Das Klassik-Prisma |
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Bernd
Stremmel |
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Franz Schubert
Oktett F-Dur D. 803
für
Klarinette, Fagott, Horn, Streichquartett und Kontrabass
Adagio,
Allegro – Adagio – Scherzo, Allegro vivace, Trio – Andante con
variazioni – Menuetto,
Allegretto, Trio – Andante molto, Allegro
Nur wenigen Musikfreunden ist
bekannt, dass Schubert nicht nur ein Oktett, nämlich das hier zur Diskussion
stehende aus dem Jahre 1824, komponiert hat, sondern diesem ein früheres
voranging, welches im Jahre 1813 entstand, jedoch nur für Bläser geschrieben
wurde und heutzutage kaum bekannt ist.
Den Auftrag des Werkes
erteilte Graf Ferdinand Troyer, Haushofmeister bei Beethovens Freund Erzherzog
Rudolf und gleichzeitig versierter Amateurklarinettist. Im Hause des Erzherzogs
hat er sicher Beethovens Septett Es-Dur op. 20 kennengelernt, das noch der
Tradition des Divertimentos folgt, einer Form, die Beethoven später nicht mehr
verfolgte, obwohl es in der Musikwelt nach seiner Uraufführung zu großer
Beliebtheit gelangte. Mit der Hinwendung Beethovens zu dichter gefügten und
persönlicher geprägten Ausdrucksformen, z. B. der ersten Sinfonien, fand das
Septett nicht mehr des Komponisten Beifall. Vermutlich auf Anraten des Grafen
nahm sich Schubert das erfolgreiche Septett als Vorbild seines neuen ähnlichen
Werkes. Dabei erweiterte er Beethovens Instrumentation um eine zweite Violine.
Auch die Satzfolge entsprach der von Beethoven, mit langsamer Einleitung in den
Ecksätzen. Im Gegensatz zu Beethoven vertauscht Schubert allerdings Menuett und
Scherzo. Im Finale kehrt er vor dem Stretta-Schluss nochmals auf die Musik der
Einleitung zurück. Der Eindruck täuscht jedoch, wenn man glaubt, Schuberts
Oktett sei nur eine Kopie von Beethovens Septett. Schubert befand sich zur Zeit
der Komposition in einer bedrückenden gesundheitlichen Lage, sein
Syphilis-Erkrankung hinterließ tiefe Spuren, die sich besonders in seinen in
zeitlicher Nachbarschaft entstandenen Streichquartetten in a-Moll D. 804 und
d-Moll D.810 niederschlagen und von seiner damaligen seelischen Verfassung
Aufschluss geben. Auch wenn das Oktett Züge eines Divertimentos trägt, kann
sich eine unbeschwerte Grundstimmung nicht ganz durchsetzen. Nachdenklich und
wehmütig stimmende Abschnitte, z. B. die Moll-Trübungen im 2. Satz, durchziehen
das ganze Werk.
Auf einen weiteren Aspekt
macht Schuberts Bemerkung in einem Brief an den Freund Kupelwieser aufmerksam:
„Überhaupt will ich mir auf diese Art den Weg zur großen Symphonie
bahnen". Gerade die gemischte Besetzung von drei Blas- und fünf
Streichinstrumenten ermöglicht Schubert sein technisches Geschick beim
Schreiben von Orchestermusik zu erproben und zu verbessern. Tatsächlich beginnt
Schubert ein Jahr später während einer Sommerreise nach Gmunden und Bad Gastein
mit der Komposition einer neuen Sinfonie, die jedoch nicht zu Ende geführt
wird. Später greift der Komponist auf diese Skizzen zurück und beschenkt die
Musikwelt mit einer zweiten Sinfonie in C-Dur, heute allgemein als „Große
C-Dur-Sinfonie" bezeichnet.
