Das Klassik-Prisma |
|
Bernd
Stremmel |
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Wolfgang
Amadeus Mozart
Sinfonie
Nr. 39 Es-Dur KV 543
Adagio, Allegro –
Andante con moto – Menuetto, Allegretto – Allegro
Aufgrund der
Einträge in Mozarts eigenhändigem Werkverzeichnis sind seine drei letzten
Sinfonien im Sommer 1788, binnen weniger Wochen, drei Jahre vor seinem frühen
Tode entstanden. Über den Anlass der Komposition ist viel gerätselt worden,
auch über Aufführungen zu Mozarts Lebzeiten, wovon nichts Genaues bekannt ist.
Es gibt nur einen Bericht von einer Aufführung einer Sinfonie von Mozart in
Leipzig, der im Frühjahr 1789 auf einer Konzertreise dort gastierte, um welche
es sich handelte, ist aber nicht überliefert. Ein Jahr später, Mozart weilte
anlässlich der Kaiserkrönung Leopolds II. in Frankfurt, gab er ein Konzert mit
eigenen Kompositionen, unter anderem das Klavierkonzert D-Dur KV 537, das
seitdem als „Krönungskonzert“ bekannt ist, sowie eine neue Sinfonie.
Nikolaus
Harnoncourt äußert sich zur Entstehung der Sinfonien-Trias im Beiheft zu seiner
letzten Einspiellung der drei Sinfonien mit dem Concentus
Musicus. Er verneint, dass sie aus einer finanziellen
Notlage heraus komponiert worden seien, um durch eine baldige Aufführung in
einer Akademie Geld zu beschaffen. Er ist davon überzeugt, dass hinter der
Komposition ein Plan steht, nämlich die Schaffung eines Instrumental-Oratoriums,
so etwas gab es nur im Vokalbereich, nicht aber in der reinen
Instrumentalmusik. Harnoncourt sieht die drei Sinfonien nicht als
Einzelkompositionen, sondern „als ein
Werk in drei Teilen“, mit einer Einleitung „Intrada“ zu Beginn der Es-Dur-Sinfonie
und einem kunstvollen Finale in der
Jupiter-Sinfonie. Leser, die sich näher mit den Gedanken Harnoncourts
auseinandersetzen möchten, seien auf das Booklet verwiesen.
Musikologen
weisen auf eine Parallelität zu Haydn hin, und zwar zu drei seiner sogenannten
sechs Pariser-Sinfonien, die in Paris mit großem, auch finanziellem, Erfolg
dort aufgeführt und gedruckt wurden. Es handelt sich um die Sinfonien Nr. 82 in
C-Dur, Nr. 83 in g-Moll und Nr. 84 in Es-Dur, sie entstanden drei bzw. zwei
Jahre vor der Komposition der Mozart-Sinfonien in den selben Tonarten. Es ist
nicht auszuschließen, dass sich Mozart die erfolgreichen Haydn-Sinfonien zum
Vorbild eigener Sinfonien für eine geplante England-Reise nahm, wozu es
allerdings nicht kam. Mozart komponierte immer als Auftrag zu einem bestimmten
Anlass, entfiel dieser aus irgendeinem Grund, wurde die Komposition abgebrochen
und blieb somit Fragment.
Haydns letzte
12 Sinfonien, die in zwei Schüben 1791/92 und 1794/95 für seine
Englandaufenthalte komponiert und dort mit großem Erfolg aufgeführt wurden,
entstanden nach Mozarts letzten Sinfonien. Vermutlich hat Haydn die
Werke gekannt, als Partitur oder bei einer Aufführung und sich dort Anregungen
für seine neuen Sinfonien geholt. Haydn war bekanntlich ein Bewunderer von
Mozarts Musik. Musikforscher mögen in Zukunft noch weitere Verbindungen
zwischen den genannten Sinfonien von Haydn und Mozart feststellen, das jedoch
muss noch abgewartet werden.
Wie schon
oben erwähnt, beginnt die Sinfonie in Es-Dur als einzige der drei letzten
Sinfonien mit einer langsamen Einleitung, wie bei Nr. 84 von Haydn. Fühlt man
sich hier nicht an den noch nicht lange zurückliegenden Don Giovanni erinnert?
Im langsamen Satz wird die Dur-Stimmung zweimal durch herbe Moll-Einschübe unterbrochen.
Die aufsteigenden Sechzehntel (T. 2/3 und 6/7) im Andante weisen auf die
aufsteigenden Töne in der zweiten Hälfte des Hauptthemas der Jupiter-Sinfonie
voraus, nach den drei lauten Tutti-Schlägen zu Beginn, T. 3/4 und T.7/8 jeweils
mit Auftakt. Das lässt sich als verbindender Bogen von der Es-Dur- zur
C-Dur-Sinfonie deuten.
In seiner 39.
Sinfonie verzichtet Mozart auf die damals üblichen Oboen und ersetzt sie durch
ein Paar Klarinetten, die dem Stück einen wärmeren, weicheren Klang vermitteln.
In Nr. 40 kommt er ohne Trompeten und Pauken aus, in Nr. 41 dagegen finden alle
Instrumente Verwendung, jedoch ohne die damals im Orchester noch seltenen
Klarinetten.
Wenden wir
uns nun zu ausgewählten Stellen in den einzelnen Sätzen zu:
Satz 1:
Mozart möchte die Einleitung als alla
breve gespielt haben, d. h. der Vierviertel-Takt wird in einen
Zwei-Halbe-Takt transformiert, die Musik soll hier nicht zu langsam gespielt
werden. In den Takten 2, 4 und 6 endet
das Eröffnungsmotiv (vgl. Klavierkonzert Es-Dur (!) KV 482 Eröffnungstakte) für
die Streicher mit einer Halben. Diese wird von der überwiegenden Mehrheit der
Interpreten abgekürzt bzw. mit einem Diminuendo versehen. In Mozarts Absicht
spielt es Karajan, gefolgt von Suitner, Colin Davis
und Mehta. Der p-Einsatz der Bläser
in denselben Takten wird oft verschluckt oder von den noch f spielenden Streichern überdeckt, z. B. bei Saraste.
Die fallenden Skalen der Geigen in den genannten Takten trifft man bald im
Hauptsatz ab T. 72 wieder. In Takt 7 unterbricht Mozart den festlichen Beginn
und verbindet den Mittelteil mit einer leise zu spielenden, synkopisch
aufsteigenden, Melodie der ersten Geigen. Diese zwei Takte können sachlich und
korrekt gespielt werden, sie können aber auch mit einer angemessenen Spannung versehen
werden, wie bei Furtwängler, Kleiber, Szell-60, Beecham, Giulini
und Kubelik. In den folgenden vier Takten erhebt sich die Flöte über liegende
Bläserakkorde, dem punktierten Rhythmus der tiefen Streicher sowie den
Geigenskalen. Oft wird die Flöte hier zu leise gespielt, nicht so bei
Fricsay-DGG. Welche Aufmerksamkeit ein Dirigent den in der Partitur
hinterlassenen Noten schenkt, lässt sich am geheimnisvollen Schluss der
Einleitung beobachten: Da spielen Flöte, Fagott und erste Geigen eine kurze Melodie,
beginnend mit den Tönen a-ges‘-c‘‘-ces‘. Einen Takt
später werden diese Töne in Engführung von Celli und Kontrabässen wiederholt,
was von vielen Dirigenten nicht wahrgenommen oder lustlos ausgeführt wird, in
Mozarts Sinn lassen spielen: Maag, Szell-60, Monteux,
Blomstedt, Harnonocourt-91, -13, Leinsdorf, Beecham, Wand, Dohnanyi, Giulini, Nelson, Kempe, Tate, Herzog, Immerseel,
Mackerras und Bour.
Mit dem Takt
26 beginnt nun – unspektakulär – der Allegro-Hauptsatz. Da Mozart fast
ausschließlich mit Vierteln und Halben arbeitet, könnte man von einer weiteren
(langsamen) Einleitung sprechen. Peter Maag z. B.
zieht ab T. 54 das Tempo etwas an. Die Kunst besteht darin, die leise
Vorstellung des ersten Themas mit seiner lauten Fortspinnung
als Einheit darzustellen. Übrigens könnte man diese ersten Takte als eine
Kontrapunktstudie verstehen (Verbeugung vor Haydn?). Vier Takte vor Beginn des
zweiten Themas hebt sich die Flöte für einen Moment aus dem lauten Tutti-Klang
heraus (d‘‘‘-b‘‘-es‘‘‘),
hervorgehoben bei Marriner, Fricsay-DGG, Norrington-SWR,
Muti, Bour, Collegium aureum, Jacobs, Koopman, Wand,
Jochum, Tate, Keilberth, Krips-72, Böhm-55, -79,
Blomstedt-82, Davis und Suitner.
