Das Klassik-Prisma |
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Bernd Stremmel |
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6. Sinfonie h-Moll op. 74 „Pathetique“
Adagio, Allegro non troppo – Allegro con grazia – Allegro molto vivace – Adagio lamentuoso, Andante
Allerlei Mythen und Geschichten ranken sich um Tschaikowskys
letzte Sinfonie, diverse Äußerungen des Komponisten selbst haben kaum zur
Klarheit beigetragen, sondern der Spekulation Tür und Tor geöffnet. Dichtung
und Wahrheit liegen jedoch nach wie vor außerhalb wissenschaftlicher
Erkenntnisse. Sicher ist nur, dass Tschaikowsky acht Tage nach der
Uraufführung, die er selbst leitete, an Cholera starb.
Sehr viele Dirigenten haben
Probleme mit dem Metrum am Anfang des 1. Satzes, z. B. Karajan bei allen
Aufnahmen, Abbado-Sony, Sinopoli, zuweilen wird das Taktgefüge einfach
ignoriert, bei Mengelberg, Bernstein-DGG, Inbal, Fedossejew, Temirkanov.
Dem Beginn des 1. Satzes, Adagio, geprägt von Düsternis und
Grauen, folgt ein Allegro ma non troppo mit dem ersten Thema in h-Moll. Die
meisten Dirigenten nehmen es schon recht schnell oder werden nach wenigen
Takten noch schneller. Danach bringt der Komponist ein ruhiges 2. Thema in D-Dur,
weil alle Streicher mit Dämpfer spielen müssen, meint man, es werde hinter
einem Vorhang gespielt (Mrawinsky, Giulini-59 und 80). Es folgt ein
Zwischenspiel (Moderato mosso, T. 101-129), das thematisch den Holzbläsern
vorbehalten ist, während Geigen und Bratschen einen Klangteppich aus
verlängertem daktylischem Rhythmus auslegen, der dem Abschnitt einen leicht
hüpfenden Ausdruck verleiht (saltando). Nun, bei der Wiederholung des 2.
Themas, werden die Dämpfer entfernt und die Musik darf leuchten und im ff
aufblühen. In T. 134 f. und 138 f. fügt der Komponist ein Viertonmotiv für
Trompete und Tenorposaune hinzu, ausdrücklich mit marcato bezeichnet, um
die Wirkung dieser Stelle zu verstärken. Leider wird es oft zu leise gespielt
oder bleibt ziemlich unbeachtet, deutlich markiert erklingt es z. B. bei
Mrawinsky, Giulini, Bernstein-86 und Norrington. Zum Abschluss dieses
Abschnitts darf die Klarinette nochmals sanft verklärt das 2. Thema vortragen,
dabei bis zum Verklingen immer leiser werdend und in tiefe Regionen absteigend,
hier ist ein sechsfaches Piano notiert. Die letzten vier Töne liegen für die
Klarinette zu tief, deshalb weist der Komponist diese dem Fagott zu. Manche
Dirigenten sind der Ansicht, hier wäre besser eine Bassklarinette eingesetzt,
die ohne klanglichen Bruch die Melodie zu Ende führt, wie man es z. B. bei
Mengelberg, Ansermet, Krips, Giulini, Silvestri, Karajan, Jansons und Pappano
hört. Ein deutliches Fagott bringen z. B. Solti, Steinberg, Ackermann,
Norrington, Dausgaard und Nézet-Séguin.
Mit einem überraschenden ff-Schlag beginnt die
ausgedehnte Durchführung, Allegro vivo, sie bedient sich hauptsächlich
Materials des 1. Themas, das in kleinste Motive zerlegt wird, die wie
fratzenhaft durch die einzelnen Instrumente gejagt werden. Das Tempo wird
maßlos gesteigert, dann wieder heruntergefahren. Auf dem Höhepunkt T.285 ff.
scheint ein Motiv der Posaunen das Schicksal inbrünstig zu beklagen, nach einem
letzten Aufbäumen bricht die Musik zusammen. Die folgende Reprise verwendet nur
noch die Musik des 2. Themas, daran schließt sich eine verklärte Coda an.
Hier noch einige Hinweise zur Gestaltung einzelner Stellen.
In der Einleitung (Adagio) intoniert das Fagott bereits den Kopf des 1. Themas,
zweimal, vor dem Hintergrund liegender Töne der tiefen Streicher. Das Fagott
setzt jeweils auf der Zählzeit 4 ein, für einige Dirigenten ist dies zu lang
und lassen es bereits auf 2 oder 3 einsetzen. Die Pause T. 6 wird sehr oft auf
drei Zählzeiten verkürzt, wie bei Mitropoulos, Karajan-56, -71 und 84 oder auf
fünf verlängert, wie bei Furtwängler-51, Silvestri, Markevitch, Giulini-80,
Norrington, Pletnjew und Nelsons. Auch die Einsätze von Flöten und Klarinette
T. 12 sowie Klarinetten und Fagott T. 14 kommen meist viel zu früh. Wenn sogar
Fanatiker der Präzision wie Toscanini, Reiner und Fricsay zu Beginn schludern,
kann man es dem Rest der Dirigentenzunft kaum verübeln, wenn die Takte nicht
genau ausgezählt werden und Instrumente zu früh einsetzen. Immerhin schaffen es
einige wenige Dirigenten doch, Tschaikowskys Vorstellungen zu befolgen wie
Furtwängler-38, Ansermet, Münch, Haitink, Karajan-64 und Dausgaard. Noch einmal
zurück zum Beginn. Nach Anweisungen des Komponisten sollen die Kontrabässe in
den Takten 1 und 7 pp spielen, eine ganze Anzahl von Dirigenten jedoch
lassen die Töne e und h aus dem Nichts heraustreten, wie
Temirkanow, Ashkenazy, Bernstein-86, Fricsay-59, Abravanel, Dohnanyi, N. Järvi,
Inbal, Sinopoli, Pappano, Dausgaard, Pletnjew-91 und Nelsons.
In den Takten 174 sowie 182 wird der Kopf des 1. Themas den
Celli und Bässen zugeteilt. In der Partitur ist zwar ff vermerkt, doch
im lauten Orchestergetümmel gehen die Einsätze verloren, falls nicht der
Dirigent sein Augenmerk darauf richtet, wie Monteux, Reiner, Furtwängler-38,
van Kempen, Schmidt-Isserstedt, Karajan, Matacic, Solti, Markevitch-62,
Cantelli, Bernstein-64 u. 86, Dohnanyi, Nelsons, Norrington, N. Järvi,
Dausgaard und Nézet-Séguin. In T. 223 kommt die Musik für einige Takte zur
Ruhe, über Streicher-Gegrummel spielen Hörner und Posaunen leise jeweils ein
markantes Motiv, selten ist es deutlich herausgearbeitet, vor allem von Solti
(!), aber auch bei Stokowski, Schmidt-Isserstedt, Kempe, Matacic, Steinberg,
Silvestri, Giulini-61, Norrington, Inbal, Jansons-04, Nelsons und Litton ist es
zu vernehmen. Einige Takte später, genau ab T. 236, belebt sich die Musik
erneut und Tschaikowsky fügt den Streichern als Kontrapunkt eine Posaunenstimme
hinzu (b-a-as-ges), die im T. 237 zwar leise spielen soll, aber mit der
Anweisung poco cresc. versehen ist, dabei gesellen sich wiederum einen
Takt später Trompete und Bassposaune mit einem rhythmisch betonten Motiv. Es
ist mir unverständlich, dass fast alle Dirigenten dieses so wirkungsvolle
Crescendo einfach ignorieren! Lediglich Toscanini, Monteux und Bernstein (bei
seiner letzten Aufnahme) retten das Ansehen der Dirigentenzunft. Zuletzt sei
noch auf den letzten Höhepunkt hingewiesen (T. 285 ff.), das komplette
Orchester soll hier seine letzte Kraft geben, was leider oftmals nicht gelingt,
wenn man hören muss, dass vor allem die Posaunen sich gegen Ende hin immer mehr
zurücknehmen (müssen), um auf dem Zieltakt 300 noch ein ffff
hinzukriegen. Sehr gewaltig klingt die Stelle bei Mrawinsky, gut bei van
Kempen, Solti, Silvestri, Karajan-64 und 71, Masur, Dohnanyi, Norrington sowie
Nézet-Séguin. Tschaikowsky sieht eine doppelte Punktierung bei den Posaunen
vor, hier wird jedoch oft etwas geschludert, deutlich lassen Karajan
(außer-56), Steinberg, Silvestri und Norrington spielen.
Der 2. Satz, ein Walzer im ungewöhnlichen 5/4-Takt, ist zum
wirklichen Tanzen kaum geeignet. Der Dirigent sollte den Zusatz con grazia
im Auge haben, der eine gewisse Leichtigkeit andeutet und vom Interpreten
einfordert. Die Musik besteht aus einem A-Teil in D-Dur bzw. A-Dur und einem
zweigeteilten Mittelteil (B, jeweils mit Wiederholung) in h-Moll und D-Dur,
darunter liegt ein Bordoun der Pauke und der tiefen Streicher auf d.
Letzterer verliert bei sehr vielen Dirigenten seine Spannung bis zur
Unhörbarkeit, keineswegs jedoch bei Fried, Reiner, Kempe, Haitink, Nelsons und
Currentzis. Kompositorisch interessant ist die Verbindung der beiden Teile in
den Takten 81-91. Ein Hinweis noch auf Takte 45-52, in denen zu Streichern und
Holzbläsern deutlich das Blech sich mehrmals mit einem aufsteigenden Motiv zu
Wort meldet, zunächst die 4 Hörner, dann treten Trompeten und Posaunen hinzu
und zuletzt T. 51/52 Bassposaune und Tuba. Viele Dirigenten scheinen sich nicht
über die Bedeutung der beiden Instrumente im kompositorischen Zusammenhang im
Klaren zu sein, wenn sie diese zu leise bringen, obwohl Tschaikowsky ein f notiert,
wie bei den restlichen Instrumenten auch. Deutlich treten Bassposaune und Tuba
hervor bei Ansermet, Furtwängler, Monteux-live, Münch, Reiner, Fricsay-53,
Ackermann, Silvestri, Stokowski, Markevitch, Svetlanov, Giulini, Bernstein,
Rostropovitch, Abbado-WP, Karajan-39, Maazel, Dausgaard, Pappano, Bashmet und
Norrington.