Hinweise zu einzelnen
Sätzen:
1. Satz: Vor dem
beeindruckenden Finale beschleunigt Schubert ab T. 310 das Tempo. So kann das
Horn sein beglückendes Solo ausdrucksvoll darbieten. Es endet in einer
Mini-Kadenz in Form eines langsamen Doppelschlags. Die meisten Hornisten fügen
statt der drei letzten Noten des Doppelschlags ein weiterer, schnellerer,
Doppelschlag hinzu. Das scheint bei Schuberts Oktett Tradition zu sein, in der
Partitur jedoch findet sich diesbezüglich kein Hinweis. Die Hornisten Vlatković, Guerrier, Pichal, van der Zwart, Williams und Lloyd Halten sich an
Schuberts Noten.
3. Satz: Im Scherzo erlaubt
sich Schubert tatsächlich einen Scherz: Im zweiten Abschnitt stimmt die
Klarinette eine ausdrucksvolle Melodie an (T. 42), die sich T. 51 durch das
Fagott zu einem Duett erweitert. Mancher Hörer wird denken, dass hier das Trio
beginnt. Tatsächlich erscheint es erst nach T. 138.
Langsame Satzschlüsse im
Oktett scheinen eine Spezialität Schuberts zu sein. Nach dem ersten Satz
begegnet uns am Ende der letzten Variation von Satz 4 eine weitere
Verlangsamung, in der wieder das Horn, allerdings nur für wenige Takte, für
einen stimmungsvollen Ausklang sorgt. Nicht genug damit, auch an das Ende des
Menuetts fügt Schubert 19 Takte hinzu, die wiederum vom Hornklang dominiert
werden. Ein wunderbarer Einfall!
6. Satz: Nachdem sich die
beiden Themen des Sonatensatzes vorgestellt haben, folgt eine zweitaktige
Generalpause (T. 89/90), die Musik steht für einen Moment still. Entsprechend
verfährt der Komponist auch in der Durchführung (T. 199/200) und der Reprise
(T. 296/297). Im Finale seiner letzten Klaviersonate in B-Dur greift Schubert
auf diese Technik der Unterbrechung des musikalischen Flusses zurück, hier im
Oktett scheint das Vorbild dazu zu liegen, wie eine Erprobung.
Wiederholungen sind in der Musik der Klassik wie der
Frühromantik bewährte Mittel, so auch im vorliegenden Oktett. Ihnen begegnet
man im 1. Satz, den beiden Tanzsätzen samt Trios und dem Variationssatz, in dem
jeweils beide Teile wiederholt werden sollen. Sehr viele Ensembles halten sich
daran. In älteren Aufnahmen wird auf die Wiederholung der Exposition im 1. Satz
verzichtet, so bei Oistrach, Melos-Ensemble, beim Berliner Philharmonischem
Oktett (DG), Wiener Oktett und Wiener Konzerthausquartett. Aber auch jüngere
Ensembles verzichten darauf: Consortium classicum (P74), Nasch Ensemble, Cleveland Octet, Camerata de Lucerne und Ensemble Stanislas.
Auf die zweite Wiederholung im
Scherzo sowie die zweite Wiederholung im Menuett verzichten das Wiener
Konzerthausquartett, das Berliner Philharmonische Oktett (DG), das Wiener
Kammerensemble sowie das Melos-Ensemble. Die Musiker des Wiener
Konzerthausquartetts streichen auch alle Wiederholungen im Variationssatz.
5 |
Berliner Solisten |
Bernd Gellermann,
Vl. Bernhard Hartog, Vl. Wolfram Christ, Va. Jörg Baumann, Vc. Klaus Stoll, Kb. Karl Leister, Klar. Milan Turkuvić,
Fg. Radovan Vlatković, Horn |
Teldec |
1987 |
63‘09 |
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▼ |
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5 |
Quatuor Modigliani |
Sabine Meyer, Klar. Dag Jensen, Fg. Bruno Schneider Horn Knut Erik Sundquist, Kb. |
Mirare |
2018 |
61‘55 |
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|
zugespitztes Musizieren,
viel Spannung, hervorragendes Zusammenspiel bei bester Balance, Schuberts
Dynamik umgesetzt – vollendete Wiedergabe bei guter klanglicher Realisation |
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5 |
|
Pierre Fouchenneret,
Vl. Shuichi Okada, Vl. Marc Desmonds, Va. Yan Levionois,
Vc. Yann Debost,
Kb. Nicolas Baldeyrou,
Klar. Julien, Hardy, Fg. David Guerrier,
Horn |
Alpha |
2019 |
58‘12 |
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|
ausgefeilte Interpretation,
sowohl in technischer als auch musikalischer Hinsicht, aufmerksam, engagiert
immer locker, II Schuberts Betroffenheit entgeht ihnen nicht T. (87-90 und T.