Satz 2,
As-Dur: In dem abwechslungsreich gestalteten Andante-Satz, der nicht zu langsam
gespielt werden soll, bindet Mozart zweimal eine „Studie“ für die fünf
Holzbläser (zwei Fagotte, zwei Klarinetten und Flöte) ein, zuerst in Es-Dur (T.
53-64), später in As-Dur (T.125-136). Die einzelnen Spieler bringen jeweils
vier Achtel auf as bzw. es (bei der Wiederholung des
und as),
gefolgt von acht Achteln, jeweils in Engführung (!). Das diese Takte nicht
immer durchsichtig geboten werden und wohlig klingen, ist entweder den
Dirigenten oder den Toningenieuren anzulasten. Die richtige Atmosphäre schaffen
u. a. Kempe, Davis, Casals, Mackerras-SCO, A. Fisher,
Gielen, A. Schneider, Glover, Szell-60, Wand Giulini,
Klemperer und Böhm-55. Noch auf eine andere Stelle sei hingewiesen: Als
Kontrapunkt zu der punktierten Sechzehntelkette der
ersten Geigen spielen Celli und Kontrabässe beim Übergang von T. 85 zu T. 86 b-es‘, mit staccato bezeichnet, die Bratschen d-es‘, über den letzteren steht jedoch ein Bindebogen. Dieser wird
von der Mehrheit der Dirigenten ignoriert, gebundene und staccato-Noten gleichzeitig hört man bei Herreweghe,
Brüggen, Abbado, Bour, Giulini,
ter Linden, Dohnanyi, Harnoncourt, Glover, Tate, Pinnock, Gardiner und Saraste.
Notengetreu findet man diese Stelle bereits beim Übergang von T. 17 zu T. 18,
dort spielen jedoch nur die Bratschen des Collegium aureums die Noten d-es legato.
Satz 3,
Es-Dur: In klassischer Manier umrahmt ein höfisches Menuett einen bäuerlichen
Ländler. Mozart erwartet von seinen Interpreten beim Menuett ein Allegretto,
kein Allegro oder gar Allegro assai, wie es uns viele Interpreten aus dem
HIP-Bereich weismachen wollen. Dem Thema, vorgetragen von den Geigen,
überlagert er – versteckt – ein weiteres, das er der ersten Klarinette zuteilt,
vgl. T. 1-8 und T. 25-32, die sich im lauten Orchesterklang, besonders der Bläserkollegen,
zu behaupten hat. Viele Interpreten können diesem Klarinettenthema
keine Sympathie entgegenbringen, rühmliche Ausnahmen: Fricsay, Karajan-49, Hogwood, Norrington-LCPL, Collegium aureum, Maag, Mehta, Jacobs und Tate.
Viele
Abschnitte sollen in Mozarts 39. Sinfonie wiederholt werden, im ersten Satz
zählt man eine Wiederholung. Im zweiten zwei, im Menuett und Trio je zwei und
im Finale auch zwei. Alle Wiederholungen bringen: Levine, Sawallisch,
Blomstedt, Bernstein-WP, Muti, Tate, Mackerras, Nelson,
Abbado, Adam Fischer, Gielen, Herreweghe,
Harnoncourt, Jacobs, ter Linden, Hogwood,
Norrington, Pinnock und
Brüggen. Andere lassen nur eine aus, meistens die zweite im Finalsatz:
Leinsdorf, Frantz, Davis-81, -91, Casals, Maag,
Mehta, Bernstein-NY, Kubelik, Dohnanyi, Giulini,
Jochum, Fricsay-50, Haenchen, Saraste,
Glover, Krivine, Marriner, Kavakos,
Herzog, Koopman, Immerseel,
Fey und das Collegium aureum.
Interpretationen in historischer
Aufführungspraxis mit Originalinstrumenten
5 |
Frans Brüggen |
Orchester des 18. Jahrhunderts |
Glossa |
2010 |
31‘03 |
|
▼ |
||||
5 |
René Jacobs |
Freiburger Barockorchester |
HMF |
2008 |
29‘34 |
|
wie selbstverständlich, sorgfältig erarbeitet,
farbiges sowie sehr präsentes Klangbild, hervorragende Transparenz, III
Allegro, gerast, auch schnelles Trio (einziger Einwand) |
||||
5 |
John Nelson |
Ensemble Orchestral de Paris |
naïve |
2008 |
28‘17 |
|
I E federnde Bässe, hellwaches Musizieren,
profiliert, ausdrucksstarkes Holz, stimmlich ausgewogen, angenehmer Klang, II
T. 9-19 sowie T. 46-67 etwas bewegter, III Allegro, IV elastisch, leichtfüßig |
||||
5 |
Christopher Hogwood |
Academy of Ancient Music |
Decca |
1982 |
30‘39 |
|
I lebendige Darstellung, Blick auf Details, II
Tempo nach Partitur, bewegt, III Flöte im Trio etwas leise – farbiges Klangbild, objektiv, neutral im
Ausdruck |
||||
|
|||||
4-5 |
Frans Brüggen |
Orchester des 18. Jahrhunderts |
Philips Decca |
1988 |
30‘59 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Ton Koopman |
Amsterdamer Barock Orchester |
Erato |
1994 |
27‘03 |
|
Aufnahme ähnelt sehr der von Jacobs, der aber ein
besseres und offeneres Klangbild voraus hat, II Horn T. 30-37 herausgehoben,
III Allegro, Trio ein wenig langsamer, Klarinette dort mit Verzierungen |
||||
4-5 |
Nikolaus Harnoncourt |
Concentus Musicus Wien |
Sony |
2013 |
30‘25 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Philippe Herreweghe |
Orchestre des Champs-Elysées |
PHI |
2012 |
28‘37 |
|
I E überwiegend festliche E, ohne die
Durchdringung Brügges, II kontrastreicher HT, II in Mozarts Tempo, bewegt,
eher sachlich, III Klarinette im Trio
mit Verzierungen – gute Transparenz und Balance |
||||
4-5 |
Roger Norrington |
London Classical
Players |
EMI |
1990 |
28‘04 |
|
I bei Tutti-Stellen Balance zugunsten des Blechs
verschoben, präsente Pauke, Holzbläser nur an Solo-Stellen differenziert
wahrzunehmen, II molto moto, Norrington scheint mehr
das Tempo als die Musik im Auge zu haben, III sehr bewegt, Flöte etwas zurück
– Aufnahme in sich stimmig |
||||
4-5 |
John Eliot Gardiner |
English Baroque Soloists |
Philips
Decca |
1988 |
31‘26 |
|
Musik läuft wie geschmiert, jedoch im Ausdruck
geglättet, Interpretation näher bei einem philharmonisches Mozart als bei HIP |
||||
4-5 |
Trevor Pinnock |
The English Concert |
DGA |
1994 |
30‘30 |
|
I Musik gestaltet, ausgeglichenes Klangbild, bei
Tutti-Stellen Holzbläser überdeckt, II Andante, sorgfältig, aber etwas
sachlich, III farbiges Trio, IV klanglich im Tutti etwas dicht, den Bläsern
wünschte man sich etwas mehr Präsenz |
||||
|
|||||
4 |
Franzjosef Maier |
Collegium Aureum |
DHM |
1978 |
28‘18 |
|
aus der Frühzeit der Alte-Musik-Bewegung mit
Originalinstrumenten – I E Balance der Bläser nicht top, danach besser, bei Tutti-Stellen
tiefe Streicher fast voluminös, III Trio stimmungsmäßig deutlich abgesetzt –
im Ganzen liebevoll musiziert, Aufnahme orientiert sich noch am
philharmonischen Klang |
||||
4 |
Jos van Immerseel |
Anima Eterna |
ZigZag |
2001 |
25‘20 |
|
I E Balance und Klang nicht optimal austariert,
HT etwas kompakter Klang, II bewegt, musikantischer Zugriff, III Trio:
Klarinette mit Verzierung, präsente 2. Klarinette, IV impulsiv –
unbekümmertes Musizieren, eher HIP-Mainstream |
||||
|
|||||
3-4 |
Mathieu Herzog |
Ensemble Appassionato |
naïve |
2017 |
26‘52 |
|
I sehr lebendig, fast atemlos, Musik scharf
geschnitten, farbenprächtig, immer präsente Pauke, Herzog bietet nur zwei
Lautstärkegrade an: mp und f, II ziemlich geradlinig, wie
durchgezogen, weniger differenziert, Tutti-Klang von Violinen beherrscht, auf
Dauer langweilig, III Allegro molto, Tempo, Tempo, Tempo!, Trio ein wenig
langsamer |
||||
3-4 |
Jaap ter Linden |
Mozart Akademie
Amsterdam |
Brilliant |
2002 |
31‘38 |
|
I E Balance und Klang nicht optimal austariert,
HT die fallenden Sechzehntel-Skalen in den Violinen T. 72 ff. gehen etwas