Der 3. Satz, eine Mischung aus Scherzo und Geschwindmarsch,
bildet einen deutlichen Kontrast zu den benachbarten Sätzen. Interessant in der
Erfindung des thematischen Materials und seiner Verarbeitung, wobei trotz der
vielen Wiederholungen keine Langeweile aufkommt. Allegro molto vivace ist die
Tempoangabe, viele Dirigenten halten sich an die letzten beiden Worte, also
molto vivace, sehr bewegt erklingt bei ihnen die Musik. Andere wiederum halten
das Allegro molto für das eigentlich entscheidende, rastlos, fast atemlos jagt
hier die Musik durch den Satz. Insgesamt erkenne ich hier fünf Abschnitte, (1)
T. 1-70, (2) T. 71-138, (3) T. 139-194, ein Zwischenspiel T. 195-228, das zu
den virtuosen unisono-Läufen, abwechselnd Streicher und Holzbläser, führt, dann
(4) ein pompöser Marsch im ganzen Orchester mit deutlichen Markierungspunkten
von Becken und großer Trommel. Viele Dirigenten lassen die Beckenschläge gleich
lang erklingen, dabei „übersehen“ sie, dass der zweite in T. 282 nur eine
Achtel dauern soll, also noch abgedämpft werden muss. Lang, also falsch, hört
man ihn bei Ackermann, Solti, Karajan (außer 1984), Bernstein-53, Jansons-04,
Nézet-Séguin und Nelsons. Einige Takte vor diesem zweiten Beckenschlag
verdichtet sich die Musik, Trompeten und Posaunen werfen sich gegenseitig das
Anfangsmotiv zu, gleichzeitig sollen alle vier Hörner im unisono die Töne
g-tief und fis-tief spielen, was einen unglaublich dröhnenden Effekt verursacht
– so etwas kommt in der Orchestermusik selten vor – in der Partitur ist dazu
ein fff vermerkt. Nur wenige Maestri trauen sich diese fast
hässlich-brutal klingende Stelle voll auszuspielen: Matacic, Markevitch,
Fricsay-53, van Kempen, Masur, Reiner, Sinopoli, Litton, Giulini-61, Stokowski,
Furtwängler-38, Jansons-84 und Roshdestvensky. Leider fallen in Teil 4 die
markanten Schläge der Großen Trommel im Umfeld des Beckens bei einigen
Aufnahmen viel zu harmlos aus.
Das Finale greift die Niedergeschlagenheit und
Hoffnungslosigkeit des Kopfsatzes auf. Gleich im ersten Takt (ebenso in T. 3,
20 und 22) bieten die beiden Geigen, die Bratschen und die Celli jeweils ein
Motiv, das von großen Intervallsprüngen gezeichnet ist. Beim Blick in die
Partitur ist es unmöglich festzustellen, welches der vier Motive als
Hauptstimme und welche als Nebenstimme anzusehen sind. Die Dirigenten setzen
die Schwerpunkte jedoch so, dass aus den Lautsprechern die Töne fis-e-d-cis-h-gis
als kurze Melodie zu hören ist, die unterschiedlichen Stimmführungen werden
dabei geglättet. Einzig Georg Solti liefert eine Ahnung davon, wie sich der
Komponist diese Stelle gedacht haben mag. Nach dem ersten Höhepunkt nach T. 70
wird die Musik langsamer, jetzt besinnt sich Tschaikowsky wieder auf den Anfang
des Satzes, verzichtet aber auf die Intervallsprünge bei den Streichern, nun
klingt die Musik mehr geglättet, besänftigt, bevor der letzte Höhepunkt
angesteuert wird. Auf dem Kulminationspunkt T. 124 bricht die Trompete klagend
ab, während die restlichen Instrumente in einem letzten Aufbäumen die
Entwicklung zu Ende führen. Rodzinski und Mitropoulos jedoch „verbessern“ den
Komponisten, indem sie die Trompeten das Unisono von Flöten, Oboen und Streichern
mitspielen lassen. Das klingt doch arg befremdlich und gewollt und entspricht
keineswegs dem Willen des Komponisten. Im pppp klingt die Pathetique
aus.
Jewgenij
Mrawinsky |
Leningrader
Philharmonie |
DGG
|
1956 |
44‘34 |
|
|
I un poco animando bereits
einige Takte früher, so klingt es organischer, sonst ziemlich tempokonstant,
die unterschiedlichen Aggregatzustände der Musik sehr gut herausgearbeitet,
partiturbezogen, II Tanzcharakter im A-Teil, III dämonisch, entfesselt, IV M.
bleibt bei Tschaikowskys dynamischen und agogischen Vorgaben, trotzdem auch
eine emotional überzeugende Leistung |
||||
Jewgenij
Mrawinsky |
Leningrader
Philharmonie |
DGG
|
1960 |
43‘32 |
|
|
Klang mehr aufgefächert und mit mehr
Körper, etwas hellere Holzbläser, interpretatorisch auf der vorgezeichneten
Linie, II schwermütiger und rückwärtsgewandter B-Teil |
||||
5 |
Jewgenij Mrawinsky |
Leningrader Philharmonie |
Melodya
Erato |
1982
|
44‘50
|
|
live – besserer und durchsichtigerer
Klang, jedoch weniger geschärft als früher, Instrumente plastischer,
interpretatorisch weniger unerbittlich, stattdessen etwas verbindlicher;
immer noch mit voller Energie und Kraft |
||||
5 |
Konstantin Iwanow |
Staatliches Sinfonie-Orchester der
UdSSR |
Melodya Westminster Eurodisc forgotten records |
1960 |
42‘40 |
|
hellwachs Musizieren, an vielen
Stellen wie elektrisiert, II in A con grazia, IV T. 71-81 geringere
Intensität – eine Aufnahme, die begeistert |
||||
5 |
Teodor Currentzis |
Music Aeterna Orchestra |
Sony |
2017 |
46‘17 |
|
I mit langem Atem in den
langsameren Abschnitten, aber zupackend in den schnellen; belebende
Streicherbegleitung beim 3. Th. (T. 101 ff.), bester Kontrast zu Klar. und
Fg., leider auf dem Höhepunkt ab T. 277 Tempo deutlich gedrosselt, II
Lautstärke etwas angehoben? sehr durchsichtig, III Partitur durchleuchtet,
Musik rhythmisch geschärft, spannungsvoll, IV packend – dynamische Bandbreite
ausgeschöpft, sehr gute Balance und Transparenz |
||||
5 |
Ferenc Fricsay |
Berliner Philharmoniker |
DGG |
1953
|
41‘53
|
|
▼ |
||||
5 |
Hermann Abendroth |
Rundfunk-Sinfonie-Orchester Leipzig |
Eterna Berlin Classics Arlecchino |
1952 |
47‘39 |
|
▼ |
||||
Vaclav
Talich |
Tschechische
Philharmonie Prag |
Supraphon
|
1953 |
45‘43 |
|
|
I
Allegro vivo etwas weniger wild als bei Mrawinsky, zweites Andante T. 304 ff.
schneller als vorher, II B-Teil etwas langsamer, III Talich achtet immer auf
Deutlichkeit, etwas langsamer, IV unsentimental, ähnlich wie Mrawinsky –
trotz des Alters gute Transparenz |
||||
5 |
Paul van Kempen |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
Philips |
1951
|
46‘26
|
|
I E Holz T. 12/14 zu früh, Details
werden unaufdringlich präsentiert, II B-Teil wie ein Klagegesang, III mit
grimmiger Entschlossenheit, kein Triumph, IV tragische Sicht – etwas rauer
Klang |
|
|
4-5 |
Oskar Fried |
Orchestra of the Royal
Philharmonic Society |
Columbia Preiser
forgotten records |
1929 |
39‘41 |
|||
|
|
völlig unsentimental, aber doch
eindringlich; deutliche Artikulation vor allem der Streicher, I Pausen in der
E etwas verkürzt, HT mit viel Drive, II ohne Wiederholungen, sachlicher Ton,
wenig Grazie, Pk im MT hervorgehoben, IV unsentimental, Adagio muss Andante
weichen, bewegtes Musizieren – für die Zeit der Aufnahme ein Höchstmaß an
Präsenz |
|||||||
|
4-5 |
Wilhelm Furtwängler |
Berliner Philharmoniker |
EMI |
1938
|
48‘22
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Wilhelm Furtwängler |
Berliner Philharmoniker |
DGG |
1951
|
48‘32
|
|||
|
|
live, ▼ |
|||||||
|
4-5 |
Hermann Abendroth |
Berliner Rundfunk-Sinfonie-Orchester |
Tahra |
1950 |
49‘13 |
|||
|
|
live, ▼ |
|
|
|
|
|||
|
4-5 |
Günter Wand |
NDR Sinfonie-Orchester Hamburg |
RCA |
1991
|
44‘03
|
|||
|
|
live – gemäßigt in den Höhepunkten,
keine Exzesse, absolute Musik, im 2. Satz spielen die Streicher mit etwas
breitem Strich, damit fehlt dem Satz etwas von der ihm eigenen Eleganz |
|||||||
|
4-5 |
Paul Kletzki |
Philharmonia Orchestra London |
EMI medici
arts |
1960
|
45‘18
|
|||
|
|
dem Ideal ganz nahe |
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|
4-5 |
Fritz Reiner |
Chicago Symphony Orchestra |
RCA |
1957
|
45‘14
|
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|
|
I E flexibles Metrum, schlankes, präzises
Musizieren, nur Tschaikowsky, II relativ schnelles Tempo, jedoch ohne
Tanzcharakter, mehr sachlich, B-Teil 2. Wdhlg. fehlt, III das Artistische als
das Selbstverständliche, Gran Cassa bene! IV con anima, ohne
jemals zu übertreiben |
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4-5 |
Lorin Maazel |
Wiener Philharmoniker |
Decca |
1963
|
43‘02
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Georg Solti |
Chicago Symphony Orchestra |
Decca |
1976
|
42‘41
|
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|
I nach der ruhigen E geht es
sofort zur Sache: hitzig, atemlos, zugespitzt, inbrünstig; 2. Th. eine kleine
Oase der Ruhe, II A-Abschnitt mit Schwung und Eleganz, immer unter großer
Anspannung, III Presto, von rhythmischer Energie getragen, IV zu Beginn die
unterschiedlichen Stimmführungen der Streicher beleuchtet |
|||||||
|
4-5 |
Josef Krips |
Tonhalle Orchester Zürich |
Guilde Internationale du Disque Concert Hall forgotten records |
1960 |
43‘08 |
|||
|
|
I Tempogegensätze wenig betont,
präsenter Klang, auch bei dynamischen Höhepunkten immer transparent, etwas
sachliches Musizieren, Klangregie hat auch immer Holzbläser im Blick,
Posaunen T. 81-83? Holz T. 185 ff. nicht ganz rund, II B nach Partitur
zurückgenommen, III nicht gehetzt, so bleibt der Klang transparent, die
Abläufe werden deutlich herausgearbeitet, inspiriert, große Trommel
allerdings zu leise |
|||||||
|
4-5 |
Yuri Bashmet |
Neues Russisches Staatliches
Sinfonie-Orchester |
Ica-classics |
2004
|
45‘47
|
|||
|
|
live – I sehr gedehnte E, ebenso
der Höhepunkt bei T. 285 ff., danach viel russische Seele, molto
espressivo, II lebendiger A-Teil, III furios, IV schwerblütig, anfangs
mehr räsonierend als lamentierend |
|||||||
|
4-5 |
Igor Markevitch |
London Symphony Orchestra |
Philips |
1962
|
45‘14
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Igor Markevitch |
Berliner Philharmoniker |
DGG |
1953
|
45‘34
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Hans Schmidt-Isserstedt |
Sinfonie-Orchester des NDR Hamburg
|
Telefunken Tahra |
1954
|
44‘45
|
|||
|
|
I gute Interpretation,