100-103) – farbiges Klangbild, beste Balance und Transparenz |
|||||||
5 |
|
David Oistrach, Vl. Peter Bondarenko, Vl. Michail Terian,
Va. Svjatoslav Knushevitzky,
Vc. Joseph Gertovich,
Kb. Vladimir Sorokin, Klar. Joseph Stidel,
Fg. Jacov Shapiro, Horn |
EMI Testament |
1955 |
60‘03 |
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I kammermusikalischer Ansatz,
spannungsvoll, II mit langem Atem, intensiv gestaltet, III Scherzo mit Drive,
IV Horn (altes Instrument) mit Vibrato, immer sehr lebendig, VI E überzeugend
gestaltete cresc., viel Spannung, HT mit viel Drive und Schwung,
jubelndes Finale – ausgewogenes Klangbild, jedoch etwas hart, Mikros nahe an
den Instrumenten, sehr gute Balance, gute dynamische Differenzierung |
|||||||
5 |
Melos Ensemble |
Emanuel Hurwitz,
Vl. Ivor McMahon, Vl. Cecil Aronowitz,
Va. Terence Weil, Vc. Adrian Beers, Kb. Gervase de Peyer, Klar. William Waterhouse, Fg. Neill Sanders, Horn |
EMI |
1967 |
56‘14 |
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|
I deutliches Musizieren,
klare Artikulation, deutliche Stimmführungen, II fantasiereiche Ausgestaltung
des Notentextes mit Atmosphäre, III schwungvoll, IV V.6 mit viel Druck,
abwechslungsreiche Tempi – sehr gute dynamische Differenzierung, sehr gute
Balance und Transparenz, überzeugender Ausgleich zwischen „ernster
Vortrag" und Divertimento, immer noch klangschöne Aufnahme |
|||||||
Chilingirian Quartet |
Andrew Marriner, Klar. Felix Warnock,
Fg. Jonathan Williams, Horn Thomas Martin, Kb. |
EMI |
1986 |
63‘58 |
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|
I sehr lebendig und locker,
sprechende Artikulation, farbiges Klangbild, II anmutig, nuancenreich, immer
wieder spannungsvolle Momente, III federnde Streicher – sehr gute Balance und
Transparenz, eine kurzweilige Angelegenheit |
|||||||
5 |
Consortium Classicum |
Andreas Krecher,
Vl. Gedur Gunnarsdottir,
Vl. Christiane Hörr, Va. Armin Fromm, Vc. Jürgen Normann, Kb. Dieter Klöcker, Klar. Karl Otto Hartmann, Fg. Jan Schröder, Horn |
MDG |
1996 |
63‘34 |
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|
▼ |
|||||||
5 |
Camerata Freden |
Adrian Adlam,
Vl. Cristano Gualco, Vl. Marjolein Dispa, Va. Michel Dispa,
Vc. Ilka Emmert, Kb. Michael Hesselink, Klar. Letizia Viola, Fg. Ron Schaaper,
Horn |
Tacet |
2003 |
57‘55 |
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|
I schnelles Allegro,
lebendig, kraftvoll, II Andante statt Adagio, IV lebendig, da
unterschiedliche Tempi bei den Variationen, V Horn T. 47 zu laut, VI T. 4 und
9 überdehnt, sonst mit musikantischem Schwung - gute Balance und Transparenz |
|||||||
|
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4-5 |
|
Viktoria Mullova, Vl. Adrian
Chamorro, Vl. Erich
Krüger, Va.
