch Florence Quivar verfügt über eine kleine Stimme, ihre Textverständlichkeit ist durch reichlichen Gebrauch des Vibratos stellenweise eingeschränkt. Vinson Cole singt zu gekünstelt, blutleer, man hört keine Botschaft aus seiner Stimme. Eine etwas enge Höhe beeinträchtigt Simon Estes sonst voluminöse Bassstimme, die gelegentlich zu sehr röhrt (vgl. Requiem aeternam im Lux aeternam).
Claudio Abbado
Nach Claudio Abbados vielbeachteter Aufnahme für die DGG aus dem Jahr 1980 folgten etwa im 10-Jahres-Rhythmus zwei weitere Konzertmitschnitte. Abbados Auffassung des Requiems scheint sich im Laufe der Jahre nicht gewandelt zu haben, wenn man von den schneller werdenden Tempi einmal absieht. Auffallend und gleichzeitig ärgerlich ist die unterschiedliche Aussprache des liturgischen Textes, Kontrollbeispiele luceat/luscheat, Kyrie/Kirie oder Gere/Schere, hätte man das nicht im Vorfeld der Aufnahme/Aufführung festlegen können? Die drei Orchester sind wahrscheinlich Requiem-erprobt und machen ihre Sache hervorragend, sofern sie vom Dirigenten gefordert werden, nicht immer scheint das der Fall zu sein: Beim Wiener Mitschnitt meint man das Orchester im Recordare nur nebenher laufen zu hören, was ein Abfall der Spannung zu Folge hat. Bei den Chören ist von der ersten bis zur letzten Aufnahme eine Steigerung zu erleben. Bei der Scala-Produktion kommt der Chor zu Beginn ganz von hinten, aus dem Nichts, das überzeugt, klingt dabei jedoch zu kompakt, zu wenig differenziert. Auch später ist das beim vergleichenden Hören zu erleben, z. B: singt er im Agnus dei wenig verständlich, im Sanctus bei Ploeni sunt bleibt er zu blass. Trotz allem verbreitet das Kyrie hier die höchste Spannung. Problematisch in allen drei Aufnahmen sind die Solisten, sowohl in ihrer Einzelleistung als auch im Quartett. Der ausgeglichenste Eindruck hinterlässt auch hier die Scala-Aufnahme, das lässt sich am Lacrymosa-Quartett leicht nachhören. Placido Domingo macht von allen drei Tenören eindeutig die beste Figur. José Carreras muss mit der Höhe kämpfen und singt wenig ausgeglichen, hier hätte man sich eine andere Besetzung gewünscht. Auch Roberto Alanga kann aufgrund seines opernhaften Singens gepaart noch mit schlechter Aussprache kaum positiv auffallen, dazu kommt auch hier eine enge Höhe. Nicolai Ghiaurovs beste Jahre sind zur Zeit der Scala-Pruduktion vorüber, durch das dona eis im Lux aeterna muss er sich quälen, Ruggero Raimondi singt routiniert, bei Julian Konstantinov dagegen wünschte man sich eine fülligere Höhe sowie eine bessere Aussprache. Die Sopranistinnen gehören jeweils zu den Aktivposten, sowohl Charyl Studer als auch Angela Gheorghiu bringen im Offertorium das Crescendo T. 62-67 auf das Wort „sed“ genau nach Partiturangabe und gehen dann subito ins ppp, die begleitenden Geigen der Berliner Philharmoniker spielen hier jedoch weniger ätherisch wie ihre Wiener Kollegen. Bei der Stelle tremens factus im Libera me kann man bei Angela Gheorghiu das Zittern glaubhaft erleben, leider verliert sie einige Takte später (T. 145) in Lux perpetua für eine Sekunde die Kontrolle über ihre Stimme. Von den Mezzosopranen gefällt mir Shirley Verrett am besten, gefolgt von Marjana Lipovsek. Daniela Barcellona verfügt über ein dunkleres Timbre, sie setzt viel zu viel Vibrato ein und singt wenig geschmeidig, was das Recordare, das Lacrymosa und auch die Terzett- und Quartett-Partien (pie Jesu) unausgeglichen erscheinen lässt.
Riccardo Muti
Mutis erste Aufnahme des Requiems besticht durch eine ausgewogene Tempowahl, ausgenommen bei den vier Tutti-Schlägen zu Beginn des Dies irae, die dem jugendlichen Heißsporn zu schnell geraten sind und deshalb nicht die erforderliche Wucht bringen. Für die Partien der Andacht lässt er sich und den Mitwirkenden viel Zeit, gleich zu Beginn im Requiem lässt sich das gut beobachten: der Chor singt viel leiser, aber eindringlicher als anderswo. Insgesamt hinterlässt der Ambrosian Chor eine sehr gute Leistung. Das Solisten-Ensemble erfüllt jedoch nicht immer die Vorgaben der Partitur. Am besten gefällt mir die schlanke Stimmführung der Agnes Baltsa (schön, wenn sie das Lacrymosa anstimmt), das ist bei den Mezzos eher die Ausnahme. Über einen schlanken Sopran mit traumhaft sicherer Höhe verfügt auch Renata Scotto, an einigen Stellen singt sie jedoch weinerlich, sentimental und opernhaft, das Stilgefühl der Baltsa geht ihr hier etwas ab. Gut, da hinreichend deutlich, gelingt ihr im Libera me das Coeli movendi sunt et terra. Veriano Luchetti singt solide, teils auch zu opernhaft und verfügt über eine ausreichende Höhe. Hier wird es bei Jevgenij Nesterenko jedoch eng. Ansonsten führt er seine schöne Bassstimme angenehm schlank, einige Stimmverfärbungen fallen nicht sehr ins Gewicht.