Lautstärkedifferenzierung nach unten könnte ausgeprägter sein, gute Tempi, II
B: 1. Wdhlg. fehlt, III spannungsvoll, rhythmisch betont, fast atemlos, IV
mit Nachdruck, con anima, Pathos |
|||||||
|
4-5 |
Christoph von Dohnanyi |
Cleveland Orchestra |
Telarc |
1986
|
44‘38
|
|||
|
|
I schlanker, präziser Zugriff, völlig
ohne Fett, eher sachlich als gefühlsbetont, E T. 12 Holz zu früh, II
spannungsintensiver B-Teil, III zugespitztes Musizieren, Blick auf Details,
Einbezug der Nebenstimmen, Gran Cassa bene! IV nur den Notentext intensiv
ausgelotet – helles Klangbild |
|||||||
|
4-5 |
Jewgenij Svetlanov |
Staatliches Sinfonie-Orchester der
UdSSR |
Melodya BMG Scribendum |
1967
|
45‘47
|
|||
|
|
I deutliches Musizieren, helles
und transparentes Klangbild, con sentimento, aber auch sehr
leidenschaftlich, Hörner oft herausgestellt, II schneller Walzer, Trio
langsamer, hier etwas zu breiter Strich, III stellenweise etwas derb, spitze
Geigen, IV molto espessivo |
|||||||
|
4-5 |
Claudio Abbado |
Wiener Philharmoniker |
DGG |
1973
|
44‘28
|
|||
|
|
I E Pausen verkürzt, Saltando
der Streicher T. 101 ff. zu zurückhaltend, in großen Bögen musiziert,
Höhepunkte mit jugendlicher Anteilnahme, II innere Spannung, III Temperament
und Präzision im Einklang, IV spannungsintensiv, T. 114-125 Stimmführungen
nicht ganz deutlich – warmer Klang, gute Transparenz, dynamischer Reichtum |
|||||||
|
4-5 |
Yannik Nézet-Séguin |
Rotterdam Philharmonic Orchestra |
DGG |
2012
|
44‘13
|
|||
|
|
I E 1. Fagott bereits von Anfang
an, Holz T. 12/14 zu früh, sofort Allergo molto, sauberes Musizieren,
kraftvoll und lyrisch, etwas Oberstimmen-betont, II lebendig, mit Druck,
B-Teil deutlich abgesetzt, III sportlich, mit einer gespenstigen Sicherheit
durchgezogen, an einigen Stellen wünschte man sich etwas mehr Nachdruck, IV
empfindsam |
|||||||
|
4-5 |
Otto Ackermann |
Tonhalle Orchester Zürich |
Musical Masterpiece Society forgotten
records |
1951 |
42’15 |
|||
|
|
I E T. 7, 12 und 14 zu früh,
bewegt pulsierendes Spiel mit Hingabe und Leidenschaft, II Allegro con
grazia, lebendig, kurzweilig, B-Teil ohne Wiederholungen, III energetisch, IV
Oberstimmen-betont – helles Klangbild mit guter Transparenz |
|||||||
|
4-5 |
Thomas Dausgaard |
Schwedisches Kammerorchester |
BIS |
2011 |
42’46 |
|||
|
|
I Allegro,
moderner=partiturbezogener Ansatz, entfettet, Höhepunkt T. 284 ff. kein
Seelenerguss, kann trotzdem überzeugen, II kammermusikalische Feinabstimmung,
facettenreich, III rhythmisch betont, pointiert, geschmeidig, IV 2. Höhepunkt
incl. Hinführung überzeugt nicht ganz |
|||||||
|
4-5 |
Lovro von Matacic |
Tschechische Philharmonie Prag |
Supraphon |
1968
|
44‘16
|
|||
|
|
I E T. 7/14 Holz zu früh, der
Partitur gemäß intensiv gestaltet, Matacic neigt nicht zum Auftrumpfen, II con
grazia, mit viel Klangsinn, III eher sachlich als gefühlsbetont, sich vor
Exaltiertheit hütend, IV Lehrstunde in Sachen Agogik und Dynamik |
|||||||
|
4-5 |
Ferenc Fricsay |
Radio-Sinfonie-Orchester Berlin |
DGG |
1959
|
50‘28
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Antal Dorati |
London Symphony Orchestra |
Mercury |
1960
|
43‘31
|
|||
|
|
I lebendige Darstellung, T. 285 ff
Lautstärke am Ende schwächer, sehr gute Präsenz und Transparenz, II
pulsierendes Musizieren, III immer locker, Sinn für die Dramaturgie des
Satzes, IV konzentriert und unsentimental – Streicher etwas zu rau |
|||||||
|
4-5 |
Carlo Maria Giulini |
Los Angeles Philharmonic Orchestra
|
DGG |
1980
|
46‘35
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Carlo Maria Giulini |
Philharmonia Orchestra London |
BBCL |
1961
|
44‘14
|
|||
|
|
live, ▼ |
|||||||
|
4-5 |
Erich Kleiber |
Conservatoire Orchester Paris |
Decca Testament |
1953
|
44‘03
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Michail Pletnjew |
Russisches Staatsorchester |
Virgin |
1991
|
44‘25
|
|||
|
|
I Allegro ma non troppo hier fast
schon Allegro molto, schlankes Musizieren, gute Transparenz, fff in
den T. 285-299 wird nicht durchgehalten, II Teile A und B heben sich wenig
voneinander ab, III Orchestervirtuosität, beim extrem schnellen Tempo wird
das fff ab T. 229 nur im ff geschafft, IV mit Nachdruck
musiziert, T. 71 ff. nicht deutlich als Höhepunkt |
|||||||
|
4-5 |
Michail Pletnjew |
Russisches Staatsorchester |
DGG |
1995
|
45‘47
|
|||
|
|
im Ansatz ähnlich wie die frühere
Aufnahme, I A. man non troppo nicht so extrem, aber auch weniger gespannt, T.
285 ff. wie vorher, III auf die Sekunde genau so schnell wie vorher, IV T. 17
ff. jetzt als Höhepunkt |
|||||||
|
4-5 |
Pierre Monteux |
Boston Symphony Orchestra |
WHRA |
1955
|
45‘33
|
|||
|
|
live, ▼ |
|||||||
|
4-5 |
Pierre Monteux |
Boston Symphony Orchestra |
RCA |
1955
|
44‘14
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Gennadij Roshdestvensky |
London Symphony Orchestra |
IMP |
P
1987 |
45‘21
|
|||
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I eher ein moderner Tschaikowsky:
schlank, durchhörbar, kein Fett, gelassen, aber nicht unbedingt zwingend; T.
12 Ob./Klar. und T. 14 Klar/Fg je eine Viertel zu früh, II eher von außen
betrachtet, III Tschaikowskys Dynamik ernst genommen, Blicke ins Innenleben
der Partitur werden frei, Hörner T.31-35 und T. 169-173 im Dialog mit Klar/Fg
nicht so schlank wie die Holzbläser, IV kein Seelenstriptease, Tschaikowsky
für Tschaikowsky-Verächter |
|||||||
|
4-5 |
Lorin Maazel |
Cleveland Orchestra |
CBS Sony |
1982
|
42‘19
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Roger Norrington |
SWR Sinfonie-Orchester Stuttgart |
hänssler |
2004
|
43‘42
|
|||
|
|
historisch-informierte
Aufführungspraxis, live – I entfetteter Klang, Partitur durchleuchtet, der
Interpret tritt weitgehend zurück, trotzdem überzeugend, II ziemlich bewegt,
keine Herzensangelegenheit, III Höhepunkte genau angesteuert,
phantasiereiches Spiel, IV die Verschiebung von Holz und Streichern T. 8-11
sehr gut herausgearbeitet, das hört man fast nie so deutlich |
|||||||
|
4-5 |
Kurt Masur |
Gewandhausorchester Leipzig |
Teldec |
1986
|
43‘39
|
|||
|
|
I schlank, transparent, kein
Fettansatz, keine Drücker, gute Tempi, II lebendig, Pizzicati T. 32-40 etwas
zu leise, routiniert, III zielstrebig nach vorn, betriebsam, IV mehr
sachlich, nüchtern, ohne übertriebene Gefühlsbekundung |
|||||||
|
4-5 |
Rudolf Kempe |
Philharmonia Orchestra London |
EMI Testament |
1957
|
47‘24
|
|||
|
|
I T. 12 ff. nicht im Metrum, beim
2. Th. T. 89 ff. und T. 130 ff. Streicher etwas kühl, Kempe öffnet einige bis
dato unerhörte Bläserstimmen, T. 285 ff. Lautstärke lässt nach, II Tempo
gezogen, breites Musizieren, farbenreicher B-Teil, III lebendig, pulsierend,
Große Trommel zu leise und zu dunkel, IV con anima - ein deutscher
Tschaikowsky, guter Klang, insgesamt viel Spannung |
|||||||
|
4-5 |
Constantin Silvestri |
Philharmonia Orchester London |
EMI |
1957
|
49‘53
|
|||
|
|
I Allegro non troppo ernst
genommen, Abkehr von gängigen Interpretationsmustern, Allegro vivo
spannungsintensiv, II A: sehr gezogen, deutliche Phrasierung der Holzbläser
T. 25-31, sonst kaum zu hören, B: tragisch, III gelassen, aber keineswegs
einförmig, IV Phrasierung anfangs wie Partitur, also abgesetzt, auch T. 20
ff. |
|||||||
|
4-5 |
Kirill Petrenko |
Berliner Philharmoniker |
BP Media |
2017 |
44‘38 |
|||
|
|
live, immer konzentriertes und kontrolliertes
Musizieren, etwas enger Klang, I noch nicht ganz freigespielt, marcato
der Trp. T. 134/35 und T. 138/39 übersehen, II sehr gepflegt, vornehm, sehr
gute Dynamik, III technisch fabelhaft, jedoch mit sparsamem Herzblut, IV
gefällt am besten, Orchester wächst fast über sich hinaus, jedoch kaum echte
Betroffenheit |
|||||||
|
4-5 |
Arturo
Toscanini |
Philadelphia
Orchestra |
RCA |
1942 |
42’00 |
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Arturo Toscanini |
NBC Symphony Orchestra |
RCA
History |
1947
|
41‘46
|
|||
|
|
live, ▼ |
|||||||
|
4-5 |
Arturo
Toscanini |
NBC Symphony
Orchestra |
Naxos |
1938 |
41’08 |
|||
|
|
live, ▼ |
|||||||
|
4-5 |
Guido
Cantelli |
NBC Symphony
Orchestra |
Archipel |
1953 |
43‘11 |
|||
|
|
live, ▼ |
|||||||
|
4-5 |
Guido
Cantelli |
Philharmonia
Orchestra London |
EMI |
1952 |
42’16 |
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4-5 |
Riccardo Muti |
Orchestre
National de France |
naïve |
2003 |
48’54 |
|||
|
|
live, Muti lässt
die Musik aus sich sprechen, klar, kaum zusätzlich dramatisiert, Streicher in
T. 284 auf Zz 3 ? II sehr bewegt, Teil B zurückgenommen, viel Nachdruck
im Marsch-Abschnitt, IV viel Espressivo – gutes Klangbild, klar, Holzbläser
immer präsent |
|||||||
|
4-5 |
Ivan Fischer |
Budapest
Festival Orchestra |
Channel
Classics |
2016 |
46’17 |
|||
|
|
Fischer hält immer das musikalische
Geschehen in den Händen, aufmerksame Umsetzung der Partitur, eher sachlich
und nüchtern als exaltiert, hervorragende Agogik, breites Klangbild, gute
Transparenz, schlankes Musizieren, I Beginn aus dem Nichts, helles Fagott,
winzige Pausen zwischen T. 5/6 sowie T. 10/11 klingen wie ein Stöhnen – Ivan
Fischer ist kein Draufgänger, Blutdruck bleibt auf normalem Level |
|||||||
|
|
||||||||
|
4 |
Paavo Järvi |
Tonhalle
Orchester Zürich |
alpha |
2019 |
45’12 |
|||
|
|
sachliche Interpretation mit
gezügelter Emotion, breite Dynamik, offenes Klangbild, bei Höhepunkten jedoch
etwas gepresst, Klangbild insgesamt wenig farbig, I marcato-Blech-Einwürfe
T. 124/125 und T. 138/139 überspielt, Begleitung der Streicher beim 3. Thema
(T. 101 ff.) wenig saltando, II geglättet, warum nicht etwas leiser,
geringe Empathie spürbar, III viel Drive, etwas robust, kleine Stretta ab T.
