Das Klassik-Prisma |
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Bernd
Stremmel |
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Scheherazade op. 35
Sinfonische
Suite für Orchester nach „Tausendundeiner
Nacht“
1. Das
Meer und Sindbads Schiff – Largo e
maestoso – Lento
2. Die Erzählung des Prinzen Kalender – Lento – Andantino
3. Der
junge Prinz und die Prinzessin – Andantino
quasi Allegretto
4. Fest
in Bagdad – Das Meer – Das Schiff zerbricht an einem magnetischen Felsen – Allegro molto. Allegro molto e frenetico
In
den Jahren nach Hector Berlioz‘ Tod schaffte es neben Richard Wagner nur ein
Komponist, die technischen Möglichkeiten des großen, nach Beethoven noch
verbesserten Orchesters, mit bewundernswerter Bravour herauszustellen und
seinen Absichten gefügig zu machen, nämlich Nikolai Rimsky-Korssakoff.
Die Skala der Orchesterfarben ist bewundernswert und auf die jeweilige
Situation genau abgestimmt. Es ist kein Wunder, dass sich Dirigenten und
Orchester immer wieder von der Klangzauberei der Scheherazade-Suite angezogen
fühlen, auch die Schallplatte ging von Beginn an nicht an dem Werk vorbei.
Bevor
auf die 53 hier versammelten Einspielungen eingegangen werden soll, möchte ich
noch auf einige Stellen hinweisen:
1.
Satz: Nach dem ersten Violinsolo ist das Meer über
längere Zeit Begleiter des Hörers, dafür sind Bratschen und Celli zuständig:
ein Auf und Ab im Sechsviertel-Takt schafft eine ständige Bewegung, die bei den
Interpretationen von lasch bis heftig wechseln kann. Immer deutliche Wellen
„hört“ man z. B. bei Gergiev und Maazel. Silvestri
gliedert jeden Takt und markiert das dritte Viertel leicht als Auftakt zum
vierten, was eine ruhige, beruhigende Bewegung suggeriert.
Auf
dem Höhepunkt nach chromatisch fallenden Dreitonmotiven der Hörner bringen
Fagotte sowie Bass-Posaune und Tuba 9 Takte vor Partitur-Buchstabe E zweimal
ein aus dem Sultan-Thema entwickeltes markantes Motiv, wobei die Noten g-fis auf der Zählzeit 6 nur von den beiden Fagotten ausgeführt werden
sollen. Viel saftiger klingt es dagegen bei Beecham, Reiner, Stokowski, Markevitch, Steinberg, Fricsay, Silvestri Bernstein, Muti, Temirkanov, Ozawa-DG, Ashkenazy, Previn
und Mauceri, die auch Posaune und Tuba auf 6
mitspielen lassen. Das wiederholt sich noch einmal 4 Takte vor Buchstabe K.
2.
Satz: Laut Partitur sollte die Lautstärke des Solo-Fagotts sowie der Solo-Oboe
angeglichen werden, was jedoch selten zu beobachten ist, oft setzt die Oboe
lauter ein. Richtig klingt ist z. B. bei Ansermet und
Ozawa. Wenn bei Buchstabe B die Streicher einsetzen, wird es bei vielen
Aufnahmen noch lauter, von der Partitur ist dies jedoch nicht abgedeckt.
3.
Satz: Hier bedarf es eines umsichtigen Dirigats sowie eines angemessenen Tempos
(Partitur: quasi Allegretto), auf das die Musik nicht in Redseligkeit
abgleitet. Als Höhepunkt des Satzes sollten die Abschnitte D bis I gelten, wo
die ursprünglich etwas getragene Melodie der Streicher in ein tänzerisches
Kleid gesteckt und dazu locker von allerhand Schlagzeug (Kleine Trommel,
Tamburin, Triangel) begleitet wird, der Komponist verlangt hier ausdrücklich grazioso. Leider übersehen viele
Dirigenten die Wünsche des Komponisten im Hinblick auf die Lautstärke: Dort
steht für die Klarinette ein dreifaches Piano, für die
bei Buchstabe E folgende Flöte ein Forte. Leider wird hier oft wenig
differenziert. Sehr einfühlsam kann man es bei Markevitch
sowie Maazel hören.
Einige
Dirigenten (Stokowski-34, Ormandy-62, Fricsay) erlauben sich im 3. Satz einen
Strich von fast 38 Takten nach L bis P, immer an derselben Stelle. Die mir
bekannte Studienpartitur aus dem Eulenburg Verlag aus dem Jahre 2011 gibt
keinen Hinweis auf eine von dieser abweichenden Druckausgabe, sollte aber
angenommen werden. Auch das Autograph könnte Aufschluss geben.
Im
4. Satz ist es wichtig, dass der Dirigent während der längeren Abschnitte etwa mittels zu früh
einsetzenden Forte-Spiels die Spannung nicht verliert, hier sollte klug dosiert
werden.
Die
Handlung des Stückes vom grausamen Sultan Schahriar
und seiner Geliebten Scheherazade darf als bekannt vorausgesetzt werden. Die in
allen Sätzen anzutreffenden Violinsoli sollen Scheherazades betörende Stimme verkörpern, wenn sie dem
Sultan ihre Geschichten aus Tausendundeiner Nacht erzählt. Manchmal kann man
hören, wie der Sultan ungeduldig oder unzufrieden über die Erzählung mit seiner
Stimme drohend eingreift. Im Laufe der vier Sätze werden seine Einwürfe jedoch
sanfter. Beim Zerschellen von Sindbads Schiff scheint er zu triumphieren, im
Unterton scheint aber eine Freude über Scheherazades
Erzählkunst mitzuschwingen, die es fertiggebracht hat, seinen Groll über die
Untreue der Frauen zu überwinden. In der Regel werden diese Violinsoli
von dem Konzertmeister der jeweiligen Orchester gespielt, die sich so gut wie
möglich in eine weibliche Rolle hineinzuversetzen haben, was selten überzeugend
gelingt. Lediglich Lorand Fenyves
bei Ansermet, Christopher Warren-Green bei Ashkenazy,
Jaap van Zweden bei Chailly
sowie Rainer Honeck bei Ozawa gelingt der Geschlechtertausch.