Manuel
Fischer-Dieskau, Vc. Klauss Stoll, Kb. Pascal Moragùes, Klar. Marco Postinghel, Fg. Guido Corti, Horn |
Onyx |
P 2005 |
63‘25 |
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|
I viel Spannung in der E,
Spieler werfen sich die Bälle zu, II erfülltes Musizieren, mit langem Atem,
im Zusammenspiel mit der Klar. Fg. oft leiser, III
Klar. T. 42 zu laut, IV unterschiedliche Tempi in den Variationen, V viel
Dynamik, VI ohne Überschwang, mehr kalkuliert als empfunden |
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4-5 |
Ensemble Walter Boeykens |
Marjeta Korosec, Vl. Peter Despiegellaere,
Vl. Thérèse-Marie Gilissen, Va. Roel Dieltiens,
Vc. Étienne Siebens, Kb. Walter Boeykens,
Klar Brian Pollard, Fg. André Pichal,
Horn |
HMF |
1992 |
63‘19 |
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|
Interpretation wird dem
sinfonischen Anspruch wie auch dem Divertimento-haften der Komposition sehr
gut gerecht, die 8 Solisten zeigen eine große Sensibilität bei der Umsetzung
von Schuberts Notentext, im dynamischen Bereich müssen Abstriche im p-Bereich
hingenommen werden, die Klarinette dominiert oft den Bläserklang, IV lebendig
und abwechslungsreich, im Zwischenspiel zwischen V 6 und V 7 Bässe mit
Vibrato – offenes Klangbild |
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4-5 |
The Nash Ensemble |
Marcia Crayford,
Vl. Jeremy Williams, Vl. Roger Chase, Va. Christopher van Kampen, Vc. Rodney Slatford,
Kb. Michael Collins, Klar. Brian Wightman,
Fg. Frank Lloyd, Horn |
Virgin |
1987 |
60‘03 |
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|
I vehementer Zugriff, ausdrucksstark,
Horn stellenweise etwas verhallt, II Musik ausgesungen, mit viel Klangsinn,
III als Scherzo etwas brav, IV V 1-4 im selben Tempo, VI Tremolo zu Beginn zu
laut, keine richtige Steigerung möglich, in T 6 besser – ausgeglichenes
Klangbild, gute Balance und Transparenz |
|||||||
4-5 |
|
Gidon Kremer, Vl, Isabelle van Keulen, Vl. Tabea Zimmermann, Va. Daid Geringas, Vc. Alois Posch, Kb. Eduard Brunner, Klar. Klaus Thunemann,
Fg. Radovan Vlatković,
Horn |
DGG |
1987 |
61‘08 |
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schlankes Musizieren mit
Hingabe und viel Klangsinn, Streicher nicht als Gruppe, sondern 5
Individualisten; obwohl eine Studioaufnahme, wird die Spontanität eines
gelungenen Konzertmitschnitts suggeriert; II genaue dynamische
Differenzierung, III orchestral, VI T. 4 gedehnt, im HT nimmt man sich mehr
Zeit als üblich – Divertimento-Charakter überwiegt, Musiker gehen über die in
die Tiefe weisenden Stellen zu elegant hinweg; offenes Klangbild, jedoch
etwas hart, Klarinette mit asketischem Klang |
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4-5 |
Scharoun Ensemble |
Alessandro Cappone, Vl. Aleksandar Ivić, Vl. Ulrich Knörzer, Va. Richard Duven,
Vc. Peter Riegelbauer, Kb. Peter Geisler, Klar. Klaus Thunemann,
Fg. Stefan de Leval Jezierski, Horn |
Tudor |
2001 |
61‘29 |
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|
im Ganzen lebendige
Darstellung, aufmerksames Miteinander, kultiviertes Musizieren, jedoch etwas
geglättet; Musik könnte hier und da etwas pointierter vorgetragen werden, das
Fagott wünschte man sich etwas präsenter – etwas karges, wie entfettetes
Klangbild |
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4-5 |
Consortium Classicum |