330, IV angeraute Streicher |
|||||||
|
4 |
Ernest Ansermet |
Orchestre de
la Suisse Romande |
Decca Brilliant |
1956 |
43’40 |
|||
|
|
I Allegro, eher sachlich als
gefühlsbetont, T. 286 ff. lassen in der Lautstärke nach, II lebendig, A:
spitze Oboen beherrschen den Holzklang, B; ohne 1. Wdhlg., III/IV die
Partitur durchleuchtet – durchsichtiges Klangbild |
|||||||
|
4 |
Herbert von
Karajan |
Berliner
Philharmoniker |
EMI |
1971 |
45’38 |
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
Herbert von
Karajan |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1939 |
44’08 |
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
Herbert von
Karajan |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1976 |
45’49 |
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
Herbert von
Karajan |
Berliner
Philharmoniker |
DGG |
1964 |
45’05 |
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
Mariss
Jansons |
Symphonie-Orchester des
Bayerischen Rundfunks |
Sony |
2004
|
45‘28
|
|||
|
|
live – gefällt besser als die
ältere Oslo-Aufnahme (▼),
Jansons bleibt jedoch immer noch etwas distanziert. Im 2. Satz belebt er im
B-Teil die Paukenstimme durch wiederkehrende Crescendi , der 3. Satz wirkt
nun nicht mehr so gehetzt und im Finale lässt Jansons mehr Pathos zu (T. 114
ff.) |
|||||||
|
4 |
Antonio Pappano |
Orchestra di
Santa Caecilia Rom |
EMI |
2006 |
46’01 |
|||
|
|
I E Holz T. 12/14 zu früh,
sauberes nuancenreiches Musizieren, jedoch etwas zu glattpoliert, „zu schön
um wahr zu sein“, II elegant, B-Teil leicht melancholisch, III prickelndes
Allegro, jedoch wie nur durchgespielt, IV mit viel Klangsinn und Espressivo |
|||||||
|
4 |
Valery Gergiev |
Wiener
Philharmoniker |
Philips |
2004 |
43'47 |
|||
|
|
live, ▼ |
|||||||
|
4 |
Valery Gergiev |
Orchester des
Kirov-Theaters St. Petersburg |
Philips |
1995 |
48'13 |
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
Alexander Melik-Pachajew |
Orchester des Bolschoi-Theaters
Moskau |
Melodya Le Chant Du Monde forgotten records |
1955 |
44‘17 |
|||
|
|
immer nahe an der Partitur, mit
Hingabe musiziert, insgesamt aber sachlich bleibend, ohne die russische Seele
zu beschwören, die trifft man nur im letzten Satz, hier mit überschäumender
Energie – Orchester jedoch ohne den letzten Schliff, spitz klingende Geigen
in hoher Lage, Klang etwas beschnitten, Hauptstimmen werden bevorzugt |
|||||||
|
4 |
Jean Martinon |
Wiener Philharmoniker |
Decca |
1958
|
44‘47
|
|||
|
|
I sehr solide Einspielung, viele Details,
II Mittelteil gut abgesetzt, III ab T. 282 etwas langsamer, danach aber
wieder vorheriges Tempo, IV eine größere Lautstärkedifferenzierung wäre von
Vorteil gewesen |
|||||||
|
4 |
Andris Nelsons |
City of Birmingham Symphony
Orchestra |
Orfeo |
2010
|
45’43
|
|||
|
|
uneinheitliche Aufnahme: während
die Musik in den Sätzen 3 und 4 spannungsvoll und sensibel nachgezeichnet
ist, bleibt die Gestaltung in den ersten beiden Sätzen disparat |
|||||||
|
4 |
Erich Kleiber |
Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester
|
medici arts |
1955
|
46‘20
|
|||
|
|
live,▼ |
|||||||
|
4 |
Carlo Maria Giulini |
Philharmonia Orchestra London |
EMI |
1959
|
47‘05
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
William Steinberg |
Pittsburgh Symphony Orchestra |
EMI |
1954
|
45‘35
|
|||
|
|
Steinberg stellt sich hinter die
Partitur, gewissenhaft umgesetzt, Blick auf Details, II meno grazia, A
und B wenig voneinander abgesetzt, III gelassen, keineswegs ein Show-Stück,
IV con anima – etwas kompakter Klang, an ff-Stellen weniger
transparent |
|||||||
|
4 |
Antal Dorati |
Concertgebouw
Orchester Amsterdam |
RCO |
1983 |
45‘13 |
|||
|
|
live, I geringere Dosis
Brio, etwas geglättet, nicht das Herbe eines Mrawinskys oder Fricsays, eher
ein Salon-Tschaikowsky, weniger konzentriert, weniger Druck, II episch, ohne
Druck nach vorn, Pauke immer präsent, III dramatisch, jedoch ohne eine
Portion Unerbittlichkeit – breites Klangbild, es fehlt das Herbe und damit
das Essentielle dieser Komposition |
|||||||
|
4 |
Claudio Abbado |
Chicago Symphony Orchestra |
Sony |
1986
|
43‘35
|
|||
|
|
I E Pausen verkürzt, bei etwas
schnellerem Tempo und schlankerem Musizierstil gegenüber früher klingt die
Aufnahme artistischer, das Klangbild ist weniger warm, woran sich das Ohr
jedoch bald gewöhnt, T. 288 ff. Musik ermüdet, II T.45-55 matte Gestaltung,
wie beiläufig, III gut, aber weniger Atmosphäre als bei den WPh, IV
kurzatmige Phrasierungen, nicht mehr so überlegen |
|||||||
|
4 |
Ferenc Fricsay |
Symphonie-Orchester des
Bayerischen Rundfunks |
Orfeo |
1960
|
50‘26
|
|||
|
|
live, ▼ |
|||||||
|
4 |
Arturo Toscanini |
NBC Symphony Orchestra |
Naxos |
1941
|
41‘11
|
|||
|
|
live, ▼ |
|||||||
|
4 |
Charles Münch |
Boston Symphony Orchestra |
RCA |
1962
|
45‘27
|
|||
|
|
I ähnelt der Monteux-Aufnahme, ist
jedoch weniger agil und besitzt weniger Nachdruck, II bewegt, III
grundsolide, IV im Einklang mit der Partitur |
|||||||
|
4 |
Eugene Ormandy |
Philadelphia Orchestra |
History |
1936/37
|
41‘47
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
Eugene Ormandy |
Philadelphia Orchestra |
CBS Sony |
1959
|
46‘36
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
Eugene Ormandy |
Philadelphia Orchestra |
Delos |
1981
|
47‘41
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
Neville Marriner |
Academy of St.
Martin-in-the-Fields |
Capriccio |
1990
|
45‘21
|
|||
|
|
die „große“ Academy bei
Tschaikowsky, alles ist richtig und schön, bleibt jedoch etwas kühl, man
leidet nicht mit – helles transparentes Klangbild |
|||||||
|
4 |
Sergiu Celibidache |
Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester
|
Orfeo |
1957
|
49‘55
|
|||
|
|
live – I überzeichnete Tempi,
II/III mehr Tschaikowsky, weniger Celi, IV con gran espressione, ohne
Tempoexesse |
|||||||
|
4 |
Herbert von
Karajan |
Philharmonia
Orchestra London |
EMI |
1956
|
46‘13
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
Herbert von Karajan |
Wiener Philharmoniker |
EMI |
1949
|
45‘52
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
4 |
Vladimir Ashkenazy |
Philharmonia Orchestra London |
Decca |
1979
|
46‘54
|
|||
|
|
I Allegro ohne non troppo, warum
bei un poco piu animato bereits ab T. 73 leiser? III zielstrebig nach
vorn, Große Trommel fällt kaum auf, etwas geglättet, IV stellenweise etwas
breit und plakativ, dabei weniger durchsichtig – ziemlich schlankes
Musizieren, transparenter Klang |
|||||||
|
4 |
Kurt Sanderling |
Berliner Sinfonie-Orchester |
Eterna Denon |
1979
|
48‘29 |
|||
|
|
I insgesamt eher episch, wird auf
dem Höhepunkt ab T. 285 ziemlich bald leiser, II mäßiges Tempo, Oberstimmen-betont,
B-Teil langsamer, Pauke verliert sich, III obertonarme Violinen, bei lauten
Tutti-Stellen lässt die Transparenz nach, IV Flöte und Fg. zu Beginn in
hervorragender Klangmischung – etwas gespreiztes Klangbild, Instrumente gut
abgebildet |
|||||||
|
4 |
Rafael Kubelik |
Wiener Philharmoniker |
EMI Testament |
1960
|
43‘58
|
|||
|
|
I deutliches sf in T. 5 und
11, Allegro vivo klingt anfangs etwas zahm, T. 285 ff. Lautstärke lässt nach,
II Geigen und Celli mit etwas breitem Strich, B-Teil mf statt p,
III Themeneinsatz der Oboe T. 9 ff. zu leise, ebenso Horn-Ruf T. 44 f. nicht
markant, insgesamt etwas breit und fest mit geringerer Inspiration – Aufnahme
klanglich wenig farbig |
|||||||
|
4 |
Otto Klemperer |
Philharmonia Orchestra London |
EMI |
1961
|
47‘22
|
|||
|
|
I E T. 12/14 Holz zu früh, Allegro
vivo etwas fest im Tempo, eher sachlich als gefühlsbetont, II langsamer
Walzer, holzschnittartig, III viele Details, jedoch insgesamt etwas langsam,
IV schwerblütig – transparenter Klang |
|||||||
|
4 |
Zubin Mehta |
Los Angeles Philharmonic Orchestra
|
Decca |
1977
|
44‘00
|
|||
|
|
I E nüchtern, rhythmisch ziemlich
präzise, Höhepunkte gut kalkuliert, II B-Teil hebt sich zu wenig vom A-Teil
ab, III es fehlt die unbedingte Geschlossenheit – insgesamt zu
stromlinienförmig |
|||||||
|
4 |
Riccardo Muti |
Philadelphia Orchestra |
EMI |
1989
|
47‘40
|
|||
|
|
etwas gewichtig, in den
klanglichen Verdichtungen zu kompakt, sonst jedoch farbiges Klangbild, keine
Tempoexzesse |
|||||||
|
4 |
Mariss Jansons |
Oslo Philharmonic Orchestra |
Chandos |
1984
|
43‘38
|
|||
|
|
Jansons Aufnahme ist in erster
Linie eine Visitenkarte für die Qualität des Orchesters, weniger eine
Auseinandersetzung mit Tschaikowskys Musik, die etwas glatt, eindimensional
oder äußerlich virtuos (3. Satz) dargeboten wird |
|||||||
|
4 |
Maurice Abravanel |
Utah Symphony Orchestra |
Vox Marshall |
~
1958 |
44‘36
|
|||
|
|
I Abravanel beginnt das A. non
troppo fast langsam, wird dann aber schneller, eher sachlich als
gefühlsbetont, II wenig prickelnd, III nüchtern, etwas gezogen, IV
sorgfältiges Musizieren – etwas kompakter Klang |
|||||||
|
4 |
David Oistrach |
Berliner Philharmoniker |
BPh (Berliner Philharmoniker- im Takt der Zeit)
|
1972
|
48‘16
|
|||
|
|
live – I einige Stellen nicht