Als Konzertmeisterin kennt Midori Seiler bei Anima Eterna dieses Problem
nicht, auch nicht Cecylia Arzewski bei Robert Spano.
5 |
Pierre Monteux |
London Symphony
Orchestra, Hugh Maguire, Vl. |
RCA
Decca |
1958 |
40‘11 |
|
I lebendige Erzählung, gute Spannungsbögen, II
lebhaft, sehr abwechslungsreich, hervorragende Soli der Bläser, III Monteux
gliedert den Satz in Haupt- und Nebenstimmen, achtet auf deutliche
Stimmführungen, immer lebendig, IV meist schnelles Tempo, Spannung steigt
nach und nach vom 1. Takt an bis zur Peripetie bei Buchstabe Y,
unterschwelliger Sog |
||||
5 |
Constantin Silvestri |
Bournemouth Symphony
Orchestra Gerald Jarvis, Vl. |
EMI |
1966 |
45‘29 |
|
Silvestri findet den richtigen Zugang zur
Scheherazade und nimmt seine Hörer mit, agogische Finessen immer im Sinne der
Partitur, im Gegensatz zu Stokowski, der das eigene Ego immer der Partitur
überstülpte – farbiges Klangbild, in großen Bögen musiziert, immer lebendig,
überzeugende Tempi |
||||
5 |
José Serebrier |
London Philharmonic
Orchestra Joakim Svenheden, Vl. |
Reference Recordings |
1999 |
44‘15 |
|
insgesamt stringentes Musizieren, farbige
Instrumentation der Musik sehr gut herausgearbeitet, Blick immer auch auf Details,
ohne sich dabei zu verlieren, überzeugende Tempi, Einsatz des Schlagzeugs mit
Delikatesse, sehr gute Transparenz und Balance, die Flöte wünschte ich mir
ein wenig ausdrucksvoller |
||||
5 |
Thomas Beecham |
Royal Philharmonic
Orchestra London Steven Staryk, Vl. |
EMI |
1957 |
45‘30 |
|
mit großer Einfühlsamkeit in Rimskys
Märchenwelt unterwegs, satte Farben, rhythmische Delikatesse, überzeugende
Tempi, sehr gute Balance, Hinwendung zu Details, angepasste Dynamik,
stimmungsvoll - I flache Wellen, II Fagott und Oboe, später auch Celli, recht
frei erzählend |
||||
5 |
Fritz Reiner |
Chicago Symphony
Orchestra Sidney Harth, Vl. |
RCA |
1960 |
44‘23 |
|
I Spannungsbögen, in Tutti-Abschnitten etwas
Streicher-lastig, lebendig, farbiges Klangbild, bei
Traquillo (B) ruhiger, aber nicht langsamer II
plastisches Musizieren, hervorragende Soli der Bläser, bei Buchstabe C
deutliche Pauke samt Doppelvorschlägen, plastische Pizzicati
bei F und L schaffen eine besondere Atmosphäre, III nachdenkliches Musizieren
mit einem Schuss Melancholie, viel Espressivo, bei
D mit rhythmischer Finesse, IV frenetico, trotz der vielen lauten Tutti-Abschnitten
gelingt Reiner noch eine gewisse Eleganz – Klang mit weniger Saft als man es
sonst von Reiner gewohnt ist |
||||
5 |
Kyrill Kondraschin |
Concertgebouw Orchester Amsterdam Hermann Krebbers, Vl. |
Philips |
1979 |
44‘20 |
|
I immer Wechsel zwischen Orchester- und Kammermusik,
nie plakativ, vornehmes Solo-Cello, II gute Transparenz, Stimmführungen
werden freigelegt, III immer lockeres Musizieren, Sensibilität für Farben, IV
prägnant formuliert, auch bei schnellem Tempo immer locker |
||||
5 |
Yuri Temirkanov |
New York Philharmonic
Orchestra Glenn Dicterow, Vl. |
RCA |
1991 |
48‘00 |
|
saftiger und farbiger Klang, breite
Ausdrucksskala, atmosphärisch dichtes Musizieren, russische Seele, rhythmisch
akzentuierter Votrag, im Finalsatz überdeutliches
Schlagzeug |
||||
5 |
Riccardo Muti |
Philadelphia Orchestra Norman Carol, Vl. |
EMI |
1982 |
45‘16 |
|
Muti als profunder Anwalt von Rimsky-K.
