Das Klassik-Prisma

 

 Bernd Stremmel

www.klassik-prisma.de

Diese Webseite ist urheberrechtlich geschützt.

Mozart    home

Wolfgang Amadeus Mozart

 

Requiem d-Moll KV 626

 

Auch wenn Mozart das Requiem nicht mehr fertigstellen konnte, wird es doch, trotz der Bearbeitungen, bis zum heutigen Tag zu seinen Hauptwerken gerechnet und immer wieder aufgeführt. Das Requiem ist zu allererst eine kirchenmusikalische Komposition, daran erinnert auch die Mitwirkung der Orgel. Die meisten Dirigenten klammern sie, den Höreindrücken folgend, aus, jedoch nicht Koch, Gönnenwein, Harnoncourt, Bernstein und Solti, teilweise auch Barenboim. Das Orchester, neben Streichern und Orgel, mit Bassetthörnern (Klarinetten in Tenorlage), Fagotten, Posaunen, Trompeten und Pauken besetzt, diese sorgen für eine düstere Grundfarbe der Musik. Mozart verzichtet absichtlich auf die hellen Bläser Flöten und Oboen.

 

Über die zahlreichen Versuche, Mozarts Werk zu vollenden und aufführungsreif zu gestalten, lesen Sie bitte in dem umfangreichen Wikipedia-Artikel: https://de.wikipedia.org/wiki/Requiem_(Mozart)

in dem alles Wissenswerte über Mozarts Requiem zusammengefasst ist.

 

Von nicht allen der dort genannten Bearbeiter konnten Aufnahmen ausfindig gemacht werden. Den weitaus meisten Interpretationen liegen die Arbeiten von Eybler (dessen Name fast immer ausgeblendet wird) und Süßmayr zugrunde.

 

Erwähnenswert sollte noch der Hinweis auf die Aussprache des jeweiligen Chores und der Solisten sein. Wir wissen nicht wie zu Mozarts Zeiten in Wien oder Salzburg gesungen wurde, in lateinischer oder italienischer Aussprache. In den meisten Aufnahmen überwiegt die lateinische mit Unterschieden bei dem Buchstaben c, das als K oder z gesungen wird, z. B. coeli oder zoeli. Einige Dirigenten jedoch bevorzugen die italienische Aussprache: Beecham, Giulini, Bernstein, Schmidt-Gaden, Kertesz, Shaw, Muti, Herreweghe, Malgoire und Neumann. Abbado und Gardiner haben im Vorfeld der Aufnahme leider keine einheitliche Regelung getroffen.

 

Aus der Fülle der Aufnahmen beschränke ich mich bei meiner Übersicht auf eine Auswahl von 40 Interpretationen.

 

Abkürzungen der Requiem-Abschnitte:

Re

Requiem

Ky

Kyrie

Dies

Dies irae

Tuba

Tuba mirum

Rex

Rex tremendae

Rec

Recordare

Con

Confutatis

Lac

Lacrimosa

Dom

Domine Jesu

Host

Hostias

Sanc

Sanctus

Bene

Benedictus

Agnus

Agnus Dei

Lux

Lux aeterna

 

 

Fassung Eybler/Süßmayr:

 

5

Rudolf Kempe

Elisabeth Grümmer

Marga Hoeffgen

Helmut Krebs

Gottlob Frick

 

Chor der St. Hedwigs-Kathedrale Berlin

Berliner Philharmoniker

Electrola     EMI

1956

57‘24

 

überwiegend ernste Darstellung, einer Totenmesse angemessen, kompakter Klang, jedoch mit guter Transparenz, Chorklang ausgewogen, bei lauten Stellen jedoch etwas herabgesetzte Textverständlichkeit, jedoch nicht so locker, wie man es von heutigen Berufschören her kennt; ausgeglichene Solisten, Grümmer mit mehr Vibrato als bei Fricsay

5

Hermann Scherchen

Sena Jurinac

Lucretia West

Waldemar Kmentt

Frederick Guthrie

 

Wiener Akademie Chor

Orchester der Wiener Staatsoper

Westminster

1958

61‘23

 