unter – insgesamt neutrale Aussage, etwas lustlos, erinnert eher an
philharmonischen Mozart, Aufnahme informiert kaum über HIP |
Interpretationen in historischer
Aufführungspraxis mit modernen Instrumenten
5 |
Thomas Fey |
Mannheimer Mozartorchester |
hänssler |
2005 |
29‘49 |
|
I E con pomposo, Dissonanzen (Blech) herausgearbeitet, HT
rhythmisch prononciert, geschärfter Klang, Ritardando vor Reprise, II gute
dynamische Differenzierung, farbig – historisches Blech |
||||
5 |
Charles Mackerras |
Scottish Chamber Orchestra |
Linn |
2007 |
29‘55 |
|
▼ |
||||
5 |
Claudio Abbado |
Orchestra Mozart |
DGA |
2008 |
30‘48 |
|
live, I klassische Klarheit verbindet sich mit
organischen Musizieren, repräsentativer Stil, II nuancenreiche
Andante-Abschnitte, straffe, rhythmisch pointierte Moll-Abschnitte, III Musik
kann atmen, IV frisch und abwechslungsreich – sehr gute Differenzierung,
Balance und Transparenz |
||||
5 |
Adam Fischer |
Danish National Chamber Orchestra |
Dacapo |
2013 |
28‘51 |
|
I E pompös, rhythmische Schärfe, auch im HT
spielen Trompeten und Pauke eine wichtige Rolle, dynamische Darstellung, II
auch hier nuancenreiche Andante-Abschnitte, straffe, rhythmisch pointierte
Moll-Abschnitte, die klanglich scharf getrennt sind, III ausdrucksvolles
Menuett, melodisches Trio, IV ausgelassen – sehr gute Differenzierung,
Balance und Transparenz |
||||
|
|||||
4-5 |
Nikolaus Harnoncourt |
Chamber Orchestra of Europe |
Teldec |
1991 |
31‘17 |
|
▼ |
||||
4-5 |
Hartmut Haenchen |
Kammerorchester “Carl Philipp Emmanuel Bach“ |
Berlin Classics |
2014 |
25‘10 |
|
live, I E rhythmisch betont, fallende Skalen der
Geigen T. 10 ff. kaum zu hören, HT Klang etwas klobig, Bässe T. 160-166
zurück, II zugespitztes Musizieren, dynamische Vielfalt, III Allegro, IV
schwungvoll – etwas bulliger Tutti-Klang |
||||
|
|||||
4 |
Peter Maag |
Orchestra di Padova et
del Veneto |
Arts |
1996 |
32‘05 |
|
I majestätisch breite E, HT ab T. 54 etwas schneller,
auch bei der Wiederholung und in der Reprise, pointierte Dramatik, II mit
wacher Aufmerksamkeit, III Flöte im Trio etwas leise, IV Maag
hebt das Intervall von f zu b in T. 1/2 mittels einer kleinen
Verzögerung deutlich hervor, noch deutlicher T. 42/43 und T. 48/49, das
klingt interessant und humorvoll („Esel i-a“), vielleicht möchte er auf
Mozarts Humor hinweisen. Der Effekt stellt sich jedoch nicht bei
Tutti-Stellen ein! |
||||
4 |
Jukka-Pekka Saraste |
Scottish Chamber Orchestra |
Virgin |
1990 |
27‘46 |
|
I diszipliniert, ausgewogen, II objektive
Haltung, IV klar gegliederter Duktus – insgesamt etwas distanziert, in allen
Sätzen kein richtiges f |
||||
4 |
Leonidas Kavakos |
Camerata Salzburg |
Sony |
2006 |
29‘09 |
|
live, I umsichtiges Dirigat, Klang transparent,
aber etwas bullig mit leichtem Hallanteil, II ernste Stimmung, III Trio
Klarinette mit Verzierung, IV etwas schwerfällig – gute Balance |
||||
4 |
Nikolaus Harnoncourt |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
Teldec |
1983 |
29‘56 |
|
▼ |
||||
4 |
Roger Norrington |
SWR
Sinfonie-Orchester Stuttgart |
hänssler |
2006 |
30‘22 |
|
live, I klingt
festlicher als die Londoner Studio-Aufnahme, jedoch langsamer, Holz in diesem
Satz besser abgebildet, viele dezente dynamische Schweller, II Allegretto,
sorgfältig, II Flöte auch hier etwas
zurück, Trio weniger farbig, IV sorgfältig, eher sachlich als emotional |
Interpretationen in herkömmlicher Aufführungspraxis
mit modernen Instrumenten
5 |
Ferenc Fricsay |
Wiener Symphoniker |
DGG |
1959 |
26‘43 |
||
|
I E Flöte T. 10-13 herausgehoben auf Kosten der
Streicher, so wird ein MT markiert – guter Kontrast zwischen E und HT, orchestrale
Vehemenz im Dienste der Musik, II fast schon Adagio, Musik geformt, viel Espressivo, aufgewühlte Moll-Abschnitte, III klangliche
Wucht im Menuett steht empfindsamen Trio gegenüber, IV mit Hingabe – farbiges
Klangbild |
||||||
5 |
George Szell |
Cleveland Orchestra |
CBS Sony |
1960 |
24‘41 |
||
|
▼ |
||||||
5 |
Erich Kleiber |
Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester |
Amadeo |
1956 |
24‘35 |
||
|
live, ▼ |
||||||
5 |
Rudolf Kempe |
Royal Philharmonic
Orchestra London |
EMI
Testament |
1956 |
25‘53 |
||
|
▼ |
||||||
5 |
Josef Krips |
Concertgebouw Orkest Amsterdam |
Philips
Decca |
1972 |
25‘48 |
||
|
▼ |
||||||
5 |
Herbert Blomstedt |
Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks |
Rundfunkaufnahme, unveröffentlicht |
2019 |
30‘32 |
||
|
live, ▼ |
||||||
|
|||||||
4-5 |
Bruno Walter |
Columbia Symphony
Orchestra |
CBS Sony |
1960 |
26‘35 |
||
|
▼ |
||||||
4-5 |
Pierre Monteux |
NDR Sinfonie-Orchester Hamburg |
Preludio |
1964 |
24‘15 |
||
|
I heiter, gelassen, jedoch mit Spannung, II mit
Feingefühl, III musikantisches Menuett, Trio eher zurückhaltend, IV
ansteckende Spielfreude |
||||||
4-5 |
Ferenc Fricsay |
RIAS Symphonie-Orchester Berlin |
audite |
1950 |
29‘56 |
||
|
I lange E, inspiriert, gestalterischer Ernst, II
auf Vielschichtigkeit hinweisend, Musik kann atmen, III Espressivo,
IV rhythmisch pointiert – für die Zeit der Aufnahme gutes Klangbild,
Streicher bevorzugt, Blech im Gesamtklang eingebunden |
||||||
4-5 |
Günter Wand |
Gürzenich Orchester Köln |
Accent
Testament |
1961 |
26‘00 |
||
|
natürliches Musizieren, energiegeladen, jedoch
ohne aufgedrückte Dramatik, Ausgewogenheit der Stimmen, farbiges Klangbild,
gute Transparenz und Balance, p
leider mp/mf |
||||||
4-5 |
Günter Wand |
NDR Sinfonie-Orchester Hamburg |
RCA |
1990 |
25‘25 |
||
|
wie 1961, klangliche Verbesserung, etwas lockerer |
||||||
4-5 |
Colin Davis |
Sinfonia of London |
EMI |
1959 |
28‘53 |
||
|
▼ |
||||||
4-5 |
Colin Davis |
Staatskapelle Dresden |
Philips
Decca |
1981 |
31‘12 |
||
|
▼ |
||||||
4-5 |
Eugen Jochum |
Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks |
DGG |
1954 |
29‘54 |
||
|
I E geschärfter Zugriff, umsichtiges Dirigat, II
viel Espressivo, IV festlich – Mozart im philharmonischen
Stil, Aufnahme in sich stimmig, für die Zeit guter Klang mit guter
Transparenz und Balance, Lautstärkedifferenzierung wie so oft nicht top: p leider mp/mf |
||||||
4-5 |
Eugen Jochum |
Bamberger Symphoniker |
Orfeo |
1982 |
32‘25 |
||
|
KV 543 wie ein Jungbrunnen für den 78-jährigen
Jochum, offenes Klangbild, geradezu opulent, Tempi kaum langsamer als 1954,
zusätzliche Wiederholung im Finale – I E im Gestus wie der Einleitungssatz
einer französischen Ouvertüre |
||||||
4-5 |
Fritz Reiner |
Chicago Symphony
Orchestra |
RCA |
P 1957 |
22‘51 |
||
|
I gespannte E, kraftvoll nach vorn, akribisch
ausformuliert, II konzentriert mit kammermusikalischer Feinabstimmung, III
mit Empathie, IV auch im schnellsten Tempo noch geschliffen – hinreichende Transparenz |
||||||
4-5 |
Erich Kleiber |
Preußische Staatskapelle Berlin |
Polygram DGG |
1927 |
25‘44 |
||
|
▼ |
||||||
4-5 |
Josef Krips |
London Symphony