Instrumentationskünsten, leuchtende Klangfarben, plastisches Musizieren, immer
auch geschmackvoll – I nur flache Wellen, II Fagott anfangs zu leise, IV
äußerste rhythmische Präzision, bei Buchstabe X sehr gute klangliche
Differenzierung im Blech |
4-5 |
Jos van Immerseel |
Anima Eterna Midori Seiler, Vl. |
ZigZag |
2004 |
43‘00 |
|
|
HIP-Interpretation – I sehr detailreich,
Klangfarben der Instrumente kommen gut heraus, II Solo-Violine zu Beginn als
Ganzes, nicht in Teilen; Klarinette bei Buchstabe F etwas zu mechanisch,
Fagott bei L einfallsreicher, III hier vermisst man etwas an Eleganz, IV sehr
gute Differenzierung verschiedener Abschnitte, Haupt- und Nebenstimmen
deutlich voneinander abgehoben – gute Transparenz und Balance |
|
||||
4-5 |
Paul Kletzki |
Philharmonia Orchestra London Hugh Bean, Vl. |
EMI |
P 1960 |
44‘54 |
|
|
I Streicher klingen hier etwas rau, unsinnlich,
II lebendiges und spannungsvolles Musizieren, farbig klingende Holzbläser,
III Kletzki stellt die farbige Instrumentation
heraus, tänzerischer Charakter betont, Triangel etwas vernachlässigt, IV
rhythmische Kraft nutzend – gute Tempowahl, transparenter Klang und adäquate
Balance |
|
||||
4-5 |
Charles Dutoit |
Orchestre symphonique de Montreal Richard Roberts, Vl. |
Decca |
1983 |
45‘09 |
|
|
I farbenreich, Dutoit
leuchtet in die Paritur, große Bögen, II anfangs
zurückhaltendes Fagott, aufmerksames Dirigat, sehr lebendig, farbiges Klangbild,
III Celli decken bei Holzbläser zu, deutliches non legato der 1. Violinen bei B, IV con anima, eine der besten Darstellungen
dieses Satzes |
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||||
4-5 |
Seiji Ozawa |
Wiener Philharmoniker Rainer Honeck, Vl. |
Philips |
1993 |
42‘39 |
|
|
▼ |
|
||||
4-5 |
Seiji Ozawa |
Boston Symphony
Orchestra Joseph Silverstein, Vl. |
DGG |
P 1978 |
44‘45 |
|
|
▼ |
|
||||
4-5 |
William Steinberg |
Pittsburgh
Symphony Orchestra |
Capitol EMI |
1955 |
43‘30 |
|
|
I fließendes Musizieren, immer prägnant,
Steinberg hält das Blech immer am Zügel, II mit spürbarer Vitalität, immer
hellwach, III nach Buchstabe D immer rhythmisch betont, IV sehr lebendig,
pulsierend, farbenreich, spannungsvoll; eine der besten Darstellungen dieses
Satzes – sehr gute Balance, in lauten Tutti-Abschnitte jedoch kompakt |
|
||||
4-5 |
Mariss Jansons |
London Philharmonic
Orchestra Joakim Svenheden, Vl. |
EMI |
1994 |
45‘05 |
|
|
I gegliederter Ablauf, dynamischer Reichtum, II deutliche
Vorschläge der Pauke bei Buchstabe C spannungsvolle Gestaltung con anima, III
rhythmisch prononcierter Vortrag, bei A Celli decken Bläser zu, IV weitgehend
lockeres Musizieren, immer lebendig, guter Aufbau, nach der Peripeti große Trommel deutlich zusammen mit Posaunen und
Trompete |
|
||||
4-5 |
Ernest Ansermet |
Orchestre de la Suisse Romande Lorand Fenyves, Vl. |
Decca |
1960 |
43‘23 |
|
|
▼ |
|
||||
4-5 |
Lorin Maazel |
Cleveland Orchestra Daniel Majeske, Vl. |
Decca |
1977 |
41‘53 |
|
|
▼ |
|
||||
4-5 |
Lorin Maazel |
Berliner Philharmoniker Leon Spierer, Vl. |
DGG |
1985 |
45‘17 |
|
|
▼ |
|
||||
4-5 |
Ferenc Fricsay |
Radio-Sinfonie-Orchester Berlin Rudolf Schulz, Vl. |
DGG |
1956 |
47‘03 |
|
|
I nicht eilen, präzise ausgeführt, Klang ohne
Parfüm, Solo-Geige exakt, aber wenig verführerisch, II Klangfarben der Bläser
herausgestellt, III rhythmisch präzise Diktion, gezähmtes Schwelgen, IV
farbiges Klangbild, kein Spannungseinbruch, Fricsay achtet immer auf das
Schlagwerk – gute Transparenz und Balance |
|
||||
4-5 |
Valery Gergiev |
Orchester des Kirov Theaters St. Petersburg, Sergei Levitin, Vl. |
Philips |
2001 |
46‘33 |
|
|
I gewichtig, schweres Schiff?, Wellen immer präsent,
Solo-Horn nach Buchstabe B nicht überzeugend, Balance in Tutti-Abschnitten
nicht top, etwas kompakter Klang, II Solo-Violine immer sehr präsent, viele
Details, die sonst überspielt werden, spannungsreich, hier überzeugender
Klang, III immer sehr deutlich, IV herausgestellte Orchestervirtuosität,
zuletzt Raserei |
|
||||
4-5 |
Mstislav Rostropovitch |
Orchestre de Paris Luben Yordanoff, Vl. |
EMI |
1974 |
47‘18 |
|
|
Rostropovitchs vielversprechender Einstieg als Konzertdirigent, Interpretation
belegt Zuneigung zu diesem Werk, sehr farbiger Klang – I stimmungsvoll,
zurückhaltendes Tempo (auch im 2. Satz), 1. Horn könnte etwas hervortreten,
II nach Buchstabe G Besuch in Nibelheim?, Streicher
bei O/P nicht top, III Läufe der Flöten und Klarinetten bei C mit wenig
Ausdruck, IV überzeugende Gestaltung dieses Satzes |
|
||||
4-5 |
André Cluytens |
Orchestre National de la Radiodiffusion Française |
Pathé forgotten
records |
1952 |
45‘07 |
|
|
I überzeugender Satzaufbau, II fantasiereiche
Gestaltung, III Übergänge immer sehr deutlich geformt, IV sehr rhythmisch –
Dynamik im p-Bereich nicht immer
top, kompaktes Klangbild, jedoch einigermaßen transparent |
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4-5 |
Igor Markevitch |
London Symphony
Orchestra Erich Gruenberg, Vl. |
Philips |
1963 |
42‘23 |
|
|
I Musik immer in Bewegung, Spannugsauf-
und Abbau, deutliches Wellenschaukeln, II rhythmisch-betontes Musizieren,
jedoch nicht mit der Präzision von Monteux und Reiner, Klarinette und Flöte
nach G nicht deutlich, III Klarinetten-Solo nach D tatsächlich ppp, zu Beginn
von F Retusche: tiefes Blech statt Geigen, bis H bewegt, tänzerisch, IV
anfangs weniger bewegt, erst bei W wird es ernst, insgesamt geringere
Spannung – gute Balance |
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||||
4-5 |
Antal Dorati |
Minneapolis Symphony
Orchestra Rafael Druian, Vl. |
Mercury |
1958 |
40‘24 |
|
|
I schneller als üblich, Solo-Vl.