überwiegend ernste Darstellung, dem Anlass angemessen; p (pp)- und f-Abschnitte deutlich gegenübergestellt, L. West mit viel Vibrato; Re: molto Adagio, lastend, mit großem Ernst, tiefschürfend, erhaben (auch später wieder), Dies: assai nach Partitur

5

Peter Neumann

Diana Montague

Michael Chance (Countertenor)

Christoph Prégardien

Franz-Josef Selig

 

Kölner Kammerchor

Collegium Cartusianum

EMI      Virgin

1990

47‘05

 

HIP-Interpretation, Dirigent und alle Mitwirkende stellen sich hinter die Partitur und zeitigen eine hervorragende Leistung, klangschöner Chor mit guter Textverständlichkeit, gut aufeinander abgestimmtes Solistenquartett mit integriertem Countertenor (im Gegensatz zu Malgoire), sehr gute Balance und Transparenz, Re: lastend, Dies: das große Gericht heraufbeschwörend, Dom: T. 7 ff. das auftaktige de vor poenis endlich einmal hörbar gemacht

5

Helmuth Rilling

Arleen Auger

Carolyn Watkinson

Siegfried Jerusalem

Siegmund Nimsgern

 

Gächinger-Kantorei Stuttgart

Bach-Collegium Stuttgart

CBS

P1979

52‘43

 

Rillings Aufnahme hinterlässt einen geschlossenen Eindruck, Kirchen- keine Konzertmusik, Chor und Orchester gut miteinander verbunden, Solisten leider mit Vibrato, gute Klangtechnik

 

 

 

4-5

Carlo Maria Giulini

Helen Donath

Christa Ludwig

Robert Tear

Robert Lloyd

 

Philharmonia Chor und Orchester London

EMI

1978

52‘38

 

4-5

Ferenc Fricsay

Elisabeth Grümmer         

Marga Hoeffgen

Helmut Krebs

Hans Hotter

 

RIAS Kammerchor

Chor der St. Hedwigs-Kathedrale Berlin

Berliner Philharmoniker  

RIAS Produktion

DGG

1951

56‘07

 

ernster Stil, einer Totenmesse angemessen, kompakter Klang; etwas entfernt, bei lauten Stellen auch etwas scharf klingend, mit geringerer Transparenz; Re: lastend, Ky: locker, deutliche Einsätze, Dies: ausgeglichener Chor, Lac: eindringlich, Bene: Bass teilweise überdeckt, Agnus: Pk T. 8/9 zu leise

4-5

Karel Ancerl

Agnes Giebel

Vera Soukoupova

Georg Jelden

Heinz Rehfuss

 

Chor und Orchester der Tschechischen Philharmonie Prag

Tahra

1966

52‘07

 

live Montreux, die Aufnahme hinterlässt einen geschlossenen Eindruck, sorgfältig erarbeitet, ziemlich überzeugend dargeboten, ausgeglichener Chor und Solisten, gute Balance und Transparenz, guter Rundfunkklang der 1960er Jahre

4-5

John Butt

Joanne Lunn

Rowan Hellier

Thomas Hobbs

Matthew Brook

 

Dunedin Consort

Linn

2013

46‘37

 

HIP-Interpretation, Rekonstruktion der ersten ööfentlichen Aufführung am 2. Januar 1792, facettenreiche Darstellung mit viel Theatralik, prächtiger Chor, sehr bewegliche Stimmen, sehr gute Transparenz, Interpretation jedoch etwas artifiziell, R. Hellier mit Vibrato

4-5

John Eliot Gardiner

Barbara Bonney

Anne Sophie von Otter

Hans Peter Blochwitz

Willard Withe

 

Monteverdi Choir

English Baroque Soloists

Philips

1986

46‘25

 

sorgfältig erarbeitet, schlankes Musizieren, ausgeglichen, bewegte Tempi, gute Balance zwischen Chor und Orchester, insgesamt jedoch artifiziell; W. Withe kann sich nicht für die lateinische oder italienische Aussprache entscheiden, etwas angestrengte Höhe, Blochwitz: Vibrato bei langen Tönen, „Quam olim Abrahae“ recht sportlich, Rec: Solisten setzen nacheinander sehr leise mit den langen Tönen ein (T. 14 ff. und T. 93 ff.) und werden dann lauter, das klingt maniriert