Rainer Kussmaul, Vl. Wolfgang Kussmaul, Vl. Jürgen Kussmaul, Va. Alwin Bauer, Vc. Walter Meuter, Kb. Jürgen Klöcker, Klar. Karl Otto Hartmann, Fg. Werner Meyendorf,
Horn |
BASF Acanta |
P 1974 |
57‘38 |
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|
▼ |
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4-5 |
Cherubini-Quartett |
Yasunori Kawahara,
Kb. Wolfgang Meyer, Klar. Dag Jensen, Fg. Radovan Vlatković,
Horn |
EMI |
1990 |
65‘38 |
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|
I konzertant, korrekt, II
Stimmführungen gut zu verfolgen, sehr gute Balance, stellenweise sehr zart,
III in lauten Tutti-Abschnitten zu breit, orchestral, IV Stimmführungen hier
nicht immer deutlich, könnte insgesamt etwas lockerer sein, V 7 hinterlässt
den besten Eindruck, VI Fg. nicht immer genügend
präsent, Spielfreude – farbiges Klangbild |
|||||||
Gautier Ensemble |
Gérard Korsten, Vl. Iris Juda,
Vl. Roger Tapping, Va. Christoph Marks, Vc. Stephen Williams, Kb. Richard Hosford,
Klar. Robin O’Neill, Fg. Jonathan Williams, Horn |
ASV |
P 1990 |
64‘04 |
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I spontan wirkende
Musizierfreunde, sehr gutes Miteinander, bei Dialogstellen zwischen
Klarinette und 1. Geige treten Streicher zur sehr zurück, starker Kb., II
Klarinette hält Bögen bei T. 6, 7 und 21 nicht immer durch, gelöstes
Musizieren, Wechsel der Instrumentation als Farbgeber genutzt, V Fg. tritt zu sehr zurück, VI etwas gewichtiger als
üblich, ohne Überschwang - sehr gute dynamische Differenzierung, offenes
Klangbild, Divertimento-Charakter überwiegt |
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4-5 |
Berliner Philharmonisches Oktett |
Saschko
Gawriloff, Vl. Rainer Mehne, Vl. Wilfried Strehle, Va. Peter Steiner, Vc. Rainer Zepperitz, Kb. Alois Brandhofer, Klar. Hans Lemke, Fg. Gerd Seifert, Horn |
Nimbus |
1998 |
62‘17 |
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|
▼ |
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4-5 |
Wiener Oktett |
Willi
Boskovsky, Vl. Philipp Matheis, Vl. Günther Breidenbach, Va. Nikolaus Hüber, Vc. Johann Krump, Kb. Alfred Boskovsky, Klar. Rudolf Hanzl, Fg. Josef Veleba, Horn |
Decca |
1958 |
53‘04 |
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|
I zügige E, Schubert-Nähe,
II Andante, etwas zu schnell, Geigen T. 145-150 Vibrato, ebenso Vc. T. 160
ff., III bewährtes Zusammenspiel, IV pointiert, VI aufgeweichtes Tempo in der
E, sehr bewegter und spritziger Vortrag, schneller als gewöhnlich – insgesamt
musikantischer Stil in Divertimento-Art |
|||||||
4-5 |
Wiener Konzerthaus-Quartett |
Leopold Wlach,
Klar. Karl Oehlberger,
Fg. Gottfried von Frieberg, Horn |
Westminster MCA |
~ 1951 |
53‘13 |
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|
I musikantischer Feinsinn, spontan
wirkende Musizierfreude, II empfindsam, zufriedenstellende Dynamik, III etwas
zu gewichtig, IV Balance nicht top, VI Divertimento-Charakter, professionell,
jedoch etwas rustikal – gute Transparenz, zeitbedingter Klang, jedoch etwas
fahl |
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|
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4 |
Ensemble Stanislas |
Alexis Galperine,
Vl. Bertrand Menut,
Vl. Marie Triplet, Va. Fean de Spengler, Vc. Denis Rocher, Kb. Philippe Moinet,
Klar. Nicolas Tacchi,
Fg. Philippe Riffault,
Horn |
forgotten records |
2007 |
56‘24 |