nach Buchstabe F mit viel Vibrato, II immer sehr fließend gehalten,
spannungsvolle Gestaltung, con anima, III sehr farbig, auch durch konsequent
wechselnde Tempi, A ohne Holz, IV auch hier sehr schnell, immer farbig, sehr
rhythmisch, messerscharfes Akkordspiel, teilweise auch knallig,
Orchester-Virtuosität herausgestellt |
|
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4-5 |
Kurt Masur |
New York Philharmonic
Orchestra Glenn Dicterow, Vl. |
Teldec |
1997 |
45‘01 |
|
|
I farbenreich, Masur gelingt es, des Schaukeln
des Schiffes auf dem Wasser erlebbar zu machen; gute dynamische
Differenzierung, II lebendig, vielschichtig, doppelte Vorschläge der Pauke
bei Buchstabe C deutlich, III Anfang als Breitwandgemälde, bei D rhythmisch
pointiert, Schlagzeug genau dosiert, viel Leidenschaft bei O, IV die lauten
Tutti-Abschnitte etwas fest musiziert, der Höhepunkt vor dem Finale kommt
nicht überwältigend, insgesamt aber mehr als nur zufriedenstellend |
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||||
4-5 |
Robert Spano |
Atlanta Symphony
Orchestra Cecylia Arzewski, Vl. |
Telarc |
2000 |
44‘23 |
|
|
aufmerksames Dirigat mit Stilbewusstsein, Blech
sehr gut disponiert, I gelassen, II doppelte Paukenvorschläge bei C,
insgesamt wünschte man sich etwas mehr an rhythmischem Schwung, III 1. Vl. bei Buchstabe B zu leise, ebenso Tamburin in C und 2.
Fl. in E, delikater Satzschluss – insgesamt sehr gute Dynamik, nicht
überdreht, transparenter Klang; eine vornehme Scheherazade |
|
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4-5 |
John Mauceri |
London Symphony
Orchestra Michael Davis, Vl. |
IMP |
1987 |
47‘08 |
|
|
farbiges Klangbild, breite Dynamik, spürbare
Vitalität, facettenreiche Gestaltung, orchestrale Vehemenz bei den
Tutti-Stellen, teilweise auch etwas plakativ, vor allem im vierten Satz, III Schlagwerk
leider hier zu zurückhaltend |
|
||||
4 |
Charles Mackerras |
London Symphony
Orchestra Kees Hulsmann, Vl. |
Telarc |
1990 |
45‘00 |
|
I geschmeidiges Musizieren, Partitur
durchleuchtet, bei Buchstabe F wird Orchestervirtuosität vorgeführt, poliert,
Solo-Vc mit viel Vibrato, II sowohl Fagott als auch
Celli-Soli zu zurückhaltend, Streicherbegleitung
bei F und L fast unhörbar, insgesamt etwas distanziert, III Celli decken Oboe
und Englischhorn zu, weniger Spannung, etwas kühl, IV ohne emotionalem
Überschwang, mehr Virtuosität als Rimsky-Korssakoff
– immer farbiges Klangbild |
||||
4 |
Riccardo Chailly |
Concertgebouw Orchester Amsterdam Jaap van Zweden, Vl. |
Decca |
1993 |
46‘39 |
|
I schwerblütig, ernst, II Solo-Bässe als
Begleitung des Fagotts zu leise, diese spielt sehr ernsthaft, III bei
Buchstabe D Dynamik genau umgesetzt, IV immer sehr locker, vornehm - Chailly hütet sich vor emotionsgeladenem Vortrag, immer
geschliffenes Musizieren, handwerklich alles Bestens, mehr mitteleuropäisch
als russisch geprägt |
||||
4 |
Charles Dutoit |
Royal Philharmonic
Orchestra London Clio Gould, Vl. |
Onyx |
2010 |
45‘23 |
|
eine weitere Aufnahme unter dem Dirigat von Dutoit, jedoch ohne neue Erkenntnisse, etwas weniger
Spannung, Höhepunkt vor dem Finale zu harmlos, Klangbild weniger farbig |
||||
4 |
Andris Nelsons |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
C major |
2011 |
45‘57 |
|
live Luzern, Soundtrack einer Blu-ray
– I/II Nelsons lässt sich Zeit, erst in den folgenden Sätzen vom Tempo
ansprechender, II Triangel nach Buchstabe K kaum zu hören, das spicato assai der Streicher 9 vor Buchstabe P
wenig geschärft, IV gefällt am besten – Soundtrack kommt klanglich nicht an CDs
heran, Dynamik im p-Bereich etwas
pauschal |
||||
4 |
Leopold Stokowski |
London Symphony
Orchestra Erich Gruenberg, Vl. |
Decca |
1964 |
45‘35 |
|
▼ |
||||
4 |
Leopold Stokowski |
Philadelphia Orchestra |
Victor
HMV Andante |
1934 |
44‘12 |
|
▼ |
||||
4 |
Lovro von Matačič |
Philharmonia Orchestra London Manoug Parikian, Vl.? |
EMI
Testament |
1958 |
43‘55 |
|
I darstellerische Konzentration, anfangs etwas
unentschlossen, solide, II Fagott-Solo etwas zu beiläufig, musikantischer
Ansatz, Präzision nicht immer höchstes Gebot, III große Linie wichtiger als