Orchestra |
Decca |
1951 |
25‘37 |
||
|
▼ |
||||||
4-5 |
Otto Klemperer |
Philharmonia Orchestra London |
EMI |
1962 |
27‘15 |
||
|
I E transparent, HT zupackendes Musizieren, con spirito, markant
akzentuiert, II ernsthaft, sprechende Artikulation, III wuchtiges Menuett, IV
etwas starr – sehr gute Transparenz und Balance, philharmonischer Mozart |
||||||
4-5 |
Christoph von Dohnanyi |
Cleveland Orchestra |
Decca |
1990 |
28‘22 |
||
|
philharmonischer Mozart, klangschön, ausgewogen, fein
aufeinander abgestimmte Holzbläser, sehr gute Balance und Transparenz, man
vermisst ein „Verweile doch..“;
Mainstream im besten Sinne |
||||||
4-5 |
Herbert Blomstedt |
Staatskapelle Dresden |
Denon Eterna |
1982 |
33‘06 |
||
|
▼ |
|
|||||
4-5 |
Jeffrey Tate |
English Chamber
Orchestra |
EMI |
1984 |
33‘30 |
||
|
sorgfältig erarbeitet, stimmige – jedoch etwas
zurückhaltende – Tempi, farbiger Klang mit guter Differenzierung, II Musik
darf atmen, Moll-Abschnitte nur f
statt ff, IV mit viel Freude am
Werk |
||||||
4-5 |
Neville Marriner |
Academy of St.Martin-in-the-Fields |
Philips |
1978 |
28‘36 |
||
|
I exakt ausgeführter punktierter Rhythmus, HT
sorgfältig erarbeitet, die große Linie nachgezeichnet, II pointierte Dramatik
in den Mollabschnitten, III Flöte im Trio etwas zu leise, IV betriebsam –
großbesetzte Academy; farbiger, polierter Klang |
||||||
4-5 |
Karl Böhm |
Concertgebouw Orkest Amsterdam |
Philips
DGG |
1955 |
24‘45 |
||
|
▼ |
||||||
4-5 |
Karl Böhm |
Berliner Philharmoniker |
DGG |
1966 |
25‘04 |
||
|
▼ |
||||||
4-5 |
Rudolf Kempe |
Berliner Philharmoniker |
Testament |
1962 |
26‘11 |
||
|
live, ▼ |
||||||
4-5 |
Emmanuel Krivine |
Sinfonia Varsovia |
Denon |
1990 |
28‘57 |
||
|
I spürbare Liebe zur Musik, II klare
Artikulation, breite Ausdrucksskala, gute klangliche Differenzierung, III
Menuett und Trio gut voneinander abgesetzt, Allegro assai, zugespitztes
Musizieren – gute Balance und Transparenz, Klang leicht eingedunkelt,
daran gewöhnen sich die Ohren jedoch schnell |
||||||
4-5 |
Istvan Kertesz |
Wiener Philharmoniker |
Decca |
1963 |
25‘50 |
||
|
I E schwammiger Rhythmus in den ersten sechs
Takten, HT gestalterischer Ernst, ausgewogen, II klarer Musizierstil,
tragfähige Spannungsbögen, III farbiges Spiel, IV Bläser in den Tutti-Klang
integriert – im Ganzen Mainstream |
||||||
|
|||||||
4 |
Zubin Mehta |
Israel Philharmonic
Orchestra |
Decca |
1976 |
28‘48 |
||
|
I mit Verve, immer wieder werden die Klarinetten
herausgestellt, in allen Sätzen, das stört die Bläserbalance, II kein
richtiges p, stattdessen mp/mf, IV zupackend – im Ganzen
Mainstream |
||||||
4 |
Wilhelm Furtwängler |
Berliner Philharmoniker |
DGG |
1942 oder 43 |
25‘52 |
||
|
▼ |
||||||
4 |
Charles Mackerras |
Prager Kammerorchester |
Telarc |
1988 |
28‘50 |
||
|
▼ |
||||||
4 |
Jewgenij Mrawinsky |
Leningrader Philharmonie |
Melodya Erato |
1972 |
25‘48 |
||
|
live, I Spannungsverlust am Ende der E, HT
lebendig, aber auch ein wenig geglättet, II Musik liebevoll modelliert, III
locker, Trios bei der Wiederholung etwas leiser, IV lebendig, locker – Flöte
tritt hier und da aus dem Bläserklang heraus |
||||||
4 |
Wolfgang Sawallisch |
Tschechische Philharmonie Prag |
BMG
Supraphon |
1978 |
32‘16 |
||
|
insgesamt etwas fest musiziert, klingt korrekt
und preußisch, II besser, aber eine gewisse Kühle bleibt – gute Balance und Tranparenz |
||||||
4 |
George Szell |
Cleveland Orchestra |
Columbia
Sony |
1947 |
23‘30 |
||
|
▼ |
||||||
4 |
Herbert von Karajan |
Philhamonia Orchestra London |
Mozartwoche Salzburg Archipel |
1956 |
24‘22 |
||
|
live, ▼ |
||||||
4 |
Herbert von Karajan |
Philhamonia Orchestra London |
EMI |
1955 |
25‘42 |
||
|
▼ |
||||||
4 |
Herbert von Karajan |
Wiener Philharmoniker |
EMI |
1949 |
24‘31 |
||
|
▼ |
||||||
4 |
Bruno Walter |
BBC Symphony Orchestra |
EMI |
1934 |
25‘21 |
||
|
▼ |
||||||
4 |
Bruno Walter |
New York Philharmonic
Orchestra |
CBS Sony |
1953/56 |
24‘38 |
||
|
▼ |
||||||
4 |
Michael Gielen |
SWF Sinfonie-Orchester Baden-Baden |
Arte Nova |
1987 |
27‘50 |
||
|
I energetisch, festlich, II bewegt, durchgezogen,
Ausnahme: fünfstimmige Bläserpartie T. 53-64 und später, III schnelles Tempo,
IV gute Bläserdifferenzierung – immer lebendig musiziert, kommt aber über
Mainstream kaum hinaus (eigentlich meine einzige diesbezügliche Aufnahme mit
Gielen) |
||||||
4 |
Jane Glover |
London Mozart Players |
ASV |
1987 |
31‘00 |
||
|
I sich Zeit lassend, E Akkorde lang gehalten,
herausgehobene Flöte, Prachtentfaltung auch im HT, p leider mp, II
sorgfältig, aber etwas langsam, III gute Balance bei Bläsern, IV festlich,
knüpft an Satz I an – Tempi in den letzen beiden Sätzen gefallen besser als
zuvor, guter Klang, jedoch durchgehend dumpfe Hintergrundgeräusche |
||||||
4 |
Ernest Bour |
SWF Sinfonie-Orchester Baden-Baden |
Cascade |
1967 |
24‘03 |
||
|
sorgfältig erarbeitet, jedoch etwas geglättet, Bour vermittelt einen guten Überblick von KV 543, für
Ersteinsteiger, verzichtet jedoch auf wichtige Wiederholungen; transparenter
Klang, dynamische Differenzierung im p-Bereich
nicht immer top |
||||||
4 |
Rafael Kubelik |
Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks |
CBS |
1980 |
30‘37 |
||
|
I E sorgfältig, jedoch wenig Spannung, die
letzten Takte langsamer, HT ausgewogen, konzentriert, Musizieren entlang der Partitur,
II sich Zeit lassend, objektiv – großbesetztes Orchester, Holzbläser
vorteilhaft abgebildet, Blechbläser im Klangbild integriert |
||||||
4 |
Colin Davis |
Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks |
Bayerischer Rundfunk |
1991 |
30‘44 |
||
|
live, ▼ |
||||||
4 |
Thomas Beecham |
London Philharmonic
Orchestra |
EMI |
1940 |
24‘41 |
||
|
verwurzelt im 19. Jahrhundert, großformatiger
Mozart im philharmonischen Stil, gewichtiges Musizieren, hinreichende
Transparenz und Balance, p als mf gespielt, IV Allegro assai |
||||||
4 |
Riccardo Muti |
Wiener Philharmoniker |
Philips |
1996 |
31‘33 |
||
|
Muti nimmt sich zurück, nur Koordinator, lässt
die Musik sprechen, großbesetzter Streicherapparat |
||||||
4 |
Karl Böhm |
Wiener Philharmoniker |
DGG |
P 1979 |
25‘55 |
||
|
▼ |
||||||
4 |
Carlo Maria Giulini |
Berliner Philharmoniker |
Sony |
1992 |
34‘05 |
||
|
I E monumental, aber auch etwas starr, II sehr
gewichtig – in allen Sätzen gezogene Tempi, philharmonischer Mozart, einige gelungene
Details, die in anderen Aufnahmen übersehen werden, sehr guter Klang, auch
hier p als mf gespielt |
||||||
4 |
Leonard Bernstein |
Wiener Philharmoniker |
DGG |
1983 |
32‘43 |
||
|
live, I E mehr Espressivo
T. 7 ff., II Adagio – insgesamt gepflegtes Musizieren, Trompeten in den
Orchesterklang integriert, im Vergleich zu 1961 viel mehr Klangfarben, vor
allem in den Bläsern; philharmonischer Mozart |
||||||
4 |
Erich Leinsdorf |
Boston Symphony
Orchestra |
RCA |
1969 |