4-5

Philippe Herreweghe

Sibylla Rubens

Annette Markert

Ian Bostridge

Hanno Müller-Brachmann

 

La Chapelle Royale

Collegium Vocale Gent

Orchestre des Champs Elysées

HMF

1996

47‘03

 

live, HIP-Interpretation, ziemlich überzeugende Darstellung, Herreweghe betont die kirchenmusikalische Ausrichtung, Chor: große Sicherheit in den polyphonen Abschnitten, Wohlklang in den homophonen Teilen, insgesamt bewegte Tempi, Solisten leider mit Vibrato

4-5

Wolfgang Gönnenwein

Teresa Zylis-Gara

Oralia Dominguez

Peter Schreier

Franz Crass

 

Süddeutscher Madrigalchor

Consortium Musicum

Electrola      EMI

1966

54‘12

 

solides Musizieren, keine neuen Aspekte aufzeigend, geschlossener Chor mit führendem Sopran, Solisten bilden eine Einheit, gute Präsenz, Ky: Chor hier etwas schwergängig, Agnus: bewegt

4-5

Helmut Koch

Jutta Vulpius

Gertraud Prenzlow

Rolf Apreck

Theo Adam

 

Solistenvereinigung des Berliner Rundfunks

Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin

Eterna              Berlin Classics

P 1964

64‘26

 

in Oratorien-Tradition, ausgeglichene Solisten und Chor, gute Balance und Transparenz, insgesamt nahezu überzeugend, Re: sehr langsam, fast zäh, wie anklagend, Chor skandiert, Ky: Koch setzt nach kyrie kurz ab, Dies irae: vorwärtsdrängend, Conf: archaisch klingende Männer, Lac: Adagio – J. Vulpius Stimme klingt etwas künstlich

4-5

Colin Davis

Helen Donath

Yvonne Minton

Ryland Davies

Gerd Nienstedt

 

John Alldis Choir

BBC Symphony Orchestra

Philips

1967

54‘01

 

überwiegend lebendiger, mehr diesseitiger Vortrag, klar mit prächtiger Klangentfaltung, bei lauten Stellen ff statt f; geschmeidiger Chor, starker Bass, Chorstimmen etwas zusammengerückt, weniger Transparenz, etwas kompakt; Re: trotzig, Tu: etwas opernhaft

 

 

 

4

Karl Böhm

Teresa Stich-Randall

Ira Malaniuk

Waldemar Kmennt

Kurt Böhme

 

Chor der Wiener Staatsoper

Wiener Symphoniker

Philips      DGG

1956

59‘55

 

Böhm sorgt für sorgfältiges Musizieren, stark besetzter Chor, Stimmführungen jedoch nicht immer deutlich, teilweise opulente Prachtentfaltung, Malaniuk mit zu viel Vibrato; Re: lastend, eindringliche Bitte, Ky: etwas zu schwer, Lac: langsam, lastend, Cum: Schlussfuge wie abgespult

4

Herbert von Karajan

Wilma Lipp

Hilde Rössl-Majdan

Anton Dermota

Walter Berry

 

Wiener Singverein

Berliner Philharmoniker

DGG

1962

56‘05

 

4

Herbert von Karajan

Anna Tomowa-Sintow

Agnes Baltsa

Werner Krenn

José van Dam

 

Wiener Singverein

Berliner Philharmoniker

DGG

1975/76

52‘57

 

4

Carl Schuricht

Maria Stader

Marga Hoeffgen

Nicolai Gedda

Otto Wiener

 

Wiener Singakademie

Wiener Philharmoniker

archiphon

1962

52‘41

 

live-Aufnahme Wiener Stephans-Dom, kompakter Klang, Orchester – nicht immer ganz sauber – kommt besser heraus als bei vielen anderen Aufnahmen, Chor an lauten Stellen etwas scharf und übersteuert, Solisten mit viel Einsatz, Gedda mit mehr Engagement als bei Barenboim – Ky: Chor hier etwas schwerfällig