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|
live, I lebendige
Darstellung, zupackend, T. 49/50 Lautstärke nicht zurückgenommen, Dynamik im p-Bereich
nicht ausgeschöpft, dynamische Abstufungen in allen Sätzen nicht
zufriedenstellend, II immer bewegt, IV mit Hingabe, jedoch ohne die
gewünschte dynamische Differenzierung, Variationen in unterschiedlichen Tempi
– Oktett als Spielmusik, erlebbarer Spaß an Schuberts Musik, das Besondere
wird jedoch nicht herausgearbeitet – Aufnahme zeigt mehr den
Divertimento-Charakter des Oktetts, gute Transparenz |
|||||||
4 |
The Cleveland Qctet |
Erich
A. Eichhorn, Vl. Judy Berman, Vl. Edward Ormond, Va. Bryan Dumm, Vc. Scott Haigh, Kb. Theodore Johnson, Klar. Ronald Phillips, Fg. Richard King, Horn |
CBS Sony |
1989 |
62‘47 |
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|
unbeschwerte Hausmusik, auf
das Handwerkliche reduziert, in der Dynamik etwas pauschal, das Gewöhnliche,
nicht das Besondere |
|||||||
4 |
Berliner Philharmonisches Oktett |
Alfred Malecek, Vl. Rudolf Hartmann, Vl. Ulrich Fritze, Va. Heinrich Majowski, Vc. Rainer Zepperitz, Kb. Herbert Stähr, Klar. Hans Lemke, Fg. Gerd Seifert, Horn |
DGG |
P 1965 |
52‘03 |
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|
▼ |
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4 |
Wiener Kammerensemble |
Gerhard Hetzel, Vl. Klaus Maetzl,
Vl. Rudolf Streng, Va. Adalbert Skocic,
Vc. Burkhard Kräutler, Kb. Alfred Prinz, Klar. Michael Werba,
Fg. Franz Söllner, Horn |
DGG |
1980 |
55‘49 |
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|
Musik zu sehr auf das rein Handwerkliche
reduziert, routiniert, nichts falsch gemacht, abgespult, Musiker verlassen
sich auf ihr Können, übersehen dabei die Bruchstellen der Komposition, I
geringe Innenspannung, III T. 42 ff. etwas langsamer – guter Klang |
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4 |
Camerata de Lucerne |
Robert Zimansky,
Vl. Anna-Maria Flieger, Vl. Barbara Suter, Va. Curdin Coray,
Vc. Paul Gössi, Kb. Urs Brügger, Klar. Jiri Flieger Fg. Francesco Raselli, Horn |
Accord |
1979/80 |
57‘59 |
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|
I musikantischer
Vortragsstil, im Divertimento-Charakter, dynamische Bandbreite zu pauschal,
II Andante-Tempo, hier mehr p, den Sechsachtel-Takt in zwei
Dreiachteltakte aufgeteilt, bewirkt eine tänzerische Note, IV Musik immer in
Bewegung, V 5 Stimmführung nicht immer klar, VI gute Dynamik, bester Satz –
Balance nicht immer optimal, tiefe Streicher oft nur Zutat, Fg.-Stimme jedoch immer präsent |
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3-4 |
Emma Johnson & Friends |
The Carducci Quartet Chris West, Kb. Emma Johnson, Klar. Philip Gibbon, Fg. Michael Thompson, Horn |
Somm |
2014 |
64‘16 |
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|
live, I wenig Spannung in
der E, spielfreudiges Musizieren, II gestörte Konzentration bis T. 10,
insgesamt weniger Spannung, Vc. T. 91 Vibrato, IV dynamische Differenzierung
etwas nach Gusto, auch im folgenden Satz, Klarinette oft zu sehr vorn, 1. Vl. oft mit viel Bogendruck, VI mäßiges Allegro,
stellenweise etwas grob |
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Interpretationen nach historisch-informierter
Aufführungspraxis und Originalinstrumenten
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5 |
Atlantis Ensemble |