immer hinreichend gestaltet, kleine Ungenauigkeiten, III sehr rhythmisch, IV
Spannung wird nicht immer ganz gehalten, bei den Höhepunkten dichter Klang,
auch am Schluss zu breit und weniger differenziert – warmes Klangbild, hell
und durchsichtig, etwas Hall |
|||||||
|
4 |
Bernard Haitink |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
Philips |
1978
|
49‘14
|
|||
|
|
I Allegro non troppo gezogen, erst
bei A. vivo kommt Leben in die Musik, sich vor Exaltiertheit hütend, II con
grazia?, III jetzt näher bei Tschaikowsky, gediegen, IV schwerblütig, mit
Inbrunst |
|||||||
|
4 |
Eliahu Inbal |
Radio Sinfonie-Orchester Frankfurt
|
Denon |
1991
|
49‘09
|
|||
|
|
I E Inbal im Kampf um das richtige
Metrum, wie ein Breitwandgemälde, Ormandy lässt grüßen, im größten Getümmel
hat Inbal sich und das Orchester im Griff, II mit Grazie, jedoch etwas
gezogen, B-Teil lamentoso, schwermütig, III nicht übereilt,
Tschaikowsky mit vielen Mendelsohn-Stellen, IV eher sachlich als
gefühlsbetont |
|||||||
|
|||||||||
|
3-4 |
Leopold Stokowski |
London Symphony Orchestra |
RCA |
1973
|
47‘05
|
|||
|
|
I E St. auf der Suche nach dem
verlorenen Metrum, im HT hält St. sich weitgehend an die Tempovorgaben der
Partitur, abgesehen von einigen ruckartigen Änderungen, Retuschen T. 179-281,
II B: übertrieben schmachtend, III T. 80 f. und T. 122 f. zusätzlich Piccolo,
T. 105-108 gestrichen, plastische Pizzicati, IV mit weniger Inbrunst als
erwartet, Retusche T. 125 |
|||||||
|
3-4 |
Mstislav Rostropovitch |
London Philharmonic Orchestra |
EMI |
1976
|
45‘16
|
|||
|
|
I geringe Leidenschaft, ohne Nachdruck,
Allegro vivo eher geschäftig, II überzeugender, III und IV
interpretatorischer Gleichlauf, geringere Leidenschaft – Klangbild weniger
differenziert |
|||||||
|
3-4 |
John Barbirolli |
Hallé Orchestra Manchester |
EMI |
1958
|
44‘28
|
|||
|
|
ohne schwergewichtigen
Ausdrucksballast, Barbirolli legt einige sonst kaum beachtete Details frei,
Kopfsatz am überzeugendsten |
|||||||
|
3-4 |
Karl Böhm |
London Symphony Orchestra |
DGG |
1978
|
47‘56
|
|||
|
|
eine Pathetique für
Tschaikowsky-Verächter, russische Musik ohne russische Seele; Musik auf den
Notentext reduziert, jedoch nicht blutleer; sorgfältig gemacht, trotz der
Einschränkungen ist die Aufnahme nicht zu verachten |
|||||||
|
3-4 |
James Levine |
Chicago Symphony Orchestra |
RCA |
1984
|
42‘24
|
|||
|
|
Levine lässt ohne erkennbare
Dramaturgie drauflos spielen, effekthaschend, an Höhepunkten aufgeplusterter
Klang – fett klingende Streicher |
|||||||
|
3-4 |
Andrew Litton |
Bournemouth Symphony Orchestra |
Virgin |
1991
|
46‘38
|
|||
|
|
I E fragliche Pausengestaltung,
mit Empathie dargeboten, Litton achtet auf Details, die restlichen Sätze
fallen dagegen ab, der Musik fehlt ihr Profil, alles klingt ähnlich, im
Finale schleppt sich die Musik zum ersten Höhepunkt, beim zweiten fehlt die
Klangregie, gut: chromatische Basslinie T. 50-55 |
|||||||
|
3-4 |
Giuseppe Sinopoli |
Philharmonia Orchestra London |
DGG |
1989
|
47‘08
|
|||
|
|
I E Sinopoli im Kampf um das richtige
Metrum, HT wie ein Seelengemälde, es gilt die große Linie,
Tempomodifikationen, etwas geschmäcklerisch, theatralisch, II zurück im
Alltag, III Marsch bei IV etwas zu gewichtig, Beckenschlag T. 282 zu lang, IV
breit gepinselte Höhepunkte, theatralisch, hier wenig Transparenz – alles in
allem eine sehr subjektive Interpretation |
|||||||
|
3-4 |
Dimitri Mitropoulos |
New York Philharmonic Orchestra |
CBS Sony |
1957
|
40‘21
|
|||
|
|
I schnelles Allegro, hitzig,
Oberstimmen-betontes Musizieren, II fließend, III entschieden nach vorn,
einzelne Orchesterleistungen nicht immer top, etwas robust, IV kaum
Lamentoso, nur die Noten, nüchtern, Retusche T. 125 – helles Klangbild,
flach, eher moderner Zugriff |
|||||||
|
3-4 |
Leonard Bernstein |
New York Philharmonic Orchestra |
CBS Sony |
1964
|
46‘28
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
3-4 |
Leonard Bernstein |
New York Stadium Symphony
Orchestra |
Decca DGG |
1953
|
47‘16
|
|||
|
|
▼ |
|||||||
|
3-4 |
Artur Rodzinski |
Royal Philharmonic Orchestra
London |
Westminster MCA |
1954
|
45‘04
|
|||
|
|
I insgesamt geringere Spannung, Ob.
T. 12 und Klar. T. 14 zu früh, II A-Teil wenig pointiert, III und IV etwas
robust, IV Retusche in T. 125 – Orchester nicht immer in Top-Form |
|||||||
|
3-4 |
Sergiu Celibidache |
Münchner Philharmoniker |
EMI |
1992
|
58‘58
|
|||
|
|
live – teilweise verschleppte
Tempi, pompöse Höhepunkte, fast nahe am Kitsch, andererseits sind unbeachtete
Details zu hören |
|||||||
|
3-4 |
Daniel Barenboim |
West-Eastern Divan Orchestra |
CMajor DVD |
2007
|
47‘14
|
|||
|
|
live – gut trainierter
Klangkörper, Barenboims Darstellung geht meistens in die Breite, große Linien
werden plastisch gemalt, auf den Höhepunkten mit prallem Blechklang
unterstrichen und zu einem leuchtenden Gemälde komponiert; im Innenbereich
des Werkes sind jedoch einige gravierende Defizite nicht zu überhören: nicht
immer überzeugende Tempi (I moderato mosso, viel zu beschaulich, Allegro vivo
zu behäbig, gleich zu Beginn werden die Achtel zu breit genommen) sowie
selten gelungener Spannungsaufbau zum Höhepunkt hin (z. B. III T. 196 ff. und
T. 221 ff.), die einzelnen Abschnitte scheinen eher nebeneinandergestellt als
aufeinander bezogen |
|||||||
|
3-4 |
Semyon Bychkov |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
Philips |
1987
|
48‘16
|
|||
|
|
I T. 10-18 aufgeweichtes Metrum,
Moderato mosso T. 101 ff.: Holz, Streicher und Posaunen spielen nebeneinander
her, Andante T. 130 ff.
Achtelbegleitung zu dicklich, T. 188 ff. Hörner trotz fff nur
im Hintergrund; eher abschnittsweise gespielt, II ohne Grazie, Musik schleppt
sich so dahin, kaum eine Gestaltung, III Gruppen spielen oft nebeneinander
statt miteinander, tiefe Streicher vernachlässigt – insgesamt:
Gestaltungsdefizite eines noch jungen Kapellmeisters |
|||||||
|
3-4 |
Wladimir Fedossejew |
Großes Radio-Sinfonie-Orchester
Moskau |
Melodya JVC |
1981
|
46‘18
|
|||
|
|
Beschwörung der russischen Seele,
etwas bräsiger Orchesterklang, Anfang ohne Metrum |
|||||||
|
|||||||||
3 |
Yuri Temirkanov |
St. Petersburger Philharmoniker |
RCA |
1992
|
49‘38
|
||||
|
I T. 10 aufgeweichtes Tempo,
Andante T. 89 ff. als Adagio, stellenweise breiig, ungeordnet; Melodien nicht
immer ausformuliert; Moderato assai: gezogen, schon etwas kitschig;
leiser=langsamer und umgekehrt; Eigenmächtigkeiten in der Dynamik,
klischeehaft, II bewegt, aufdringliche Pk. im B-Teil, III interpretatorische
Mätzchen, im Klang fehlt die Tiefenschärfe, IV Lamentoso im 3/4, 4/4 und 5/4
Takt – Ästhetik einer längst vergangenen Zeit |
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3 |
Neeme Järvi |
Gothenburg Symphony Orchestra
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BIS |
2004
|
43‘12
|
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I E T. 12/14 Holz zu früh, T. 37-39
ohne Glut, das Folgende ohne Spannung, Saltando der Streicher T. 101
ff. nur nebenbei, nur der Notentext, fast ohne Gestaltung und kaum
Espressivo, II ziemlich lau, III interpretatorischer Gleichlauf, IV ohne Glut
an den Höhepunkten, Musik referiert – insgesamt gute Orchesterleistung |
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3 |
Leonard Bernstein |
New York Philharmonic Orchestra |
DGG |
1986
|
58‘19
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▼ |
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3 |
Nikolai Golovanov |
Großes Sinfonie-Orchester des
Radios und Fernsehens der UdSSR |
Boheme |
1948 |
48‘07 |
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stete Temposchwankungen, die nicht überzeugen,
Golovanovs russische Seele (?) im Geiste mit Stokowski verbunden, Orchester
nicht immer top, rauer Klang, Aufnahme in sich stimmig, weniger jedoch mit
der Partitur |
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2-3 |
Willem Mengelberg |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
Telefunken |
1937
|
42‘52
|
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▼ |
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2-3 |
Willem Mengelberg |
Concertgebouw Orchester Amsterdam |
MCPS |
1941
|
43‘12
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▼ |
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Hinweise zu Interpreten und Interpretationen:
Willem Mengelberg
Mengelbergs Deutungen von Tschaikowsky-Sinfonien waren
zeitlebens berühmt, gleichzeitig aber auch berüchtigt aufgrund der überaus
subjektiven Auslegungen der Partituren, die auch vor Retuschen nicht
zurückschreckten und für uns heutige Hörer kaum noch nachzuvollziehen sind.
Vergleicht man Mengelbergs Interpretation mit der fast gleichzeitig
entstandenen Furtwänglers, der wahrlich nicht als Anhänger seines
sachlich-objektiven Musizierens aufgefallen ist, so muss man letzterer doch
eine wesentlich größere Nähe zur Partitur zugestehen als der des holländischen
Dirigenten, der sein subjektiv geprägtes Konzept der Partitur überstülpte.
