Das Klassik-Prisma

 

 Bernd Stremmel

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Klaviersonate A-Dur D. 664 (op. 120)

Allegro moderato – Andante – Allegro

 

Mit der Klaviersonate A-Dur D. 664 gelang Schubert nach etlichen vorangegangenen Versuchen mit der Sonatenform – Zeugen sind die vielen abgebrochenen und liegengebliebenen Sätze – endlich wieder ein vollgültiges Werk. Es entstand in zeitlicher Nähe zum berühmten Forellenquintett. Am Beginn seiner Sonatenkomposition orientierte sich Schubert an Beethoven, jedoch dessen sehr unterschiedlicher Umgang mit dem Material seiner Sonaten konnte nicht das Vorbild für den ganz anders gearteten Schubert sein. Bis er sich dies jedoch eingestand, vergingen einige Jahre mit Misserfolgen. Nicht das Auseinandernehmen und Neuzusammensetzen von Motiven und Themen in einen sinnvollen Zusammenhang, wie es Beethoven pflegte, kam seinem Empfinden entgegen, sondern die immer wieder neue Beleuchtung eines Themas, vor allem durch wechselnde harmonische Umfelder, wobei das Spiel mit Dur und Moll bewusst gepflegt wurde. Dies ist in dieser A-Dur-Sonate immer gegenwärtig.

Die Ecksätze sind jeweils nach der Sonaten(haupt)satzform gearbeitet, mit zwei gegensätzlichen Themen. Im Kopfsatz klingt beim zweiten Thema schon die Wanderfantasie mit ihrem daktylischen Thema (Wanderer-Rhythmus) an, Schubert komponiert sie jedoch erst drei Jahre später. Zuerst erscheint das Wandererthema im bekannten Lied Der Wanderer D. 489. Dem Komponisten war dieser Rhythmus bereits aus dem zweiten Satz von Beethovens 7. Sinfonie geläufig.

Bei der Interpretation der kleinen A-Dur-Sonate ist auf eine deutliche Tempoabstimmung der drei Sätze zu achten. Der Kopfsatz ist mit Allegro moderato überschrieben. Manche Interpreten legen das Gewicht auf Moderato und wählen folglich ein langsameres Tempo, das kann man als legitim bezeichnen, nur ist dann darauf zu achten, dass der Mittelsatz – Andante – jetzt nicht schneller genommen wird, sondern eher etwas langsamer. Das Finale trägt die Vortragsbezeichnung Allegro, es sollte jedoch nicht zu schnell gespielt werden, um die Architektur des Werkes nicht zu stören.

Die Sonate entstand wahrscheinlich im Jahre 1819 während eines Sommer-„Urlaubs" gemeinsam mit dem befreundeten Sänger Michael Vogl im österreichischen Steyr für die 18jährige Tochter des Kaufmanns Josef von Koller, „die brav Klavier spielt", wie sich Schubert äußerte. Mit ihrer eher schlichten Faktur sowie den geringeren pianistischen Anforderungen nahm sie wohl Rücksicht auf die Fähigkeiten der jungen Klavierspielerin. Diese Eigenschaften wie auch die Liedhaftigkeit des ersten Satzes ließen diese Sonate einst zu den populärsten Schuberts werden.

Der Pianist Philippe Cassard äußert sich im Booklet seiner CD folgendermaßen: Man spürt, wie glücklich Schubert über seine melodischen Einfälle ist; er kann nicht davon lassen, sie zu wiederholen. Jede Wiederholung rührt den Zuhörer, so als vermögen bereits vernommene Spannungen noch dichtere Gefühle hervorzurufen – ein Geheimnis, das allein Schubert eigen ist. Was ich an dieser Sonate besonders mag, ist ihr diskretes Gebaren, die scherzhafte Seite im Schlusssatz und das quartettartige Andante im Mittelsatz.