Jaap Schröder, Vl. Carol Marie Harris, Vl. Judson Griffin, Va. Jaap ter
Linden, Vc. Richard Myron, Kb. Hans Rudolf Stalder, Klar. Michael McCraw,
Fg. Lowell Greer, Horn |
Virgin |
1989 |
64‘24 |
|||
|
I spannungsgeladene E,
aufmerksame Umsetzung jenseits aller Routine, subtil differenziert, auch im
dynamischen Bereich, II gelassen, facettenreiche Darstellung, III locker, IV
farbenreich – sehr gute Balance und Transparenz, kein üppiger, jedoch
vielschichtiger Klang; alle W |
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5 |
Hausmusik |
Pavlo Beznosiuk,
Vl. Robert Salter, Vl. Roger Chase, Va. Anthony Pleeth,
Vc. Chi-Chi Nwanoku,
Kb. Antony Pay, Klar. Jeremy Ward, Fg. Anthony Halstead,
Horn |
Virgin |
1990 |
58‘45 |
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|
I zielstrebig nach vorn, con spirito, sehr
gutes Miteinander, II die nach innen blickenden Abschnitte nicht übersehen,
III Scherzo und Trio gut voneinander abgesetzt, IV elastisch, inspiriert,
sehr farbig, V Serenadenton, VI spontanwirkende
Musizierfreude – ausgewogenes Klangbild, sehr gute Balance und Transparenz |
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|
||||||||
4-5 |
|
Isabelle Faust, Vl. Anne Katharina Schreiber, Vl. Danusha Waskiewicz,
Va. Kristin von der Goltz, Vc. James Munro, Kb. Lorenzo Coppola, Klar. Javier Zafra, Fg. Teunis van der Zwart, Horn |
HMF |
2017 |
60‘48 |
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|
I E klingt irgendwie ratlos,
auch im HT solche Momente, III erfrischend nach den beiden ersten Sätzen, IV
V 5 und 7 sehr lebendig, VI hier darf Virtuosität durchblicken –
artikulatorische Feinarbeit, stellenweise asketischer Klang, sehr zart,
innerlich, Ensemble pflegt eine bemerkenswerte p-Kultur;
Pastellfarben, statt Öl; Darstellung in dieser Art bewundernswert, aber auch
etwas einseitig |
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|
||||||||
4 |
Academy of Ancient Music Chamber Players |
Monica Huggett,
Vl. Pavlo Beznosiuk,
Vl. Martin Kelly, Va. Timothy Mason, Vc. Barry Guy, Kb. Antony Pay, Klar. Felix Warnock,
Fg. Anthony Halstead,
Horn |
Decca L’Oiseau – Lyre |
1988 |
59‘34 |
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|
I sehr bewegt, unstet, II
unprätentiös, IV V 1-4 und 6 unaufgeregte Art, etwas sachlich objektiv, VI
Andante molto-Passage kurz vor Schluss ohne Betroffenheit – Darstellung in
der Art eines Divertimentos |
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Hinweise zu
Interpreten und Interpretationen
Berliner Philharmonisches
Oktett und Berliner Solisten
Fast alle großen Orchester
widmen sich nicht nur dem speziellen Orchesterrepertoire. Daneben pflegen viele
ihrer Musikerinnen und Musiker auch mehr oder weniger intensiv den Bereich der
Kammermusik. Einige engagieren sich in Streichquartetten, andere in
Bläserformationen. Die umfangreichste Formation ist das Oktett für Bläser und
Streicher, ihr Hauptrepertoire rekrutiert sich aus Beethovens Septett und
Schuberts Oktett. Das Philharmonische Oktett Berlin wurde zu Beginn der 1960er
Jahre gegründet und war Nachfolger der Kammermusikvereinigung der Berliner
Philharmoniker. Bereits zu Beginn der 1950er Jahre nahm letztere Schuberts
Oktett für die DGG auf, die Aufnahme liegt mir jedoch nicht vor. Zur Zeit sind
zwei Aufnahmen greifbar, die im Abstand von mehr als 30 Jahren entstanden, d.