28‘13 |
||
|
I langsame E, schneller HT, farbige
Holzbläser-Details, II bewegt, kantabel, III Trios bei der Wiederholung etwas
leiser, IV wie abgespult – an der Partitur entlang musiziert, Mainstream,
philharmonischer Mozart |
||||||
4 |
Joseph Keilberth |
Bamberger Symphoniker |
Telefunken
Warner |
1955 |
23‘56 |
||
|
Sätze I und IV etwas rustikal serviert,
Mittelsätze kultivierter, Tutti-Klangbild teilweise mit unangenehmer Schärfe
(hohe Violinen) |
||||||
4 |
Paul Kletzki |
Warschauer Philharmonie |
Accent |
1955 |
24‘27 |
||
|
live, E
eher sachlich, HT zupackend, dramatisch ausdrucksstark, II ernsthaft,
energische Moll-Abschnitte, III kämpferisch anmutendes Menuett, IV Allegro
assai, fast atemlos, wie triumphierend
– p-Bereich nicht ausgewogen,
Orchester zeigt viel Einsatz, verfügt aber nicht über die Spielkultur der
bekannten mitteleuropäischen bzw. amerikanischen Klangkörper; großformatiger,
philharmonischer Mozart |
||||||
|
|||||||
3-4 |
Herbert von Karajan |
Berliner Philharmoniker |
DGG |
1975 |
24‘39 |
||
|
▼ |
||||||
3-4 |
Herbert von Karajan |
Berliner Philharmoniker |
EMI |
1970 |
25‘13 |
||
|
▼ |
||||||
3-4 |
Wilhelm Furtwängler |
Berliner Philharmoniker |
DGG |
1944 |
27‘53 |
||
|
live, ▼ |
||||||
3-4 |
Felix Weingartner |
London Philharmonic
Orchestra |
EMI |
1940 |
24‘42 |
||
|
großformatige philharmonische Besetzung, jedoch
nicht romantisierend, kompakter Klang; II Temporücknahme T. 53 ff, IV Tuttistellen
etwas übersteuert, Artikulation nicht immer sauber |
||||||
3-4 |
Alexander Schneider |
Chamber Orchestra of Europe |
ASV |
P 1987 |
28‘48 |
||
|
Mainstream, etwas äußerlich, ohne Feinzeichner,
insgesamt mehr Pflicht als Kür, II fast schon Adagio |
||||||
3-4 |
Leonard Bernstein |
New York Philharmonic
Orchestra |
CBS Sony |
1961 |
30‘45 |
||
|
I majestätisch klingende E, HT vorwärtsdrängend,
jedoch etwas hemdsärmelig, knallig, wie über die Musik hinweg, II fünfstimmige
Bläserstellen wenig transparent, III drauflos, Menuett hingedonnert, IV
virtuos, Musik überfahren – Mozart in Großformat interpretiert, stellenweise
auftrumpfend, heller und transparenter Klang |
||||||
3-4 |
Daniel Barenboim |
English Chamber Orchestra |
EMI |
1968 |
28‘07 |
||
|
I gezogene E mit schwammigem Rhythmus, HT wie
durchgespielt, p hier mf, II laute Moll-Abschnitte von
Violinen beherrscht, f hier ff, fünfstimmige Bläserstellen wenig geformt,
III im Trio Flöte zurück, IV Streicher an Tutti-Stellen ohne Schliff |
||||||
3-4 |
James Levine |
Wiener Philharmoniker |
DGG |
1986 |
29‘58 |
||
|
I straff, jedoch ohne eine innere Dramatik
freizulegen, geglättet, II fünfstimmige Bläserstellen ohne besondere
Aufmerksamkeit, p als mp/mf gespielt, schöner Klang, auch bei
den Moll-Stellen, III geglättet – Mozarts Musik durchgezogen, mehr an der
polierten Oberfläche gespielt |
||||||
3-4 |
James Levine |
Münchner Philharmoniker |
Oehms |
2000 |
29‘11 |
||
|
I schnellere E, insgesamt stromlinienförmig, II
dynamische Differenzierung hier besser, IV noch etwas schneller – die
Münchner Philharmoniker verfügen nicht über so viele Klangfarben als ihre
Wiener Kollegen |
||||||
3-4 |
Otmar Suitner |
Staatskapelle Dresden |
Eterna Berlin Classcis |
P 1976 |
24‘18 |
||
|
I wie durchgespielt, betriebsam, etwas äußerlich,
II fünfstimmige Bläserstellen ohne Differenzierung, III Trio: Klarinettenklang nicht unbedingt typisch, IV durchgezogen,
Mozart bleibt außen vor – p-Bereich
nicht top, Mainstream |
||||||
3-4 |
Justus Frantz |
Philharmonie der Nationen |
Allegria |
? |
29‘29 |
||
|
I die Halben der Streicher in T. 2, 4 und 6 nur
als Viertel gespielt, Echowirkungen eingearbeitet (auch in Satz 2), ohne
spürbare Hingabe, II sich Zeit lassend, ernsthaft, III Trioteile bei der
Wiederholung leiser, IV Allegro assai, ab T. 42 etwas langsamer, geringere
Differenzierung |
||||||
3-4 |
Pablo Casals |
Marlboro Festival Orchestra |
CBS Sony |
1963 |
28‘23 |
||
|
live, I festliche E, lebendig, inspirierte
Darstellung, helles Klangbild, II aufgewühlte Moll-Abschnitte, III derbes
Menuett, IV zupackend, jedoch stellenweise ungehobelt – Orchester aus Lehrern
und Studenten des Marlboro-Festivals, obwohl Profis am Werke sind, klingt es
an einigen Stellen doch etwas amateurhaft, nicht als Plattenveröffentlichung
gedacht; Casals greift durch leises Klopfen und Brummen in die Aufführung ein |
||||||
|
|||||||
3 |
Hans Knappertsbusch |
Preußische Staatskapelle Berlin |
Odeon aura Preiser |
1929 |
20‘53 |
||
|
der junge Kna mit
anderen Tempovorstellungen als später, I E alla breve beachtet, flotter HT, II con
moto, Rubati, III Trio
langsamer – romantisierender Stil, Mozart aus der Rückschau von Beethoven,
kompakter Klang, Plattenrauschen |
||||||
Hinweise zu Interpreten und
Interpretationen
Bruno Walter
Mozart war
zeitlebens für Bruno Walter eine große Liebe, immer wieder führte er seine
Werke auf, entsprechend groß ist auch seine diskographische Hinterlassenschaft,
von der Es-Dur-Sinfonie existieren allein drei Studioproduktionen. Die erste
entstand 1934 in London mit dem BBC Symphony
Orchestra. Wie damals üblich kümmerte sich niemand um eine historische
Aufführungspraxis, man musizierte im überkommenen Stil des 19. Jahrhunderts
mit groß besetztem Orchester. So auch
Walter, d. h. jedoch nicht, dass er nicht um eine differenzierte Darstellung
bemüht war. Im Kopfsatz stellt er einer sehr langsam gespielten Einleitung ein
schwungvolles Allegro gegenüber, wobei er den kurzen Seitensatz etwas langsamer
nimmt. Im Finale scheinen die Geigen anfangs nicht ganz sicher zu spielen. Die
Aufnahme besitzt ein präsentes Klangbild mit hinreichender Transparenz,
abgesehen von den fünfstimmigen Bläserstellen im Andante. Die Dynamik ist etwas
grob, Mozarts p wird meistens in ein mp/mf umgewandelt. Walters zweite
Einspielung, die in zwei Etappen 1953 und 1956 entstand, verfügt über ein
verbessertes Klangbild, folgt aber dem früheren Vorbild. Etwas befremdlich ist
die Tatsache, dass den Streichern in den Takten 2, 4 und 6 der Einleitung immer
wieder die Luft auszugehen scheint. Auch hält sich die Flöte in den Folgetakten
10-13 zu sehr zurück. Mit Einführung der Stereo-Technik spielte Walter im hohen
Alter Mozarts sechs letzte Sinfonien erneut ein, in Los Angeles nahe seines
Wohnsitzes mit dem für ihn zusammengestellten Columbia Symphony
Orchester. Trotz etwas langsamerer Tempi ziehe ich diese Aufnahme vor, vor
allem aufgrund ihres runden, plastischen und farbigeren Klangs. Aber auch die
musikalische Seite überzeugt: Die Einleitung des Kopfsatzes besitzt jetzt mehr
Spannung und Dramatik, auch im Hauptteil. Im Andante spielen die Geigen in den
Moll-Abschnitten jedoch weniger herausfahrend als früher. Das Menuett klingt
wie ein derber Bauerntanz, obwohl es ein höfischer Tanz ist, und das Finale
zieht unbeschwert dem Ende entgegen.