Details, bei Buchstabe F deutlich verschiedene Ebenen, wie ein Scherzo, IV Matačič steigert sich von Satz zu Satz, Trompete
versteckt sich am Ende von X hinter Hörnern, deutliche Celli bei V |
||||
4 |
Ernest Ansermet |
Conservatoire Orchester Paris Pierre Nerini, Vl. |
Decca
EMI |
1954 |
41‘55 |
|
▼ |
||||
4 |
Leonard Bernstein |
New York Philharmonic
Orchestra John Corigliano, Vl. |
CBS
Sony |
1959 |
46‘38 |
|
I etwas schwergängig und Streicher-lastig, II solide, aber etwas distanziert, wo ist der
heißblütige Bernstein?, bei Buchstabe C Balance in der Holzbläsergruppe gestört,
III mehr referiert als mit Anteilnahme musiziert, bei A decken Celli das
Englischhorn zu, IV jetzt wie ausgewechselt: viel Schwung, Schlagzeug wird
geweckt, Zusammenspiel jedoch nicht immer top |
||||
4 |
Herbert von Karajan |
Berliner Philharmoniker Michel Schwalbé, Vl. |
DGG |
1967 |
46‘24 |
|
insgesamt Streicher-lastiger
Klang, bei lauten Abschnitten auch aufgeplustert und al fresco, I Generalpause T. 5 verkürzt,
Wellen?, II ausdrucksstarke Kontrabässe in Begleitung des Fagotts, Streicher
1 nach Buchstabe D nicht präzise, ansonsten jedoch souveränes Musizieren, III
Englischhorn nach A verdeckt, bei Buchstabe M sehr viel Pathos, IV
martialisch, starr, immer unter Druck; der Sog und das Zerschellen wird kaum
vermittelt |
3-4 |
Leopold Stokowski |
Royal Philharmonic
Orchestra London Erich Gruenberg, Vl. |
RCA |
1975 |
44‘10 |
|
▼. |
||||
3-4 |
Myung-Whun Chung |
Orchestre de I’Opéra Bastille Frédéric Laroque, Vl. |
DGG |
1992 |
41‘28 |
|
I 1. Horn bei Buchstabe B zu zurückhaltend,
Balance zugunsten der Streicher verschoben, deshalb etwas blass, II Fagott
klebt etwas an den Noten, nicht so lebendig wie die folgende Oboe, bei Buchstabe
F Streicher als Begleitung der Klarinette zu leise, auch bei L als Begleitung
des Fagotts, etwas farblos, III französischer Rimsky-K.,
bei A decken Celli die Holzbläser zu, etwas steif, ohne Pep, IV immer wieder
schnelle Abschnitte, die dann später
gebremst werden, auf dem Höhepunkt schafft die 1. Trompete die vielen
hohen c nur mit Mühe |
||||
3-4 |
Jewgenij Svetlanov |
London Symphony
Orchestra John Georgiadis, Vl. |
EMI |
1978 |
49‘26 |
|
I eher ein Andante, zäh, geringe Transparenz, Pizzicati der Streicher bei Buchstabe B zu leise,
Wellenbewegungen?, insgesamt wenig Duft, II zögerliches Tempo, Kontrabässe in
Begleitung des Fagotts kaum hörbar, Posaune und Trompete bei D zu leise, III
etwas schwerfälliges Musizieren, kaum elegant, kaum grazioso bei den Bläserstellen, etwas spröde, IV bester Satz,
hier überzeugt Svetlanov, adäquates Tempo |
||||
3-4 |
Sergiu Celibidache |
SWR Sinfonie-Orchester Stuttgart Hans Kalafusz, Vl. |
DGG |
1982 |
49‘44 |
|
erzählender Vortragsstil, immer mäßige Tempi, mit
einer fast entwaffnender Ruhe, die schon in Behäbigkeit umschlägt – III Soli
der Holzbläser nach E kaum grazioso, jedoch schöne Holzbläserdetails an
späteren Stellen, IV weit und breit kein Magnetberg in Sicht |
||||
3-4 |
Sergiu Celibidache |
Münchner Philharmoniker |
EMI |
1984 |
54‘06 |
|
alle Sätze jetzt noch langsamer, jedoch werden
auch einige wunderbare expressionistische Klänge freigelegt |
||||
3-4 |
Rudolf Kempe |
Royal Philharmonic Orchestra
London Alan Loveday, Vl. |
EMI |
P 1971 |
45‘45 |
|
I deutliches Musizieren, Streicher-lastig, Balance dort nicht top, Klangbild weniger farbig,
geringere Spannung, II zahmes Fagott, dagegen Oboe kokett, III Celli dominieren
bei Buchstabe A zu sehr, viele Einzelabschnitte, mehr kontrolliert als
emotional beteiligt, Orient ausgeblendet, IV nur wie ein Pflichtstück |
||||
3-4 |
Vladimir Ashkenazy |
Philharmonia Orchestra London Christopher Warren-Green, Vl. |
Decca |
1986 |
45‘58 |
|
klangschöne Aufnahme, jedoch mehr sachlich als
einfühlsam, eine besondere Zuneigung zum Stück wird nicht evident, ohne die
selbstverständliche Präzision der besten Interpretationen – II deutliche
Vorschläge der Pauke bei Buchstabe C, 2. Posaune bei D zu moderat, III keine
besondere Aufmerksamkeit bei D-H, IV kaum Entwicklung der Spannung, das
Maestoso auf der Peripetie kommt zu selbstverständlich |
||||
3-4 |
Eugene Ormandy |