 

5

Eduard Erdmann

Electrola

1949

16‘39

 

I bewegtes Tempo, immer den Blick nach vorn gerichtet, unverzärtelt, sehr gute dynamische Differenzierung, II Andante, Stimmführung in den Akkorden freigelegt, III werkgetreue Wiedergabe – stimmige Temporelationen zwischen den Sätzen

5

Wilhelm Kempff

DGG

1967

20‘24

 

I kleine Tempomodifikationen sollen Schuberts Absichten verdeutlichen (z. B. bei Harmoniewechsel), lyrisch, facettenreich und vor allem poetisch; Musik im Salon, nicht auf dem Podium gespielt, II weich, empfindsam, III fantasievolle Gestaltung, Kempff hätte noch mehr zwischen p und pp unterscheiden können

5

Solomon

EMI     Testament

1956

18‘58

 

natürlich fließendes Musizieren, Schubert pur, nichts Aufgesetztes, stimmige Temporelationen zwischen den Sätzen; manch einem Hörer wird diese Annäherung an D. 664 vielleicht zu objektiv sein

5

Alan Marks

Nimbus

1994

20‘29

 

live – I heiter, geringfügige Temporücknahmen, feinfühlige Übergänge, Dynamik im p-Bereich noch nicht ausgeschöpft, II Akkord-Stimmen einzeln zu verfolgen, III Akkuratesse, verbunden mit inspiriertem Vortrag

5

Anton Kuerti

Analekta

1984

20‘36

 

I immer wieder dynamische Abstufungen, wunderbare Anschlagskultur, geringfügige Tempoverschiebungen auch innerhalb eines Taktes, Musik gestaltet, III schnelles Allegro, bewusster Kontrast zu den ersten beiden Sätzen

5

Radu Lupu

Decca

1991

19‘30

 

I mit Feingefühl, jedoch auch zupackend, II fast schon ein Adagio, Abschnitte gut voneinander abgesetzt, III schnelles Tempo, breite Ausdrucksskala, virtuos

5

Svjatoslav Richter

EMI

1963

24‘42

 

s. u.

5

Andras Schiff

Decca

1992

23‘35

 

I wie ein Spaziergang durch Schuberts Sonatenwelt, durchsichtiger Klaviersatz, gute dynamische Differenzierung, II Atmosphäre, III delikat, rhythmisch betont

5

Philippe Cassard

ambroise

2001

19‘22

 

fantasievoller Umgang mit dem Notentext, sehr guter Klang, gut abgestimmte Bässe

5

Michael Korstick

CPO

2010

22‘33

 

I wie ein Lied ohne Worte, Korstick bleibt im MT T. 57-64 immer maßvoll, Musik wird nicht herausgeschleudert, II feinfühlig interpretiert, Pianist artikuliert genau nach Schuberts Vorgabe: T. 2 und 4 jeweils Achtel der rechten Hand legato, die der linken Hand jedoch abgesetzt, entsprechend auch T. 51/53, II schwungvoll, mit Hingabe

 

4-5

Dimitri Bashkirov

Erato

1991

22‘23

 

I prägnantes Spiel, bewegt, Tiefen der Musik ausgelotet, II als Kontrast hier gefühlvoll, wie ein Nocturne, III motorisch, tänzerisch, brillant

4-5

Grigory Sokolov

BR-Aufnahme

2000

27‘20

 

live Ingolstadt, unveröffentlicht – I Moderato, Sokolov interpretiert D. 664 im Blick auf die späteren Sonaten; der Interpretation fehlt das Leichte, Unbeschwerte, statt dessen klopft er alle Motive und Themen auf ihre Bedeutung innerhalb des Satzes ab, wobei er vor Tempowechsel nicht zurückschreckt, II con molto espressione, linke Hand T. 17 und 19 belebt parallel zu den ausgehaltenen punktierten Viertel in der rechten Hand, III mäßiges Allegro, sprechende Artikulierung – Interpretation abseits des Üblichen, der man aber Respekt nicht verweigern kann

4-5

Walter Klien

Vox

1971-1973

20‘06

 

I Tempo Rubato um Satzteile gegeneinander abzusetzen, ausgewogen, II mit Feingefühl, III geradlinig – etwas trockener Klang, Flügel klingt im Tiefbass stumpf

4-5

Paul Badura-Skoda

Genuin

1972

19‘02

 

s. u.

4-5

Paul Badura-Skoda

RCA

1968

19‘14

 

s. u.

4-5

Paul Badura-Skoda

RCA

1971

18‘54

 

s. u.