Wilhelm Furtwängler
Von
Furtwängler verzeichnet der Katalog zwei Aufnahmen von KV 543 aus den
Kriegsjahren 1942-1944. Die erste wurde im Haus des Rundfunks aufgenommen, es
ist jedoch nicht sicher, ob die Aufnahme 1942 oder 1943 stattfand. Am Ende der
langsamen Einleitung wird Furtwängler ganz langsam und geradezu geheimnisvoll.
Der folgende Hauptsatz besitzt innere Dramatik und Expressivität. Den zweiten
Satz inszeniert der Dirigent deutlich als Adagio, entsprechend gewichtig wird
hier musiziert, mit dramatischen Moll-Abschnitten. Auch das Menuett klingt hier
beschwert, im Trio werden die Wiederholungen etwas leiser genommen. Auch das
Finale bleibt im vorgegebenen Rahmen. Hier lässt Furtwängler Mozarts Musik aus
der Rückschau von Beethoven spielen, was viele WF Fans jedoch nicht stören
wird. In den ersten Takten klingt die Aufnahme wie verschleiert, danach jedoch
ist sie von hoher Präsenz und Klarheit. In den lauten Tutti-Abschnitten beherrschen
die Geigen das Klangbild. Furtwänglers zweite Aufnahme aus der Staatsoper
besitzt eine unverkennbare Ähnlichkeit zur zuvor beschriebenen. Das Andante
wird jetzt aber noch langsamer gespielt, geradezu geschleppt. Menuett und Trio
sind etwas schneller. Im letzten Satz wird die erste Wiederholung beachtet, so
erklärt sich die etwas längere Spielzeit. Vermutlich handelt es sich bei der
42/43er Platte um eine Aufnahme zu Sendezwecken des Reichsrundfunks, sie
enthält kaum Störungen, wenn doch, rühren sie von Stühleknirschen
oder Notenpulten her, nicht von Zuhörern. Die sind jedoch bei der zweiten
Aufnahme nicht zu überhören. Der Klang hier ist weniger klar, weniger deutlich
und in Tutti-Stellen leicht übersteuert.
Erich Kleiber
Erich Kleiber
war einer der bedeutendsten Mozart-Dirigenten, vor allem im Opernhaus, aber
auch auf dem Konzertpodium. Leider sind nur ganz wenige Tondokumente mit Musik
von Mozart erhalten: die Es-Dur-Sinfonie KV 543, die Prager-Sinfonie KV 504,
die g-Moll-Sinfonie KV 550 sowie die Serenade KV 525 nebst zwei deutschen
Tänzen. Dazu gesellt sich der herrliche Figaro. Neben diesen
Studioeinspielungen existieren noch wenige Konzertmittschnitte aus Köln
(Sinfonien KV 319, KV 543, Oboenkonzert KV 314 sowie
drei deutsche Tänze) und Stuttgart (KV 425). Seine erste Aufnahme des Es-Dur
Werkes stammt aus der Zeit, als er Generalmusikdirektor der Staatsoper Berlin
war. Soeben war das akustische Aufnahmeverfahren mit Trichter vom elektrischen
mit Mikrophon abgelöst worden, das ermöglichte einen großen Fortschritt in der
Klangaufzeichnung, bei der auch Details der Instrumentation sowie eine bessere
Transparenz festgehalten wurden. Dies alles kam auch der 1927 aufgezeichneten
Es-Dur-Sinfonie zugute. Kleiber wählt keine (zu) schnellen Tempi, er lässt der
Musik Zeit zum Atmen, was besonders für den zweiten Satz von Wichtigkeit ist.
Menuett und Trio werden deutlich voneinander abgesetzt. Dem Finale hätte man
sich noch etwas mehr Aufmerksamkeit gewünscht. Bis auf den dritten Satz werden
leider alle Wiederholungen ignoriert. Große Zustimmung meinerseits gilt dem
Mitschnitt aus dem Großen Sendesaal des WDR Köln, es war Kleibers letztes
Konzert. Hier wird man als Hörer Zeuge eines gelösten, völlig unaufdringlichen
Musizierens, das ganz nah bei Mozart anzusiedeln ist. Den zweiten Satz lässt
Kleiber hier etwas schneller spielen als früher. Die Rundfunkaufnahme zeichnet
sich durch eine gute Balance und hinreichende Transparenz aus.
George Szell
Zwei
Studio-Produktionen der Es-Dur-Sinfonie mit Szell am Pult seines Cleveland
Orchesters stehen zur Verfügung. Die erste wurde 1947 aufgenommen und ist
vielleicht nur noch älteren Musikfreunden bekannt. Das Musizieren hinterlässt
einen nüchternen, konzentrierten, disziplinierten und objektiven Eindruck, die
Musik klingt immer ausgewogen. Das Finale wird sehr schnell gespielt. Die 1960
entstandene Stereo-Einspielung hinterlässt vordergründig einen ähnlichen
Eindruck, Szell hat jedoch alle Sätze neu durchgearbeitet und hinterlässt nun
einen vertieften Eindruck. So wird die innere Dramatik der langsamen Einleitung
herausgearbeitet, die früher übersehen wurde. Ein stampfendes Menuett wird
einem schwebenden Trio gegenübergestellt. Am meisten erfreut jetzt aber ein
farbigeres Klangbild. Für die ersten beiden Sätze nimmt sich Szell nun mehr
Zeit, etwas weniger jedoch für die beiden letzten.
Karl Böhm
Im Abstand
von zehn bis zwölf Jahren erschien in der zweiten Hälfte des vergangenen
Jahrhunderts jeweils eine Neuaufnahme der Es-Dur-Sinfonie mit Karl Böhm auf LP,
mit dabei waren das Concertgebouw Orchester, die
Berliner sowie die Wiener Philharmoniker. Der Dirigent bemühte sich zeitlebens
um eine korrekte Umsetzung der jeweiligen Partitur, um immer deutliche
Artikulation, feste Tempi und einen ausgeglichenen Klang inklusive Balance und
Transparenz. Das lässt seine Plattenaufnahmen als richtig musiziert erscheinen,
objektiv, mehr kontrolliert als emotional beteiligt, was sich bei allen drei
Aufnahmen von KV 543 belegen lässt. Die Unterschiede liegen hier vorwiegend in
den Tempi, die mit zunehmendem Alter etwas langsamer werden, sowie im Klang. In
allen drei Aufnahmen überrascht die im Vergleich geringere Spannung in der
langsamen Einleitung. Überraschend auch die geringere Transparenz der
Holzbläsertakte im Andante in der Berliner Aufnahme, da bietet die frühere
Philips-Aufnahme mehr. In Berlin kommen die Pauken etwas besser heraus,
insgesamt ist der Klang hier jedoch weniger schlank. Das verstärkt sich noch in
der letzten Produktion aus Wien, in der die Einleitung wie aufgedunsen klingt,
in den Tutti-Abschnitten hätte man sich eine bessere Transparenz gewünscht.