4

Bruno Walter

Elisabeth Schumann

Kerstin Thorberg

Anton Dermota

Alexander Kipnis

 

Chor der Wiener Staatsoper

Wiener Philharmoniker

HMV     EMI

1937

57‘20

 

live, ▼

4

Bruno Walter

Irmgard Seefried

Jennie Tourel

Leopold Simoneau

William Warfield

 

Westminster Choir

New York Philharmonic Orchestra

CBS    Sony

1953

53‘32

 

4

Daniel Barenboim

Sheila Armstrong

Janet Baker

Nicolai Gedda

Dietrich Fischer-Dieskau

 

John Alldis Choir

English Chamber Orchestra

EMI

1971

56‘02

 

Interpretation schwankt zwischen Ernsthaftigkeit und opernhafter Klangentfaltung, kompakter Chorklang, starke Bässe, Solisten kaum homogen, Armstrong mit viel Vibrato, Kirchenhall; f meist als ff, das wirkt dann oft pompös; Ky: etwas starr, Dies: agressiv, etwas opernhaft, Rex: bewegt, Orgel, Conf: Tempiwechsel zwischen Männer- und Frauenstimmen, Domi: T. 3-4 verzerrt (ff), Quam: Dirigent geht in die Vollen

4

Carlo Maria Giulini

Lynne Dawson

Jard van Nees

Keith Lewis

Simon Estes

 

Philharmonia Chor und Orchester London

CBS        Sony

1989

60‘13

 

4

Christian Thielemann

Sibylla Rubens

Lioba Braun

Steve Davislim

Georg Zeppenfeld

 

Chor des Bayerischen Rundfunks

Münchner Philharmoniker

DGG

2006

51`47

 

live, insgesamt ruhige Gangart, im Gegensatz zu Muti, Re: zäh, Ky und Rex: etwas schwergängig, Rec: Orchester etwas blass, Don: etwas lustlos – Dynamik im f-Bereich nicht überzogen, etwas belegter Klang, weniger farbig, mit Sfumato wie bei HvK, aus dem Solisten-Quartett ragt Georg Zeppenfeld heraus

4

Istvan Kertesz

Elly Ameling

Marilyn Horne

Ugo Benelli

Tugomir Franc

 

Wiener Staatsopernchor

Wiener Philharmoniker

Decca

1965

52‘59

 

Oratorium-Tradition: groß besetzter Chor mit führendem Sopran, monumental mit viel Kraft, an Höhepunkten weite Dynamik, herabgesetzte Textverständlichkeit, Conf: raue Männerstimmen, Solisten mit Vibrato, insgesamt etwas äußerlich

4

Robert Shaw

Arleen Auger

Dolores Ziegler

Jerry Hadley

Tom Krause

 

Atlanta Symphony Orchestra and Chores

Telarc

1986

51‘35

 

sauber musiziert, klingt jedoch routiniert, an kaum einer Stelle betroffen machend, aus dem heterogenen Solistenensemble ragt Tom Krause positiv heraus

4

Bruno Kittel

Tilla Briem

Gertrud Freimuth

Walther Ludwig

Fred Drissen

 

Bruno-Kittelscher-Chor

Berliner Philharmoniker

DGG

1941

54‘39

 

in sich geschlossene Darbietung im damals gepflegten Monumentalstil – Pathos – mit großem Apparat, überwiegend getragene Tempi, Sopran- und Alt-Solo mit Vibrato, Chor-Sopran führt etwas; NS-Zeit bedingte Textänderungen: alle Hinweise auf die jüdischen Wurzeln des Christentums sind getilgt und geändert worden, z. B: „Quam olim Abrahae“ hier: „Quam olim Domini“ – durchgehend leise Geräusche der Schellackplatten

 

 

 

3-4

Herbert von Karajan

Anna Tomowa-Sintow

Helga Müller-Molinari

Vinson Cole

Paata Burchuladze

 