Diese Interpretationshaltung bedient sich einer Ästhetik, die noch aus dem 19.
Jahrhundert stammt, aber schon zu Lebzeiten Mengelbergs überwunden wurde.
Arturo Toscanini
In den 1940er Jahren hat das Label RCA zweimal die
„Pathetique“ mit dem italienischen Maestro aufgenommen, die sich in ihrer
Musizierweise deutlich voneinander unterscheiden. Im Jahre 1942 stand er am
Pult des Philadelphia Orchesters und ließ ganz nahe an der Partitur musizieren.
Die bekannten Toscanini-Tugenden treten deutlich hervor: stringentes
Musizieren, ausgewogene Dynamik, stabile Tempi, Transparenz, genaue Gewichtung
der einzelnen Instrumenten-Gruppen, also: der Dirigent trifft den Nerv der
Musik. Tschaikowsky-Fans werden jedoch eine höhere Emotionalität erwarten, die
verweigert Toscanini jedoch nicht, stellt sie aber mehr in den musikalischen
Kontext, ohne dass die Musik hier etwas kühl klänge. Im Mitschnitt aus der
Carnegie-Hall fünf Jahre später, jetzt mit dem NBC-Orchester, lässt der
Dirigent etwas freier musizieren, die Zuhörer werden sich an emotionalem
Zugewinn freuen. Das Klangbild ist nun etwas breiter ausgefallen. Noch älter
als die beiden genannten ist ein weiterer Mitschnitt mit dem NBC-Orchester aus
dem Jahre 1941, vorgelegt von Naxos. Musikalisch ähnelt er dem späteren, ist
jedoch infolge der Rauschunterdrückung klanglich ziemlich beschnitten und nicht
unbedingt ein Hörgenuss. Inzwischen hat mich eine weitere Aufnahme mit
Toscanini und dem NBC-Orchester erreicht, die ebenfalls von Naxos
veröffentlicht wurde. Klanglich ist sie jedoch der späteren von 1947 überlegen,
erstaunlich transparent. Auch hier legt der Maestro sein Augenmerk auf ein
rhythmisch markiertes Spiel, musikalische Stimmigkeit und wenig Pathos.
Allerdings geht er mit dem Tempo etwas flexibel um: Ab T. 42 (saltando
der Streicher) zieht er es etwas an und nimmt es T. 122 wieder zurück. Den
A-Teil des 2. Satzes nimmt Toscanini sehr bewegt, dagegen setzt er den B-Teil
durch ein wenig langsameres Tempo ab. Die beiden Wiederholungen in diesem
Abschnitt werden gestrichen. Sehr wild, aber immer locker bleibend, zieht das
Scherzo in atemberaubendem Tempo vorüber, was die Zuhörer mit langem Zwischenbeifall
quittierten.
Pierre Monteux
Monteux war der Ansicht, dass Tschaikowskys Partitur alles
Nötige über seine Musik enthalte und nicht zusätzlich vom Dirigenten bearbeitet
werden müsse, woran er sich auch hielt. Die beiden hier vorgestellten Aufnahmen
entstanden kurz hintereinander, nach der Tonaufzeichnung im Studio erfolgten
Konzertaufführungen. Deutliches Musizieren zeichnen beide Aufzeichnungen aus,
die Allegros sind bewegt und aufgewühlt, übertriebenes oder falsch verstandenes
Pathos fehlt hier völlig. Fließend wird der Walzer gespielt, fast schon atemlos
geht es durch die Partitur. Im Konzert verzichtet er auf die beiden
Wiederholungen, leises Grundrauschen begleitet hier die Musik vom ersten bis
zum letzten Ton.
Hermann Abendroth
Inzwischen liegen mir zwei Aufnahmen der Pathetique mit
Hermann Abendroth vor, eine Live-Aufnahme aus Berlin sowie eine
Studio-Produktion aus Leipzig, die ich aus klanglicher Sicht bevorzuge. Der
Dirigent dirigiert mit Hingabe, unter Einsatz von viel Espressivo, pflegt noch
einen romantischen Stil, ohne jedoch aufgesetztes Pathos einzusetzen. Das
hindert ihn jedoch nicht, bei passender Gelegenheit das Orchester unter Strom
zu setzen. Nicht Partitur-konform ist der langsame Beginn des
Allegro-Abschnitts T. 19 ff, um dann wenige Takte später mit einem Accelerando
im schnellen Tempo fortzufahren. Im 2. Satz könnte der B-Teil leiser
klingen. Im 3. Satz lässt Abendroth immer sehr rhythmisch musizieren, mit einer
artistischen Leichtigkeit, 1950 noch mehr als in der zweiten Aufnahme von 1952.
Hier wird allerdings noch etwas konzentrierter gespielt bei geschärftem
Klangbild. Die Authentizität dieser Produktion kann nicht in Frage gestellt
werden.
Wilhelm Furtwängler
Eine Sinfonie von Tschaikowsky stand bei Furtwängler selten
auf dem Programm, noch seltener sind seine Plattenaufnahmen, von der er nur die
4. und 6. zuließ. Die schon oben erwähnte Pathetique entstand 1938 in Berlin.
Hier erlebt der Hörer den Formkünstler WF, der die einzelnen Abschnitte des
jeweiligen Satzes deutlich gegenüberstellt, dabei vertraut er auch den
Tempovorgaben des Komponisten. Das 2. Thema des Kopfsatzes erklingt voller
Sehnsucht, bei seiner Wiederholung T. 304 ff. inbrünstig. Kantabel, mit viel
Espressivo, aber etwas gezogen zieht der A-Teil des Walzers vorüber, dagegen
wird der B-Teil deutlich abgesetzt und erhält einen schwerblütigen, schon
tragischen Charakter. Nichts Auftrumpfendes oder Theatralisches ist im Scherzo
zu finden und das Finale ist weniger pathetisch als tragisch. Der
DGG-Mitschnitt wurde 1951 während der ausgedehnten Tournee Furtwänglers mit dem
Berliner Philharmonischen Orchesters durch Europa bis nach Ägypten vom Radio in
Kairo getätigt. Das Programm dieses Konzerts ist für Furtwängler bemerkenswert:
nach einem Stück von Rameau erklangen aus Debussys Nocturnes „Nuages“ und
„Fêtes“ sowie der Ungarische Marsch aus Fausts Verdammnis von Berlioz, also
Stücke, die man bei Furtwängler selten antrifft. Nach der Pause dann
Tschaikowskys 6. Sinfonie. Diese Interpretation ist weniger konzentriert und
geschlossen wie die frühere Plattenaufnahme, live-Situation! Der 2. Satz wird
hier noch deutlich langsamer dargeboten, Furtwängler gelingt es jedoch, dass er
lebendig bleibt, der B-Teil erklingt etwas zu laut. Das Scherzo ist intuitiv
gestaltet, auch theatralisch, der Marsch des ganzen Orchesters (Teil IV) kommt
jedoch schon zu gewichtig, bald schon schwerfällig daher. Auch das Finale
wendet Pathos zum Tragischen hin. Die Rundfunkaufnahme hat viele störende
Publikumsgeräusche eingefangen; das Klangbild ist an lauten Stellen nicht immer
frei von Verzerrungen, hier scheint die Klangregie damals überfordert zu sein.
Zuletzt sei noch erwähnt, dass zu Beginn die Kontrabässe um zwei Viertel
gekürzt wurden (zu laute Saalgeräusche?).
Erich Kleiber
Kleibers Aufnahmen aus Paris und Köln sind durchsichtig, um
Genauigkeit im Aufbau und Detail bemüht, in schnellen Abschnitten
vorwärtsdrängend, jedoch nicht hitzig, Kleiber behält immer die Kontrolle über
das Werk. Die Pariser Aufnahme, Höhepunkt im 4. Satz, scheint mir Tschaikowskys
Intentionen noch etwas besser wiederzugeben als der Kölner Mitschnitt, der
seinen Höhepunkt im 3. Satz hat.
Jewgenij Mrawinsky
Die Studio-Aufnahme der 6. Tschaikowsky-Sinfonie von 1956
durch Mrawinsky und seinem Leningrader Orchester ließ die westliche Musikwelt
aufhorchen, brach sie doch mit dem Klischee eines eher weichen und übermäßig
gefühlsbetonten Interpretationsmusters, das diesem Werk bis dahin so oft
übergestülpt wurde. Mrawinskys unerbittliches Partitur-bezogenes Musizieren,
das nie die Grenze zur Sentimentalität überschritt, erinnerte an das seines
älteren Kollegen Toscanini. Der große Erfolg dieser Aufnahmen der 5. und 6.
Sinfonie (übrigens im Wiener Großen Konzerthaussaal produziert) ermunterte die
DGG, zu Beginn des Stereo-Zeitalters eine Neuaufnahme nachzuschieben, die 1960
ebenfalls in Wien, jetzt im großen Musikvereinssaal, entstand, übrigens jeweils
während einer Westeuropatournee des Orchesters. Eine wirkliche Live-Aufnahme
mit Mrawinsky und den Leningradern brachte in den 80er Jahren des letzten
Jahrhunderts Erato als Lizenz einer Melodya-Platte auf den hiesigen Markt. Hier
sind noch einmal die Mrawinsky-Tugenden zu erleben, jedoch ist der Dirigent
mehr als zwanzig Jahre älter, das wirkt sich besonders auf die Tempi aus. Leider
ist die CD auch mit vielen „Publikumsbeiträgen“ geziert.
Eugene Ormandy
Seinen Schallplatten nach zu urteilen hat sich Ormandys
Auffassung von Tschaikowskys 6. im Laufe seines Dirigentenlebens gewandelt, weg
von Toscaninis (sehr) schnellen Tempi und eruptiven Ausbrüchen, hin zu einem
konzilianteren Musizierstil, der das Innenleben der Komposition mit bedenkt,
vor allem jedoch den Hauptmelodielinien absoluten Vorrang einräumt und diese
genüsslich dem Hörer ausbreitet.
Ormandys erste Aufnahme aus dem Jahre 1936/37 ähnelt noch
denen Toscaninis und ist mit seinen flüssigen Tempi und rhythmisch betontem
Vortrag eine der besten Aufnahmen aus dieser Zeit. Im Finale lässt er dem
Lamentoso weniger Zeit als üblich und sorgt stattdessen für einen klugen Spannungsaufbau
zu den Höhepunkten. In der CBS-Aufnahme von 1959 nimmt sich Ormandy nun
deutlich mehr Zeit und gibt der klanglichen Präsentation der Sinfonie viel mehr
Raum. Vor allem europäische Kritiker haben damals den Klang des Orchesters als
Breitwandsound in Hollywoodmanier abgestempelt, der nur für eine Anzahl von
Kompositionen Geltung habe, z. B. Tschaikowsky, Liszt, Rimsky-Korssakoff, aber
keineswegs zu Beethoven und Brahms passe. Wie dem auch sei, so ist doch
festzustellen, dass es dem ungarischen Dirigenten gelingt dem Werk ein
besonderes Flair zu vermitteln, anders als etwa Mrawinsky oder Fricsay, aber
doch auch seine Daseinsberechtigung hat. Am Ende seiner Karriere, als er fast
alles, teilweise mehrmals, aufgenommen hatte, verpflichtete ihn das Label Delos,
noch einmal die letzten zwei Tschaikowsky-Sinfonien mit seinem Orchester zu
produzieren. Die Pathetique ist nun nochmals langsamer geworden, der Klang noch
saftiger, im 3. Satz sogar etwas breiig, die Musizierweise jedoch weniger
aufregend. Insgesamt sagt die CD weniger über Tschaikowsky aber mehr über
Ormandy aus.