Insgesamt kommt diese Platte über eine gepflegte Routine nicht hinaus.
Josef Krips
Zu Beginn der
LP-Zeit Anfang der 1950er Jahre durfte Krips einige Mozart-Sinfonien
für die englische Decca einspielen, u. a. auch die Es-Dur-Sinfonie. Der
langsamen Einleitung fehlt es etwas an Spannung, im Hauptteil jedoch geht die
Musik zielstrebig nach vorn. Krips versucht alle
Facetten der Partitur zu beleuchten. Das spürt man auch im Andante, das er
etwas getragen nimmt. Sinn für Proportionen zeigt er beim Menuett samt Trio,
sowie im Finale, das ein aufmerksames Dirigat zeigt. Die Tempi untereinander
sind stimmig. Etwa zwanzig Jahre später kam eine Neuaufnahme für Philips, als
er mit dem Amsterdamer Concertgebouw Orchester alle
Mozart-Sinfonien ab KV 162 einspielte. Die Neuaufnahme schließt in der
Werkauffassung an die frühere an, unter ziemlicher Beibehaltung der damaligen
Tempi. Im Andante werden die fünfstimmigen Bläserstellen jetzt deutlicher
abgebildet. Insgesamt erfreut das farbige Klangbild mit mehr Tiefe und Breite.
Das Finale besticht durch eine sehr gute Balance sowie ein abwechslungsreiches
Agieren der einzelnen Orchestergruppen. Die Streicher erfreuen mit mehr
Feinschliff, das gesamte Orchester mit einer verbesserten Klangkultur gegenüber
der ersten Aufnahme.
Herbert von Karajan
In einem
Zeitraum von 26 Jahren entstanden vier Studio-Aufnahmen von Mozarts 39.
Sinfonie mit Karajan am Pult. Die erste wurde 1949 in Wien von EMI eingespielt,
und zunächst auf Schellackplatten vertrieben. In der
Einleitung des Kopfsatzes achtet Karajan auf genaue rhythmische Darstellung,
auch in den späteren Aufnahmen. Leider bleiben die Flöten zu leise. Der
Hauptsatz wird straff und temperamentvoll gespielt, klingt aber auch etwas
motorisch und sachlich, wobei die Geigen den Ton angeben. Im Andante gelingt
dem Maestro ein feinfühliger Umgang mit der Musik, eine gewisse Distanz lässt
sich jedoch nicht überhören. Ein vehement gespieltes Menuett wechselt sich mit
einem farbig modellierten Trio ab. Schwungvoll, aber etwas abgespult klingend, geht das Finale und damit die Sinfonie zu Ende. Die Aufnahme
klingt noch kompakt und im p-Bereich
wenig differenziert.
Sechs Jahre
später, Karajan war damals bereits Chefdirigent des Londoner Philharmonia Orchesters, erfolgte seine zweite Aufnahme der
Es-Dur-Sinfonie, jetzt mit diesem Orchester. Interpretatorisch kann man wenig
Neues entdecken, Die Flöten klingen jetzt deutlicher, aber im Menuett herrscht
Routine, auch das Finale klingt aufgrund des großbesetzten Orchesters weniger
flexibel. Nach ein paar Monaten treten Karajan und das Philharmonia
Orchester im Jänner 1956 mit dieser Sinfonie bei der Salzburger Mozart-Woche
auf, mit von der Partie war auch Clara Haskil, die
Mozarts d-Moll-Klavierkonzert spielte. Der relativ gut klingende Mitschnitt ist
erhalten und wurde vom Veranstalter sowie später von Archipel auf CD
herausgebracht. Hier ist m. E. Karajans beste Interpretation festgehalten, mit
einem geschmeidig klingenden Orchester, das klanglich gut ausbalanciert ist,
Menuett und Trio (klangliche Abstufungen) werden gut gegenübergestellt. Ein
Wermutstropfen jedoch ist das Allegro assai heruntergespielte Finale, das die
Musik überfährt.
Nach Karajans
Wechsel von der DGG zurück zur EMI wurden viele Werke seines ohnehin auf Platte
festgehaltenen Repertoires erneut eingespielt, über die Notwendigkeit soll hier
nicht diskutiert werden. Karajan selbst wies immer auf technische
Verbesserungen bei der Aufnahme hin, die seine Werkauffassung besser
transformierten. Dazu trat noch ein ästhetisches Moment, dass jedes Stück so
schön wie möglich klingen sollte. Damit gingen jedoch Eingriffe in die Struktur
der Musik einher, die nicht immer einleuchteten. Im Falle der Es-Dur-Sinfonie:
Die Geigen sind an der Flöten-Stelle jetzt fast unhörbar, es klingt gekünstelt
und bei den vielen Tutti-Abschnitten muss man statt eines transparenten
Musizierens jetzt mit Klangbrei vorliebnehmen. Das setzt sich in den folgenden Sätzen
fort, auch die Moll-Abschnitte im Andante müssen die Streicher nun funkeln.
Karajan muss später gemerkt haben, dass diese Art des Musizierens nicht
Mozart-gemäß war und nur fünf Jahre danach erfolgte, jetzt wieder bei der DGG,
eine weitere Aufnahme. Hier steht klanglich alles unter dem Primat der
Streicher, der runde Klang hat jetzt etwas mehr Transparenz, besitzt jedoch
auch eine gewisse Glätte. Der Dirigent lässt von seinen Berliner Musikern die
Noten spielen, ohne die Musik zu entdecken.
Rudolf Kempe
Kempes Aufnahme entstand im Jahre 1956 mit
dem Royal Philharmonic Orchestra, dessen Chefdirigent
er nach Beechams Tod 1962 wurde. Kempe stellt sich
hinter die Partitur, lässt unaufgeregt, jedoch sehr eindringlich musizieren, es
klingt wie selbstverständlich. Eine klare Artikulation, stimmige Tempi,
rhythmische Präzision sowie ein schlankes Klangbild mit guter Balance und
Transparenz sind Merkmale nicht nur dieser erfreulichen Aufnahme. Im oben
erwähnten Jahr 1962 besuchten die Berliner Philharmoniker die Salzburger
Festspiele und beherrschten mit fünf Konzerten die Festspielszene. Beim
letzten, das Orfeo veröffentlicht hat, stand Rudolf Kempe am Pult, den
Abschluss bildete Mozarts Es-Dur-Sinfonie. Die Aufnahme hinterlässt einen guten
Eindruck, im ersten Satz besitzt sie noch etwas mehr Dramatik als früher; im
Trio lässt der Dirigent bei den jeweiligen Wiederholungen die zweite etwas
leiser spielen, was gewiss auch in Mozarts Sinn war. Leider ist das Klangbild
insgesamt kompakt, also weniger transparent, besonders in den Tutti-Passagen.
Auch die Lautstärke-Differenzierung im p-Bereich
entspricht nicht unbedingt Mozarts Absicht.
Herbert Blomstedt
Wenige Jahre
nach der Aufnahme der neun Beethoven-Sinfonien mit der Staatskapelle Dresden
spielte Herbert Blomstedt auch die vier letzten Sinfonien von Mozart ein, in
einer Zusammenarbeit von VEB Deutsche Schallplatten (Eterna)
sowie dem japanischen Denon-Konzern, der zu dieser
Zeit in Europa unterschiedliche Ensembles, Solisten und Dirigenten
verpflichtete. Blomstedts Dresdner Es-Dur-Sinfonie
kann man insgesamt als gelungen bezeichnen, in die Spitzengruppe stößt sie
jedoch nicht vor. Das liegt weniger an seinem vielschichten und facettenreichen
Musizieren, den m. E. richtigen Tempi, da kann Blomstedt punkten, sondern am
Klang der CD. Blomstedt gelingt mit seinem Orchester ein farbiges Klangbild,
hier wird jedoch nicht mit Öl, sondern mit Pastellfarben gemalt, darunter
leidet etwas auch die Präsenz, das ist schade.