Wiener Singverein

Wiener Philharmoniker

DGG

1986

52‘04

 

3-4

Eugen Jochum

Irmgard Seefried

Gertrude Pitzinger

Richard Holm

Kim Borg

 

Chor der Wiener Staatoper

Wiener Symphoniker

DGG

1955

53‘31

 

live-Aufnahme aus dem Wiener Stephans-Dom mit Requiem-Liturgie (Gedenkgottesdienst zu Mozarts Todestag, total 69’32); ausgeglichene Solisten, großer Chor, etwas grob, insgesamt kompakter Klang, im Tutti Stimmführungen nicht immer deutlich, später besser; etwas plakatives Musizieren, am Überzeugendsten klingen die leiseren Stellen

3-4

Riccardo Muti

Patrizia Pace

Waltraud Meier

Frank Lopardo

James Morris

 

Schwedischer Radio-Chor

Stockholmer Kammer-Chor

Berliner Philharmoniker

EMI

1987

54‘15

 

großbesetztes Ensemble – Klangereignis, jedoch nicht immer hinreichend transparent, Dies: übertriebene Theatralik, auch in Conf., Rec: Alt beginnt re, Bass rö, mangelnde Abstimmung im Vorfeld der Aufnahme, Quam olim Abrahä wie ein Opernchor, Mozart in Verdis Gewand, Sopran klingt etwas künstlich, am besten gelingt das Hostias

 

 

 

3

Thomas Beecham

Elsie Morison

Monica Sinclair

Alexander Young

Marian Nowakowski

 

BBC Choir

Royal Philharmonic Orchestra London

Columbia      EMI

Sony

1954/56

51‘58

 

1954 kompakt klingender Chor, herabgesetzte geringe Textverständlichkeit, Orchester dem Chor untergeordnet, geringere Präsenz, ab Benedictus (jetzt 1956) viel bessere Präsenz und besserer Klang, jedoch viel zu spät; Tub: Mozarts Instrumentation nicht übernommen: Pos. wird durch Vc. ersetzt, Rex: Stimmverläufe verwaschen, Osanna: gemütlich, Agnus: bewegt, T. 25-30 fehlen

3

Josef Krips

Werner Pech (Knabensopran)

Hans Breitschopf (Knabenalt)

Walter Ludwig

Harald Pröglhof

 

Hofmusikkapelle Wien

Decca

1950

55‘31

 

Knabenchor und Knaben-Solisten im Klang gewöhnungsbedürftig, Intonation nicht immer top, Klang etwas flach und topfig; Interpretation wirkt auf mich etwas zäh; Tub: Pos. T. 16/17 grenzwertige Intonation, Lac: sehr langsam, schmerzerfüllt, überzeugend, Sanc: Pk. zu leise, ohne Markierung

3

Jean-Claude Malgoire

Colette Alliot-Lugaz

Dominique Visse (Countertenor)

Martyn Hill

Gregory Reinhardt

 

Choer Regional Nord-pas-de-Calais

La Grande Ecurie es La Cambre du Roy

CBS      Sony

1986

45‘22

 

im besten Falle ein geistliches Konzert, dem Anlass kaum angemessen, die einzelnen Abschnitte klingen wie aneinandergereiht, Chorgesang nur lieblos abgeliefert (vgl. Quam olim Abrahae), weniger gestaltet, auf eine Textauslegung wird verzichtet, oftmals raue Männerstimmen, Instrumental-Ensemble hinterlässt geschlosseneren Eindruck, Solisten fügen sich nicht zu einer Einheit: Sopran zu viel Vibrato, Alt mit Countertenor besetzt, der hier wie ein Fremdkörper wirkt, Bass nicht immer intonationssicher, einzig der Tenor gefällt durch angemessene Gestaltung seines Parts – überwiegend bewegte Tempi

 

Fassung Eybler/Süßmayr/Beyer/Levin:

 

4-5

Alexander Liebreich

Nuria Rial

Marie-Claude Chappus

Christoph Prégardien

Franz-Josef Selig

 