4-5

Herbert Schuch

Oehms

2012

21‘30

 

I mehr Moderato als Allegro, eher männlicher Vortragsstil, Rubati, II Andante, eher sachlich als gefühlsbetont, III mit Hingabe

4-5

Lucas Debarque

Sony

2016

21‘02

 

I liebevoller, fast zärtlicher Umgang mit Schuberts Musik, Debarque klopft den Notentext auf sinnstiftende Stellen ab, immer wieder kurzes Innehalten, wie ein sich-Vergewissern, auch im Finalsatz, moderates Tempo, insgesamt persönliche Note

4-5

Sergio Fiorentino

Piano Classics

1996

20‘51

 

I moderates Tempo, schlicht, mit Anmut, ohne eigenes Zutun, II Schuberts Notenvorlage sensibel umgesetzt, unterschwellige Melancholie im Ausdruck, III dynamische Differenzierung im p- Bereich etwas großzügig

4-5

Michael Kazakevich

Conifer Classics

1994

24‘25

 

I moderates Tempo, mit viel Feingefühl sowie einem Schuss Melancholie, sehr gute dynamische Differenzierung, II im Ausdruck etwas trocken,T. 2 und 4 Achtel wie notiert artikuliert, III akkurat, immer belebt, jedoch nicht zu schnell vorgetragen

4-5

Maria Joāo Pires

DGG

2004

23‘19

 

I warmherzig, kantabel, aber auch kraftvoll, II sehr ruhig, III ihr Spiel erinnert an Mozart, stellenweise sehr pointiert

4-5

Vladimir Ashkenazy

Decca

1966

22‘07

 

wie selbstverständlich musiziert, jedoch ein wenig geglättet, keine Extreme, ein schöner Schubert

4-5

Svjatoslav Richter

JVC Eurodisc

1979

25‘03

 

live, s. u.

4-5

Svjatoslav Richter

BMC

1978

25‘14

 

live, s. u.

4-5

Geza Anda

aura

1965

16‘36

 

live - I Anda dreht immer wieder an der Tempostellschraube, sehr persönliche Auslegung, neue Sicht, II elegisch, sehr gute dynamische Differenzierung, III hier ohne persönliche Note, abgesehen T. 121 vor der Rückführung zur Reprise

4-5

Myra Hess

EMI

1928

17‘26

 

I moderates Tempo, Musik spricht wie aus sich selbst, ziemlich tempokonstant, jedoch Rubato vor der Reprise, II fast schon Adagio, mit innerer Ruhe, III locker, überzeugendes Tempo

4-5

Jean-Claude Pennetier

HMF

1980

20‘52

 

I Pianist geht lyrisch feinfühlig zur Sache, sehr klar, II fast schon Adagio, stimmungsvoll, III 2. Th. etwas langsamer, markant akzentuiert

4-5

Ingrid Haebler

Philips Decca

1969

20‘28

 

I Musik kommt immer wieder ins Stocken, in Abschnitten musiziert, facettenreich, deutlich in drei Abschnitte gegliedert, III immer nahe bei Schubert – weicher Klavierklang

4-5

Christian Zacharias

EMI

1992/93

21‘11

 

I Allegro , Schubert-Nähe hörbar, Synthese zwischen weichem Fließen und beherrschtem Zugriff, II Andante, gute Temporelationen, III Allegro, elegant

 

4

Elisabeth Leonskaja

Teldec

1992

26‘04

 

I molto moderato, mit viel Klangsinn und artikulatorischer Feinarbeit, Musik wirkt jedoch ermüdet und ermüdend, etliche Rubati, II Adagio, kein Kontrast zu Satz 1, III hier überzeugt Leonskaja mit ihrem zupackenden Spiel, der Satz steht jedoch wie ein Fremdling neben den beiden ersten

4

Elisabeth Leonskaja

MDG

2003

25‘55

 

keine entscheidenden Abweichungen gegenüber der früheren CD, II Pianistin schafft es nicht, das Gefühl des „auf der Stelle tretens" zu vermeiden, Sätze 2 und 3 jetzt besser verbunden – Klavierspiel klingt jetzt kerniger

4

Alfred Brendel

Philips

1982

25‘25

 