h. auch mit unterschiedlichen Musikern. Die erste entstand vermutlich 1964 bei
der DGG. Die Musiker pflegen hier einen musikantischen Stil, dabei ist die
Differenzierung noch nicht ausgeschöpft, dazu tritt eine pauschalisierte
Dynamik. Die erste Geige pflegt einen hohen Bogendruck und tritt an vielen
Stellen zu sehr in den Vordergrund. Die tiefen Streicher haben hier das
Nachsehen. In der folgenden Aufnahme für des englische Nimbus-Label klingt die
Musik viel ausgereifter, differenzierter und stellenweise vitaler. Im zweiten
Satz erlebt man als Hörer eine feinfühlige Umsetzung des Notentextes. Leider
geht in dem ansonsten saftigen Klangbild das Fagott etwas unter, hier und da
auch das Horn, schade. Zum Abschluss muss eine weitere Berliner Aufnahme
gesprochen werden, die der Berliner Solisten. In dieser Formation spielen neben
Philharmonikern auch andere in Berlin wie Salzburg beschäftigte Musiker, die
schon jahrelang miteinander musizieren. Diese Aufnahme zeigt eine
Spitzeninterpretation mit bester Kammermusik. Zu loben ist die lebendige
Darstellung, die hervorragende dynamische Differenzierung, das wache
Miteinander, die noch höhere Spielkultur. Im vierten Satz wird die Eigenart der
einzelnen Variationen bestens herausgearbeitet. Kein Spieler drängt sich nach
vorn. Das Fagott tritt beim Zusammenspiel mit der Klarinette jedoch etwas
zurück. Auch klanglich wird diese CD noch in Zukunft Bestand haben.
Consortium
Classicum
Das deutsche Ensemble wurde
vom Klarinettisten Wolfgang Klöcker gegründet und widmete sehr überwiegend der
Kammermusik für Bläser. Für umfangreiche Werke zog man auch hervorragende
Streichersolisten hinzu. Bei den Bläsern trifft man als Hörer immer wieder auf
einen Stamm von Musikern, die jahrelang zusammenspielten. Bei den Streichern
wechselte oft die Besetzung. Lediglich der Kontrabassist Walter Meuter gehörte
immer zum festen Kader. Das zeigt sich auch in den beiden bemerkenswerten
Aufnahme, die hier vorliegen. Die erste entstand zu Beginn der 1970er Jahre für
das Label BASF, später von Acanta vertrieben. Man ist
Zeuge eines gelösten Musizierens, eines aufmerksamen Zusammenspiels. Schuberts
Musik bekommt Zeit, sich auszusingen. Sehr abwechslungsreich erklingen die
einzelnen Variationen im vierten Satz. Pointiert artikuliert zieht das Finale
vorüber. Das Fagott, sonst eher stiefmütterlich behandelt, behauptet seinen von
Schubert vorgesehenen Platz. So weit, so gut. Die Aufnahme punktet mit einer
sehr guten Transparenz, jedoch leider nicht mit der Balance, die leider
zugunsten der drei Bläser verschoben ist und die Streicher oft zurückstellt.
Die zweite Aufnahme des Consortiums, mehr als 20
Jahre später entstanden (MDG), vermeidet diesen Fehler und liftet diese in die
oberste Kategorie. Interpretatorisch ähnelt sie sehr der Vorgängeraufnahme,
verschwiegen sei jedoch nicht, dass das Cello in den Dialogpartien des
Kopfsatzes für einige Momente nicht richtig zur Geltung kommt. Klanglich ist
sie der frühen Aufnahme überlegen.
eingestellt am
03.06.22