Chor des Bayerischen Rundfunks

Münchner Kammerorchester

Sony

2011

46‘33

 

sehr lebendiges Musizieren, das von der Qualität der Mitwirkenden kündet, vor allem des Chores, der mit leichtem Ansatz meist sehr locker singt, es klingt jedoch bereits ein wenig artifiziell; Chor anfangs eingedunkelt und kompakt, die Ohren stellen sich jedoch schnell auf die Situation ein; Dies: die jeweils 2. Silbe von „irae“ und „illa“ seltsam kurz

4-5

Teodor Currentzis

Simone Kermes

Stéphanie Houzeel

Markus Brutscher

Arnaud Richard

 

The New Sibirian Singers

MusicAeterna

Alpha

2010

46‘15

 

HIP-Interpretation, Currentzis immer in Partitur-Nähe, keine extreme f-Ausbrüche, kirchlicher Anlass wird respektiert, sehr homogener Chor, Ky: nach vorn drängend, Dies: sehr schnell, Chor teilweise wie gestelzt, am Ende von Lac. und der kurzen Amen-Fuge (Levin) Störungen (Vogelgezwitscher?), Sanc: überzeugend, Bass mit Vibrato

 

 

 

4

Claudio Abbado

Karita Mattila

Sara Mingardo

Michael Schade

Bryn Terfel

 

Schwedischer Rundfunkchor

Berliner Philharmoniker

DGG

1999

47‘40

 

live, Dom Salzburg, virtuoser Chor (lockere Fugen), Stimmen verschwimmen jedoch im Kirchenhall, Pausen werden überspielt, insgesamt heller Klang, Solisten in der Aussprache nicht einheitlich – Re: bewegt, Rex: Begleitung der Streicher sehr rhythmisch, Reco: leicht, in Richtung Oper, Dom: sehr locker und rhythmisch prononciert

 

Fassung Beyer:

 

5

Nikolaus Harnoncourt

Christine Schäfer

Bernada Fink

Kurt Streit

Gerald Finley

 

Arnold Schönberg Chor

Concentus Musicus Wien

DHM

2003

50‘02

 

live, ▼

 

 

 

4-5

Nikolaus Harnoncourt

Rachel Yakar

Ortrun Wenkel

Kurt Equiluz

Robert Holl

 

Chor der Wiener Staatsoper

Concentus Musicus Wien

Teldec

1981

48‘39

 

 

 

 

4

Leonard Bernstein

Marie McLaughlin

Maria Ewing

Jerry Hadley

Cornelius Hauptmann

 

Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks

DGG

1988

58‘33

  

live, Bernstein konterkariert Beyers aufhellenden Klang mit stellenweise pompösem Auftrumpfen, Andacht stellt sich erst im „Agnus die“ ein, Re: sehr langsam, lastend, Lac: getragen, Lux: auffallend deutliches Diminuendo in den letzten Takten – etwas Kirchenhall

4

Gerhard Schmidt-Gaden

Hans Buchhirl (Knabensopran)

Mario Krämer (Knabenalt)

Werner Krenn

Barry McDaniel

 

Tölzer Knabenchor

Collegium Aureum

DHM

P 1974

50‘50

 

An den Klang des Knabenchores, besonders bei den Frauenstimmen, muss man sich anfangs gewöhnen. Die Frage steht im Raum, ob ein Kinderchor dem Anlass angemessen ist. Bei den Solisten Bruch zwischen Knaben- und Männerstimmen. Insgesamt schlankes Musizieren bei bewegten Tempi, helles Klangbild

 

Fassung Landon:

 

3-4

Georg Solti

Arleen Auger

Cecilia Bartoli

Vinson Cole

René Pape

 

Chor der Wiener Staatsoper

Wiener Philharmoniker

Decca

1991

46‘23

 