Philadelphia Orchestra Norman Carol, Vl. |
RCA |
1972 |
47‘24 |
|
▼ |
||||
3-4 |
Lawrence Foster |
Orchestre Philharmonique de Monte Carlo Roland Patterson, Vl. |
Erato |
1933 |
44‘39 |
|
moderat, ohne Durchschlagskraft an den
Höhepunkten, zu leise Wellen, etwas hausbacken, II Harfe bei Buchstabe A zu leise,
Pizzicato-Begleitung der Klarinetten- und Fagottsoli
zu leise, ohne wirkliche Überzeugungskraft, III Triangel bei D kaum zu hören,
Melodiestimmen ohne rhythmischen Kontrapunkt, es springt kein Funke über, IV
jetzt endlich mehr Profil, das rettet jedoch nicht den eher mäßigen
Gesamteindruck |
||||
3-4 |
Daniel Barenboim |
Chicago Symphony
Orchestra Samuel Magdad, Vl. |
Erato
Warner |
P 1993 |
48‘02 |
|
I Streicher-lastig (1. Geigen),
Tutti-Klang wenig differenziert, II vier Solo-Bässe zu leise, Crescendo mit
Accelerando kombiniert, III Celli decken Oboe zu, Soli bei Buchstabe D und E
zu behäbig, Streicher dominieren auch hier, insgesamt ohne Pep, IV wer hier
nur die letzten 5 Minuten hört, wird meinen: gut gemacht – aber es sind schon
43 Min. vergangen |
||||
3-4 |
Eduard van Beinum |
Concertgebouw Orchester Amsterdam Jan Damen, Vl. |
Philips
EMI |
1956 |
41‘03 |
|
I Beinum setzt sofort auf
Tempo und hält die Musik in Fluss, Wellenbewegungen etwas indifferent, die
große Linie gezeichnet, II Oboe leiert
etwas bei Buchstabe A, recht forsches Tempo nach O, wie ein Reißer, III zu
nüchtern, al fresco,
IV ohne orientalische Düfte – wenig farbiges Klangbild, mehr sachlich als
emotional beteiligt |
3 |
Zubin Mehta |
Los Angeles Philharmonic
Orchestra Sydney Harth, Vl. |
Decca |
1975 |
45‘48 |
|
I sich Zeit lassend, farbige Gestaltung, II
Posaune bei Buchstabe D ohne forza, Solo-Klarinette nutzt bei F kaum
Gestaltungsmöglichkeit, im Gegensatz zu Fagott bei L, insgesamt wenig
inspiriert, III insgesamt langsam und gewichtig, auch im rhythmisch geprägten
MT, bei M vermisst man Herzblut, IV Mehta hält sich als Gestalter zurück,
mehr ein Koordinator, das reicht hier jedoch nicht |
||||
3 |
Eugene Ormandy |
Philadelphia Orchestra Anshel Brusilow, Vl. |
CBS Sony |
1962 |
44‘09 |
|
▼ |
||||
3 |
Yakov Kreizberg |
Orchestre Philharmonique de Monte Carlo Daniel Lefèvre, Vl. |
OPMC |
2010 |
46‘28 |
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Mainstream, Klangbild wünschte man sich aufgedrosselter, kaum optimal, insgesamt wenig Esprit –
wenig Spannung, Wellen der Celli und Bratschen zu leise, II Fagott ohne Esprit,
doppelte Vorschläge der Pauken jedoch deutlich, Pizzicato-Begleitung der
Klarinetten- und Fagottsoli zu leise, geringe
Spannung, III bei Buchstabe D Tamburin zu leise, wenig rhythmisch
akzentuiert, IV auch hier wenig bis
kaum rhythmische Akzente, zahmes Finale |
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3 |
André Previn |
London Symphony
Orchestra John Georgiadis, Vl. |
RCA |
P 1968 |
46‘04 |
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I Musik tritt zu sehr auf der Stelle, Solo-Vl. bei Buchstabe F zurückhaltend, II bei D Phrasierung
von Streichern, Posaunen, und Trompeten nicht einheitlich, eher sachlich als
temperamentvoll, III A Celli decken Holz zu, IV Sechzehntel bei M verwischt,
zu wenig Spannung, am Höhepunkt dürfen sich Trompeten hinter den Hörnern
verstecken - das Werk klingt wie ein Pflichtstück, wahrscheinlich erging es
Scheherazade nach dem Ende wie ihre Vorgängerinnen |
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3 |
Hermann Scherchen |
Orchester der Wiener Staatsoper Rudolf Streng, Vl. |
Westminster |
1957 |
46‘40 |
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I unruhig, beschaulich, Solo-Geige mit viel
Vibrato, II Fagott und Oboe in der E ohne Spannung, wenig Farbe, ab Buchstabe
B schneller und interessanter, aber ohne innere Beteiligung der Musiker, es
klingt wie nur einstudiert, III und IV insgesamt wenig farbiger Klang, zu
distanziert, gestalterische Blässe, zu lahm |
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3 |
Loris Tjeknavorian |
Armenisches Philharmonisches Orchester Erivan |
ASV Brilliant |
1991 |
43‘31 |
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Orchester schlägt sich hörbar, jedoch ohne den