I mehr Moderato als Allegro, die Musik unter die Lupe genommen, mehr sachlich als gefühlsbetont musiziert, glasklarer Klavierklang, II Andante con moto, stellenweise etwas trocken, wenig Atmosphäre, III zögerliches Tempo, moderat, teilweise kämpferisch

4

Alain Planès

HMF

2000

20‘38

 

I Musik läuft wie selbstverständlich, jedoch etwas zu gleichmäßig, II tadellos, jedoch zu sachlich, III etwas trocken, dynamische Differenzierung etwas großzügig

4

Leon Fleisher

CBS Sony

1963

18‘10

 

I technisch, wie erwartet, perfekt, jedoch etwas kühl, Fleisher punktiert T. 53 auch das drittel Achtel im Bass, wie in der Exposition in T. 10, wollte er da auf einen Übtragungsfehler aufmerksam machen? II stimmungsvolles Vorgehen, III 2. Thema zu laut, sonst wie Satz 1

4

Aldo Ciccolini

EMI

P 1975

15‘34

 

I mehr Moderato als Allegro, sehr helles Klangbild, ruhig fließend, klar, II T. 2 und 4 Achtel in beiden Händen legato, in der Reprise genauer artikuliert, III entspannt – dynamische Differenzierung im p-Bereich recht großzügig

4

André Watts

EMI

1990

23‘01

 

I Blick nach vorn gerichtet, zu viel Pedalnebel, trotzdem weniger vom Klang hergeleitet, II korrekt, lässt aber nicht aufhorchen, III ziemlich trocken ( T. 76-79 und T. 197-199), ohne wirkliche Gestaltungskraft – im Kopfsatz auch etwas Hall

4

Rudolf Buchbinder

EMI

1987

19‘17

 

I Pianist lässt sich Zeit für die Schönheiten der Musik, ansprechend, Schluss langsamer, II Andante, jedoch ohne Tempokontrast zum Kopfsatz, Differenzierung im p-Bereich unterbelichtet, die ist besonders in diesem Satz gefragt, III gefällig – vordergründig gelungen, jedoch etwas einförmig aufgrund nicht ausreichender dynamischer Differenzierung

4

Mitsuko Uchida

Philips

2001

19‘18

 

insgesamt gefällige Interpretation, etliche deutliche Rubati, dynamische Differenzierung etwas großzügig, I T. 90/91 punktierte Achtel in der linken Hand verwaschen

4

Nikolaus Lahusen

Aulos

1987

24‘30

 

ausgeglichenes Musizieren, geradlinig, unprätentiös, lässt nirgends aufhorchen, wirkt aufgrund der Beachtung aller Wiederholungen etwas langatmig – dynamische Differenzierung vernachlässigt

4

Carmen Piazzini

Arte Nova

1991

19‘45

 

I geradlinige Darstellung, immer wieder dezente Rubati, II mehr sachlich als emotional beteiligt, III Interpretation klingt wie nur pflichtgemäß –dynamische Differenzierung im p-Bereich großzügig

4

Michael Endres

Capriccio

1993/94

19‘24

 

solide, eher sachlicher Vortragsstil, lässt kaum aufhorchen

 

3-4

Michel Dalberto

Denon           Brilliant

1994

25‘24

 

I eher Moderato als Allegro, kein stabiles Tempo, immer wieder Rubati, 2. Th. schneller, Spannungseinbrüche, II Adagio, schwerblütig, hier stabiles Tempo, III vital, ziemlich überzeugend

3-4

Gilbert Schuchter

Tudor

P 1988

17‘42

 

I etwas hölzernes Klavierspiel, II sehr ruhig, kaum dynamische Differenzierung, III zu vorsichtig, ohne spürbare Vitalität

3-4

John Damgaard

Scandinavian Classics      TIM

P 2002

15‘11

 

wiederholt kleine Rubati an den Gelenkstellen sowie Tempoänderungen deuten auf absichtsvolles Vorgehen hin, bei T. 11/15 oder übermäßige fz auf unbetonten Taktteilen in T. 56/60, so wird der Fluss der Musik immer wieder in Frage gestellt, III Crescendo bereits vor dem Höhepunkt in T. 112 abgebrochen

 

Schubert hat in den Ecksätzen für die jeweilige Exposition eine Wiederholung vorgesehen. Im ersten Satz zusätzlich auch für die Durchführung samt Reprise, das sind 77 Takte. Falls sie ausgeführt wird, verlängert sich die Spieldauer um 3 bis 5 Minuten, je nach Tempo.