Soundtrack der Fernsehübertragung aus dem Wiener Stephans-Dom mit Requiem-Liturgie (Gedenkgottesdienst zu Mozarts 200. Todestag, total 57‘15); großbesetzter Chor und großbesetztes Orchester, Solisten klanglich zurückgesetzt, dichtes Klangbild, Hall des Domes ausgeblendet, Soli oft forsch, Andacht bleibt auf der Strecke, herabgesetzte Textverständlichkeit beim Chor; Re: bewegt, Con: Allegro, Bene: Aussprache bei Solisten nicht immer konform

 

Fassung Duncan Druce:

 

4-5

Roger Norrington

Nancy Argenta

Chatherine Robbin

John Mark Ainsley

Alastair Miles

 

The Schütz Choir of London

London Classical Players

EMI

1991

51‘19

 

HIP-Interpretation, meist bewegtes Musizieren, das ziemlich überzeugt – D. Druce geht andere Wege wie Eybler, Süßmayr, Beyer, Levin und Landon: dort, wo gesichertes Material von Mozart vorliegt, wird es verwendet (Domine, Hostias, Sanctus), wo nicht, bietet er neue Lösungen an: am Ende von Lacrymosa Fuge (wie Levin), jedoch wesentlich länger, Bene. neu, Agnus. mit verlängertem Schluss, Lux. Anfang in Neuem Gewand

   

Hinweise auf Interpreten und Interpretationen

 

Bruno Walter

 

Zu Bruno Walters Studio-Einspielung von Mozarts Requiem mit den New Yorker Philharmonikern aus dem Jahr 1953 tritt noch ein früherer Konzertmitschnitt aus Paris hinzu. Dort waren Kräfte der Wiener Staatsoper im Jahre 1937 zu Gast, mit großbesetztem Chor und Orchester, wie der Plattenklang vermittelt. Auch die Solisten gehörten zur Weltspitze. Elisabeth Schumann unterstützt, wie damals üblich, ihren Vortrag mit Vibrato. Die Aufnahme wurde von HMV unter Leitung des damals renommierten Produzenten Frederick Gaisberg mitgeschnitten und bald auf Schellackplatten veröffentlicht. So erklärt sich auch das erstaunlich klare Klangbild mit guter Präsenz. Walter lässt an vielen Stellen langsam und lastend musizieren, auch um einen feierlichen Eindruck zu hinterlassen. Die Solisten unterstützen diese Haltung mit überwiegend gefühlvollem Singen. Walter pflegt hier einen monumentalen Stil aus dem 19. Jahrhundert. Das Pariser Publikum folgt gebannt dem Vortrag.

Bei der Studio-Aufnahme klingt der Westminster-Chor kompakter als der Wiener Chor. Das Klangbild ist insgesamt jedoch präsenter ausgefallen. Walters Auffassung hat sich im Lauf der Jahre nicht geändert. Seine Tempi sind in einzelnen Abschnitten jedoch schneller geworden. Aus der Riege der Solisten ragt Irmgard Seefried mit ihrem glockenhellen Sopran heraus. Hier und da sind Geräusche der New Yorker U-Bahn nicht zu überhören.

Überraschend muss ich feststellen, dass Walter in New York in italienischer Manier singen lässt, früher jedoch die lateinische Aussprache favorisiert.

 

Herbert von Karajan

 

Drei Interpretationen mit KV 626 liegen mit Karajan vor. Die früheste entstand 1962 nach der ersten Gesamtaufnahme der Beethoven-Sinfonien in Berlin mit den Philharmonikern und dem Wiener Singverein. Karajan war von 1947 bis zu seinem Tode 1989 künstlerischer Leiter dieses Chores, dessen vollständiger Name „Chor der Gesellschaft der Musikfreunde Wien“ lautet. Bei fast allen Karajan-Konzerten und Aufnahmen wurde er herangezogen, auch hier bei allen drei Requiem-Produktionen. In der ersten Aufnahme singt der Chor breit, ausladend, man hört mehr Klang als Text, darauf scheint der Maestro weniger Wert zu legen. Auch sein Oberstimmen-betontes Musizieren tritt hier hervor. Das lässt sich vor allem im Rex tremendae und Confutatis belegen: Mozarts Totenmesse erklingt hier pompös, den f-Stellen wird ff verordnet, hauptsächlich es klingt großartig. Dabei ergibt sich in diesen Tutti-Partien ein kompaktes Klangbild, in denen die Stimmen nicht immer gut zu orten sind, auch wird der Chorklang dem Orchester immer vorgezogen. Karajan überzeugt am meisten in den leiseren Partien.