Paul van Kempen
Eine höchst bemerkenswerte Aufnahme legt uns der heute fast
vergessene Meisterdirigent Paul van Kempen vor, wendet sie sich doch von der
üblichen Deutung des Pathetischen ab und dem Tragischen zu, das auch dieser
Musik innewohnt. Dies geschieht kompromisslos wie konsequent in stilistischer
Einheitlichkeit aller Sätze. Ein überzeugender Ansatz, der so m. W. auf
Tonträgern bisher nicht gewagt wurde.
Herbert von Karajan
Kein Dirigent ist so oft mit Tschaikowskys 6. Sinfonie ins
Studio gegangen als HvK, insgesamt siebenmal, dabei spielten sicher die jeweils
verbesserten aufnahmetechnischen Möglichkeiten eine große Rolle.
Interpretatorisch sieht es anders aus, die Aufnahmen ähneln sich in der
Ausführung doch sehr, sind ziemlich nach demselben Muster gestrickt, abgesehen
von Abweichungen in Details und im Tempo. Karajan bringt nur die Musik und hält
sich im Allgemeinen in der Zurschaustellung eigener Interpretationsansichten
zurück. So erklingt bei ihm die Pathetique eher nüchtern und sachlich, nur an
den Höhepunkten vor allem der Ecksätze lässt er Emotionen durchscheinen. Gerade
hier wird auch der Hang zu Oberstimmen-betontem Musizieren, der auch bei
anderen Stücken zu beobachten ist, evident. Die erste Aufnahme wurde noch vor
dem 2. Weltkrieg in Berlin auf Wachsplatten festgehalten, die nach technischer
Bearbeitung zu Schellacks gepresst wurden. Schon hier wird deutlich, dass
Karajan sein Handwerk fabelhaft beherrschte, aber wie andere auch nur mit
Wasser kochte, wie soll man sich die vielen rhythmischen Ungenauigkeiten in der
Einleitung sonst erklären? Das ist leider kein Einzelfall, auch in den sechs
folgenden Aufnahmen fehlen sie nicht, konnte der Maestro nicht zählen? Das folgende
Allegro non troppo lässt HvK im Tempo spielen und meint nicht, durch
Geschwindigkeit punkten zu müssen. Nur in dieser Aufnahme lässt der Dirigent
beim 2. Thema in den T. 134-140 den Einwurf der Trompete und Posaune zu, bei
allen anderen bleibt er im Hintergrund. Im Allegro vivo dagegen darf das
Orchester richtig loslegen bis zum Höhepunkt. Von allen Aufnahmen wird dieser
Satz am schnellsten gespielt, das gilt übrigens auch für den 3. Satz. Im 2.
Satz lässt er den B-Abschnitt etwas langsamer spielen, die 2. Wiederholung
fehlt hier. Von allen Produktionen überzeugt der 3. Satz am meisten: sehr
lebendig, abwechslungsreich und spannend klingt hier die Musik. Im Finale
überwiegt strukturbezogenes Musizieren. Ähnlich überzeugend wie diese frühe
Aufnahme, jedoch klanglich deutlich besser, klingt die EMI-Produktion aus dem
Jahre 1971. Der A-Teil des 2. Satzes wird etwas gezogen gespielt, der B-Teil
besitzt eine Prise Melancholie, wie übrigens auch in seiner letzten Aufnahme.
Der 3. Satz wiederum hat viel Spannung, ist getragen von rhythmischer Energie
und zieht fast atemlos gespielt vorüber. Im Finalsatz wird die schöne
Oberfläche des Klanges etwas aufgeraut. Fünf Jahre später (1976) folgt die
nächste Aufnahme, jetzt wieder für die DGG. Nach meiner Einschätzung überflüssig,
da sie weder interpretatorisch noch klanglich einen Fortschritt gegenüber ihrer
Vorgängerin bedeutet. Für die Gesamtaufnahme aller Tschaikowsky-Sinfonien mit
HvK war sie jedoch unentbehrlich. Bereits 1964 hatte der Maestro mit den
Berlinern die Pathetique für die DGG eingespielt, die sich mehr durch
gepflegtes Orchesterspiel als interpretatorischen Tiefgang auszeichnete,
etliche Stellen im Kopfsatz wurden zu zögerlich angegangen. Der Walzersatz ist
zwar von allen Karajan-Aufnahmen der schnellste, zeigt jedoch zu wenig Profil.
A- und B-Teil heben sich zu wenig voneinander ab. Seine letzte Produktion der
6. entstand als Video-Aufzeichnung 1984 mit den Wiener-Philharmonikern, der
Soundtrack wurde separat auf CD veröffentlicht. Meiner Meinung nach ist es die
schwächste aller seiner Aufnahmen – auch klanglich, trotz digitaler
Aufzeichnung – da hier scheinbar konzeptionslos ans Werk gegangen wird. Im
Kopfsatz fehlt die Kraft, vieles kommt wie beiläufig aus den Lautsprechern,
auch für die restlichen Sätze gibt es kein neues Konzept, was bleibt ist das
Oberstimmen-betonte Musizieren, das im Finale theatralische Züge annimmt und
dabei die Grenze zur Filmmusik streift. Da gefällt mir die frühere Aufnahme mit
demselben Orchester für EMI (1949) doch besser, obwohl sie noch auf Schellacks
herauskam, dementsprechend geringer ist ihre Transparenz. Im A-Teil des Walzers
wird die Musik etwas dick aufgetragen, der B-Teil lässt der Dirigent langsamer
spielen und verzichtet auch auf die zweite Wiederholung. Sehr spannend, fast
atemlos, ist der folgende Satz zu erleben und im Finale wird auch an den beiden
Höhepunkten mit Pathos nicht gespart. Die Streicher klingen stellenweise etwas
grob. Zuletzt sei noch auf die Pathetique mit dem Philharmonia Orchester (1956)
hingewiesen, die mit einem guten Monoklang und einem durchsichtigen Klangbild
aufwartet. Bei ihrem Erscheinen trat sie in Konkurrenz zur ersten Aufnahme mit
Mrawinsky, die durch ihren unbedingten Ausdruckswillen die Nase vorn hatte. Im
Allegro vivo des Kopfsatzes erklingt hier die Musik viel gezähmter, gelassener;
im folgenden Walzer kommt sie mit weniger Spannung aus und dem Finale fehlt
echtes Pathos, Karajan leidet nicht mit der Musik. Mit dem Philharmonia
Orchester entstanden in den 50er-Jahren viel überzeugendere Einspielungen der
Pathetique, jedoch mit anderen Dirigenten.
Igor Markevitch
Markevitchs Interpretationen der Pathetique gehören seit
ihrem Erscheinen zu den Spitzenaufnahmen dieser Sinfonie. Abgesehen vom 3. Satz
lässt der Dirigent in der jüngeren Aufnahme etwas schneller spielen, so wird z.
B. aus dem Allegro man non troppo im Kopfsatz ein schnelleres Allegro. Dieser
Satz erklingt in der ersten Aufnahme weniger gefühlsbetont, mehr sachlich als
später. Dort erleben wir ein furioses Allegro vivo T. 161 ff., voller
Leidenschaft. Den Walzer lässt Markevitch lebendig erklingen, beim LSO noch
etwas bewegter, hier wird jedoch der B-Teil etwas abgebremst, wodurch ihm eine
etwas melancholische Note zu Teil wird. Markevitch verzichtet in diesem
Abschnitt in beiden Aufnahmen auf die jeweiligen Wiederholungen. Beim 3. Satz
gebe ich der Berliner Aufnahme den Vorzug, da sie etwas mehr Körper besitzt.
Die wenigen kurzen und festen Schläge der großen Trommel hätten sowohl 1953 als
auch 1962 etwas markierter ausfallen können. Beim Finale liegen beide
gleichauf, hier wird sehr überzeugend musiziert, ziemlich im Einklang mit der
Partitur. Aufgrund der besseren Klangtechnik klingt die Philips-Aufnahme
insgesamt deutlicher.
Ferenc Fricsay
Fricsays Pathetique aus dem Jahre 1953 muss unbedingt neben
die Aufnahmen Mrawinskys gestellt werden. Wie bei ihnen ist auch hier
authentischer Tschaikowsky zu erleben, die Musik verliert sich nicht in
Einzelabschnitten, sondern ist aufeinander bezogen. Die Themen sind von einer
frappierenden Prägnanz, fast wie gemeiselt, aber keinesfalls kühl. Gleich zu
Beginn führt uns Fricsay vor, wie sich Tschaikowsky die Takte 39-41 gedacht
hat: zunächst eine Kulmination der Violinen (39), dann ein Abgesang der 2.
Violinen (40) und Bratschen (41), diese wenigen Takte stehen unter einem Bogen,
dessen Spannung nachlässt, jedoch nicht abreißt. Wie spannungslos, ja lustlos,
klingen doch diese drei Takte bei sehr vielen anderen Dirigenten! Im Allegro
vivo sind wir Zeuge eines leidenschaftlichen, aufgewühlten Musizierens mit
scharfen, präzisen Tuttischlägen voller Kraft. Erst bei der Wiederkehr des 2.
Themas nach dem Allegro vivo lässt der Dirigent die Musik mit Inbrunst
erklingen. Fließend, mit spürbarer Empathie, wird der Walzer gespielt, mit
einer von musikalischer Energie sprühender Intensität läuft der 3. Satz an
unseren Ohren vorüber. Beim Finale schlägt der Dirigent wieder große Bögen, con
anima überschreibt der das Finale. Das ist Musik wie aus einem Guss, wäre
da nicht ein Wehrmutstropfen gleich zu Beginn: in den Takten 7 und 12 beginnen
die Bläser schon auf der 3. Zählzeit statt auf der 4.. Damit ist ein
Brückenschlag zur sechs Jahre später entstandenen Aufnahme mit Fricsays
Radio-Sinfonie-Orchester Berlin gezogen. Auch hier findet sich derselbe Fehler.
Die Aufnahme entstand unmittelbar nach dem 1. Konzert Fricsays mit seinem
Orchester nach der durch seine Krebserkrankung erzwungenen fast einjährigen
Pause. Da der Dirigent noch Korrekturen vornehmen wollte, die aber in der sehr
kurzen Zeit bis zum erneuten Ausbruch der Krankheit nicht mehr realisiert
werden konnten, gab Fricsay die Aufnahme nicht frei. Es ist begrüßenswert, dass
wir sie heute, nach ca. 50 Jahren, hören können. Das frühere Konzept findet
auch hier seine Anwendung, jedoch lässt Fricsay nun gefühlsbetonter musizieren,
mit langsameren Tempi, was den vielen lyrischen Abschnitten eine neue Dimension
eröffnet. Erwähnenswert ist der deutlich verbesserte Klang. Ein Jahr nach
dieser Studio-Produktion führte Fricsay die Pathetique in München mit dem Sinfonie-Orchester
des Bayerischen Rundfunks auf, der BR schnitt die Aufnahme mit und Orfeo
veröffentlichte sie 1989. Wem die Schuld zuzuschreiben ist, dass auf der CD die
ersten 7 Takte fehlen, ist schwer nachzuweisen, jedenfalls ist festzustellen,
dass hier schlampig gearbeitet wurde! Die Interpretation ähnelt der ein Jahr
zuvor entstandenen Studio-Aufnahme mit dem RSO, jedoch mit Einschränkungen: Die
Höhepunkte im 1. Satz besitzen weniger Kraft und Inbrunst. Hier und in den
restlichen Sätzen wird mit weniger Spannung musiziert und im Finale ist eine
Abschiedsstimmung zu spüren. Die Aufnahme besitzt einen leicht belegten Klang.