Leistungsstand guter mitteleuropäischer Klangkörper zu erreichen, bei
Tuttistellen tritt das Blech zu plakativ hervor, insgesamt isrt das Klangbild etwas flach sowie wenig farbig, ohne
Leuchtkraft – II Pizzicati bei den Solostellen bei
F und L zu leise, IV Becken nach B nur mit Metallschlägel angeschlagen |
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3 |
Stanislaw Gorkovenko |
St. Petersburg Radio und TV Sinfonie-Orchester |
Cugate Classics |
1992 |
43‘55 |
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I „Wellen“ der Celli nicht immer durchgehend,
Geigen dominieren zur sehr, II erste Kadenz des (ungenannten) Solisten nicht
top, 2. Posaune setzt zwei vor Ziffer E zu früh ein, zwei nach Ziffer E keine
Pause, Tutti-Einsätze nicht immer glatt zusammen, zahme Harfe drei vor Ziffer
Q, III interpretatorischer Gleichlauf, Einheitsdynamik im p, kaum dolce, Schlagwerk im MT
ohne Duft, IV Artikulation nicht immer nach Partitur, kaum Spannung, Balance
im Tutti beim Höhepunkt nichtgegeben – kein delikates Orchesterspiel, etwas
flaches Klangbild, keine optimale Balance und Transparenz |
Hinweise zu
Interpreten und Interpretationen:
Leopold Stokowski
Dem
Dirigenten Stokowski wurde schon zu Lebzeiten nachgesagt, dass er beim
Musizieren sein Augenmerk mehr auf den äußerlichen Effekt als die musikalische
Substanz legte. Stücke, die sich durch
Kraft, Farbigkeit des Klanges und Virtuosität auszeichneten, kamen seinem
Geschmack entgegen und ihnen wurde in seinen Konzertprogrammen sowie
Schallplattenaktivitäten ein bevorzugter Raum zugewiesen. So verwundert es
nicht, dass er Rimsky-Korssakoffs Scheherazade-Suite
mehrmals für die Schallplatte produzierte, wobei die fortgeschrittene Auf- und
Wiedergabetechnik gewiss auch eine wichtige Rolle spielte.
Meine
älteste Platte wurde 1934, kurz vor Ende seiner langen Ära als Chefdirigent des
Philadelphia Orchesters, aufgenommen. Schon hier wird der Hörer Zeuge von Stokowskis
Eigenarten und Vorlieben: Das Orchester klingt Streicher-lastig und wenn möglich werden Portamenti eingesetzt, die
ein Fließen der Melodien suggerieren sollen. Dabei kann die Musik leicht an den
Rand des Kitsches abgleiten, Hollywood lässt grüßen. Ein weiterer Negativpunkt
zeigt sich in Stokowskis Hang zur partiellen
Bearbeitung des Notentextes, um eine vermeintliche Verbesserung oder/und höhere
Deutlichkeit der Absichten des Komponisten herauszustellen. In seiner ersten
Aufnahme fügt er im 2. Satz beim Buchstaben N ein Xylophon hinzu, auch im 3.
Satz findet man kleinere Retuschen bei den Buchstaben D und E. Viele aus Stokowskis Zuhörerschaft sahen ihm diese „Verbesserungen“
nach und genossen letztlich die überwältigenden Eindrücke. Bei seinem Hang zum al fresco-Musizieren
gehen auch viele Details verloren. Die Aufnahme klingt gewiss effektvoll und
kann einen starken Eindruck bei den Zuhörern hinterlassen, hat sich jedoch um
Etliches von der Partitur entfernt.
30 Jahre später erfolgte eine weitere
Aufnahme, jetzt mit dem London Symphony Orchestra in Deccas neuem „Phase 4-Stereo“, das sich durch eine hohe
Klangtreue, Breite und Präsenz auszeichnet. An vielen Stellen ist sie nun
dramatischer, exaltierter ausgefallen, allerdings empfinde ich den Klang
insgesamt etwas rauer. Die Streicher spielen immer wieder mit breitem Strich
auf und dominieren oft das Klangbild. Sechs Takte nach Buchstabe M fügt
Stokowski zweimal ein Tamtam hinzu, um dem Höhepunkt ein ultimatives Gewicht zu
verleihen, sehr theatralisch, aber auch etwas kitschig. Eine ähnliche Wirkung
soll durch je einen zusätzlichen Trompetenstoß 7 nach U und 8 vor Z erreicht
werden. Auf die ganze Suite bezogen sind es jedoch nur kurze Momente. Der Hörer
muss hier selbst entscheiden, ob er Stokowskis
Auffassung nachgibt.
Mit
93 Jahren kommt noch eine letzte Aufnahme von Scheherazade. Neues kann uns der
Maestro nicht mehr erzählen. Das Royal Philharmonic
Orchestra spielt zwar am deutlichsten von allen drei Klangkörpern, insgesamt
ist der Klang jedoch weniger präsent, weniger saftig und es wird mit weniger
Herzblut musiziert als bei der Vorgängeraufnahme.