Wenige Wochen
vor Weihnachten 2019 gastierte Blomstedt beim Symphonie-Orchester des
Bayerischen Rundfunks und führte auch diese Sinfonie auf. Ich habe sie am Radio
mitgehört und gleichzeitig aufgenommen. Der 92-Jährige ist mit dem Herzen bei
der Musik und lässt den Kopfsatz locker, mit einer erstaunlichen Frische
musizieren. Der langsame Satz besitzt jetzt viel mehr Farbe als vorher. Heiter
und mit entschiedenem Zugriff endet diese denkwürdige Aufführung, über der ein
Schimmer von Abendsonne leuchtet. Zuletzt sei noch angemerkt, dass nun der
Pauke ein höherer Stellenwert zugeordnet wird. Blomstedt ist auch im hohen
Alter noch für das Ergründen und die Umsetzung einer stilgerechten Aufführung
offen. Vermutlich wird der Bayerische Rundfunk über kurz oder lang eine
CD-Veröffentlichung dieses Konzerts herausbringen, wie bereits bei den
Sinfonien KV 550 und KV 551 geschehen.
Colin Davis
Die erste
Aufnahme von Mozarts Es-Dur-Sinfonie mit Colin Davis entstand 1959 in London
mit einem ad-hoc-Orchester. Es war noch nicht lange her, dass Davis als Musiker
die Fronten gewechselt hatte: vom Klarinettenpult im
Orchester zum Dirigentenpult davor. Man merkt es den drei Aufnahmen dieser
Sinfonie mit Davis schon an, dass hier jemand dirigiert, der zu den Klarinetten
mit ihrem warmen Klang in besonderer Beziehung steht. Die Flöten dagegen
bleiben in der Einleitung, übrigens in allen drei Interpretationen, etwas im
Hintergrund. Der Kopfsatz dieser ersten Einspielung von Nr. 39 wird festlich,
aber entspannt musiziert. Im Andante lässt sich Davis Zeit, die Musik kann atmen.
Auch die restlichen Sätze erfahren hier eine ziemlich gute Wiedergabe. Ein
angenehmer Klang rundet diese Aufnahme ab. Zu Beginn der 1980er Jahre begann
der holländische Philipskonzern in Zusammenarbeit mit
VEB Deutsche Schallplatten eine Aufnahmeserie der wesentlichen Mozart-Sinfonien
mit der Staatskapelle Dresden unter Leitung von Colin Davis. Die
Es-Dur-Sinfonie stand am Anfang dieses Projektes. Die Werkauffassung des
Dirigenten hat sich nach mehr als 20 Jahren wenig geändert. Das Orchester ist
jetzt bei den Streichern größer besetzt, das hört man dem volleren Bassbereich
deutlich an, z. B. in den Moll-Abschnitten im Andante. Insgesamt sind noch mehr
Farbe sowie eine höhere Transparenz hinzugekommen. Das Menuett wird etwas fest
musiziert, im Trio erfreuen die farbigen Bläserstimmen, vor allem der
Klarinetten. Die dritte Aufnahme wurde in Zusammenarbeit mit dem
Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks erarbeitet, dessen Chefdirigent
Colin Davis nach Rafael Kubelik wurde und auf einer hauseigenen CD („50 Jahre
Symphonie-Orchester des Bayerischen Rundfunks“) herausgegeben.
Interpretatorische Unterschiede zu Dresden sind nicht auszumachen. Leider lässt
Davis noch breiter musizieren, das klingt mir zu großformatig und
philharmonisch. Das Publikum bleibt erfreulich mucksmäuschenstill.
Nikolaus Harnoncourt
Dreimal hat
sich Harnoncourt Mozarts letzten Sinfonien auf Tonträgern gewidmet. Nach seinen
zahlreichen Einspielungen mit Musik der Barockzeit mit seinem Concentus Musicus wandte er sich Mozart
zu, diesmal jedoch mit dem auf modernen Instrumenten spielenden Amsterdamer Concertgebouw Orchester. Bei ihrem Erscheinen erregten die
gut klingenden Teldec-Platten große Aufmerksamkeit,
wenn auch nicht immer höchste Zustimmung. In den vielen lauten Tutti-Partien
bringt Harnoncourt die Musik ziemlich blechbewehrt, das klingt so, als müssten
die Trompeten bei jedem f-Ton „ich“
schreien, das klingt übertrieben und in ihrer Penetranz verkrampft und auch
anstrengend. Die Einleitung zum Kopfsatz kommt pompös daher, der Hauptteil
langsamer als gewohnt. Im Andante überrascht ein schwergewichtig genommener
Mittelteil voller Dramatik. Das Menuett kontrastiert mit seinem Allegro-Tempo
(Mozart: Andante) gut zum langsameren Trio, in dem die Streicher ihrer Begleittöne
nur anzureißen scheinen. Das Finale erinnert im musikalischen Gestus an den
Kopfsatz. Auf der Neuaufnahme mit dem kleiner besetzten Chamber
Orchestra of Europe klingt Mozarts Musik
entkrampfter, jetzt mehr nach HIP-Mainstream, auch ist das Klangbild weniger
strahlend, die Trompeten müssen ohne ihre frühere Signalwirkung auskommen. Als
Neuerung lässt der Dirigent jetzt auch die Wiederholungen im Menuett nach dem
Trio spielen. In seiner letzten Aufnahme kehrt Harnoncourt zu seinem Ursprung
mit dem Concentus Musicus
zurück, der aber nun in größerer Streicherbesetzung
spielt. Die Musik klingt nun wieder geschärfter, jedoch nicht so flexibel wie
mit dem COE. Das Menuett wird jetzt herunter gerast, mit allen Wiederholungen.
Nach dem Schlussakkord des vierten Satzes folgt unmittelbar die
g-Moll-Sinfonie.
Charles Mackerras
Ende der
1980er-Jahre spielte Mackerras mit dem Prager
Kammerorchester sämtliche Mozart-Sinfonien für das amerikanische Label Telarc ein, Mozart gewissermaßen von der Stange. Bei mir
hinterließen die bekannteren Sinfonien den Eindruck, als sei hier noch nicht
das letzte Wort gesprochen. Der erste Satz von KV 543 klingt gewichtig,
geradlinig, aber auch etwas oberflächlich glatt. Menuett und Trio ziehen sehr
bewegt vorüber, noch schneller, mit ansteckender Spielfreude, straff, aber auch
hier etwas glatt der Finalsatz. Am besten gefällt mir das Andante. Fast 30
Jahre später bringt das Label Linn eine Neuausgabe der vier letzten Sinfonien
heraus, diesmal dirigiert Mackerras das ihn vertraute
Scottish Chamber Orchestra,
das sich der historisch-informierten Aufführungspraxis verschrieben hat.
Zusammen mit dem Dirigenten dringen die Musiker jetzt mehr in Mozarts Musik
ein. Es wird mit mehr Stilbewusstsein, einer erhöhten Inspiration und einem
besseren Klangfarbenpotential gearbeitet. Auch steht die Artikulation auf
höherem Niveau. Eine bessere Balance und Transparenz rundet den positiven
Eindruck ab.
Frans Brüggen
Es kommt eher
selten vor, dass die zweite Aufnahme die vorige übertrifft, bei Brüggen ist es
jedoch so. Die ältere Philips-Aufnahme, jetzt Decca, übermittelt bei mir vor
allem im Kopfsatz den Eindruck des Suchenden: Nach den Tutti-Akkorden in den
Takten 1, 3 und 5 erfolgt immer ein Spannungsabfall, die fallenden
Sechzehntel-Skalen in den Violinen klingen wie
verwischt, das hat etwas Unfertiges. Im zweiten Satz werden die
abschließenden Achtel als Ziel der Aufwärtsbewegung etwas verlangsamt (T. 22 f.
und T. 26 f.), mehr als in den Takten davor. Der Eindruck des Experimentellen
verliert sich in der Zweitaufnahme bei Glossa, man
kann in ihr eine Weiterentwicklung erkennen: In der Einleitung zum ersten Satz
verbreitet das Blech mehr festliche Stimmung, in den wenigen Takten herrscht
auch mehr Spannung. Die Musik des Hauptteils trägt überwiegend männlichen
Charakter, die Artikulation ist präziser und das Klangbild farbiger, mit etwas
stärkeren Bässen. Im Trio wird der erste Abschnitt bei der Wiederholung leiser,
im zweiten bringt die Klarinette eine Verziehrung.
Das Finale besitzt jetzt mehr Dramatik als früher.
Zum Schluss
noch einen herzlichen Dank an Freunde des Klassik-Prismas, die mit der
Bereitstellung weiterer Aufnahmen diese Webseite noch erweitert, und damit
zusätzliche Informationen für den Leser bereitgestellt haben.
eingestellt 2005
ergänzt sowie neu bearbeitet am
19.03.20