Leonard Bernstein
Zwischen der Musik der Pathetique und Bernsteins Verständnis
von gefühlsbetonter Musik scheint eine große Affinität bestanden zu haben,
worauf die drei Studio-Einspielungen aus New York hinweisen, bei denen espressivo
molto die wichtigste Vortragsanweisung zu sein scheint. Die älteste entstand
1953 mit dem New York Stadium Symphony Orchestra, so nannten sich die Spieler
des Philharmonischen Orchesters, wenn sie sommertags im Lewinsohn Stadium in
Upper Manhattan auftraten. Das Orchester klingt etwas rau, mit geringerer
Transparenz. Bernstein liebt ein Oberstimmen-betontes Musizieren und beschränkt
sich auf eine enge dynamische Palette, bei der der untere Bereich oft
ausgespart bleibt. In der Einleitung des 1. Satzes spielt das Fagott mit zu
viel Vibrato, das 2. Thema wird ab T. 134 ausgewalzt, teilweise wird etwas
hemdsärmelig gespielt, ab T. 285 lässt die Spannung nach. Der B-Teil des
Walzers kommt pathetisch aus den Lautsprechern, die Pauke ist zu leise. Der 3.
Satz wird etwas derb gespielt und das Finale espressivo molto, fast am
Rande des Kitsches. Bei der 2. Produktion für CBS (1964) hört man den
klangtechnischen Fortschritt, interpretatorisch bleibt sich Bernstein jedoch
treu, auch wenn es hier und da Abweichungen gibt. Im 1. Satz wird das 2. Thema
T. 134 ff. jetzt nicht mehr so demonstrativ herausgestellt, stattdessen gibt es
T. 267 eine unmotivierte plötzliche Beschleunigung und dann ab T. 277 auf dem
letzten Höhepunkt bremst der Dirigent die Musik deutlich ab, um vor allem dem
Blech genügend Zeit zum Dröhnen zu lassen, das klingt dann sehr plakativ. Etwas
grobkörnig wird der Walzer gespielt; wie durchgezogen, exaltiert, jedoch kaum
poliert der 3. Satz. Das Finale erklingt wieder, wie schon Jahre zuvor, con
molto espressivo, wobei die Höhepunkte wieder zu plakativ kommen. Nach
einer Pause von 22 Jahren muss Lennie nochmals mit Tschaikowskys Pathetique ins
Aufnahme-Studio. Inzwischen setzt er andere Akzente als früher, vor allem die
Mittelsätze gefallen nun mehr. Weitere Pluspunkte sind die verbesserte
Klangtechnik sowie eine deutliche Steigerung der Orchesterleistung. Auf der
anderen Seite stehen jedoch die gedehnten Tempi in den Ecksätzen, die jetzt
Rekordwerte erreichen (22:35 – 17:14), an den Höhepunkten an Pathos kaum zu
übertreffen sind, aber letztlich ohne Biss bleiben. Die Musik schleppt sich nur
noch dahin, weit entfernt von Tschaikowskys Vorstellungen. Es ist bekannt, dass
Musikfreunde gerade diese Interpretationshaltung enthusiastisch begrüß(t)en.
Carlo Maria Giulini
Giulinis früheste Aufnahme von Tschaikowskys Pathetique
stammt aus einer Zeit, als der italienische Maestro eine Reihe bemerkenswerter
Aufnahmen mit dem Londoner Philharmonia Orchester einspielte, die sowohl von
der Fachkritik als auch von Plattensammlern hoch gelobt wurden. Jede Platte war
ein Unikat und trug den Stempel einer persönlich geprägten Werkauffassung. In
der Pathetique nun lässt er die Musik schwer, lastend beginnen, kein Dirigent
bisher hat die Noten mit so viel Gewicht befrachtet. Dann geht es im gezügelten
Allegro weiter, jedoch schon ab T. 42 wird das Tempo angezogen. T. 278 ff.
spielen die Hörner zu leise, der anschließende Höhepunkt gerät Giulini zu
schleppend, die Lautstärke lässt nach, alles klingt weniger zwingend. Zwei
Jahre später führte der Dirigent ebenfalls mit dem Philharmonia Orchester die Sinfonie
beim Edinburgh Festival auf, BBC hat es festgehalten und vor ein paar Jahren
veröffentlicht. Der erste Satz wird jetzt eineinhalb Minuten schneller gespielt
als im Studio, er klingt jetzt aber spontaner, normaler, dabei nicht mehr so
gepflegt. Auch bei den anderen Sätzen legt er beim Tempo zu. Das 2. Thema darf
T. 304 ff. mehr Leidenschaft zeigen. Zu Beginn von Giulinis Spätphase, als er
Chefdirigent beim Los Angeles Philharmonic ward, durfte er, nun für die DGG,
die Pathetique nochmals aufnehmen. Trotz kleiner Mängel, z. B. stimmt gleich zu
Beginn das Metrum nicht, liegt hier seine ausgeglichenste Aufnahme vor:
Exposition und Durchführung werden hier bestens gegenübergestellt, zupackend
aber auch leidend in guter Dosierung, leider fehlt auch hier beim Höhepunkt T.
285 ff. die letzte Kraft. Im Vergleich ist sie die schnellste.
Beim 2. Satz verzichtet Giulini im B-Teil beim POL auf die
Wiederholungen, der live-Mitschnitt klingt sehr lebendig, jedoch auch etwas
plump, den B-Teil könnte man sich etwas zarter vorstellen, mit mehr
Differenzierung bei der Lautstärke. Beim LAPO klingt der A-Teil verhaltener,
vornehmer als früher, die Wiederholungen werden nun mitgeliefert. In diesem
Abschnitt bringen die 2. Geigen und Bratschen deutlich eine Gegenstimme in den
Takten 57-64 und 73-80, die meist überspielt werden. Kommen wir zum 3. Satz,
lebendig, spannungsvoll, mit Nachdruck erklingt er mit dem POL, in der
live-Aufnahme gegen Ende jedoch etwas plakativ. Die DGG-CD ist ihnen ähnlich in
der Auffassung, wird jedoch etwas langsamer gespielt. Schwerblütigkeit,
Intensität, Nachdruck und Pathos sind die Vokabeln, die Giulinis Auffassung des
Finalsatzes zugeordnet werden müssen, nirgends hat man jedoch den Eindruck,
dass er übertreibt, Giulini war kein Exhibitionist. Auch hier setze ich seine
letzte Aufnahme an die Spitze.
Guido Cantelli
Genaues Musizieren gepaart mit Intensität, aber ohne
Sentimentalität, zeichnen Cantellis Musikauffassung, besonders auch die
Tschaikowskys, aus. Das bekommt vor allem den Ecksätzen sehr gut, die wie aus
einem Guss klingen. Den Walzer nimmt Cantelli zwar sehr lebendig, trotzdem
klingt er gewichtig. Unerbittlich im Tempo und Rhythmus zieht der 3. Satz
vorüber, aber auch etwas starr. Beim POL kann man die Große Trommel an den
wenigen Stellen ihres Einsatzes nur erahnen, beim NBC ist sie präsent, auch
klingt die Aufnahme lebendiger. Dieser Mitschnitt könnte auch im Kopfsatz durch
etwas mehr Gefühl punkten, leider ist hier durch zu frühes Einsetzen der
Holzbläser in den Takten 7, 12 und 14 das Metrum gestört! Trotz ihres Alters
klingen die Aufnahmen transparent, beim NBC Orchester ist ein leichtes Hintergrundrauschen
hinzunehmen.
Lorin Maazel
Nachdem Maazel von der DGG zum Decca-Label wechselte,
entstanden in Wien einige bemerkenswerte Aufnahmen, u. a. je eine
Gesamtaufnahme der Sibelius- und der Tschaikowsky-Sinfonien. Zu jener Zeit, als
auch Georg Solti dort in Etappen den Ring produzierte, lief das
Decca-Aufnahmeteam zu Höchstform auf. Davon profitierte auch Lorin Maazel, die
Pathetique ist jedoch nicht nur ein Klangerlebnis, sondern überzeugt auch von
der Dramaturgie des Dirigenten. In den Ecksätzen wählt er flüssige Tempi: Das
Allegro non troppo ist sofort ein Allegro ohne Einschränkung. Mit Verve
entwirft er große Bögen, lässt es jedoch keineswegs an artikulatorischer
Feinarbeit mangeln. Auch der Walzer wird lebendig, con grazia, gespielt,
bis an den Rand der Salonmusik, das gelingt jedoch nur, wenn man solche
Mitstreiter wie die Wiener Philharmoniker zur Seite stehen hat, die die Grenzen
zum Kitsch genau kennen und nicht überschreiten. Die Musik des 3. Satzes eilt
unter Druck zielstrebig, fast atemlos, den Höhepunkten entgegen, dabei bleibt
der Marsch für Orchester, Abschnitt IV, im Tempo. Spannungsvoll und souverän
gelingt das Finale.
Fast 20 Jahre später nahm Maazel als Chef des Cleveland
Orchesters Tschaikowskys Pathetique nochmals auf, diesmal in der damals neuen
Digital-Technik. Ein Gewinn ist hier die bessere Durchhörbarkeit der Musik, den
Saft der Wiener Aufnahme erreicht sie jedoch nicht. Die Tempi in den Ecksätzen
sind etwas schneller ausgefallen, während die Binnensätze fast auf die Sekunde genau
übereinstimmen. Zum Kopfsatz sei noch erwähnt, dass die Marcato-Stellen der
Trp. wie der 1. Pos. T. 134-140 weniger markant ausfallen und das Allegro vivo
schneidiger gespielt wird. Der B-Teil des 2. Satzes erklingt hier etwas derber,
im 3. Satz werden manche Stellen weniger zugespitzt gespielt und im Finalsatz
ist zu beobachten, dass Maazel für die beiden großen Steigerungsstellen weniger
Atem hat als früher. Positiv sei noch vermerkt, das das tiefe Blech in
Cleveland viel schlanker spielt als in Wien.
Valery Gergiev
Innerhalb von neun Jahren hat der russische Maestro
Tschaikowskys 6. zweimal beim selben Label einspielen dürfen. Die erste CD
erschien mit dem Orchester des Kirov-Theaters St. Petersburg, die zweite als
Konzertmitschnitt mit den Wiener Philharmonikern. Hier herrschen insgesamt
schnellere Tempi vor, wodurch die Musik vor allem in den Ecksätzen etwas
nervöser, teilweise auch wilder oder hektischer (3. Satz) erklingt. Die
russische Aufnahme hinterlässt bei mir den Eindruck eines weitgespannten
Gemäldes.
eingestellt am 07.11.04
letzte Ergänzung am 27.04.23