Die folgende Einspielung musste aufgrund Karajans Erkrankung 1975 unterbrochen werden und konnte erst ein Jahr später vollendet werden. Das Orchester zeigt hier mehr Präsenz als früher, auch eine bessere Balance insgesamt, allerdings sind einige wenige Unsauberkeiten nicht nachträglich korrigiert worden. Nach meiner Auffassung steht diese, wenn man so will, milde Interpretation zwischen Karajans erster und letzter Aufnahme. Diese entstand in der Zeit des Bruchs mit den Berliner Philharmonikern 1987 in Wien. Hier zu Hause klingt der Chor weniger ausgeglichen als früher in Berlin, jedoch rückt Karajan von seinem Oberstimmen-betonten Musizieren etwas ab. Im Requiem klingt er schwerfälliger, die Musik tritt hier auch etwas auf der Stelle. Der Dirigent richtet seinen Blick mehr auf das Dramatische, das sind aber die kürzeren Abschnitte in KV 626. Aufgebauscht wird erneut das Confutatis. Das Solisten-Quartett klingt nicht ausgeglichen, Anna Tomowa-Sintow greift zu Vibrato und Paata Burchuladze bleibt mehr im Hintergrund, im Tuba mirum ist sein Singen in T. 7 nahezu unhörbar. Für den, der Mozarts Requiem mit Karajan hören will, greife zu seiner ersten Aufnahme.

 

Carlo Maria Giulini

 

Zwei Aufnahmen hat der italienische Maestro dem Plattensammler hinterlassen. Beide Aufnahmen entstanden in London mit dem Philharmonia Chor und Orchester, die erste 1978 für EMI, die zweite 11 Jahre Später für CBS/Sony. Giulini pflegt einen klangvollen Espressivo-Stil, die Musik klingt erhaben, ernst und an etlichen Stellen auch monumental bei gemessenen Tempi. Selbstverständlich wird sauber musiziert, der großbesetzte Chor und das kleinere Orchester stehen in guter Balance zueinander. Giulinis Interpretation hinterlässt einen geschlossenen Eindruck. Ein Wermutstropfen jedoch ist das deutliche Vibrato der Solisten.

In der zweiten Version werden viele Abschnitte im getragenen Tempo gespielt, mehr als früher, das klingt dann doch etwas lastend. Der Chorklang ist im Vergleich etwas eingeengter, bleibt aber immer klangschön. Wie auch bereits früher pflegen die Solisten zu viel Vibrato, besonders stört dies im Recordare, das klingt dann schon an italienische Oper.  Nach 1978 ist die Neuaufnahme eigentlich überflüssig.

 

Nikolaus Harnoncourt

 

Auch von Harnoncourt liegen zwei Aufnahmen vor. Die erste stammt aus dem Jahre 1981, nicht mit einem Kammerchor, wie es sich für eine HIP-Aufnahme gebührte, sondern mit dem großbesetzten Wiener Staatsopernchor. Dieser singt jedoch rund, überaus klangschön, jedoch etwas geschlossen. Insgesamt kann man der Aufnahme ein blitzsauberes Musizieren bescheinigen, auch wenn Frau Wenkel nicht auf Vibrato verzichtet. Die zweite Aufnahme ist ein klanglich bestens eingefangener Mitschnitt aus dem Musikvereinssaal, kaum Publikumsgeräusche. Im Vergleich zu früher bietet Harnoncourt hier eine noch persönlichere Stellungnahme zu KV 626. Dagegen klingt die Teldec-Platte (im Nachhinein) artifizieller. Im Benedictus klingt der erste Takt gegenüber 1981 leicht verändert. Mein Vibrato-Meckern trifft jetzt die Sopranistin Christine Schäfer.

 

eingestellt am 25.06.23

Mozart    home