Alle Wiederholungen bringen vor allem die russischen Interpreten (Richter, Ashkenazy, Leonskaja, Bashkirov, Sokolov, Kazakevich), aber auch Brendel, Watts, Pires, Zacharias, Schiff, Dalberto, Korstick und Lahusen.

Ciccolini, Anda und Schuchter verzichten auf sämtliche Wiederholungen. Kempff lässt die Wiederholung im Finale aus, Hess wiederholt nur die Exposition im Kopfsatz. Alle bis hierhin nicht genannten Interpreten verzichten auf die zweite Wiederholung im Kopfsatz.

Hinweise zu Interpreten und Interpretationen

Svjatoslav Richter

Zusammen mit Schuberts Wandererfantasie brachte Electrola/EMI die A-Dur-Sonate D. 664 auf den Plattenmarkt. Den ersten Satz spielt Richter mehr Moderato, kaum Allegro; man meint, der Pianist nähme sich alle Zeit der Welt für dieses Kleinod. Sein prägnantes Klavierspiel fehlt auch hier nicht, ist gepaart mit einem feinfühligen Umgang mit dem Notentext, dabei hilft auch die sehr gute Dynamik. Ein Hauch von Melancholie liegt über diesem Satz, aber auch über dem Andante, dass Richter aus Konsequenz zum vorherigen Moderato jetzt zu einem Adagio umbiegt. Hier beeindrucken vor allem die superben klanglichen Schattierungen. Mit viel Schwung und Nachdruck kontrastiert das Finale zu den vorangegangenen Sätzen. Eine überzeugende Leistung, sofern der Hörer sich nicht durch ihre langsamen Tempi gestört fühlt.

Neben dieser Studio-Produktion, die in Paris entstand, sind zwei weitere Livemitschnitte auf dem Markt, die sich interpretatorisch wenig von jener unterscheiden, abgesehen von noch geringfügig langsameren Tempi. In der Budapester Aufnahme von 1978 stören durchgehend leise Geräusche des Flügels (Pedal?). Das Finale ist zwar langsamer, Richter spielt an f-Stellen jedoch wilder als früher. Beim Tokyo-Mitschnitt ein Jahr später lässt die dynamische Differenzierung im p-Bereich etwas nach und der zweite Satz besitzt weniger Spannung. Auch muss der Hörer einige störende Publikumsgeräusche in Kauf nehmen.

Paul Badura-Skoda

Mit dem österreichischen Pianisten liegen drei Studioeinspielungen vor, die innerhalb vier Jahren alle in Wien entstanden sind. Das hörte sich plausibel an, wenn die interpretatorischen Unterschiede deutlich hervorstechen würden, was jedoch nicht der Fall ist. Den Kopfsatz spielt Badura-Skoda geradlinig, unverzärtelt, klar, mehr sachlich als emotional betont. Der Fluss der Musik wird dabei kaum gebremst oder sogar unterbrochen. Das setzt sich auch im zügig gespielten Andante fort. Hier wünscht sich der Hörer eine noch deutlichere Differenzierung zwischen p- und pp-Abschnitten. Zu Beginn des dritten Satzes gelingen dem Pianisten die beiden Sechzehntel-Skalen des Themas in den RCA-Aufnahmen nicht ganz ebenmäßig, bei Genuin klingt das besser. In dieser Interpretation wird die Musik ab T. 114 deutlich leiser, in den anderen Aufnahmen weniger. Worin liegen aber die Unterschiede, dass sich der Pianist zwei Neuaufnahmen wünschte? Ich denke, dass der Klang der Instrumente ausschlaggebend war. Bei der 1971-Aufnahme klingt der Flügel heller, klarer als zuvor. Die letzte Aufnahme vermittelt mehr Wärme als ihre Vorgängerinnen, vielleicht war es das, was Badura-Skoda bei dieser Sonate vorschwebte.

eingestellt am 31.03.18

 

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