Ernest Ansermet
Innerhalb
von nur sechs Jahren hat Ansermet die Scheherazade
zweimal in die Rillen gebannt, zunächst in Paris in Mono, dann in Genf in
Stereo mit seinem Orchestre de la Suisse Romande. Ansermets früheres
Wirken als Ballettdirigent scheint an einigen Stellen, besonders im 3. Satz,
durch und führt zu einer Bereicherung der Klangpalette. Andererseits ist sein
vorausschauendes und geradliniges Musizieren nicht zu überhören, was nicht
heißen soll, er lege weniger Wert auf Details. Im Finalsatz z. B. verbindet er
kurz vor Schluss die Achtelnoten der triumphierenden Posaunen und Trompeten mit
denen der großen Trommel, so wie es der Komponist will, die aber kaum so
eindringlich herauskommen wie in Ansermets Pariser
Aufnahme. Leider klingt diese bei lauten Tutti-Abschnitten rau und weniger
rund. Die sowieso schon enge Mensur des französischen Horns wird im 1. Satz
zusätzlich mit Vibrato angereichert, das finde ich nicht überzeugend. Die
Genfer Stereo-Aufnahme beweist durch vollen, runden und farbigen Klang, der
mehr in die Breite geht, ihre Berechtigung. Auch klingt die Solo-Violine hier
einfühlsamer. Im Finalsatz kommen jetzt bei Buchstabe K die zweiten
tiefgelegenen Holzbläserketten, die leicht untergehen, so deutlich wie sonst
nirgends, da sie fast immer von Trompeten und Posaunen verdeckt werden.
Eugene Ormandy
Der
ungarische Dirigent legt die Scheherazade recht extrem aus. Wichtig scheint ihm
eine klanglich überrumpelnde Wirkung auf seine Zuhörerschaft zu sein. Das
Klangbild ist vor allem in Tutti-Abschnitten arg Streicher-lastig,
schon in der Nähe eines Hollywod-Sounds. Zusammen mit
auftrumpfendem Blech wird die Musik dann arg plakativ. Dabei gehen viele
Details und Instrumentationskünste verloren. Die frühere Aufnahme von CBS ist
klanglich der späteren in RCAs Quadro-Technik weit
unterlegen. Ormandy nimmt sich jetzt drei Minuten mehr Zeit, jedoch bleibt die
Grundtendenz seiner Auffassung dieselbe, auch wenn die Trompete vor J nicht so
aufdringlich plärrt als früher und die Vorschläge der Pauke bei C im 2. Satz
deutlich herausgearbeitet werden. Gleich zu Beginn verkürzt der Dirigent die
Generalpause in Takt 5 und ziemlich am Ende markiert kein Tamtam den letzten fff-Höhepunkt. Das verwundert bei einem
Dirigenten, dem eine gelungene klangliche Verwirklichung eines Musikstückes
eingebunden in den strukturellen Zusammenhang immer sehr am Herzen lag.
Lorin Maazel
Dem
Musikfreund stehen zwei Studio-Produktionen mit der Scheherazade-Suite zur
Auswahl: 1977 spielte er sie mit dem Cleveland Orchestra für Decca ein, acht
Jahre später mit den Berliner Philharmonikern für die DGG. Auf dieser CD kommen
die Tutti-Abschnitte im Breitwandsound, hier und da auch etwas plakativ,
besonders im letzten Satz. Maazel achtet jedoch immer auf einen detaillierten
Vortrag und leuchtet in die Partitur. Die Aufnahmetechnik unterstützt die
spezifischen Klangfarben, vor allem der Solo-Bläser, die mit bewundernswerten
Leistungen eingefangen sind. Das Finale fällt dagegen etwas ab, der dynamische
Aufbau vor dem Maestoso-Höhepunkt nach Buchstabe W ist nicht durchgeformt, das
klingt dann etwas kalkuliert, sachlich kühl. Die ältere Platte aus Cleveland
zeigt eine ähnliche Interpretationshaltung, ist aber in allen Sätzen etwas
schneller, was das orientalische Flair der Musik im dritten Satz mehr unterstreicht.
Der Höhepunkt im vierten Satz wird mit Vehemenz angestrebt, das Finale
überzeugt. Die Decca-Platte klingt saftiger als die der DGG, jedoch nicht so
opulent.
Seiji Ozawa
Der
japanische Dirigent entpuppt sich bei Rimsky-Korssakoffs
Reißer als ein Sensualist, mit einem untrüglichen Sinn für Klangfarben,
plastisches Musizieren sowie differenziert wiedergegebene rhythmische Abläufe.
Interpretatorisch jedoch bleibt er in bekannten Bahnen. Im ersten Satz stellt
er ein üppiges Gemälde von Sindbads Schiff vor das innere Auge des Zuhörers. Im
letzten Satz lässt er sehr locker, fast sportlich, musizieren; hier und da
klingt die Musik jedoch auch ziemlich grell. Leider spielen die Streicher mit
einem etwas dicken Strich auf. Manch einem Hörer wird Ozawas
Interpretationsansatz als etwas vordergründig, da zu plakativ, vorkommen. Die
letzte Aufnahme mit den Wiener Philharmonikern empfinde ich klanglich als etwas
dunkler als die aus Boston, sie besitzt jedoch etwas mehr Tiefenstaffelung.
Hier gelingt es dem Dirigenten, das Redselige des dritten Satzes zu mindern.
Auch das Schlagzeug bleibt immer schlank.
Immer
wieder versorgen mich Freunde des Klassik-Prismas mit zusätzlichen Aufnahmen,
herzlichen Dank!
eingestellt am
13.11.17
neu ergänzt am
04.02.19