Bei Mutis zweiter Requiem-Aufnahme stellt sich wieder die Frage, ob einfach alles auf den Markt gebracht werden muss, wenn klangvolle Namen eine sehr hohe Qualität versprechen, die sich nach dem Anhören jedoch als nicht erfüllt erweist. Mutis Auffassung hat sich nach drei Jahrzehnten nicht wesentlich geändert, die Tempi sind jetzt langsamer geworden, gehen jedoch nicht mit einer Intensivierung der Gefühlstiefe einher. Der Chor singt am Anfang das Requiem aeternam nicht so eindringlich wie früher (warum ein rit. In T. 10 und T. 60 auf aeternam?), aber das Te decet wird von den Bässen endlich einmal nicht gebrüllt, so dass das Gleichgewicht mit den folgenden Stimmen gewahrt bleibt. Zu Beginn des Tuba mirum spielen die acht Trompeten nach den Vorgaben der Partitur, jedoch nicht so schlank und schneidend wie beim POL. Auf der vokalen Seite ragt wieder einmal der wendige und intensiv gestaltende Chicago Symphony Chor heraus, zum Schluss des Hostias stellt sich eine wunderbare Atmosphäre ein. Die Solisten erfüllen nicht Verdis Anforderungen. Barbara Frittoli vermag sich stimmlich nicht durchzusetzen, glänzt durch üppiges Vibrato auch in der Mittellage, im Quem patronum vom Quid sum miser ist ihre Stimme fast ungenießbar, in der Tiefe ist sie nicht abgerundet und schafft im Libera me soeben noch das Ende, eigentlich eine Fehlbesetzung. Auch ihre Partner flüchten (?) sich immer in ein übertriebenes Vibrato. Mario Zeffiris Stimme verfügt nur über eine enge Höhe, am Ende von in parte dextra (Ingemisto) quält sich der Tenor zum hohen b. Relativ am besten gefällt hier Ildar Abdrazakov trotz einiger Intonationsprobleme. Das Klangbild ist im Tutti etwas stumpf, es geht etwas mehr in die Breite, beim POL ist es schärfer geschnitten, was dort zu mehr Geschlossenheit führt.
Daniel Barenboim
Barenboims Aufnahmen des Requiems fehlt es an Innenspannung oder diese bricht ein, wie im Offertorium T. 29/30. Der Dirigent gibt sich eher als Begleiter der Sänger denn als Gestalter der verschiedenen Abschnitte des Werkes, das dann mehr in die Nähe eines Vokalkonzertes rückt. Insgesamt fehlt es auch am letzten Schliff, man meint, die Aufnahmen stammen aus der Generalprobe, nicht der eigentlichen Aufführung, vor allem trifft dies auf den Mailänder Mitschnitt zu. Aber auch schon in Chicago fehlt es den vier Tutti-Schlägen des Dies irae an Wucht, sie ist nicht da, auch wenn die Große Trommel sich noch so laut bemerkbar macht. In den vier letzten Takten des Hostias muss es knistern, tut es aber nicht. Aus dem guten Solistenquartett ragt Waltraud Meier heraus, die mit ihrem satten Mezzo sehr gut Verdis Part gerecht wird. Nobel und rücksichtsvoll bringt sie die etwas kleinere Stimme von Alessandra Marc nicht in Gefahr, die den Schlusston b im Libera me T. 170 nicht genau trifft. Domingo ist hier zum wiederholten Male im Requiem eingesetzt, Ferruccio Furlanetto ist etwas eng, darüber hinaus agiert er etwas zu opernhaft. Ein Lob muss noch dem hervorragenden Chor, Einstudierung Margaret Hillis (wie bei Solti), gespendet werden, der sehr gepflegt, aber auch in den schnellen Partien (Sanctus, Libera me-Fuge) wendig agiert.
Bei seiner zweiten Requiem-Produktion auf CD konnte Barenboim nicht auf so eine excellente Mannschaft wie in Chicago zurückgreifen. Seine Mailänder Mitstreiter spielen in einer anderen Liga. Der Chor singt an den lauten Stellen zu rau. Aber auch sein Dirigat erfüllt kaum die Erwartungen. Zum Beispiel ist das einleitende Requiem unruhiger als zuvor, am Anfang des Tuba mirum bleiben die 8 Trompeten ohne eine rechte Spannung, die „Schreie“ der Holzbläser T. 128, 129 und 132 sind nicht vernehmbar. Bezeichnend für Barenboims Musikdarstellung sind im Liber scriptus die 4 Takte vor dem erneuten Dies irae (T. 235-238): Verdi schreibt ein Agitato vor, dann kommt ein Crescendo dazu, B. bringt jedoch nur das Crescendo, es fehlt der plötzliche Spannungsaufbau. Im Confutatis fehlt den Takten 529-531 das Feuer. Nun zum Solistenquartett: Anja Harteros und Elina Garanca sparen im Recordare nicht mit Vibrato, eine etwas schlankere Stimmführung wäre dem Anlass mehr gerecht geworden. Bei Jonas Kaufmann hat man den Eindruck, dass er noch nicht ganz in seiner Rolle angekommen ist, die Stimme hat viel Druck, die hohen Töne muss er stemmen, manchmal kommen sie auch gequetscht, wie bei „laudis“ im Hostias. In Terzetten und Quartetten passt er sich ein. Am besten gefällt mir hier René Pape mit seinem edlen Bariton, der F. Furlanetto deutlich bei der früheren Aufnahme übertrifft.
Zuletzt sei noch einigen Musikfreunden für die Bereitstellung von Aufnahmen recht herzlich gedankt.
eingestellt am 22. 06. 2015